Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) verzeichnet in ihrem aktuellen Jahresbericht für 2024-2025 einen dramatischen Anstieg der Verteidigungsausgaben in der Europäischen Union. Die 27 Mitgliedstaaten investierten im Jahr 2024 insgesamt 343 Milliarden Euro in ihre Verteidigung – ein Rekordwachstum von 19% gegenüber dem Vorjahr.
Überschreitung der NATO-Zielvorgabe in Sicht
Die EU-Verteidigungsausgaben erreichten 2024 einen Anteil von 1,9% des Bruttoinlandsprodukts, deutlich angestiegen von 1,6% im Jahr 2023. Für 2025 prognostiziert die EDA erstmals eine Überschreitung des bisherigen NATO-Ausgabensziels von 2% des BIP, mit geschätzten Ausgaben von 381 Milliarden Euro (2,1% des BIP).
Bereits 13 Mitgliedstaaten erreichten 2024 das 2%-Ziel, verglichen mit nur acht Ländern im Jahr 2023 und fünf im Jahr 2022. Insgesamt erhöhten 25 der 27 EU-Länder ihre Verteidigungsausgaben real, wobei 16 Staaten Steigerungen von über 10% verzeichneten.
Rekordinvestitionen in Rüstung
Besonders bemerkenswert ist der Sprung bei den Rüstungsinvestitionen, die erstmals die 100-Milliarden-Euro-Schwelle überschritten und 106 Milliarden Euro erreichten – ein Anstieg von 42% gegenüber 2023. Dies entspricht 31% der gesamten Verteidigungsausgaben, dem höchsten Anteil seit Beginn der EDA-Datensammlung. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen 2024 um 20% auf 13 Milliarden Euro, mit einer Prognose von 17 Milliarden Euro für 2025.
Internationale Herausforderungen
Trotz der erheblichen Steigerungen hinkt die EU weiterhin anderen Großmächten hinterher. Die USA gaben 2024 mit 845 Milliarden Dollar (3,1% des BIP) fast das Dreifache der EU-Ausgaben aus. Russland investierte 5,5% seines BIP in die Verteidigung, mit einer Prognose von 6,4% für 2025.
Ein strukturelles Problem der EU bleibt die Fragmentierung: Die 27 nationalen Regierungen treffen unabhängige Beschaffungsentscheidungen, was zu einer Vielzahl unterschiedlicher Waffensysteme führt und die Interoperabilität sowie Kosteneffizienz beeinträchtigt.
Neue NATO-Ziele erfordern massive Aufstockung
Beim NATO-Gipfel in Den Haag im Juni 2025 einigten sich die Verbündeten auf eine Anhebung der Verteidigungsausgaben auf 5% des BIP bis 2035, davon mindestens 3,5% für reine Verteidigungsausgaben. Dies würde zusätzliche 254 Milliarden Euro erfordern und die EU-Gesamtausgaben auf etwa 635 Milliarden Euro steigern.
EU-Initiativen fördern Zusammenarbeit
Neue EU-Instrumente sollen die Kooperation stärken: Das EDIRPA-Programm stellte 2024 bereits 310 Millionen Euro für gemeinsame Beschaffungsprojekte bereit, darunter Mistral 3 Flugabwehrraketen, IRIS-T-SLM Luftverteidigungssysteme und Artilleriemunition. Das geplante EDIP-Programm soll 1,5 Milliarden Euro zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie bereitstellen.
Ausblick
Die EDA betont, dass die steigenden Verteidigungsausgaben eine Chance für verstärkte europäische Zusammenarbeit darstellen. Koordinierte Beschaffung und gemeinsame Forschungsprojekte könnten die Effizienz steigern und die technologische Souveränität Europas stärken. Gleichzeitig warnt sie, dass ohne entsprechendes Personalwachstum Schwierigkeiten bei Betrieb und Wartung neuer Ausrüstung entstehen könnten.
Der dramatische Anstieg der Verteidigungsausgaben spiegelt die veränderte Sicherheitslage wider und zeigt das Bestreben der EU-Mitgliedstaaten, ihre militärischen Fähigkeiten angesichts aktueller geopolitischer Herausforderungen zu stärken.
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Der Jahresbericht der EDA zum nachlesen: