GTK Boxer – Missionsmodule/Varianten im Überblick

GTK Boxer - Missionsmodule/Varianten im Überblick
Foto: Rheinmetall AG

Der GTK Boxer ist zweifelsohne einer der besten und weitverbreiteten Transportpanzer der Welt. Aktuell sind bereits über 1.500 Stück ausgeliefert oder verbindlich bestellt, und in Zukunft dürfte die gleiche Anzahl nochmal on top kommen. Mittlerweile gibt es bereits über 20 verschiedene Missionsmodule für das Gefechtsfahrzeug. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Missionsmodule, die bei der Bundeswehr bereits eingeführt oder bestellt wurden. Sowie auf die, deren Beschaffung für die nahe Zukunft geplant ist. 

Eingeführte Missionsmodule

Wir beginnen mit den bereits eingeführten Missionsmodulen. Aktuell verfügt die Bundeswehr über 405 GTK Boxer in fünf verschiedenen Varianten. 256 Gruppentransportfahrzeuge, 72 Sanitätsfahrzeuge, 65 Führungsfahrzeuge, 10 Fahrschulfahrzeuge und zwei Prototypen des Joint Fire Support Teams schwer. Weitere 142 Boxer sind bestellt und noch wesentlich mehr geplant. Aber der Reihe nach.

Beginnen wir mit dem Gruppentransportfahrzeug. Dieses verfügt über eine dreiköpfige Besatzung und kann bis zu sieben Infanteristen mitführen. Als Bewaffnung dient eine fernbedienbare Waffenstation des Typs FLW 200, die wahlweise mit einem schweren Maschinengewehr oder einer Granatmaschinenwaffe ausgerüstet werden kann. Darüber hinaus verfügt das Gruppentransportfahrzeug auch noch über eine Nebelmittelwurfanlage, um sich der feindlichen Sicht zu entziehen. Diese Variante kommt vor allem bei der Jägertruppe zum Einsatz.

Gruppentransportfahrzeug / Foto: KNDS

Kommen wir zum Sanitätsfahrzeug. Dieses verfügt über eine umfangreiche medizinische Ausstattung und ist für verschiedene Einsatzszenarien konfigurierbar. Dank des höheren Dachs verfügt das Sanitätsfahrzeug über 17,5 m³ geschützten Raum für die medizinische Versorgung. Bis zu sieben verwundete Soldaten finden in dem Fahrzeug Platz. Abgesehen vom Deutschen Heer wird dieses Missionsmodul mit gewissen Anpassungen auch vom Niederländischen Heer und der British Army genutzt. Die Niederlande verfügen über 52 Sanitätsfahrzeuge und die British Army hat 65 Stück bestellt.

Sanitätsfahrzeug / Foto: KNDS

Womit wir zum Führungsfahrzeug kommen. Dieses verfügt über eine zweiköpfige Fahrzeugbesatzung, bestehend aus Kommandanten und Fahrer. Darüber hinaus bietet es Platz für weitere zwei bis vier Soldaten im hinteren Bereich. Dank voll digitalisierter Führungsmittel bleibt die Führungsfähigkeit auch in der Bewegung erhalten. Auch die niederländischen, britischen, litauischen und australischen Streitkräfte verfügen über Führungsfahrzeuge oder haben diese bestellt. Sie unterscheiden sich vor allem durch die länderspezifischen Kommunikations- und anderen elektronischen Systeme. Das niederländische Heer verfügt über 36 und das litauische über vier Führungsfahrzeuge. Großbritannien hat insgesamt 212 Führungsfahrzeuge in fünf verschiedenen Varianten bestellt. Australien lediglich 15 Stück.

Führungsfahrzeug / Foto: Boevaya mashina

Kommen wir zum Fahrschulfahrzeug. Das Modul bietet Platz für einen Fahrschüler und einen Fahrlehrer. Darüber hinaus können noch zwei weitere Personen mitfahren. Der Fahrlehrer verfügt über eine Rundumsicht und die Möglichkeit, das Fahrzeug zum Stehen zu bringen, sollte dies erforderlich sein. Die Fahrzeuge des Deutschen und des Niederländischen Heeres sind identisch. Letzteres verfügt im Übrigen über insgesamt 8 Fahrschulfahrzeuge. Die beiden Fahrzeuge des litauischen Heeres sind jedoch anders konzipiert.

Fahrschulfahrzeug / Foto: Unterillertaler

Mein Videobeitrag zur Thematik:

Bestellte Missionsmodule

Kommen wir zum ersten bestellten Missionsmodul, dem Joint Fire Support Team schwer. Zwei Prototypen wurden bereits ausgeliefert und werden aktuell getestet. Das Joint Fire Support Team schwer soll die JSFT leicht auf Basis Fennek und die abgesessenen JFST ergänzen. Es besteht aus je einem Boden/Boden- und Luft/Boden-Fahrzeug. Nach erfolgreichem Abschluss der Nachweisführung sollen in einem ersten Los neun Joint Fire Support Team schwer, also insgesamt 18 Fahrzeuge, beschafft werden. Dafür sind wohl insgesamt 143 Millionen Euro nötig, die aktuell jedoch nicht vorhanden sind. Daher verzögert sich das Projekt aktuell massiv. Eigentlich sollte der Zulauf des Ersten Loses bereits letztes Jahr beginnen und bis 2027 abgeschlossen sein. Der strukturelle Bedarf des Heeres geht allerdings sogar über die neun geplanten Teams hinaus. Geht es nach dem Heer, sollen insgesamt 28 Joint Fire Support Teams schwer mit 56 Fahrzeuge beschafft werden.

Womit wir zum Schweren Waffenträger Infanterie kommen. Insgesamt 123 Stück wurden vor Kurzem für 2,7 Milliarden Euro bestellt. Der erste Prototyp wurde für Testzwecke bereits an das BAAINBw übergeben. Die Serienfahrzeuge sollen ab nächstem Jahr zulaufen. Die Schweren Waffenträger Infanterie sollen die Wiesel 1 MK & MELLS in den Jägerbataillonen ablösen und sind ein zentraler Baustein der Mittleren Kräfte. Die Schweren Waffenträger verfügen über einen bemannten LANCE-Turm mit einer 30-mm-Maschinenkanone, einem koaxialen Maschinengewehr und einem Zweifachwerfer für SPIKE LR2 Panzerabwehrlenkflugkörper. Zum Schweren Waffenträger Infanterie habe ich im Übrigen auch schon ein ausführliches Video gemacht. Ich verlinke euch das auf dem I und in der Videobeschreibung. Neben Deutschland beschafft auch Australien diese Version mit geringen Abweichungen. In der Tat ist es sogar so, dass der deutsche Schwere Waffenträger Infanterie auf dem australischen Boxer CRV basiert. CRV steht dabei für Combat Reconnaissance Vehicle. Australien beschafft insgesamt 133 Boxer CRV. Darüber hinaus ist diese Boxer-Variante auch ein möglicher Kandidat für das Radschützenpanzer-Programm des Deutschen Heeres. Dazu aber gleich mehr.

Schwerer Waffenträger Infanterie / Foto: Rheinmetall AG

Weiter geht es mit dem Skyranger 30 A3. Dabei handelt es sich um einen Flugabwehrkanonenpanzer mit einer 30-mm-Revolverkanone und einer maximalen Kampfentfernung von 3.000 Metern. Das Heer erhält im Rahmen einer Sofortbeschaffung 19 Skyranger 30 A3 mit einer Option auf 30 weitere. Der Auftragswert beläuft sich auf 650 Mio. Euro. Der erste Prototyp soll Ende dieses Jahres ausgeliefert werden. Die Serienauslieferung soll Anfang 2026 beginnen. 16 Systeme sollen der Truppe und je ein System für die Ausbildung und für den Rüstungsbereich zur Verfügung stehen. In einem zweiten Schritt sollen die Skyranger 30 in das Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichsschutz integriert werden.

Skyranger 30 A3 / Foto: Rheinmetall AG

Wir bleiben bei der Flugabwehr und kommen zum zukünftigen Flugabwehrraketenpanzer der Bundeswehr. Auch dieser wird nämlich auf dem GTK Boxer basieren und mit mindestens vier IRIS-T SLS Flugabwehrraketen bewaffnet sein. Die Beschaffung erfolgt im Rahmen des Luftverteidigungssystems Nah- und Nächstbereichsschutz. Insgesamt ist die Beschaffung von acht Staffeln geplant. Jede Staffel soll über sechs Flugabwehrraketenpanzer in zwei Zügen verfügen. Also mindestens 48 Flugabwehrraketenpanzer plus Reserve. Ich würde den Bedarf für die acht Staffeln auf insgesamt 60 bis 65 Stück schätzen.

Flugabwehrraketenpanzer / Foto: Rheinmetall AG

Ebenfalls im Rahmen des Vorhabens Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichschutz soll die Entwicklung und Beschaffung eines Feuerleitpanzers auf Basis des GTK Boxer erfolgen. Dieser soll den Einsatz der verschiedenen Flugabwehrsysteme koordinieren, und das sogar während der Fahrt. Das Schaubild zeigt einen Feuerleitpanzer pro Staffel, insgesamt also acht Stück plus Reserve. Mehr als zehn bis zwölf Stück dürften also kaum beschafft werden.

Feuerleitpanzer / Foto: Diehl Defence, Hensoldt, Rheinmetall

Ein weiteres Missionsmodul im Bereich der Flugabwehr, welches ich kurz erwähnen möchte, ist die Qualifizierte Fliegerabwehr. Dabei handelt es sich um ein Drohnenabwehrsystem, welches aus einer fernbedienbaren Waffenstation des Typs Protector RWS von Kongsberg mit einem 40 mm Granatmaschinenwerfer und dem Spexer-Radar von Hensoldt besteht. Es wurden zehn Systeme für 24 Millionen Euro bestellt. Eigentlich sollte dieses bereits letztes Jahr für die VJTF 2023 ausgeliefert worden sein. Gut informierten Kreisen zufolge befindet sich das Vorhaben jedoch mittlerweile auf dem Abstellgleis.

Geplante Missionsmodule

Weiter geht es mit den geplanten Missionsmodulen. Wie bereits angerissen, plant die Bundeswehr die Beschaffung von Radschützenpanzern. Insgesamt sollen 148 Radschützenpanzer für die beiden noch mit SPz Marder ausgestatteten Panzergrenadierbataillone beschafft werden. Für dieses Vorhaben gibt es prinzipiell zwei Kandidaten. Zum einen der bereits vorgestellte LANCE-Turm von Rheinmetall, der für den Schweren Waffenträger Infanterie verwendet wird. Der zweite Kandidat für das Vorhaben, welcher aktuell scheinbar auch favorisiert wird, ist der PuBo. Dabei handelt es sich um einen GTK Boxer, der mit dem RCT30-Turm des Schützenpanzer Puma ausgerüstet ist. Dieser Turm ist im Gegensatz zum LANCE-Turm unbemannt, was insbesondere beim Einsatz aus teilgedeckter Stellung von Vorteil ist. Darüber hinaus verfügt der PuBo auch über eine größere Absitzstärke als der Boxer LANCE. Während beim LANCE-Turm nur vier Panzergrenadiere mitgeführt werden können, sind es beim RCT30-Turm bis zu sieben. Die Bewaffnung besteht aus einer 30-mm-Maschinenkanone, einem koaxialen MG5 und Spike-LR-Panzerabwehrlenkflugkörpern. Vor Kurzem hat KNDS gezeigt, dass der RCT30-Turm auch in der Lage ist, Drohnen und sogar Drohnenschwärme abzuwehren. Für welches Missionsmodul sich die Bundeswehr am Ende entscheidet, bleibt also noch abzuwarten.

RCT30 / Foto: KNDS

Womit wir zur Artillerie kommen. Hier plant das Heer die Beschaffung von bis zu 168 Radhaubitzen des Typs RCH 155. Die RCH 155 verfügt über die aus der PzH2000 bekannte L/52-Waffenanlage. Dank des unbemannten Turms mit Autoloader kommt die Radhaubitze mit nur zwei Mann Besatzung aus. Wenn euch die RCH 155 genauer interessiert, kann ich euch nur mein Video zur Thematik empfehlen. Ich verlinke euch das auf dem I und in der Videobeschreibung. Neben Deutschland plant auch Großbritannien die RCH 155 im Rahmen des Mobile-Fires-Plattform-Programms zu beschaffen. Erster Nutzer wird jedoch aller Voraussicht nach weder das deutsche noch das britische Heer, sondern das ukrainische. Denn im Rahmen der militärischen Unterstützung liefert Deutschland insgesamt 36 RCH 155 an die Ukraine. Die Auslieferung ist im Zeitraum von 2025 bis 2027 geplant.

RCH 155 / Foto: KNDS

Kommen wir zu den Pioniermissionsmodulen für den GTK Boxer. Denn das Heer benötigt auch verschiedene radgestützte Pionierfahrzeuge für die Realisierung der Mittleren Kräfte. Unter anderem zum Beispiel eine Gefechtsfeldbrücke. Hier gibt es bereits verschiedene Konzepte für den GTK Boxer. KNDS Deutschland bietet für den GTK Boxer beispielsweise ein Brückenlegemodul auf Basis des Leguan-Systems an. Dieses verfügt über eine zweiköpfige Besatzung und kann entweder eine 14-Meter- oder 22-Meter lange Brücke einsetzen. Die Verlegung erfolgt unter Schutz und ist sowohl bei Tag als auch bei Nacht möglich. Ein weiterer Kandidat für die radgestützte Gefechtsfeldbrücke ist das COBRA-System von Rheinmetall. Dieses wird im Gegensatz zum Leguan-Modul von der Front des Boxers aus eingesetzt und verfügt über eine 9-Meter- oder eine 15-Meter lange Brücke mit unterschiedlichen Traglasten. Der Bedarf der Truppe dürfte im niedrigen zweistelligen Bereich liegen und die Kosten dürften sich auf einige hundert Millionen Euro belaufen.

Darüber hinaus hat das Heer auch einen Bedarf nach radgestützten Bergefahrzeugen. Ein Kandidat dafür ist das Bergemodul der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft für den GTK Boxer. Dieses verfügt über einen 20 Tonnen-Kran und eine Winde mit einer maximalen Zugkraft von 60 Tonnen. Dank des Krans können die Missionsmodule anderer Boxer auch ausgetauscht werden. Auch hier dürfte der Bedarf der Truppe im niedrigen zweistelligen Bereich liegen und die Kosten dürften sich ebenfalls auf einige hundert Millionen Euro belaufen.

Fazit

Zum Schluss ein kurzes Fazit meinerseits. Mit bereits über 1.500 ausgelieferten oder bestellten Fahrzeugen und dem Potenzial, dass die gleiche Anzahl nochmal on Top kommt, dürfte die langfristige Weiterentwicklung und Ersatzteilversorgung gesichert sein. Auch hat sich der GTK Boxer bereits in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr bewährt. Zukünftig wird er den Kern der Mittleren Kräfte des Heeres darstellen. Der Bestand der Bundeswehr dürfte sich deshalb in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln. Von aktuell rund 400 Fahrzeugen auf schätzungsweise ca. 1.000 GTK Boxer. Sofern man den Bedarfen der Truppe entsprechen möchte oder kann. Ob das jedoch finanzierbar ist, bleibt abzuwarten. Aktuell sieht es jedenfalls nicht danach aus.

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