Panzerbrigade 45 – das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende

Panzerbrigade 45 - das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende
Foto: DVIDS / KNDS

„Deutschland ist bereit, dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren“, verkündete Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am 26. Juni 2023 während seines Besuches in Litauen. Eine Premiere für die Bundeswehr. Alle Informationen zur Litauen-Brigade oder, wie sie das BMVg auch nennt, das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende, erhaltet ihr in diesem Beitrag.

Das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende heißt in der Realität Panzerbrigade 45, umgangssprachlich auch oft als Litauen-Brigade bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine neu aufzustellende Kampfbrigade, die sich allerdings aus bestehenden Truppenteilen zusammensetzen wird. Das bedeutet, es wird keinen quantitativen Aufwuchs geben, sondern bestehende Verbände des Heeres werden zugunsten der neuen Panzerbrigade 45 geschwächt. Wie der Name schon erahnen lässt, wird es sich bei der neuen Brigade um eine Schwere Brigade handeln. Damit wird das Heer künftig über vier Schwere, drei mittlere und zwei leichte, insgesamt also neun Brigaden verfügen. Unterstehen wird die Panzerbrigade 45 der Division 2025, also der 10. Panzerdivision. der darüber hinaus auch noch die Panzerbrigade 12, die Panzergrenadierbrigade 37 und die Deutsch-Französische Brigade unterstehen sowie Divisionstruppen. In der Zielstruktur wird die Panzerbrigade 45 4.800 Soldaten und 200 zivile Mitarbeiter umfassen.

Die Idee hinter der Litauen-Brigade ist folgende: Im Ernstfall könnte die Suwalki-Lücke durch feindliche Einheiten schnell geschlossen werden. Folglich empfiehlt es sich, bereits Kräfte direkt vor Ort zu haben, um dies zu verhindern. Bei der Suwalki-Lücke handelt es sich um eine 65 km breite Landverbindung zwischen Polen und den baltischen Staaten. Sollte diese geschlossen werden, wäre eine Nachversorgung von im Baltikum stationierten Einheiten nur noch über die Ostsee her möglich. Das Schreckgespenst ist, ist die Suwalki-Lücke einmal geschlossen, dass die baltischen Staaten durch die russischen Streitkräfte überrannt werden könnten. Diese müssten dann im Anschluss in einer kostspieligen Gegenoffensive von anderen NATO-Streitkräften wieder zurückerobert werden. Hauptaufgabe der Litauen-Brigade wird also die Verteidigung der Suwalki-Lücke sein, um ein Überrennen der baltischen Staaten zu verhindern!

Mein Videobeitrag zu der Thematik:

Truppenteile

Geführt wird die Brigade selbstverständlich durch einen Brigadestab, der durch eine Stabs- und Unterstützungskompanie sowie eine Fernmeldekompanie unterstützt wird. Als Kampftruppen werden der neuen Brigade das Panzerbataillon 203 aus Augustdorf, welches aktuell der Panzerlehrbrigade 9 untersteht, und das Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach, welches aktuell der Panzerbrigade 12 untersteht, sowie ein multinationales Bataillon zur Verfügung stehen. Beim multinationalen Kampftruppenbataillon wird es sich um die Fortsetzung der Enhanced Forward Presence Battlegroup Litauen handeln. Welches sich hauptsächlich aus niederländischen und norwegischen Truppen zusammensetzen wird. Als Kampf-, Führungs- und Einsatzunterstützungstruppen wird die Brigade über ein Panzerartilleriebataillon, eine Panzerpionierkompanie, eine Aufklärungskompanie und ein Versorgungsbataillon verfügen. Hinzu kommen noch Truppenteile aus dem neu aufzustellenden Unterstützungsbereich, genauer gesagt mehrere hundert Sanitätskräfte und Feldjäger. Sowie, wie sollte es anders sein, eine Bundeswehrverwaltungsstelle.

Stationierung

Kommen wir zur Stationierung der Panzerbrigade 45. Diese soll an zwei Orten erfolgen, und zwar in Rudninkai südlich von Vilnius und in Rukla, nähe der Großstadt Kaunas. Auch die Standorte in Deutschland sollen auf einem, Zitat, „vergleichbaren Niveau“ erhalten bleiben. Dazu soll in Augustdorf das Panzerartilleriebataillon 215 neu aufgestellt werden. Und das Artilleriebataillon 131 aus Weiden wird nach Oberviechtach verlegt. In Weiden wird wiederum der Aufwuchs des neu aufgestellten Panzerartilleriebataillons 375 fortgesetzt.

Grafik: Moritz Riffel

Zeitplan

Wie geplant wurde das 20-köpfige Vorkommando am 8. April dieses Jahres nach Litauen verabschiedet. Dieses Vorkommando soll bis zum 4. Quartal 2024 zu einem Aufstellungsstab mit rund 150 Bundeswehrangehörigen anwachsen. Nächstes Jahr soll die Panzerbrigade 45 dann offiziell aufgestellt und mit der Verlegung erster Truppenteile nach Litauen begonnen werden. Ein Jahr später, sprich 2026, soll die Infrastruktur für die deutsche Brigade vollständig fertiggestellt sein und die multinationale eFP-Battlegroup in die Panzerbrigade 45 integriert werden. 2027 sollen alle 4.800 Soldaten und 200 zivile Mitarbeiter sowie 2.000 Militärfahrzeuge in Litauen stationiert sein und die Panzerbrigade 45 damit volle Einsatzbereitschaft erlangen.

Ausrüstung

Wie gerade schon angesprochen, werden für die volle Einsatzbereitschaft der Brigade rund 2.000 Militärfahrzeuge sowie unzählige weitere Ausrüstungsgegenstände benötigt. Allerdings gibt es da ein Problem. So ist das Heer aktuell, laut einem internen Bericht, über alle Materialkategorien hinweg nur zu 60 Prozent ausgestattet. Durch die Aufstellung der Panzerbrigade 45 ohne zusätzliche Investitionen wird dieser Wert sogar auf 55 Prozent absinken. Allein für die Vollausstattung des Panzerbataillons 203 plant das Verteidigungsministerium Medienberichten zufolge die Beschaffung 35 zusätzlicher Leopard-2-A8-Kampfpanzer. Über die Lücken im Bereich der Flug- und Drohnenabwehr fang ich erst gar nicht an.

Kosten

Was wäre dann also nötig, um die Panzerbrigade 45 voll auszustatten? Laut einem Bericht des Spiegel bezifferte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums die Summe für die Aufstellung der Brigade in Litauen vor dem Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages auf insgesamt 11 Milliarden Euro. Davon sind vier Milliarden Euro für die Anschaffung eines neuen Großgerätes und sechs Milliarden Euro für weitere Investitionen, wie zum Beispiel den Bau von Infrastruktur, oder für den Kauf von Bekleidung und persönlicher Ausrüstung der Soldaten, vorgesehen. Wobei mich diese Berichterstattung etwas verwundert, da Litauen eigentlich die Infrastruktur bauen und auch bezahlen sollen. Entweder hat sich das nun geändert und Deutschland zahlt die Infrastruktur doch selbst oder es handelt sich bei den elf Milliarden Euro um die Gesamtkosten für die Brigade. Also die Kosten für die deutsche und die litauische Seite zusammengenommen. Das bleibt noch abzuwarten. Neben den zehn Milliarden Euro Investitionskosten kommen noch jährliche Betriebskosten von einer Milliarde Euro auf. Im Verteidigungshaushalt ist von den genannten Summen bisher nichts hinterlegt. Wenig verwunderlich, dass Boris Pistorius für das nächste Jahr zusätzliche 6,5 Milliarden Euro verlangt. Ob er sie allerdings bekommen wird, ist fraglich. Schließlich hatte er letztes Jahr ganze zehn Milliarden Euro mehr für dieses Jahr gefordert und wurde mit mickrigen 1,8 Milliarden Euro abgespeist. Was lediglich die gestiegenen Personalkosten kompensierte. 

Fazit

Zum Schluss ein kurzes Fazit meinerseits. Ich persönlich finde die Entscheidung, eine deutsche Brigade dauerhaft in Litauen zu stationieren, gut. Da sie die Abschreckung gegenüber Russland verstärkt und im Falle des Falles der NATO mehr Zeit verschaffen würde, würde Verstärkung nachzuführen. Das funktioniert allerdings nur, wenn diese Brigade auch voll ausgerüstet ist. Und danach sieht es aktuell nicht aus. Klar ist: Es gibt kein Zurück mehr. Die Panzerbrigade 45 muss und wird kommen. Jedoch liegt es an der Politik, ob das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende zu einem Erfolg oder einem Desaster wird. Das Stichwort heißt hier: dauerhafte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dass das nicht von heute auf morgen geschehen kann, ist mir klar. Deshalb sollte man den Verteidigungshaushalt um jährlich 10 Milliarden Euro anwachsen lassen, damit die Lücke, wenn das Sondervermögen der Bundeswehr verausgabt ist, nicht unüberwindbar wird.

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