Die Zukunft der Heimatschutzkräfte – Struktur / Ausrüstung / Aufgaben

Die Zukunft der Heimatschutzkräfte - Struktur / Ausrüstung / Aufgaben
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow

In Zeiten wachsender sicherheitspolitischer Herausforderungen rücken auch die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr wieder stärker in den Fokus. Doch wie ist der aktuelle Stand? Welche Aufgaben übernehmen sie? Wie sind die Heimatschutzkräfte strukturiert – und wie gut sind sie eigentlich ausgerüstet? Darum geht es in diesem Beitrag.

Aufgaben

Die Heimatschutzkräfte operieren ausschließlich im Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Hauptauftrag im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung umfasst den Schutz der territorialen Integrität durch die Sicherung von Verkehrswegen, Schlüsselstandorten sowie kritischer Infrastruktur. Darüber hinaus unterstützen sie zivile Behörden bei Naturkatastrophen und anderen Notlagen gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes. Ein weiterer wesentlicher Aufgabenbereich ist der Host Nation Support für verbündete Streitkräfte, die sich auf deutschem Boden befinden oder diesen passieren. Zur Wahrung der inneren Sicherheit kooperieren die Heimatschutzkräfte eng mit Polizei und Katastrophenschutz, stets im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Als Träger allgemeiner Schutz- und Sicherungsaufgaben sowie des Objektschutzes spezifischer kritischer Infrastrukturen sind sie ein zentraler Bestandteil des Operationsplans Deutschland und müssen sich hinsichtlich Struktur, Umfang und Fähigkeiten entsprechend danach ausrichten.

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Foto: Bundeswehr/ Anne Weinrich

Struktur

Am 14. März 2025 hat das Deutsche Heer im Rahmen eines feierlichen Appells in Berlin die Heimatschutzkräfte vom Territorialen Führungskommando übernommen und gleichzeitig die neue Heimatschutzdivision aufgestellt. Diese bildet nun – neben der 1. und 10. Panzerdivision sowie der Division Schnelle Kräfte – den vierten Großverband des Heeres. Der Aufstellungsstab der Division nahm bereits am 1. Januar 2025 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin seinen Dienst auf, die formelle Aufstellung erfolgt am 1. April 2025. Die Heimatschutzdivision fasst alle bestehenden Heimatschutzregimenter und -kompanien zusammen und wird unter der Führung von Generalmajor Andreas Henne stehen. Insgesamt soll sie rund 6.000 Soldatinnen und Soldaten umfassen, wobei der Großteil aus Reservisten besteht. Perspektivisch ist der Ausbau auf bis zu 20.000 Dienstposten vorgesehen. Eine Einmeldung in das NATO Force Model ist nach aktuellem Stand nicht geplant.

Die Schaffung der Heimatschutzdivision bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Sie steigert die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, ermöglicht eine einheitliche Steuerung der Kräfte und verbessert Ausbildungs- und Einsatzstandards sowie die Reaktionsfähigkeit in Krisensituationen. Zudem optimiert sie die Zusammenarbeit mit dem Feldheer und trägt durch eine klare strukturelle Trennung der Aufgabenbereiche zu einer effizienteren Ressourcennutzung und besser koordinierten Einsätzen bei. Zur Heimatschutzdivision gehören aktuell fünf Heimatschutzregimenter: das Heimatschutzregiment 1 in Roth (Bayern), das Heimatschutzregiment 2 in Münster (Nordrhein-Westfalen), das Heimatschutzregiment 3 in Nienburg (Niedersachsen), das Heimatschutzregiment 4 in Alt Duvenstedt (Schleswig-Holstein) und das Heimatschutzregiment 5 in Ohrdruf (Thüringen). Ein sechstes Heimatschutzregiment in Möckern/Altengrabow (Sachsen-Anhalt) soll am 1. Oktober 2025 folgen.

Diese Regimenter sind Teil der Territorialen Reserve und setzen sich jeweils aus einer Stabs- und Versorgungskompanie, einer Unterstützungskompanie, einer Ausbildungskompanie sowie mehreren Heimatschutzkompanien zusammen. Weitere Regimenter sind bereits in Planung – laut Generalleutnant Alfons Mais sollen langfristig zwölf Heimatschutzregimenter im Operationsplan Deutschland (OPLAN) vorgesehen sein.

Ergänzt wird diese Struktur durch die 16 Landeskommandos, die dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr unterstellt sind. Sie bilden die zentrale Kommandobehörde der territorialen Wehrorganisation in jedem Bundesland und unterstützen die Bundesländer bei der Sicherheitsvorsorge. Zu ihren Aufgaben gehören die Planung und Koordination von Amts- und Katastrophenhilfe, die zivile-militärische Zusammenarbeit, Host Nation Support nach dem NATO-Truppenstatut, Reservistenarbeit, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Beratung in Umweltschutzfragen.

Übergabeappell Heimatschutzkräfte der Bundeswehr | Foto: Bundeswehr/Marco Dorow

Ausrüstung

Die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr sehen sich – wie die gesamte Reserve – mit erheblichen Materialengpässen konfrontiert. Da die aktive Truppe grundsätzlich Vorrang bei der Ausstattung genießt, ist davon auszugehen, dass die bestehenden Lücken im Bereich der Reserve und speziell des Heimatschutzes erst mit zeitlicher Verzögerung geschlossen werden. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat angekündigt, dass die Reserve bis 2035 eine materielle Vollausstattung auf dem Niveau der aktiven Truppe erhalten soll. Bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, festgestellt, das Heer sei „blank“ – eine Situation, die sich durch umfangreiche Materialabgaben an die Ukraine seither weiter verschärft hat.

Ersatzbeschaffungen lassen auf sich warten, und es wird noch Jahre dauern, bis neue Ausrüstung in ausreichendem Maß verfügbar ist. Zusätzlich müssen Altlasten aus dem sogenannten „dynamischen Verfügbarkeitsmanagement“ ausgeglichen werden, das über Jahre hinweg zu einem strukturellen Mangel an Material und Großgerät geführt hat. Hinzu kommt die Herausforderung, mit der Panzerbrigade 45 für Litauen einen weiteren Großverband vollständig neu auszurüsten, was zusätzliche Kapazitäten bindet. Nach Einschätzung von Generalleutnant Harald Gante, Kommandeur des Feldheeres, wird es voraussichtlich bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts dauern, bis die materiellen Defizite der Bundeswehr – und damit auch die der Reserve und des Heimatschutzes – vollständig behoben sind.

Foto: Bundeswehr/ Anne Weinrich

Fazit

Die Heimatschutzdivision der Bundeswehr ist auf absehbare Zeit nur eingeschränkt einsatzfähig. Hauptgründe sind gravierende Material- und Personaldefizite sowie fehlende Fähigkeiten, insbesondere im Bereich der Drohnenabwehr. Da die aktive Truppe Vorrang genießt, wird die Ausstattung der Reserve frühestens bis 2035 auf das nötige Niveau gebracht werden können – so die Ankündigung von Verteidigungsminister Pistorius. Personell bindet allein der Aufbau des Divisionsstabes erhebliche Ressourcen. Die Einsatzbereitschaft der Heimatschutzregimenter ist durch das freiwillige Reservistenwesen zusätzlich begrenzt, da viele der engagierten Kräfte aufgrund beruflicher Verpflichtungen nur eingeschränkt verfügbar sind. Eine ursprünglich geplante Personalstärkung durch Reaktivierung des Wehrdienstes liegt derzeit politisch auf Eis.

Auch die Fähigkeiten der Heimatschutzkräfte reichen derzeit nicht aus, um ihren Auftrag – insbesondere den Schutz kritischer Infrastruktur – wirksam zu erfüllen. Angesichts zehntausender potenzieller Ziele in Deutschland ist der Heimatschutz mit derzeit geplanten 12 Regimentern deutlich unterdimensioniert. Ein effektiver Schutz würde ein Vielfaches an Personal und Ausrüstung erfordern, insbesondere zur Abwehr moderner Bedrohungen wie Drohnen. Obwohl die Übernahme der Verantwortung für den Heimatschutz durch das Deutsche Heer organisatorisch sinnvoll und folgerichtig ist, hat es damit eine weitere Großbaustelle geerbt, deren Ertüchtigung erhebliche Ressourcen verschlingen wird. Soll der Heimatschutz ohne Nachteile für die aktive Truppe funktionsfähig werden, muss die Politik dringend geeignete Rahmenbedingungen schaffen – durch ausreichende finanzielle Mittel, moderne Ausrüstung und eine nachhaltige Personalstrategie.

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