Dänemark will seine Streitkräfte in den kommenden Jahren massiv ausbauen. Bis 2028 soll das Heer über eine einsatzbereite schwere Kampfbrigade verfügen. Die Luftwaffe soll neue Fähigkeiten wie bodengebundene Flugabwehr und Luftbetankung erhalten. Und die Marine richtet sich mit einem neuen Flottenplan strategisch neu aus. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Zukunft der dänischen Streitkräfte.
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Haushalt & Personal
Bereits 2025 und 2026 will Kopenhagen dazu je 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren. Kernstück ist der 120 Mrd. DKK (etwa 16,8 Mrd. USD) schwere Accelerationsfond. Aus ihm fließen 50 Mrd. DKK – aufgeteilt auf 2025 und 2026 – direkt in zusätzliche Beschaffungen und strukturelle Beschleunigungsmaßnahmen. Um die daraus resultierenden Personal- und Betriebskosten stemmen zu können, sind von 2027 bis 2033 jährliche Mittel in Höhe von zusätzlichen 10 Mrd. DKK eingeplant. Die Ausgaben konzentrieren sich auf vier Schwerpunkte: erstens ein modernes, vernetztes Lagebild durch Satelliten-, SIGINT- und AWACS-Kapazitäten (u. a. steht der GlobalEye zur Diskussion); Zweitens eine gestaffelte Luftverteidigung, wahrscheinlich auf Basis von Patriot- und NASAMS-Systemen; Drittens: Ausbau der offensiven Fähigkeiten mit Joint-Strike-Missiles, SM-6-Raketen und perspektivisch sogar Tomahawk-Marschflugkörper; sowie viertens die Stärkung von Logistik und Munitionsbevorratung.
Parallel wird das Personal deutlich aufgestockt. Ab August 2026 verlängert Dänemark den Grundwehrdienst für Frauen und Männer von vier auf elf Monate. Darüber hinaus sieht das aktuelle Verteidigungsabkommen vor, die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten sowie zivilen Angestellten bis 2033 um über 5000 zu erhöhen – die Gesamtstärke wächst damit von heute rund 23 000 auf etwa 28 000 Kräfte. Die zusätzlichen Stellen fließen vor allem in den Aufbau einer schweren Brigade, in die Beschaffungs- und Logistikorganisation sowie in das Personalkommando, um die Einführung neuer Systeme und die Bindung des Personals abzusichern. Gleichzeitig soll die Zahl der Wehrpflichtigen auf 6500 steigen. Dadurch schafft Dänemark die personelle Grundlage, die ambitionierten Investitionen des Accelerationsfonds auch langfristig wirksam werden zu lassen.
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Heer

Das dänische Heer steht vor der tiefgreifendsten Neuausrichtung seit dem Ende des Kalten Krieges. Auslöser ist ein am 23. April vorgestellter Plan des Verteidigungsministeriums, der zwei eng miteinander verknüpfte Ziele verfolgt: Erstens soll die Aufstellung einer schweren Panzerbrigade mit 6000 Soldatinnen und Soldaten bis 2028 als zentraler dänischer NATO-Beitrag beschleunigt werden; Zweitens werden Standorte neu zugeschnitten, um die Landesverteidigung – insbesondere den Schutz der Insel Bornholm – erheblich zu stärken. Bornholm erhält künftig ein leichtes Infanteriebataillon mit eigenem Stab, sodass die Insel auch dann verteidigungsfähig bleibt, wenn die 1. Brigade im Bündnisrahmen abmarschiert.
Finanziell flankiert wird dieses Strukturpaket durch eine am 25. März 2025 bewilligte Zusatzinvestition von 630 Millionen Euro. Mit diesem Geld werden zwei gepanzerte Infanteriekompanien, eine mechanisierte Pionierkompanie und Logistikfahrzeuge vorgezogen, sodass die künftige schwere Brigade schon vor der Vollausrüstung über einsatzfähige Kräfte verfügt. Als Rückgrat der mechanisierten Infanterie dienen dabei 115 bestellte Schützenpanzer vom Typ CV9035 Mk IIIC. Die Fahrzeuge, die von 2025 bis 2029 zulaufen, kosten rund eine Milliarde Euro und bauen auf dem jüngsten Mid-Life-Upgrade-Standard der niederländischen CV90-Flotte auf. Sie erhalten eine modernisierte Sensorik, aktive Schutzsysteme sowie die bewährte 35-mm-Bushmaster-III-Kanone und erweitern die dänische Schützenpanzer-Flotte.
Ergänzend hat Kopenhagen am 1. April 2025 den Beitritt zum multinationalen Common-Armoured-Vehicle-System-Programm (CAVS) erklärt und noch am selben Tag 130 Patria-6×6-Transportpanzer beauftragt. Der Vertrag im Wert von 254,6 Millionen Euro sieht erste Lieferungen bereits 2025 für die Ausbildung vor, gefolgt von größeren Serienlosen ab 2026. Die Radpanzer dienen nicht nur der schweren Brigade, sondern auch einer leichten Infanteriebrigade als Mannschaftstransporter, Gefechtsstand, Sanitäts-, Pionier- oder EloKa-Plattform und erhöhen damit die taktische Mobilität des Heeres in der Fläche.
Auch die Luftverteidigung wird modernisiert. Herzstück im Nah- und Nächstbereich bilden 16 Skyranger-30-Flugabwehrkanonenpanzer auf der Piranha-V-Plattform von General Dynamics European Land Systems. Ein am 27. September 2024 geschlossener Vertrag mit Rheinmetall Air Defence sieht vier Prototypen bis Ende 2026 und zwölf Serienfahrzeuge in den Jahren 2027 und 2028 vor. Die Primärbewaffnung besteht aus einer 30-mm-Revolverkanone mit programmierbarer Munition. Die Sekundärbewaffnung aus Mistral-3-Flugabwehrraketen. Von diesen Flugabwehrraketen orderte Dänemark zwischen 250 und 1.000 Stück. Ergänzende Mittel- und Langstreckenfähigkeiten sollen noch 2025 ausgeschrieben werden.
Der Aufbau schwerer Verbände verlangt auch robuste Berge-, Pionier- und Brückenressourcen. Zu diesem Zweck hat die Beschaffungsbehörde (FMI) bei der Flensburger Fahrzeugbau GmbH 17 Wisent 2 bestellt: elf Bergepanzer für die Bergegruppen der Leopard-2- und CV90-Verbände, sechs als Pionierpanzer für das 1. Pionierpanzerbataillon. Die Auslieferung startet 2025 und ersetzt an die Ukraine abgegebene Wisent 1. Parallel läuft seit 2025 die Einführung von sieben Leguan-2-Brückenlegesystemen auf Leopard-2-Fahrgestell. Mit Brückenspannweiten von 14 bzw. 26 Metern – und bis zu 48 Metern im Mehrspannverfahren – erhält die dänische Armee erstmals ein Brückensystem, das vollständig in die Leopard-Logistik integriert ist und damit die Beweglichkeit der schweren Brigade in Fluss- und Seenlandschaften nachhaltig verbessert.
Die Aufklärungsfähigkeiten des dänischen Heeres werden durch einen bis zu 181 Millionen US-Dollar schweren Rahmenvertrag für JUMP-20-Drohnen von AeroVironment ausgebaut. Die vertikal startende und landende Starrflügeldrohne kann mehr als 14 Stunden in der Luft bleiben und über 30 Kilogramm Nutzlast tragen. Die Zuläufe verteilen Sich von 2025 bis 2035 auf mehrere Tranchen und sollen vor allem der 1. Brigade als organische Aufklärungsfähigkeit zur Verfügung stehen.
Luftwaffe

Die dänische Luftwaffe befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Modernisierungsprozess, dessen sichtbarstes Symbol die F-35A Lightning II ist. Von den insgesamt 27 bestellten Mehrzweckkampfflugzeugen sind inzwischen 17 ausgeliefert: Elf Maschinen stehen bereits in Dänemark für den Flugbetrieb bereit, sechs weitere bleiben in den USA, um dort Piloten und Techniker auszubilden. Aktuell wird darüber nachgedacht, zehn bis 21 weitere F-35A zu ordern und somit die ursprünglich anvisierte Flottengröße von 48 Exemplaren zu erreichen – immer noch deutlich weniger als die 128 F-16, die Dänemark zum Höhepunkt des Kalten Krieges betrieb. In diesem Zusammenhang kursieren Überlegungen, künftig auch ein paar F-35 auf Grönland zu stationieren; Eine Voraussetzung dafür wäre der Aufbau eigener Tankerkapazitäten.
Genau hier setzt der nächste Baustein an: Am 25. März 2025 ist Dänemark der Multinational Multi Role Tanker Transport Unit beigetreten und will sich mit rund einer Milliarde Euro an zwei weiteren Airbus A330 MRTT beteiligen. Die zusätzlichen Tank- und Transportflugzeuge würden nicht nur eine Verlegung der F-35 in den Nordatlantik erleichtern, sondern auch den Rückhalt für multinationale Einsätze stärken.
Parallel arbeitet Kopenhagen daran, das eigene Lagebild unabhängig von den alternden NATO-E-3A zu sichern. Die schwedische Regierung hat beim Parlament die Genehmigung eingeholt, bis zu vier Saab GlobalEye an Dänemark verkaufen zu dürfen. Hinter der überraschenden Stückzahl steht wohl die Idee eines skandinavischen AWACS-Pools, den Finnland gemeinsam mit Dänemark betreiben könnte. Sollten die Verhandlungen erfolgreich enden, bekäme die Luftwaffe erstmals seit Jahrzehnten wieder ein eigenes luftgestütztes Frühwarnsystem.
Noch weiter nördlich richtet sich der Blick auf die Arktis. In enger Absprache mit den Färöer-Inseln und der Regierung in Nuuk plant Dänemark die Beschaffung unbemannter Langstreckendrohnen für rund 370 Millionen Euro. Ausgestattet mit modernster Sensorik sollen die Systeme die zunehmenden zivilen wie militärischen Aktivitäten im Nordatlantik überwachen, Hoheitsrechte durchsetzen und bei Bedarf Such- und Rettungseinsätze unterstützen.
Für den Schutz des eigenen Luftraums soll zudem ein mehrschichtiges Luftverteidigungssystem aufgebaut werden. 2025 soll die Entscheidung über ein Flugabwehrsystem großer Reichweite fallen; Favorit ist das Patriot PAC-3, im Wettbewerb steht auch das europäische SAMP/T NG. Ergänzend will Kopenhagen zwei Systeme kurzer bis mittlerer Reichweite beschaffen – eines zur punktuellen Landesverteidigung kritischer Infrastruktur, ein zweites für den beweglichen Schutz eines Divisions-Gefechtsstands im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung. In dieser Kategorie gilt NASAMS als wahrscheinlichster Kandidat, doch werden auch IFPC, IRIS-T SLM und VL-MICA geprüft.
Damit die dänische Luftwaffe über ein umfassendes Luftlagebild verfügt, hat die Beschaffungsbehörde DALO fünf mobile Ground Master 200 Multi Mission-Radare von Thales Netherlands geordert. Die digitalen AESA-Geräte ergänzen die stationären Küstenradare, decken insbesondere Tiefflugziele ab und können ihre Tracks direkt an künftige Luftverteidigungssysteme weitergeben.
Zu guter Letzt sollen die F-35A neue Luft-Luft-Lenkflugkörper mittlerer Reichweite erhalten. Bis zu 207 AIM-120D-3 AMRAAM sollen für maximal 686 Millionen Euro beschafft werden. Die Reichweiten- und Softwarevorteile dieser Version sichern der F-35 die volle NATO-Interoperabilität und ermöglichen es Dänemark, gemeinsam mit Verbündeten auch anspruchsvolle Luftraum-Schutzmissionen zu übernehmen.
Marine

Auch die dänische Marine richtet sich mit einem neuen Flottenplan strategisch neu aus und verbindet darin rasche Fähigkeitsgewinne mit einem tief greifenden Flottenerneuerungsprogramm. Herzstück des kurzfristigen – bereits vollständig finanzierten – Pakets ist ein Budget von rund 3,6 Mrd. DKK (etwa 480 Mio. Euro), mit dem die Marine ihre Präsenz und Reaktionsfähigkeit in den heimischen Gewässern massiv erhöhen möchte. Vorrang haben Missionen in der Ost- und Nordsee: Verschmutzungsbekämpfung, Minenabwehr, Küstenpatrouillen sowie die lückenlose Überwachung empfindlicher Unterwasser-Kabel und -Pipelines, die nach den Anschlägen auf Ostsee-Gasleitungen als besonders gefährdet gelten. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wird ein neuartiges Seeüberwachungsschiff beschafft, das Unterwasserdrohnen, ferngesteuerte Fahrzeuge und mobile Sonarsysteme einsetzen kann – eine Fähigkeit, die der Marine bislang komplett fehlt.
Parallel startet ein umfangreiches Entwicklungsprogramm für autonome Über- und Unterwassersysteme. Drohnen- und Robotikplattformen sollen erprobt werden, um Aufklärung und Überwachung zu automatisieren, die alternden Patrouillenboote der Diana-Klasse zu entlasten und langfristig sogar zu ersetzen. Dabei legt die Regierung großen Wert auf eine enge Einbindung heimischer Werften und High-Tech-Firmen, um eine nationale industrielle Basis für unbemannte Marineplattformen aufzubauen.
Ebenfalls zum finanzierten Sofortpaket gehören vier neue Umwelt- und Minenlegeboote. Diese Einheiten dienen in Friedenszeiten der Meeresüberwachung und der Öl- sowie Chemieunfall-Bekämpfung, können jedoch im Krisenfall rasch Minensperren legen – eine Rückbesinnung auf eine Schlüsselrolle der dänischen Marine während des Kalten Krieges. Alle vier Boote sollen komplett in Dänemark gebaut werden.
Darüber hinaus wurden seit Jahresbeginn mehrere einzelne Rüstungsentscheidungen getroffen, die den Kampfwert bestehender Schiffe und landgestützter Systeme erhöhen. So ersetzt ein Vertrag über knapp 180 Mio. Euro die veralteten Harpoon-Flugkörper der Iver-Huitfeldt-Klasse durch Naval Strike Missiles, die ab 2026 zulaufen. Gleichzeitig stellt Kopenhagen die Küstenverteidigung neu auf: Mindestens zwei landgestützte Anti-Schiffs-Raketensysteme werden ab 2025 die dänischen Meerengen und den westlichen Ostseeraum sichern, und bis 2029 sollen „mehrere hundert“ moderne Seeminen beschafft werden, um bei Bedarf schnell Sperren legen zu können.
Während Teil 1 des Plans bereits umgesetzt wird, steckt Teil 2 noch in der Konzeptphase, definiert aber die Richtung für die kommenden zwei Jahrzehnte. Zuerst werden die drei Flugabwehrfregatten der Iver-Huitfeldt-Klasse ersetzt; Ihre Nachfolger – vier bis sechs modernste Luftverteidigungs-Einheiten – schlagen voraussichtlich mit rund acht Milliarden Euro zu Buche und sollen, soweit möglich, in dänischen Werften oder zumindest mit substantieller nationaler Beteiligung entstehen. Die drei Fregatten der Iver-Huitfeldt-Klasse sollen dann zu Mehrzweckfregatten umgerüstet werden und weiterhin im Dienst bleiben. Während sich die beiden Fregatten der Absalon-Klasse auf die U-Boot-Jagd fokussieren sollen. Parallel ist eine zweite Tranche von mindestens drei arktischen Patrouillenschiffen vorgesehen: 120 Meter lang, 22 Knoten schnell, bewaffnet mit Geschützen und optionalen Raketenstartern sowie vorbereitet für den Betrieb unbemannter See- und Luftfahrzeuge. Gemeinsam mit einer möglichen multinationalen Eisbrecher-Kooperation würde diese Klasse die Präsenz im Nordatlantik und um Grönland deutlich verstärken.
Auffallend ist, was der Plan nicht enthält: eine Rückkehr zur U-Boot-Waffe. Obwohl diesel-elektrische Boote in den flachen dänischen Gewässern traditionell hochwirksam waren, verzichtet die Marine vorerst bewusst auf diese Fähigkeit und setzt stattdessen auf Drohnen, Minensperren und bewegliche Küstenschutzbatterien, um die Zugänge zur Ostsee zu kontrollieren.
Heimwehr
Zu guter Letzt wird auch die Heimwehr mit ihren rund 14 000 ehrenamtlichen Angehörigen modernisiert. Das Parlament hat dafür zusätzliche 400 Mio. DKK (etwa 53,6 Mio. Euro) bewilligt. Mit den Mitteln werden Maschinengewehrvisiere, ballistische Schutzwesten, Helme und moderne Nachtsichtgeräte beschafft, damit die Freiwilligen ihre Kernaufgaben – Unterstützung der Streitkräfte, Sicherung kritischer Infrastruktur und Hilfeleistung für Zivilbehörden bei Katastrophen – künftig nicht nur zahlenmäßig, sondern auch technisch auf Augenhöhe erfüllen können.
Parallel wertet der neue Flottenplan der Marine die maritime Heimwehr erheblich auf. Vorgesehen ist der Bau von 21 modernen Küstenwachbooten, die die in die Jahre gekommenen Einheiten der MHV-800- und MHV-850-Klasse teilweise ablösen. Die Neubauten sollen in heimischen Werften entstehen, um Know-how und Arbeitsplätze im Land zu halten, und sie erweitern die Fähigkeit der Heimwehr, die dänische Souveränität in den Küstengewässern zu wahren, Umweltaufgaben wahrzunehmen und im gesamten Bedrohungsspektrum – von alltäglichen Such- und Rettungseinsätzen bis hin zur maritimen Landesverteidigung – verlässlich Präsenz zu zeigen.