Rechtsextreme Vorfälle im Kommando Spezialkräfte (KSK) lösten 2020 eine breite Diskussion über Extremismus in der Bundeswehr aus. Daraufhin beauftragte die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) mit der Studie „Armee in der Demokratie“. Mehr als 4 300 zufällig ausgewählte Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade sowie zivile Beschäftigte wurden anonym zu ihren politischen Einstellungen befragt; eine Vergleichsstichprobe von gut 4 600 Bürgerinnen und Bürgern diente als Referenz. Zusätzlich diskutierten rund 100 Soldaten in moderierten Gruppen über den Umgang mit Extremismus.
Da vier Fünftel aller gemeldeten Extremismusfälle in der Truppe rechtsextremistisch motiviert sind, konzentrierten sich die Forschenden auf dieses Spektrum. Das Bild ist eindeutig: Über 90 Prozent der Uniformierten verorten sich in der politischen Mitte, nur 2,1 Prozent ganz rechts. Lediglich 0,4 Prozent zeigen ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild – in der Gesamtbevölkerung liegt dieser Wert bei 5,4 Prozent. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung bejahen 99,8 Prozent der Soldatinnen und Soldaten; das Recht auf freie Meinungsäußerung befürworten 91 Prozent. Politische Bildung in der Truppe zeigt also Wirkung.
Die Null-Toleranz-Haltung gegenüber Extremisten stößt intern auf breite Zustimmung: 96 Prozent wollen Extremisten ausschließen, 91 Prozent schon Bewerber ablehnen, wenn Verfassungstreue zweifelhaft ist. Forderungen der sogenannten Neuen Rechten – etwa ein völliges Migrationsmoratorium – finden bei lediglich 15 Prozent Rückhalt (Gesamtbevölkerung: 43 Prozent). Auch für Verschwörungserzählungen, Reichsbürgerthesen oder das Leugnen des Klimawandels sind weniger als fünf Prozent der Soldaten anfällig.
Als Haupterklärungen für extremistische Neigungen nennt die Studie eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit dem politischen System und ein elitär-militaristisches Selbstbild einzelner. Dienstliche Probleme spielen hingegen keine Rolle: 70 Prozent identifizieren sich mit der Bundeswehr, nur Ausrüstung und Bewaffnung werden stark kritisiert. Auffällig ist das Wahrnehmungsgefälle zwischen Truppe und Gesellschaft: Nur elf Prozent der Uniformierten glauben, die Bevölkerung stehe hinter ihnen, während Umfragen zeigen, dass rund 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Bundeswehr unterstützen. Um diesen Rückhalt nicht zu gefährden, müsse Extremismus konsequent bekämpft werden, folgert das ZMSBw.
Knapp zusammengefasst
Schlussfolgerung: Konsequente Extremismusprävention bleibt entscheidend, um Vertrauen in die Streitkräfte zu sichern.
Studienauftrag: Nach KSK-Skandal befasst sich ZMSBw erstmals umfassend mit politischem Extremismus in der Bundeswehr.
Stichprobe: > 4 300 Soldatinnen/Soldaten & zivile Beschäftigte + > 4 600 Personen aus der Bevölkerung; anonyme, repräsentative Befragung.
Selbstverortung: 90 % der Uniformierten sehen sich in der Mitte; rechte Ränder: 2,1 % (Truppe) vs. 11 % (Bevölkerung).
Gefestigter Rechtsextremismus: 0,4 % in der Truppe – deutlich weniger als 5,4 % in der Gesellschaft.
Demokratieakzeptanz: 99,8 % der Soldaten bejahen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Null Toleranz: 96 % wollen Extremisten ausschließen; 91 % lehnen zweifelhafte Bewerber ab.
Geringe Anfälligkeit für Neue Rechte, Reichsbürger- und Verschwörungserzählungen (< 5 %).
Risikofaktoren: Systemfrust und elitärer Corpsgeist, nicht dienstliche Unzufriedenheit.
Fehleinschätzung: Nur 11 % der Soldaten glauben an gesellschaftlichen Rückhalt, obwohl 90 % der Bevölkerung die Bundeswehr unterstützen.
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