Die Zukunft des Eurofighter

Die Zukunft des Eurofighter
Foto: Airbus

Mit 138 Eurofightern ist das Kampfflugzeug das Rückgrat der deutschen Luftwaffe und wird dies auch noch lange bleiben. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick in die Zukunft des Eurofighters. Dazu gucken wir uns die Vorhaben Tranche 4 und 4+, Eurofighter EK und Tranche 5 an.  

Tranche 4 / Quadriga

Die Luftwaffe verfügt aktuell über 138 Eurofighter der Tranchen 1, 2, 3 und 3a. Die 33 Eurofighter der ersten Tranche sind hauptsächlich für den Luftkampf konzipiert und werden daher vornehmlich für Alarmrotten in Deutschland sowie im Baltikum im Rahmen des verstärkten Air Policing eingesetzt. Aufgrund ihres Alters werden sie in den nächsten Jahren allerdings durch 38 neue Eurofighter der Tranche 4 ersetzt. Die Beschaffung erfolgt durch den »Quadriga-Vertrag«, welcher ein Finanzvolumen von etwa 5,5 Milliarden Euro hat. Finanziert wird das Vorhaben durch den regulären Verteidigungshaushalt. Die Lieferung der Maschinen ist für den Zeitraum 2025 bis 2030 geplant. 30 der Maschinen werden Einsitzer und acht Maschinen Zweisitzer sein. Genauso wie die Eurofighter der Tranchen 2, 3 und 3a werden auch die Maschinen der vierten Tranche in der Lage sein, sowohl Luft- als auch Bodenziele zu bekämpfen. Allerdings verfügt die Tranche 4 im Vergleich zu den Vorgänger Tranchen über technologisch fortgeschrittenere Funktionen. Sie werden mit dem modernen E-Scan-Radar ausgestattet sein, das das bisherige mechanische Captor-Radar ersetzt. Die neuen Radare sind in der Lage sowohl Luft- als auch Bodenziele aufzuklären. Zudem verfügen sie über den Brimstone-Luft/Boden-Lenkflugkörper, ein verbessertes Selbstschutzsystem das Defensive Aid Sub-System, den Litening-5-Zielbehälter sowie optimierte Avionikelemente.

Im Rahmen des Quadriga-Projektes wird auch das Nationale Test- und Entwicklungszentrum Eurofighter realisiert. Dabei handelt es sich um einen Verbund aus Luftwaffe, Beschaffungsamt, Zulassung und Industrie. Ziel ist es, die Systembetreuung zu verbessern und die Weiterentwicklung des Eurofighters zu beschleunigen. Das Nationale Test- und Entwicklungszentrum Eurofighter wird in Manching stationiert sein und unter anderem ein Erprobungsluftfahrzeug sowie drei instrumentierte Serienluftfahrzeuge für Tests nutzen, betrieben von der Wehrtechnischen Dienststelle WTD 61 in enger Kooperation mit der Luftwaffe. Die vier Eurofighter werden übrigens aus der Tranche vier stammen, somit wird die Luftwaffe effektiv 34 der 38 Maschinen der vierten Tranche operativ nutzen können. Der Betrieb soll am 1. April 2025 beginnen und die volle Ausbaustufe soll bis Juli 2028 erreicht werden.

Foto: Airbus

Tranche 4+

Auf der ILA 2024 in Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Beschaffung weiterer 20 Eurofighter bekannt gegeben. Ob es sich dabei um eine Erweiterung der Tranche 4 oder um eine Tranche 4+ handelt, ist bisher nicht bekannt. Die Kosten für 20 weitere Eurofighter dürften sich auf rund 3 Milliarden Euro belaufen. Die Auslieferung an die Luftwaffe dürfte wahrscheinlich im Zeitraum von 2031 bis 2033 erfolgen. Die neuen Kampfflugzeuge werden einen Teil der veralteten Tornado-Flotte ersetzen. Wobei sich nach wie vor die Frage stellt, wie, beziehungsweise ob, die Tornados jemals vollständig ersetzt werden. Darüber hinaus sichert die Beschaffung 20 weiterer Eurofighter vorerst den Fortbestand der Produktionslinie für das Kampfflugzeug. Was diese Entscheidung jedoch für die geplante Tranche 5 bedeutet, bleibt noch abzuwarten.

Mein YouTube-Video zur Thematik:

Eurofighter EK

Am 29. November 2023 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der 25-Millionen-Euro-Vorlage mit dem „Titel Eurofighter EK – Programme Support und Risk Mitigation“ zugestimmt. Damit kann die Entwicklung des Eurofighter EK beginnen. Bis 2026 sollen dafür 384 Mio. Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch die Risk Mitigation umgesetzt sein. Die eigentliche Umrüstung der Eurofighter wird wohl erst danach erfolgen. Beobachter des Projektes gehen davon aus, dass für die Umrüstung deutlich höhere Kosten anfallen werden. Diese müssen dann aller Voraussicht nach aus dem regulären Verteidigungshaushalt finanziert werden. Für die Umrüstung auf den Eurofighter EK-Stand werden allerdings keine neuen Eurofighter bestellt, sondern, in einem ersten Schritt, 15 Bestands-Luftfahrzeuge umgerüstet. Vermutlich kommen diese ersten 15 Eurofighter EK aus der Tranche 3a. Hauptauftragnehmer des Eurofighter EK Projektes sind Airbus Defence and Space, Saab und Northrop Grumman. Bis 2028 sollen die 15 Eurofighter zum elektronischen Kampf befähigt werden, bis 2030 soll die Zertifizierung durch die NATO erfolgen. Gerade rechtzeitig zur Außerdienststellung der verbleibenden Tornado ECR. Danach sollen sie die Rollen SEAD und DEAD übernehmen können. SEAD steht für Suppression of Enemy Air Defence, also die Unterdrückung gegnerischer Luftverteidigung. DEAD für Destruction of Enemy Air Defence, also die Zerstörung gegnerischer Luftverteidigung. In einem zweiten Schritt sollen die Fähigkeiten zum elektronischen Kampf des Eurofighters weiter ausgebaut werden. Dabei geht es insbesondere um die Fähigkeit zum Escort Support Jamming, kurz ESJ. Beim Escort-Jamming handelt es sich um einen, Zitat: „Begleitschutzstörer für eigene Kräfte innerhalb des gegnerischen, verteidigten Luftraumes. Elektronische Emitteraufklärung und -lokalisierung zum Lage update bzw. zur Vorbereitung der Bekämpfung durch eigene oder verbündete kinetische oder nicht kinetische Effektoren.“ So beschreibt es Airbus Defence and Space in einer Informationsbroschüre. Dazu plant die Bundeswehr die Beschaffung 15 zusätzlicher Kampfflugzeuge. Beobachter des Vorhabens gehen davon aus, dass es sich dabei um Eurofighter der bisher noch nicht bestellten 5. Tranche handeln wird. Diese werden im Rahmen der sogenannten Long-Term Evolution, kurz LTE, entwickelt. Eine Beschaffung vorausgesetzt, könnte die Auslieferung der 5. Tranche im Zeitraum 2030 bis 2040 erfolgen. Um den Eurofighter zum Escort Support Jamming zu befähigen, ist die Integration von sogenannten Escort Jammer Pods geplant. Jeweils einer unter dem rechten und linken Flügel. Dies ist allerdings nicht so ohne weiteres möglich, da bei der Integration darauf geachtet werden muss, Interferenzen mit der eigenen Avionik und weiteren Sensoren zu vermeiden. Hier ist mir nochmal wichtig anzumerken, dass der gerade beschriebene zweite Schritt bisher nur geplant und nicht beschlossen ist. Der erste Schritt, in dem 15 Eurofighter zum elektronischen Kampf befähigt werden, ist hingegen beschlossene Sache.

Foto: Airbus

Tranche 5

Bis 2030 sollen die verbleibenden etwa 90 Tornado-Kampfflugzeuge ausgemustert werden. Als Ersatz wurden bisher allerdings lediglich 35 F-35A Lightning II und 15 Eurofighter EK bestellt. Darüber hinaus wurde die Beschaffung von 20 weiteren Eurofightern angekündigt. Beschlossen wurde das bisher allerdings noch nicht. Und bei den 15 Eurofighter EK wird es sich um umgerüstete Bestands-Luftfahrzeuge der Luftwaffe handeln.  Sprich, Stand jetzt werden rund 90 Kampfflugzeuge durch 35, bald hoffentlich 55, neue ersetzt. Eine dramatische Flotten-Reduktion, die die deutschen Verteidigungsfähigkeiten erheblich einschränken würde. Für einen eins zu eins Ersatz wäre also die Beschaffung weiterer 35 Kampfflugzeuge erforderlich. Hier kommt die Tranche 5 ins Spiel, die genau diese Lücke füllen soll. Ursprünglich waren mal 40 bis 50 Eurofighter im Rahmen einer fünften Tranche geplant. Dies dürfte jedoch durch die Ankündigung des Bundeskanzlers auf der ILA 2024 20 weitere Eurofighter zu beschaffen, die wie gesagt wahrscheinlich entweder zur Tranche 4 gehören oder eine Tranche 4+ darstellen werden, vom Tisch sein. Damit dürfte eine fünfte Tranche realistisch gesehen maximal 35 weitere Eurofighter umfassen. Sollte dies tatsächlich so kommen, würde die Luftwaffe zukünftig über 168 normale Eurofighter und 30 Eurofighter EK verfügen. Insgesamt, also 198 Eurofighter plus 35  F-35A, macht eine Kampfflugzeugflotte von 233 Stück. Das wäre durchaus beachtlich. BMVg und Politik stehen dem Vorhaben prinzipiell auch positiv gegenüber, allerdings fehlen aktuell die dafür notwendigen Finanzmittel. Die Eurofighter der 5. Tranche könnten laut vorläufigen Planungen im Zeitraum 2030 bis 2040 zulaufen und so die Lücke zwischen der 4. Tranche und FCAS schließen. Im Vergleich zur 4. Tranche würde sie über nochmals modernere Fähigkeiten und Technologien verfügen, insbesondere in den Bereichen Datenerfassung und elektronische Kampfführung. Somit würde die 5. Tranche die Einsatzfähigkeit des Eurofighters bis mindestens 2060 als Teil des FCAS sicherstellen. Die Industrie benötigt bis 2027 eine Entscheidung. Andernfalls droht eine Reduktion der industriellen Kapazitäten im Bereich der militärischen Luftfahrt.

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Fazit

Der Eurofighter Typhoon ist ein erprobtes und leistungsfähiges Kampfflugzeug. Ist er noch vor einigen Jahren durch negative Schlagzeilen aufgrund niedriger Einsatzbereitschaft aufgefallen, so liegt diese mittlerweile bei rund 80 Prozent. Was für moderne Kampfflugzeuge ein guter Wert ist. Mit den bereits beschlossenen Vorhaben Tranche 4 und Eurofighter EK wird die Kampfflugzeugflotte nochmals einen qualitativen Aufwuchs erfahren. Sorgen bereitet mir jedoch die drohende Flottenreduktion aufgrund des bisher noch nicht absehbaren eins zu eins Ersatzes der Tornado-Kampfflugzeuge. Wie gesagt bedarf es dafür weiterer 35 Kampfflugzeuge, sofern die angekündigten 20 zusätzlichen Eurofighter tatsächlich beschafft werden. Hier gibt es lediglich zwei Optionen. Entweder wird wie beschrieben eine fünfte Tranche des Eurofighters beschafft. Oder es werden 35 weitere F-35A beschafft. Die Luftwaffe favorisiert im Übrigen letzteres. Es bleibt also spannend, ob und wie die Tornado-Flotte vollständig ersetzt wird. Aktuell fehlen dafür zumindest die notwendigen Haushaltsmittel. Das Stichwort lautet hier mal wieder dauerhafte Erhöhung des regulären Verteidigungshaushalts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Oder man macht es wie bei der Bestellung der 105 weiteren Leopard 2 A8 und beschließt einfach eine Verpflichtungsermächtigung und setzt sowohl diese als auch die nächste Bundesregierung vor verendete Tatsachen. Haushaltspolitisch wahrscheinlich nicht ganz unumstritten. Aber zumindest über die militärische Notwendigkeit dürfte es wenig Streit geben.

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