Nachfolge Tornado ECR – bis zu 30 Eurofighter EK für die Luftwaffe

Eurofighter
Foto: DVIDS / Kevin Payne

Als Ersatz für die veralteten Tornado ECR soll die Luftwaffe bis zu 30 Eurofighter EK in zwei Tranchen erhalten. Was der ganze Spaß kostet, was der Eurofighter EK so alles können soll und ob die Entscheidung eine gute Nachricht für die Truppe ist, schauen wir uns in diesem Beitrag an. 

Zeitplan & Kosten

Am 29. November 2023 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der 25-Millionen-Euro-Vorlage mit dem „Titel Eurofighter EK – Programme Support und Risk Mitigation“ zugestimmt. Damit kann die Entwicklung des Eurofighter EK beginnen. Bis 2026 sollen dafür 384 Mio. Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch die Risk Mitigation umgesetzt sein. Die eigentliche Umrüstung der Eurofighter wird wohl erst danach erfolgen. Beobachter des Projektes gehen davon aus, dass für die Umrüstung deutlich höhere Kosten anfallen werden. Diese müssen dann aller Voraussicht nach aus dem regulären Verteidigungshaushalt finanziert werden. Für die Umrüstung auf den Eurofighter EK-Stand werden allerdings keine neuen Eurofighter bestellt, sondern in einem ersten Schritt 15 Bestands-Luftfahrzeuge umgerüstet. Vermutlich kommen diese ersten 15 Eurofighter EK aus der beauftragten 4. Tranche im Rahmen des Quadriga-Projektes. Zur Info: Die vierte Tranche besteht aus insgesamt 38 Eurofightern, die die 33 Eurofighter der ersten Tranche ersetzen sollen. Die Auslieferung ist im Zeitraum 2025 bis 2030 geplant.

Hauptauftragnehmer des Eurofighter EK Projektes sind Airbus Defence and Space, Saab und Northrop Grumman. Bis 2028 sollen die 15 Eurofighter zum elektronischen Kampf befähigt werden. Bis 2030 soll die Zertifizierung durch die NATO erfolgen. Gerade rechtzeitig zur Außerdienststellung der verbleibenden Tornado ECR. Danach sollen sie die Rollen SEAD und DEAD übernehmen können. SEAD steht für Suppression of Enemy Air Defence, also die Unterdrückung gegnerischer Luftverteidigung. DEAD für Destruction of Enemy Air Defence, also die Zerstörung gegnerischer Luftverteidigung.

In einem zweiten Schritt sollen die Fähigkeiten zum elektronischen Kampf des Eurofighters weiter ausgebaut werden. Dabei geht es insbesondere um die Fähigkeit zum Escort Support Jamming, kurz ESJ. Beim Escort-Jamming handelt es sich um einen, Zitat: „Begleitschutzstörer für eigene Kräfte innerhalb des gegnerischen, verteidigten Luftraums.“ es. Elektronische Emitteraufklärung und -lokalisierung zum Lageupdate bzw. zur Vorbereitung der Bekämpfung durch eigene oder verbündete kinetische oder nichtkinetische Effektoren.” So beschreibt es Airbus Defence and Space in einer Informationsbroschüre. Dazu plant die Bundeswehr die Beschaffung 15 zusätzlicher Kampfflugzeuge. Beobachter des Vorhabens gehen davon aus, dass es sich dabei um Eurofighter der bisher noch nicht bestellten 5. Tranche handeln wird. Diese werden im Rahmen der sogenannten Long-Term-Evolution, kurz LTE, entwickelt. Eine Beschaffung vorausgesetzt, könnte die Auslieferung der 5. Tranche im Zeitraum 2030 bis 2040 erfolgen. Um den Eurofighter zum Escort Support Jamming zu befähigen, ist die Integration von sogenannten Escort Jammer Pods geplant. Jeweils einer unter dem rechten und linken Flügel. Dies ist allerdings nicht so ohne Weiteres möglich, da bei der Integration darauf geachtet werden muss, Interferenzen mit der eigenen Avionik und weiteren Sensoren zu vermeiden. Hier ist mir nochmal wichtig anzumerken, dass der gerade beschriebene zweite Schritt bisher nur geplant und nicht beschlossen ist. Der erste Schritt, in dem 15 Eurofighter zum Elektronischen Kampf befähigt werden, ist hingegen beschlossene Sache.

Mein Videobeitrag zu der Thematik:

Sensoren & Effektoren

Schauen wir uns die geplante Umrüstung im Detail an. Dabei geht es vor allem um zwei Dinge: zum einen um die Integration des Senderortungssystems Arexis von Saab und zum anderen um die Integration des Anti-Radar-Lenkflugkörpers AGM-88E AARGM von Northrop Grumman.

Das Senderortungssystem Arexis, auch Emitter Location System genannt, ist in der Lage, feindliche Flugabwehrradare zu erkennen und zu lokalisieren. Selbst wenn das Radar nach der Lokalisierung ausgeschaltet wird, merkt sich das System den Standort. Kombiniert wird Arexis mit einer KI-Lösung von Helsing, die die erfassten Radare analysiert, um schnell und präzise Selbstschutzmaßnahmen zu ermitteln. Darüber hinaus verfügt das Arexis-System über Störsender, die ebenfalls den Selbstschutz der Kampfflugzeuge verbessern. Da man sich entgegen der ursprünglichen Planungen gegen eine Pod-basierte Lösung entschieden hat, sind für die Integration von Arexis erhebliche Eingriffe in die Flugzeugstruktur der Eurofighter erforderlich. An jedem Flügelende wird ein Arexis Emitter Location System montiert.

Zur Bekämpfung der feindlichen Flugabwehrradare kommt dann der Anti-Radar-Lenkflugkörper AGM-88E AARGM von Northrop Grumman zum Einsatz. Die AGM-88E AARGM ist eine modernisierte Variante der AGM-88B HARM, die die Bundeswehr erstmals 1988 beschaffte. Bereits 2019 wurde die Beschaffung von 91 dieser modernisierten Anti-Radar-Lenkflugkörper für rund 120 Mio. Euro beschlossen. Aktuell werden die AARGM in die Tornado ECR integriert. Diese Maßnahme soll bis 2025 abgeschlossen sein und den Fähigkeitserhalt bis zur Einsatzreife der Eurofighter EK sicherstellen. Die AGM-88E AARGM sind 350 kg schwer, 4,1 Meter lang und werden von einem Feststoff-Raketenmotor auf über 2.200 km/h beschleunigt. Zur Bekämpfung feindlicher Radaranlagen verfügen Sie über einen 60 kg schweren Spreng-/Splitter-Gefechtskopf. Die AARGM verfügt im Vergleich zu ihren Vorgängermodellen über modernisierte Software und einen zusätzlichen aktiven Millimeterwellen-Suchkopf, der feindliche Radare effizienter erkennen und bekämpfen kann.

Laut Airbus könnte dann ein mögliches Mission Loadout für den Eurofighter EK wie folgt aussehen: zwei AARGM Anti-Radar-Lenkflugkörper, sechs SPEAR 3 Luft-Boden-Lenkflugkörper, vier Luft-Luft-Lenkflugkörper größerer Reichweite, bspw. METEOR und zwei Luft-Luft-Lenkflugkörper kurzer Reichweite, bspw. IRIS-T sowie drei Abwurftanks. Wobei ich hier anmerken möchte, dass ich bisher noch nichts von einer geplanten Beschaffung von SPEAR 3 Luft-Boden-Lenkflugkörpern für die Luftwaffe gehört habe. Ist also wirklich nur ein Beispiel Loadout und muss so nicht zwangsläufig kommen.

Fazit

Zum Schluss noch ein kurzes Fazit meinerseits. Der größte Nachteil des Eurofighter EK ist, dass er aktuell noch nicht verfügbar ist. Es handelt sich also mal wieder um eine Eigenentwicklung, die zwar auf verfügbaren Komponenten aufbaut, aber dennoch birgt die Entwicklung neuer Waffensysteme immer größere Risiken als die Beschaffung marktverfügbarer Systeme. Insbesondere im Falle der Bundeswehr, wo Eigenentwicklungen fast immer zu Kostenexplosionen und Verzögerungen führen. Das kann sich die Truppe bei diesem Vorhaben allerdings nicht leisten, da die Fähigkeiten, die mit diesem Vorhaben erhalten werden sollen, selbst innerhalb der NATO als Hochwert-Ressource angesehen werden und essentiell für die Abschreckung und Verteidigung gegen Russland sind. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es für den Eurofighter EK kaum einen Markt geben dürfte. Großbritannien geht mit seinen Eurofightern einen anderen Weg und auch die restlichen europäischen Nutzer haben wohl kein Interesse. Außerhalb von Europa gäbe es womöglich Interesse an dem Eurofighter EK. Nur ist da fraglich, ob die Bundesregierung einem Export zustimmen würde. Es deutet also alles darauf hin, dass der Eurofighter EK eine teure und lange Eigenentwicklung wird, die am Ende nur in geringer Stückzahl beschafft wird. Mindestens 15 maximal 30 Maschinen. Das treibt die Kosten natürlich enorm nach oben. Auch kam die Entscheidung zur Entwicklung des Eurofighter EK oder allgemeiner gesprochen zur Tornado-Nachfolge generell viel zu spät. Dadurch ist wertvolle Zeit verloren gegangen und das Zeitfenster für Entwicklung und Umrüstung sehr eng. Alternativ hätte man beispielsweise die EA-18G Growler beschaffen können. Dabei handelt es sich um ein marktverfügbares und erprobtes Waffensystem, welches günstiger und schneller zur Verfügung stehen würde und auch noch mehr kann als der Eurofighter EK. Zumindest als die ersten 15 Eurofighter EK.

Aber die Entscheidung für die Entwicklung und Beschaffung des Eurofighter EK hat auch Vorteile. Zum Einen kommt kein weiteres Flugzeugmuster hinzu. Hätte man sich für die EA-18G Growler entschieden und wäre gleichzeitig bei der Entscheidung geblieben, als Ersatz für die Tornado IDS die F-35A zu beschaffen, würde die Luftwaffe mit dem Eurofighter über insgesamt drei verschiedene Kampfflugzeugmuster verfügen. Das würde einen erheblichen Mehraufwand in den Bereichen Ausbildung und Logistik bedeuten. Das ist beim Eurofighter EK nicht der Fall. Diese Entscheidung bietet Vorteile bei Ausbildung und Logistik, da kein zusätzliches Flugmuster hinzukommt.

Ein weiterer Vorteil des Eurofighter EK ist die Stärkung der heimischen Industrie. Da Airbus Defence and Space Hauptauftragnehmer ist, wird der Großteil der Wertschöpfung in Deutschland erfolgen und die Fähigkeiten in einem Schlüsseltechnologiebereich weiterentwickelt.

Abschließend kann man, denke ich, sagen, dass die Entscheidung eine gute Nachricht für die Truppe ist. Auch wenn Stückzahl und Kosten mal wieder in einem ungünstigen Verhältnis stehen. Da 15 Stück allerdings viel zu wenig sind und sich die Rolle des elektronischen Kampfes wunderbar als eine Schwerpunktfähigkeit für die Luftwaffe anbietet, hoffe ich, dass die Entscheidung für die 5. Tranche und damit für 15 weitere Eurofighter EK schnellstmöglich gefällt wird.

Total
0
Shares
Related Posts
Total
0
Share