Kurs Marine 2025 – die Zukunft der Deutschen Marine

Kurs Marine 2025 - die Zukunft der Deutschen Marine
F127 | Quelle: thyssenkrupp Marine Systems

Der am 14. Mai 2025 in Berlin vorgestellte „Kurs Marine 2025” ersetzt das im März 2023 veröffentlichte „Zielbild Marine 2035+” und setzt drei Schwerpunkte: Fokussierung auf die NATO-Nordflanke, Einsatzbereitschaft bis 2029 und eine innovative Flotte bis 2035. Zugleich benennt er offen bestehende Defizite und legt konkrete Maßnahmen zu deren Schließung vor.

Bedrohungslage

Die Marine blickt auf eine sich zuspitzende sicherheitspolitische Lage: Bis spätestens 2029 wird Russland in der Lage sein, im gesamten Spektrum militärischer Operationen gegen die Allianz vorzugehen. Schwerpunkt ist die NATO-Nordflanke – Nordatlantik, Europäisches Nordmeer, Nordsee und Ostsee – wo vor allem Unterwasser- und Luftbedrohungen dominieren.

In der Ostsee nehmen hybride Angriffe und Sabotageakte gegen die kritische maritime Infrastruktur Deutschlands und seiner Partner bereits zu. Im Ernstfall könnte Russland versuchen, die NATO zunächst konventionell aus dem Ostseeraum zu verdrängen, See- und Lufthoheit zu erlangen und die Nachschubwege der Alliierten zu stören. Gestützt auf die stark militarisierten Regionen Kaliningrad und St. Petersburg verfügt Moskau über umfassende land-, luft- und seegestützte Anti-Access/Area Denial (A2/AD)-Fähigkeiten, mit denen es das Baltikum und Skandinavien isolieren oder gar besetzen könnte.

Im Nordatlantik stellen russische U-Boote eine ernste Gefahr dar: Sie bedrohen zivile und militärische Schifffahrtslinien zwischen Nordamerika und Europa und, mit ihrer Fähigkeit zum Einsatz interkontinentaler Nuklearwaffen, sogar das strategische Rückgrat der Allianz.

Auftrag & Aufgaben

Auf Grundlage der verschärften Bedrohungslage richtet sich der Hauptauftrag der Marine klar auf Landes- und Bündnisverteidigung: Einsatzbereitschaft steigern, abschrecken, verteidigen. Dazu laufen bereits Kampfwertsteigerungen und eine umfassende Modernisierung der Flotte, während die Kommandostruktur konsequent auf die taktische Führung maritimer Kräfte zugeschnitten wird. Die zukünftige Order of Battle muss gleichermaßen den Fähigkeiten eines erstarkten Russlands, den neuen NATO-Fähigkeitszielen und dem Operationsplan Deutschland genügen.

Die Umsetzung folgt zwei Zeitlinien: Kurzfristige Maßnahmen sichern schon heute die Handlungsfähigkeit, während bis in die 2030er-Jahre eine moderne, kampfstarke Flotte aufgebaut wird. Parallel zur Antwort auf die russische Bedrohung bleibt der Schutz globaler Seewege unverzichtbar. Für Deutschland rücken vor allem Arktis und Indo-Pazifik in den Fokus, wo Chinas maritime Aufrüstung zunehmende Aufmerksamkeit verlangt.

Da sich die USA stärker auf den Pazifik fokussieren, müssen die Europäer selbst die Verantwortung für die konventionelle Verteidigung des Kontinents, auch auf hoher See, übernehmen. Die Deutsche Marine muss daher im Verbund mit europäischen Partnern Nordatlantik und Ostsee schützen und zugleich weltweit an der Seite regionaler Verbündeter deutsche Interessen vertreten. Die Einsätze der vergangenen Jahrzehnte – vom Nahen und Mittleren Osten bis in entfernte Ozeane – zeigen, dass internationales Krisenmanagement, Verteidigungsdiplomatie sowie nationale Krisen- und Risikovorsorge auch künftig zusätzliche Kräfte binden werden.

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Fähigkeitsprofil

Welche Fähigkeiten nach Ansicht der Marineführung erforderlich sind, um genannten Auftrag zu erfüllen und den skizzierten Bedrohungen zu begegnen, gucken wir uns im Folgenden an.

Erstens eine verstärkte Präsenz in den relevanten Operationsräumen. Kurzfristig will die Marine dazu die Einsatzbereitschaft der Bestandseinheiten erhöhen und sich klar auf die NATO-Nordflanke fokussieren. Ziel ist es, „künftig zwei Drittel der Flotte durchgängig in hoher oder voller Einsatzbereitschaft verfügbar zu halten”. Langfristig soll der Umfang der Flotte durch eine Vielzahl bemannter und unbemannter Einheiten erhöht werden.

Zweitens Überwasserseekrieg. Diese Fähigkeit “umfasst die Bekämpfung von Zielen auf dem Wasser und in der Luft”. Kurzfristig will die Marine dazu “mehr, weitreichendere und leistungsstärkere Wirkmittel für die Bestandseinheiten” beschaffen. Auch die Sensorik, der Eigenschutz und die Fähigkeiten im elektromagnetischen Kampf sollen verbessert werden. Ein Beispiel hierfür ist die geplante Integration von IRIS-T SLM auf den Fregatten der Klasse 125, um deren Eigenschutz zu verbessern. Darüber hinaus ist die Beschaffung von Küsten-FK-Batterien geplant, mit denen von Land aus Ziele auf See, auch in größerer Distanz, bekämpft werden können. Langfristig bedarf es einer Flotte aus vielen, kleinen und wenigen großen Einheiten, die in der Lage sind, im weitgehend automatisierten Seeluftkrieg der Zukunft bestehen zu können. Neue Schiffe sollen dabei den Designprinzipien Modularität und Automatisierung folgen.

650 Millionen Euro für die Entwicklung der Supersonic Strike Missile „Tyrfing“
Zukünftiger Seezielflugkörper der Marine | Foto: KONGSBERG

Drittens Unterwasserseekrieg. Kurzfristig will man hier die Kampfkraft und den Eigenschutz der Bestandseinheiten verbessern. Langfristig soll die Flotte “zur zeitgleichen Abwehr multipler Bedrohungen befähigt” sein. Dazu will die Marine auf den “koordinierten Einsatz von U-Booten, Unterwasserdrohnen, Schiffen und Luftfahrzeugen” setzen. Im Bereich der Minenabwehr soll zukünftig auf “eine Kombination aus land- und seebasierten Systemen” gesetzt werden. Zur weitreichenden Aufklärung und Detektion unter Wasser ist die Beschaffung von mobilen und stationären Aufklärungssystemen, insbesondere Unterwasserdrohnen, geplant.

U-Boote der Klasse 212A werden für über 800 Millionen Euro modernisiert
U212A | Foto: Bundeswehr / Marcus Mohr

Viertens Maritime Strike. “Maritime Strike ist die seegestützte weitreichende Bekämpfung von Zielen an Land.“ Kurzfristig soll die “Strike-Fähigkeit aller geeigneten Einheiten – insbesondere der U-Boote” ausgebaut werden. Dazu ist die “Integration von modularen, containerisierten Waffensystemen auf den vorhandenen Schiffen und Booten” geplant. Um welche Abstandswaffen es sich dabei genau handelt, lässt die Marine offen. Auch die “Menge der verfügbaren Munition soll zügig und signifikant erhöht werden”. Laut dem Inspekteur der Marine prüfe man aktuell die Einrüstung von Tomahawk-Marschflugkörpern auf Einheiten der Deutschen Marine. Gut informierten Kreisen zufolge könnten sich dafür wohl die Fregatten der Klasse 123 und 124 eignen, so berichtet es Hartpunkt. Langfristig plant die Marine die Integration von weitreichenden Präzisionswaffen auf den Fregatten der Klassen F127, F126 und womöglich sogar F125, die es erlauben, „auf große und größte Distanz” zu wirken. Ergänzend ist die Beschaffung von “schnellen, schwer aufzuklärenden, auch unbemannten Plattformen über und unter Wasser” geplant, die auf kurze bis mittlere Distanz wirken und so “die Reaktionszeit eines Gegners deutlich reduzieren”.

BGM-109 Tomahawk | Foto: U.S. Navyderivative work: The High Fin Sperm Whale – Tomahawk_Block_IV_cruise_missile.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10306425

Fünftens Drohnenflotte. Die Marine will ihre Transformation hin zu einer hybriden Teilstreitkraft bestehend aus bemannten und unbemannten Systemen beschleunigen. Dazu sollen explizit auch Loitering Munitions zählen die ihre Wirkung im Seekrieg über und unter Wasser entfalten. Dadurch erhofft man sich „eine deutliche Steigerung des Abschreckungspotenzials, vor allem in der Ostsee“. Kurzfristig sollen „alle Schiffe, Boote, Luftfahrzeuge und Landsysteme“ auf den Einsatz von unbemannten Systemen ausgelegt werden. Das Leitmotiv lautet: „Every unit a drone carrier!“ Mittels eines einheitlichen Führungssystems sollen die unbemannten Systeme in die bestehenden Verbände integriert werden. „Auf dem Weg zur hybriden Teilstreitkraft (will) die Marine auch über zunächst minimal besetzte Einheiten Erfahrungen für den Einsatz vollständig unbemannter Systeme sammeln.“ Wichtige Vorhaben in diesem Bereich, die kurzfristig angegangen werden sollen sind, zum einen das Future Combat Surface System (FCSS) und zum anderen die Beschaffung von Unterwasserdrohnen des Typs BlueWhale. „Die Erprobung weiterer unbemannter Systeme (soll) mittels Operational Experimentation (OPEX)“ erfolgen. Langfristig sollen die Einsatzkonzepte der Marine „durchgängig den gemeinsamen Einsatz von bemannten und unbemannten Systemen vorsehen“. Ein gemeinsames Führungssystem soll „die Vernetzung verschiedener Systeme zum Wirkverbund eines Drohnenschwarms ermöglichen.“

Marine will BlueWhale zeitnah beschaffen
Foto: Swadim

Sechstens Verteidigungskampf in Küstengebieten. Kurzfristig soll die Marineinfanterie dazu neu ausgerichtet werden: „Von einem bislang reaktiv orientierten Ansatz mit Schutz- und Sicherungsaufgaben im Inland hin zu offensiven Einsatzverfahren im Ostseeraum: dem maritimen Jagdkampf.“ Um diesen neuen Auftrag erfüllen zu können, soll das Seebataillon unter anderem mindestens 40 Mehrzweck-Kampfboote (MZKB) erhalten. „Langfristig (sollen) diese zusätzlichen Fähigkeiten, auch in klimatischen Extrembedingungen wie in subarktischer Umgebung zur Verfügung stehen und die Marineinfanterie dadurch geografisch flexibilisiert werden.“ Darüber hinaus soll die Marineinfanterie „in die digitalen Gefechtsnetze der Marine eingebunden“ werden um gemeinsam mit „unbemannten Systemen, Schiffen, Booten und Luftfahrzeugen der Marine operieren zu können“.

Seebataillon benötigt 40 Kampfboote
Foto: Saab AB

Siebtens resiliente Führung mit maritimem Lagebild. Neben dem stationären Hauptquartier das „auf nationaler Ebene Seestreitkräfte taktisch führt“ und „dem Stab Commander Task Force Baltic zur Führung maritimer Verbände durch die NATO in der Ostsee“ soll kurzfristig ein „alternatives Hauptquartier, das baulich gehärtet ist und durch dezentrale Führungselemente ergänzt wird“ Redundanz schaffen. Darüber hinaus sollen für die mobile Führung von See aus „permanent und kaltstartfähige Strukturen bereitgehalten“ werden. Durch eigene militärische Sensorik und ein resilientes Netzwerk zum Austausch von Daten mit anderen militärischen und zivilen Akteuren soll ein umfassendes maritimes Lagebild geschaffen werden. Ergänzt werden soll dieses Lagebild um Technologien zur Auswertung von Datenmassen. Langfristig soll die Resilienz der eigenen Strukturen der Bedrohung entsprechend angepasst werden und dabei offen für technologische Weiterentwicklung bleiben.

Foto: Bundeswehr/PIZ Marine

Achtens Einsatzlogistik im In- und Ausland. Kurzfristig soll dazu die Durchhaltefähigkeit von Marinestützpunkten, Werften, Munitionsdepots und Arsenalen durch Dezentralisierung gesteigert sowie Material und Munition auf dem Gebiet verbündeter Staaten vorausstationiert werden. Bezüglich letzterem befinde man sich in guten Gesprächen mit Norwegen und Schweden. Darüber hinaus bedarf es „bemannter und unbemannter, seegehender wie landgebundener Unterstützungseinheiten in hoher Zahl und Kapazität“. Langfristig soll „die multinationale Zusammenarbeit mit den Seestreitkräften von Alliierten und Partnern intensiviert werden“. „Für die Wahrung maritimer Interessen weltweit werden auch Partnerschaften und Logistik-Kooperationen außerhalb des NATO-Bündnisgebietes betrachtet, mit besonderem Augenmerk auf den Indo-Pazifik.“

Neuntens Abwehr von hybriden Bedrohungen. Kurzfristig sollen Häfen, Werften, Munitionslager und Arsenal-Zugänge baulich gehärtet, technisch überwacht und mit neu aufgestellten Wach- und Sicherungskompanien geschützt werden. Gleichzeitig beginnt der Selbstschutz schon im Hafen: Jede Einheit muss Abwehrmaßnahmen gegen schwer attribuierbare Ausspäh- und Sabotageversuche bereithalten. Effektives Vorgehen erfordert zudem einen klaren Rechtsrahmen, der schnellen Informationsaustausch und ressortübergreifende Kooperation ermöglicht. Die Marine bietet an, das gemeinsame maritime Lagebild federführend zu betreiben. Langfristig soll die zivile-militärische Zusammenarbeit fest in Strukturen gegossen werden, damit Unterstützung und Zuständigkeiten in jeder Eskalationsstufe eindeutig geregelt sind.

Foto: Bundeswehr/ Anne Weinrich

Seekriegsmittel

Der Zielbestand der Marine ab 2035 soll aus 15 bis 16 Fregatten, sechs bis neun Korvetten, mindestens zwölf Minenjagdboote, neun bis zwölf U-Booten, drei Flottendienstbooten sowie zwölf Versorgungs- und Unterstützungseinheiten bestehen. Insgesamt 57 bis 64 bemannte seegehende Einheiten. Hinzu kommen sollen mindestens 40 Mehrzweck-Kampfboote und 51 unbemannte seegehende Einheiten. Im Bereich der Luftfahrzeuge benötigt die Marine acht bis zwölf Seefernaufklärer, 31 Bordhubschrauber und 17 Mehrzweckhubschrauber. Insgesamt 56 bis 60 bemannte Luftfahrzeuge. Ergänzt werden sollen diese durch mindestens 30 bis 34 unbemannte Luftfahrzeuge.

Von den zukünftigen Flugabwehrfregatten der Klasse F127 sieht der Kurs Marine insgesamt sechs Einheiten vor, die die drei Fregatten der Sachsen-Klasse ersetzen sollen. Deren Hauptaufgaben werden die Luftverteidigung und Maritime Strike sein. Ergänzt werden sollen die F127er durch drei Large Remote Missile Vessels (LRMV), deren Hauptaufgaben ebenfalls Luftverteidigung und Maritime Strike sein werden.

F127 | Quelle: thyssenkrupp Marine Systems

Als Ersatz für die Fregatten der Klasse F123 erhält die Marine sechs Fregatten der Klasse F126 auch Niedersachen-Klasse genannt. Deren Hauptaufgaben umfassen die U-Boot-Jagd und ebenfalls Maritime Strike.

Von den Fregatten der Klasse F125 sollen drei bis vier Einheiten vorhanden sein. Möglicherweise wird hier also eine Einheit vorzeitig außer Dienst gestellt. Hauptaufgaben der F125er sollen der Überwasser-Seekrieg und Maritime Strike sein.

Von den Korvetten der Klasse K130 sollen künftig sechs bis neun Stück ihren Dienst bei der Deutschen Marine verrichten. Dazu plant die Marine eine Einheit des ersten Loses auf den Rüststand des zweiten Loses aufzurüsten. Hauptaufgaben der Korvetten sind der Überwasser-Seekrieg und Maritime Strike in Randmeeren. Ergänzt werden sollen die Korvetten durch mindestens 18 Future Combat Surface Systems (FCSS), deren Hauptaufgaben ebenfalls Überwasser-Seekrieg und Maritime Strike in Randmeeren sein werden.

Korvette Augsburg getauft
Foto: NVL Group/Felix Matthies

Für das Seebataillon sollen mindestens 40 Mehrzweck-Kampfboote (MZKB) beschafft werden, deren Hauptaufgaben der Marineinfanterie-Einsatz und maritimer Jagdkampf sein werden. Zukünftig soll ein Teil dieser Mehrzweck-Kampfboote unbemannt betrieben werden.

Als Ersatz für die Minenjagdboote der Klasse MJ332 sollen bis 2035 mindestens zwölf neue Minenjagdboote der Klasse MJ334 zulaufen. Deren Hauptaufgabe wird der Minenkampf sein. Ergänzt werden diese durch mindestens 18 Unbemannte Minenabwehr-Systeme (MCM-USV/-UUV) und sechs Land-based Mine Counter-Measure Systems (L-MCM). Hauptaufgaben der unbemannten Minenabwehr-Systeme werden der Minenkampf und die Unterwasseraufklärung sein. Die Land-based Mine Counter-Measure Systems werden ebenfalls dem Minenkampf dienen.

Die U-Boot-Flotte wird künftig aus U-Booten der Klasse 212A und CD bestehen. Die sechs bestellten U-Boote der Klasse 212 CD werden durch mindestens drei U-Boote der Klasse 212 A ergänzt. Möglicherweise werden sogar alle sechs U212A im Dienst gehalten, womit die Marine über insgesamt 12 U-Boote verfügen würde. Dazu müsste die U212A jedoch dringend einem Mid-Life Update (MLU) unterzogen werden. Hauptaufgaben der U-Boote werden die U-Boot-Jagd, der Unterwasser-Seekrieg und Maritime Strike sein. Ergänzt werden die bemannten U-Boote durch mindestens zwölf Large Unmanned Underwater Vehicles (LUUV), deren Hauptaufgaben die Aufklärung und der Überwasser-Seekrieg sein werden.

U212CD - die zukünftigen U-Boote der Deutschen Myarine
U212CD | Foto: thyssenkrupp Marine Systems

Als Ersatz für die veralteten Flottendienstboote der Oste-Klasse erhält die Marine drei neue Flottendienstboote der Klasse A424. Deren Hauptaufgabe wird die Aufklärung sein.

Die drei Einsatzgruppenversorger der Klasse A702 werden weiterhin ihren Dienst leisten und für die Seeversorgung verantwortlich sein. Als Ersatz für die veralteten Betriebsstofftanker der Rhön-Klasse erhält die Marine zwei Flottentanker der Klasse A707. Die Marine hätte darüber hinaus gerne einen weiteren, insgesamt also drei. Deren Hauptaufgabe ist die Kraftstoffversorgung von Schiffen und Booten in See. Als Ersatz für die Tender der Elbe-Klasse sollen sechs Unterstützungsschiffe der Klasse 405 beschafft werden. Deren Hauptaufgaben sind die Operationsunterstützung und die Seeversorgung. Als Ersatz für die veralteten Seefernaufklärer des Typs P-3C Orion läuft bereits die Beschaffung von acht P-8A Poseidon. Laut dem Kurs Marine liegt der Gesamtbedarf der Marine bei acht bis zwölf dieser Seefernaufklärer. Möglicherweise wird hier also bald eine dritte Tranche mit vier weiteren Poseidons bestellt. Hauptaufgaben der Seefernaufklärer sind die Aufklärung und der Unterwasser-Seekrieg. Ergänzt werden sollen die bemannten Seefernaufklärer durch acht bis zwölf Unmanned Aerial Systems (UAS) deren Hauptaufgaben ebenfalls die Aufklärung und der Unterwasser-Seekrieg sein werden.

Als Ersatz für die veralteten Bordhubschrauber des Typs Mk88a Sea Lynx läuft die Beschaffung von 31 NH-90 MRFH Sea Tiger. Deren Hauptaufgaben sind die Aufklärung sowie der Über- und Unterwasser-Seekrieg (einschiffbar). Neben den neuen Bordhubschraubern sollen auch noch mindestens 22 Unmanned Aerial Vehicles (UAV) beschafft werden. Deren Hauptaufgaben sind ebenfalls die Aufklärung sowie der Über- und Unterwasser-Seekrieg (einschiffbar). Zu guter Letzt noch die Mehrzweckhubschrauber vom Typ NH-90 NTH Sea Lion. Insgesamt 18 Stück wurden bestellt und mittlerweile auch an die Bundeswehr ausgeliefert. Davon stehen der Marine 17 Stück für Transport, Aufklärung und Seenotrettung zur Verfügung.

Der Zielbestand der Marine ab 2035 | Foto: Bundeswehr/Deutsche Marine

Order of Battle

Kommen wir nun zur Entwicklung der Order of Battle. Dazu gucken wir uns die Flottenstruktur in den Jahren 2025, 2029 und 2035 an.

Aktuell verfügt die Marine über elf Fregatten, fünf Korvetten, sechs U-Boote, zehn Minenjagdboote, ein Wehrforschungsschiff, drei Flottendienstboote, drei Einsatzgruppenversorger, zwei Flottentanker und sechs Tender. Insgesamt 47 seegehende Einheiten. Hinzu kommen acht Seefernaufklärer, 22 Bordhubschrauber und 17 Mehrzweckhubschrauber, macht 47 Luftfahrzeuge. Des Weiteren verfügt die Marine noch über das Seebataillon und das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM).

Im Jahr 2029 soll die Flotte folgendermaßen aussehen: elf Fregatten, sechs bis neun Korvetten, 18 Future Combat Surface Systems, sechs U-Boote, zwölf Large Unmanned Underwater Vehicles, zehn Minenjagdboote, 18 unbemannte Minenabwehr-Systeme, sechs Land-based Mine Counter-Measure Systems, ein Wehrforschungsschiff, drei Flottendienstboote, drei Einsatzgruppenversorger, zwei neue Flottentanker der Klasse A707 und sechs Tender. Insgesamt 96 bis 99 seegehende Einheiten. Hinzu kommen acht neue Seefernaufklärer des Typs P-8A Poseidon, acht bis zwölf Unmanned Aerial Systems (UAS), 31 neue Bordhubschrauber des Typs NH-90 MRFH Sea Tiger, 22 Unmanned Aerial Vehicles (UAV) und 17 Mehrzweckhubschrauber, macht insgesamt 86 bis 90 Luftfahrzeuge. Des Weiteren soll das Seebataillon bis 2029 die ersten Mehrzweck-Kampfboote erhalten haben.  Bis 2029 wird die Marine also primär über unbemannte See- und Luftfahrzeuge wachsen.

Im Jahr 2035 soll dann der eben vorgestellte Zielbestand verfügbar sein.

Die Order of Battle der Marine | Foto: Bundeswehr/Deutsche Marine

Veränderungen zum Zielbild 2035+

Der „Kurs Marine 2025“ verschiebt den Schwerpunkt deutlich: Statt des bislang betonten weltweiten Engagements rückt nun die Landes- und Bündnisverteidigung in den Vordergrund. Hauptoperationsgebiet der Deutschen Marine ist (und bleibt bis 2035 +) die NATO-Nordflanke – vom GIUK-Gap über die Nordsee bis in den finnischen Meerbusen. Auslandseinsätze sollen künftig nur noch stattfinden, wenn hierfür Kapazitäten frei sind. Passend dazu wird nicht mehr über die Schließung von Marinestützpunkten nachgedacht; alle vorhandenen Standorte sollen vielmehr besser geschützt und um eine vorgeschobene Versorgungsbasis für Bündnispartner ergänzt werden.

Hauptoperationsgebiet der Deutschen Marine | Foto: Bundeswehr/Deutsche Marine

Auf der Plattformseite bringt der neue Kurs zahlreiche Änderungen: Die Fregatten F127, F126 und F125 sollen alle zu Maritime Strike befähigt werden. Von der vorzeitigen Außerdienststellung einer Fregatte der Klasse F125 wird nun möglicherweise doch abgesehen, sodass alle vier beschafften Einheiten der Flotte erhalten bleiben. Ergänzt werden diese Großkampfschiffe durch drei völlig neue Large Remote Missile Vessels. Auch die Korvetten K130 und die künftig mindestens 18 – nicht mehr maximal 18 – Future Combat Surface Systems bekommen die Fähigkeit „Maritime Strike in Randmeeren“. Hinzu kommen 40 neue Mehrzweck-Kampfboote (MZKB) und mindestens zwölf neue Minenjagdboote der Klasse MJ334; deren Fähigkeitsprofil wird jedoch eingeengt, da Seabed Warfare und Unterwasseraufklärung nicht länger vorgesehen sind. Damit dürfte auch die zuvor angedachte Modernisierung der älteren Klasse MJ332 endgültig vom Tisch sein. Ursprünglich wegen explodierender Kosten verschoben, soll das Projekt Fähigkeitsträger verbundene Seeminenabwehr nun wohl doch vorgezogen und bereits bis 2035 realisiert werden. Bei den unbemannten Minenabwehr-Systemen wird die Stückzahl konkretisiert, jedoch entfällt auch hier die Fähigkeit Seabed-Warfare. Neu aufgenommen sind mindestens sechs Land-based Mine Counter-Measure Systems. Die U-Boot-Flotte wird von bisher 6-9 auf 9-12 Boote erweitert, während bei den Large Unmanned Underwater Vehicles (LUUV) künftig mindestens zwölf statt bislang nur bis zu sechs Exemplare vorgesehen sind. Darüber hinaus wurde das Fähigkeitsprofil der U-Boote um die Fähigkeit Maritime Strike und das der Large Unmanned Underwater Vehicles um Überwasser-Seekrieg erweitert. Das Forschungsschiff „Planet“ soll zum Schutz kritischer maritimer Infrastrukturen eingesetzt werden und das auch über 2035 hinaus. In der Seefernaufklärung erhöht sich der Bedarf nach der P-8A Poseidon auf 8-12 Maschinen; gleichzeitig entfällt dort die Fähigkeit Überwasserseekrieg – ebenso wie beim Unmanned Aerial Systems, dessen geplante Stückzahl von 6 auf 8-12 Systeme steigt. Der NH-90 MRFH bleibt in geplanter Stückzahl erhalten, während für die Unmanned Aerial Vehicles nun „mindestens 22“ statt „maximal 22“ definiert sind. Beim NH-90 NTH entfällt ebenfalls die Fähigkeit Überwasserseekrieg.

Fazit

Der „Kurs Marine 2025“ ist kein klassisches Strategiepapier, sondern Ausdruck eines nüchternen Realismus: Modernisierung soll nicht in einem großen Sprung, sondern Schritt für Schritt erfolgen. Das Dokument benennt offen Defizite, setzt Prioritäten und skizziert praktikable Lösungen mit dem Ziel, die Flotte in eine kampfstarke, vernetzte und hybride Marine zu verwandeln. Bemerkenswert ist der konstruktive Umgang mit externer Kritik – Themen wie Munition, Fokussierung auf die NATO-Nordflanke oder der Einsatz von unbemannten Systemen, früher oft angemahnt, sind nun offizielle Vorhaben.

Gleichwohl bleibt der Zeitplan ehrgeizig. Projekte wie U212CD, Sea Tiger oder die Fregatte F126 hängen bereits hinterher, und jede Verzögerung reißt neue Fähigkeitslücken. Technisch bewegt sich die Marine auf Neuland: digitalisierte Schiffe, Drohnenschwärme, neue U-Boote. Zusätzliche Spezialisten in Beschaffungsämtern und digitale Werftprozesse sollen Risiken dämpfen, doch Restunsicherheiten bleiben.

Zentral ist das Personal: Hochkomplexes Gerät verlangt gut ausgebildete Besatzungen, die heute rekrutiert und geschult werden müssen, um 2029 bereit zu sein. Der Kurs Marine setzt daher auf intensive, realitätsnahe Ausbildung und stellt die Übung vor Routine-Auslandseinsätze. Doch der demografische Wandel macht die Gewinnung von Fachkräften schwierig.

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