Seit dem 1. Januar stellt Deutschland der NATO eine einsatzbereite mechanisierte Heeresdivision zur Verfügung. Dabei handelt es sich um die 10. Panzerdivision, umgangssprachlich auch oft als Division 2025 bezeichnet. Doch wie einsatzbereit ist die Division 2025 wirklich?
Division 2025
Deutschland hat der NATO jederzeit kampfbereite Kräfte zur Landes- und Bündnisverteidigung zugesagt. Im Zentrum dieser Zusage steht seit dem 1. Januar 2025 die 10. Panzerdivision, die unter der Bezeichnung „Division 2025“ als erster vollständig ausgestatteter deutscher Großverband wieder einen klassischen Divisionsauftrag wahrnimmt: ohne langwierige Personal- oder Materialverschiebungen sofort verlegbar, kaltstartfähig und in der Lage, das Gefecht der verbundenen Waffen eigenständig zu führen. Hintergrund ist die seit 2022 forcierte Rückbesinnung auf Abschreckung und Verteidigung anstelle der zuvor dominierenden Auslandseinsätze. Deshalb ordnete der damalige Generalinspekteur bereits im März 2022 an, die Division zwei Jahre früher als geplant einsatzbereit zu machen. Seit dem 1. April 2023 laufen deshalb tiefgreifende Umgliederungen.
Die Division umfasst bis zu 30 000 Soldatinnen und Soldaten: zwei schwere deutsche Kampfbrigaden – die Panzerbrigade 12 mit je zwei Panzer- und Panzergrenadierbataillonen sowie die Panzergrenadierbrigade 37 mit einem Panzer- und drei Panzergrenadierbataillonen –, die neu aufgestellte Panzerbrigade 45 in Litauen, die multinationale Deutsch-Französische Brigade sowie die niederländische 13. Lichte Brigade. Hinzu kommen eigene Divisionstruppen mit Fernmelde-, Aufklärungs-, Pionier-, Versorgungs- und Artilleriebataillonen, die der Großverband flexibel einsetzen kann, um Schwerpunkte zu bilden oder Operationen in der Tiefe zu führen. Ergänzend stellen andere Organisationsbereiche Fähigkeiten wie ABC-Abwehr, Feldjäger, IT-Kräfte, operative Kommunikation, zivil-militärische Zusammenarbeit und Sanitätsdienst bereit.
Auch materiell wird die Division priorisiert vollständig ausgerüstet: Die drei Panzerbataillone verfügen über insgesamt rund 132 Leopard-2-Kampfpanzer, die fünf Panzergrenadierbataillone über etwa 220 Schützenpanzer Puma; Die vier Artilleriebataillone verfügen über Panzerhaubitzen 2000 und MARS-II-Raketenartilleriesysteme Zusätzlich stehen moderne Drohnen- und Radarsysteme, geschützte Transport- und Pionierfahrzeuge sowie neue Führungs- und Gefechtsstandmittel bereit. Der Großteil des Geräts stammt aus vorhandenen Beständen, wurde jedoch auf Kosten anderer Verbände der Division 2025 zugewiesen, um den ambitionierten Zeitplan einzuhalten.

Bis Ende 2024 wurden alle strukturellen Anpassungen abgeschlossen und am 1. Januar 2025 meldete Deutschland der NATO eine vorläufig einsatzbereite Kampftruppendivision.
Herausforderungen & Probleme
Aber wie einsatzbereit ist die Division 2025 wirklich? Auf den ersten Blick wirkt die Bilanz beachtlich: Rund 85 Prozent des für den Divisionsauftrag benötigten Großgeräts stehen bereit. Und auch personell sieht es wohl sehr gut aus. Dieses Ergebnis kommt jedoch nur zustande, weil die beiden anderen Heeresdivisionen Gerät abgegeben haben und nun auf Neuanschaffungen warten müssen.
___STEADY_PAYWALL___
Die gravierendste Lücke bleibt die bodengebundene Flugabwehr. Nach der Auflösung der Heeresflugabwehrtruppe muss ihre Fähigkeit von Grund auf neu entstehen. Zwar sind 19 Flugabwehrkanonenpanzer Skyranger 30 bestellt, doch die Auslieferung verzögert sich um anderthalb Jahre; Erstes Seriengerät trifft frühestens 2028 ein. Und das nicht mal in benötigter Stückzahl. Allein die drei Kampfbrigaden der 10. Panzerdivision bräuchten mindestens 48 Systeme, um den Schutz vor Bedrohungen aus der Luft sicherzustellen. Der Gesamtbedarf der Bundeswehr liegt wohl bei rund 200 Skyranger 30. Das ergänzende Luftverteidigungssystem für den Nah- und Nächstbereichsschutz (LVS NNbS) wurde Anfang 2024 mit 1,3 Milliarden Euro angestoßen, doch Prototypen werden ebenfalls erst 2028 erwartet. Bis dahin bleibt die Division trotz moderner Gefechtsfahrzeuge gegen Drohnen, Lenkflugkörper oder tief anfliegende Kampfflugzeuge verwundbar.

Auch bei der Digitalisierung zeigt sich der Spagat zwischen Ambition und Realität. Noch funken viele Verbände mit analogen SEM-80/90‑Geräten aus den 1980er-Jahren. Zwar startet ab Mitte 2025 das Programm „Digitalisierung landbasierter Operationen“ (D-LBO): 10 000 Fahrzeuge der Division erhalten neue Funk- und Führungssysteme, doch die Vollausstattung zieht sich bis Ende 2027. Das dazugehörige Tactical Wide Area Network for Land Based Operations, das Gefechtsstände per Richtfunk resilient miteinander verbindet, ist bestellt, aber seine 56 kleinen und 51 großen Richtfunksysteme werden Schritt für Schritt erst zwischen Ende 2026 und 2029 ausgeliefert.

Auch im Bereich der Logistik gibt es Nachholbedarf. Denn die robusteste Kampftruppe nützt wenig ohne Nachschub. Deutschland verfügt aktuell nur über rund 70 militärische Tanklastwagen; Für die 10. Panzerdivision wären allein 240 bis 300 nötig, um die Truppen dauerhaft mit Treibstoff zu versorgen. Ähnlich angespannt ist die medizinische Versorgungskette: Etwa 200 schwere, geschützte Sanitäts-Kraftfahrzeuge fehlen, um Verwundete unter Feuer sicher abzutransportieren und zu versorgen. Noch schwerer wiegt die Frage nach personellen Reserven: Ersatz für Verwundete, Gefallene oder Gefangene ist kaum verfügbar, sodass der Verband bei längerem Einsatz schnell ausdünnen würde.

Schließlich die Munition: Die NATO-Zielvorgabe lautet hier Munitionsvorrat für 30 Tage intensiver Kämpfe. Es ist kein Geheimnis, dass der Bundeswehr wohl nach nur zwei bis drei Tagen bereits die Munition ausgehen würde. Das hat sich auch nach drei Jahren Zeitenwende nicht geändert.
Fazit
Unterm Strich ist die Division 2025 ein schlagkräftiger Großverband – doch ihr scheinbar hoher Einsatzgrad erzählt nur die halbe Geschichte. Die 85 Prozent materielle Verfügbarkeit wurden erkauft, indem andere Heeresverbände Gerät abgaben; Außerhalb der 10. Panzerdivision liegt die Einsatzbereitschaft des Heeres deshalb gerade einmal bei etwa 50 Prozent. Auch personell bleibt die Decke dünn: Jeder fünfte Unteroffiziers- und Offiziersposten sowie fast ein Drittel aller Mannschaftsdienstposten sind unbesetzt, während das politisch gesetzte Ziel von 203 000 Soldatinnen und Soldaten bis 2031 in immer weitere Ferne rückt – aktuell zählt die Bundeswehr nur gut 182 000. Besonders kritisch ist, dass die Division nach wie vor ohne vollwertige bodengebundene Flugabwehr operiert und ihre digitale Führungsfähigkeit erst schrittweise bis 2029 erreicht; Ob man einen Verband unter diesen Umständen wirklich als „zu 85 Prozent einsatzbereit“ bezeichnen kann, bleibt fraglich. Und vor allem für wie lang, angesichts von Munitionsvorräten, die wohl nur für 2–3 Tage reichen. Die Division 2025 markiert zwar einen wichtigen Schritt zurück zu organischen Großverbänden, doch sie ist kein Beweis dafür, dass das deutsche Heer als Ganzes schon wieder durchhaltefähig und kriegstüchtig wäre. Ohne zusätzliche Investitionen in Personal, Logistik, Munition, Digitalisierung und Flugabwehr bleibt die Einsatzbereitschaft eine Momentaufnahme – und eine, die nur durch das Auszehren des restlichen Heeres möglich wurde.