Im Rahmen der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung wird auch die Struktur der Bundeswehr wieder auf den neuen, alten Kernauftrag ausgerichtet. Diese erneute Strukturreform soll dazu beitragen, die Kopf- und Kommandolastigkeit abzubauen, Schnittstellen zu reduzieren und Entscheidungswege zu beschleunigen. Alles mit dem Ziel, die Bundeswehr bis 2029 kriegstüchtig zu machen. Am 1. Oktober dieses Jahres wurden die ersten Umstrukturierungen vorgenommen. Bis zum 1. Oktober 2025 soll die Strukturreform der Bundeswehr größtenteils abgeschlossen sein.
Operative Führungskommando der Bundeswehr
Das Operative Führungskommando der Bundeswehr wurde am 1. Oktober 2024 aufgestellt und übernimmt künftig die nationale und streitkräfteübergreifende Operationsplanung, -führung und -auswertung. Darüber hinaus dient es als zentrale Anlaufstelle für zivile Behörden und internationale Partner. Diese Neuausrichtung stärkt die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr, indem strategische, operative und taktische Ebenen klar voneinander getrennt werden. Das Kommando entsteht durch die Zusammenführung des Territorialen Führungskommandos und des Einsatzführungskommandos und übernimmt Aufgaben im In- und Ausland. Es hat seinen Sitz in Berlin und Schwielowsee Nähe Potsdam, wird etwa 1.400 Dienstposten umfassen und ist dem Generalinspekteur der Bundeswehr direkt unterstellt. Zu den Hauptaufgaben zählen die Priorisierung von Einsätzen, die Führung eines Lagebildes für das Verteidigungsministerium, die nationale territoriale Führung und die Koordination von Host Nation Support sowie internationaler Übungen. Auch der Einsatz von Spezialkräften und die Amts- und Katastrophenhilfe nach Artikel 35 GG fallen in den Zuständigkeitsbereich des Kommandos. Darüber hinaus wurden dem Operativen Führungskommando am 01. Oktober 2024 bereits die Landeskommandos unterstellt. Ab dem 1. April 2025 soll das Führungskommando vollständig einsatzbereit sein und das Territoriale Führungskommando sowie das Einsatzführungskommando ersetzen.
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Unterstützungsbereich
Auch das Unterstützungskommando wurde am 1. Oktober dieses Jahres aufgestellt und wird nun in der Anfangsphase zunächst personell aufwachsen, um die Führung des zukünftigen Unterstützungsbereichs der Bundeswehr zu gewährleisten. Ab dem 1. April 2025 werden die Streitkräftebasis und der Zentrale Sanitätsdienst sowie weitere Dienststellen in den neuen Unterstützungsbereich integriert. Damit werden die unterstützenden Kräfte, ohne die die Teilstreitkräfte nicht operieren könnten, gebündelt und zentral geführt. Generalleutnant Gerald Funke übernimmt als erster Befehlshaber die Führung des Kommandos, unterstützt von Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann, der gleichzeitig als Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes fungiert. Das Kommando in Bonn soll rund 750 Soldatinnen, Soldaten sowie zivile Mitarbeitende umfassen und wird letztlich den zweitgrößten militärischen Organisationsbereich der Bundeswehr mit etwa 55.000 Angehörigen führen.
Seit dem 1. Oktober 2024 hat das Kommando erste zentrale Aufgaben übernommen, bis es am 1. April 2025 die volle Einsatzbereitschaft erreichen soll. Zu diesem Zeitpunkt wird die vollständige Integration der Streitkräftebasis und des Sanitätsdienstes abgeschlossen sein. Am 1. Oktober 2025 werden diese beiden Organisationsbereiche offiziell aufgelöst, und die sanitätsdienstlichen Aufgaben werden von einem neu zu schaffenden Fachkommando Gesundheitsversorgung in Koblenz übernommen.
Eine weitere Veränderung betrifft das Wachbataillon beim BMVg. Dieses untersteht seit dem 1. Oktober 2024 nicht mehr direkt dem BMVg, sondern dem Kommando Feldjäger, was wiederum der Streitkräftebasis untersteht. Folglich wird das Wachbataillon als Teil des Kommando Feldjäger ab dem 1. April 2025 ebenfalls zum Unterstützungsbereich angehören. Seine Kernaufgaben, wie der Schutz von Regierungseinrichtungen in Berlin, bleiben unverändert.
Auch das Multinationale Kommando Operative Führung sowie der deutsche Anteil des Joint Support and Enabling Command der NATO wurden am 01. Oktober 2024 zunächst der Streitkräftebasis unterstellt. Und werden folglich ab April 2025 dem Unterstützungsbereich unterstehen.
Zudem wurden die Jugendoffiziere, die Familienbetreuungsorganisation, die Betreuungsstellen der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung sowie die Bundeswehrfachschulbetreuungsstellen, die bisher den Landeskommandos unterstellt waren, am 1. Oktober 2024 dem Streitkräfteamt unterstellt. Das Streitkräfteamt untersteht aktuell ebenfalls der Streitkräftebasis, folglich ab dem 1. April 25 dem Unterstützungsbereich. Auch das Planungsamt der Bundeswehr und das Multinational CIMIC Command werden zum 1. April 2025 dem Unterstützungsbereich unterstellt.
Teilstreitkräfte
Zukünftig wird die Bundeswehr aus vier Teilstreitkräften bestehen: Heer, Luftwaffe, Marine und den Cyber- und Informationsraum. Ab dem 1. April 2025 sollen dem Heer die Heimatschutzkräfte unterstellt werden. Der Luftwaffe untersteht seit dem 1. Oktober 2024 das Luftfahrtamt der Bundeswehr, das vormals direkt dem BMVg unterstellt war. Darüber hinaus ist die Schaffung einer Continuing Airworthiness Management Organisation der Bundeswehr geplant. Dabei soll es sich um eine zentrale Stelle handeln, die für die technische Überwachung, Dokumentation und Instandhaltung aller Luftfahrzeuge der Bundeswehr zuständig ist. Bei der Marine gibt es aktuell keine strukturellen Veränderungen. Und abgesehen davon, dass der Cyber- und Informationsraum von einem Organisationsbereich zu einer Teilstreitkraft aufgewertet wird, gibt es auch dort keine weiteren strukturellen Veränderungen.
Fazit
Dass eine Strukturreform der Bundeswehr lange überfällig ist, ist eigentlich eine unbestrittene Tatsache. Allerdings scheiden sich die Geister, ob die von Boris Pistorius verkündete und nun bereits begonnene Reform weit genug geht. So wird bspw. die Aufwertung des Cyber- und Informationsraums zu einer Teilstreitkraft kritisiert. Skeptiker betonen, dass die Zusammenführung von Cyber- und Informationsoperationen in einer Organisation problematisch sei, da es sich um zwei grundlegend unterschiedliche Aufgabengebiete handelt. Zudem gibt es Bedenken, dass bestimmte Bereiche des Cyber- und Informationsraums, wie die elektronische Kampfführung, besser im Unterstützungsbereich oder beim Heer aufgehoben wären. Diese Kritik gilt natürlich auch bereits jetzt, wo der Cyber- und Informationsraum lediglich ein Organisationsbereich ist. Ein weiterer Kritikpunkt an der Reform ist, dass Heimatschutz und Feldjäger nun verschiedenen Kommandos unterstellt werden. Dies könnte eher zu Verwirrung als zu Klarheit führen, da beide Bereiche im Verteidigungsfall eng zusammenarbeiten müssen.
Auch wenn die Fusion des Einsatzführungskommandos und des Territorialen Führungskommandos zu einem einheitlichen Führungskommando schon lange gefordert wurde und ein Schritt in die richtige Richtung ist. Gilt es abzuwarten, wie sehr die beiden Kommandos tatsächlich zusammengeführt werden, da die beiden Standorte der Vorgängerkommandos nämlich erhalten bleiben.
Zu guter Letzt sollte der Unterstützungsbereich in meinen Augen nur eine Übergangslösung darstellen. Es gibt nämlich schon seit Längerem die Forderung, die Streitkräftebasis und den Zentralen Sanitätsdienst den Bedarfen entsprechend in die einzelnen Teilstreitkräfte zu integrieren. Gegen diese Forderung hat man sich nur entschieden, da die Ressourcen der Streitkräftebasis und des Sanitätsdienstes zu knapp sind und deshalb eine Bündelung in einem Unterstützungsbereich notwendig wurde. Ziel sollte es natürlich sein, diesen Ressourcenmangel zu überwinden und über genügend Logistik-, Feldjäger-, ABC-Abwehr- und Sanitätskräfte für die einzelnen Teilstreitkräfte zu verfügen. Nur so erhält man kaltstartfähige Großverbände.