Caracal – die zukünftige Luftlandeplattform der Bundeswehr

Caracal - die zukünftige Luftlandeplattform der Bundeswehr
Caracal / Foto: Rheinmetall AG / Konstantin Moeller

Als Ersatz für die veralteten Luftlande-Wölfe, ESK Mungo und Wiesel 2 erhält die Bundeswehr bis zu 2.054 neue Luftlandeplattformen vom Typ Caracal. Diese werden gemeinsam mit den Niederlanden beschafft. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf das Beschaffungsvorhaben „Einsatzsystem Luftlandeplattform“ und die technischen Daten des Caracals.

Das Einsatzsystem Luftlandeplattform

Mit der neuen Luftlandeplattform Caracal planen die Bundeswehr und die niederländischen Streitkräfte einen tiefgreifenden Schritt zur Modernisierung ihrer luftbeweglichen Einheiten. Ziel ist es, den Fahrzeugfuhrpark der deutschen Division Schnelle Kräfte und der niederländischen 11. Luchtmobile Brigade zu vereinheitlichen und auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Auch die deutschen Spezialkräfte – das Kommando Spezialkräfte (KSK) und das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) – erhalten als Ersatz für die veralteten Luftlande-Wölfe den Caracal.

Deutschland übernimmt in diesem binationalen Vorhaben die führende Rolle und fungiert als offizieller Vertragspartner gegenüber der Industrie. Bereits im Spätherbst 2022 wurden drei Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert: ein deutsch-niederländisches Team aus Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Defenture, General Dynamics European Land Systems (GDELS) sowie ein Konsortium aus ACS Armoured Car Systems, Mercedes-Benz und Rheinmetall.

Während KMW und Defenture mit einem Fahrzeug auf Basis des Air Transportable Tactical Vehicle (ATTV) antraten, setzte das Team um Rheinmetall auf den Caracal. GDELS hingegen zog sich nach Auswertung der finalen technischen Spezifikationen zurück – diese zielten auf ein leichteres Fahrzeugsegment ab, das nicht mit dem schwereren GDELS Merlin kompatibel war.

Der Wettbewerb lief schließlich auf einen Zweikampf zwischen dem Caracal von Rheinmetall und der GRF-Plattform von KMW hinaus. Im Juni 2023 fiel die Entscheidung: Laut einem Schreiben des niederländischen Verteidigungsministeriums erhielt Rheinmetall den Zuschlag. Ausschlaggebend waren die bessere Bewertung hinsichtlich technischer Anforderungen sowie der deutlich günstigere Preis. Insgesamt flossen 70 % der Bewertung in Leistungskriterien und 30 % in die Kosten. Beide Länder trafen ihre Entscheidungen unabhängig – kamen aber zum gleichen Ergebnis: Der Caracal ist das leistungsfähigere und wirtschaftlichere System.

Wichtig ist bei der Vergabeentscheidung zu verstehen: Es wurden nur geforderte Kriterien bewertet – ausschließlich auf Basis der eingereichten Unterlagen, ohne Praxistests. Dies ist bei zeitkritischen Projekten nicht unüblich, denn eine komplette Erprobung hätte Jahre in Anspruch genommen und den angestrebten Zulauf ab 2025 gefährdet.

Nach Zustimmung beider Parlamente wurde am 10. Juli 2023 ein Rahmenvertrag zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und Rheinmetall geschlossen. Der Vertrag umfasst bis zu 3.058 Fahrzeuge in vier verschiedenen Varianten: Personentransport (Halbgruppe/Gruppe), Aufklärung, Ambulanz und Materialtransport. Der potenzielle Auftragswert liegt bei 1,9 Milliarden Euro. In einer ersten Tranche wurden 1.508 Fahrzeuge fest bestellt – 1.004 für Deutschland und 504 für die Niederlande – im Gesamtwert von rund 870 Millionen Euro. Davon entfallen 302,5 Millionen Euro auf die Niederlande und die restlichen rund 567 Millionen Euro auf Deutschland. Die Finanzierung der deutschen Fahrzeuge erfolgt über das Sondervermögen der Bundeswehr.

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Trotz ambitioniertem Zeitplan kam es jedoch zu Verzögerungen: Bis Mitte 2025 wurde noch kein Serienfahrzeug an die Bundeswehr ausgeliefert. Die ersten Fahrzeuge gingen stattdessen an die Ukraine – fünf bereits im November 2023, weitere 20 im Jahr 2024. Ursprünglich war geplant, ab Anfang 2025 mit der Serienlieferung zu beginnen. Pro Jahr sollten 300 Fahrzeuge, davon 200 an Deutschland und 100 an die Niederlande, ausgeliefert werden. Wann die Serienlieferung nun tatsächlich beginnt, ist bislang offen.

Die deutsche und niederländische Caracal-Flotte wird auf einem einheitlichen Fahrwerk mit gleichem Antriebsstrang basieren – das erleichtert Wartung und Logistik erheblich. Unterschiede wird es allerdings bei den spezifischen Rüstsätzen geben, die nationalen Anforderungen angepasst werden. Produziert wird in Kooperation: Mercedes-Benz liefert die Fahrgestelle aus Graz, ACS steuert den Aufbau bei und Rheinmetall übernimmt als Generalunternehmer Endmontage und Systemintegration – inklusive logistischer Unterstützung und Lebenszyklusbetreuung über 20 Jahre. Die Endmontage erfolgt vollständig in den Niederlanden, in Ede und Eindhoven.

Die Bundeswehr plant, insgesamt 2.054 Caracal-Plattformen in vier Grundvarianten zu beschaffen – jedoch sind zunächst nur 1.004 Fahrzeuge fest beauftragt: 884 in der Variante Personal-/Materialtransport und 115 Sanitätsfahrzeuge. Bei der Transportvariante sind zehn Untervarianten vorgesehen: Personaltransport, Gefechtsstandfahrzeug, Führungsunterstützungsfahrzeug, Spähfahrzeug, Fernspähfahrzeug, Instandsetzungsfahrzeug, Joint-Fire-Support-Team-Fahrzeug, Joint-Fire-Support-Coordination-Team-Fahrzeug, Combat-Contral-Team-Fahrzeug und Diensthundeführerfahrzeug.

Doch der Caracal hat Potenzial über den aktuellen Rahmen hinaus. Auch andere Bereiche der Bundeswehr – etwa die Aufklärungs- und Verbindungszüge der gepanzerten Truppen – benötigen Ersatz für ihre veralteten Fahrzeuge. Zudem könnte das binationale Projekt als Vorbild für eine neue Generation europäischer Luftlandefahrzeuge dienen. Viele Streitkräfte stehen vor ähnlichen Herausforderungen beim Ersatz ihrer G-Klass-basierten Systeme. Die Bundesregierung unterstützt daher aktiv multinationale Beschaffungsinitiativen und strebt an, geschlossene Rahmenverträge auch für weitere Nationen zu öffnen.

Der Caracal

Die Luftlandeplattform Caracal basiert auf dem neuen Fahrgestell der Mercedes-Benz-G-Klasse der Baureihe 464. Entwickelt für hohe Mobilität in Kombination mit Luftverladbarkeit, verbindet der Caracal Geländegängigkeit mit taktischer Flexibilität.

In puncto Abmessungen misst das Fahrzeug je nach Ausführung zwischen 4,3 und 4,7 Metern in der Länge, ist 1,8 Meter breit und 1,85 Meter hoch. Das Bruttogewicht beträgt 4.900 Kilogramm, während das maximale Gewicht für den Lufttransport unter 4.400 Kilogramm liegt. Dabei erlaubt das System eine Zuladung von bis zu 2000 Kilogramm, was ausreichend Spielraum für Besatzung und Ausrüstung bietet.

Der Caracal erreicht auf der Straße eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h und überzeugt mit beeindruckenden Geländeeigenschaften: Steigungen bis zu 60 Prozent, 30 Prozent Seitenneigung, eine Watttiefe von 70 cm, Kletterfähigkeit von 33 cm sowie das Überwinden von Gräben bis 50 cm sind möglich. Für zusätzliche Fahrsicherheit sorgen ABS und ESP.

Angetrieben wird der Caracal von einem 6-Zylinder-Dieselmotor von Mercedes-Benz nach EURO-III-Norm, der 249 PS leistet. Das Drehmoment beträgt 600 Newtonmeter im Bereich zwischen 1400 und 2800 Umdrehungen pro Minute. Die Kraftübertragung erfolgt über ein 9-Gang-Automatikgetriebe vom Typ Mercedes-Benz NAG3 9G-tronic.

Bis zu zwei Fahrzeuge können in einem CH-47F Chinook oder CH-53K-Hubschrauber als Innen- oder Außenlast transportiert werden.

Auch beim Schutz bietet der Caracal modulare Lösungen. Optional lässt sich der ballistische Schutz auf Level 1 nach STANAG 4569 anheben. Hierzu werden Schutzmodule in Türen und Fahrzeugboden installiert. Neben einem ballistischen Schutzkit ist auch ein Minenschutzkit vorgesehen. Zusätzlich kann das Fahrzeug mit dem ROSY-Nebelschutzsystem ausgestattet werden.

Zur Selbstverteidigung stehen dem Caracal unterschiedliche Bewaffnungsoptionen zur Verfügung. Auf der Dachlafette kann wahlweise ein schweres Maschinengewehr im Kaliber .50 oder eine 40-Millimeter-Granatmaschinenwaffe montiert werden. Eine seitliche Lafette erlaubt den Einsatz eines MG5, wodurch die Feuerkraft weiter verstärkt wird. Darüber hinaus kann der Caracal auch mit Panzerabwehrwaffen wie dem MELLS-System ausgestattet werden.

Fazit

Mit dem Caracal erhalten die Luftlandetruppen und Spezialkräfte der Bundeswehr endlich Ersatz für ihre teils veralteten Fahrzeuge. Zeitgleich zeigt die Verzögerung bei der Serienauslieferung, dass die Prüf- und Testverfahren der Bundeswehr dringend reformiert werden müssen. Mit Blick auf die geplanten Stückzahlen bleibt jedoch Luft nach oben. Der Bedarf an modernen, luftbeweglichen Fahrzeugen beschränkt sich nicht auf Luftlande- und Spezialkräfte. Auch die Aufklärungs- und Verbindungszüge verfügen über veraltetes Material und könnten vom Caracal unmittelbar profitieren.

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