Die Zukunft der Panzertruppe

Pistorius will 105 weitere Leopard 2 A8 bestellen
Foto: Fric.matej

Trotz massiver Verluste an Kampfpanzern, bleibt es das einzige Waffensystem, das in der Lage ist, kampf- und stoß kräftig Gelände in Besitz zu nehmen. In diesem Video werfen wir daher einen Blick auf die Zukunft der Panzertruppe der Bundeswehr. Dazu werfen wir zuerst einen Blick auf die Struktur, dann auf die Ausrüstung und zum Schluss gehe ich nochmal etwas detaillierter darauf ein, warum der Kampfpanzer nicht so bald verschwinden wird.

Struktur

Das Heer verfügt aktuell über sechs aktive und ein nicht-aktives Panzerbataillon. Und auch das im August 2022 veröffentlichte Zielbild Einsatzkräfte Heer sieht lediglich sechs aktive Panzerbataillon vor. Der Panzerlehrbrigade 9 unterstehen aktuell das Panzerlehrbataillon 93 und das Panzerbataillon 203. Letzteres wird allerdings demnächst der noch aufzustellenden Panzerbrigade 45 unterstellt und nach Litauen verlegt. Die Panzerbrigade 12 verfügt über das Panzerbataillon 104 und das Panzerbataillon 363 sowie über das nicht-aktive Gebirgspanzerbataillon 8. Die dritte schwere Brigade des Deutschen Heeres, die Panzergrenadierbrigade 37, verfügt lediglich über das Panzerbataillon 393. Das sechste aktive deutsche Panzerbataillon, das Panzerbataillon 414, untersteht der niederländischen 43. Mechanisierten Brigade.

Kommen wir zur Struktur der Panzerbataillone als solches. Diese bestehen in der Zielstruktur aus einer Stabs- und Versorgungskompanie, mit zwei Leopard 2 und 2 Bergepanzer Büffel, drei Panzerkompanien mit jeweils 14 Leopard 2, davon 2 in den Führungsgruppen und je vier in den drei Zügen der Kompanien, und einer Einsatzunterstützungskompanie ohne Kampfpanzer. Die Sollstärke eines Panzerbataillons liegt bei ca. 500 Soldaten. Der aktuelle Personalbestand beträgt allerdings nur rund 2.700 Soldaten. Womit circa. 10% der Stellen unbesetzt sein dürften.

Mein Videobeitrag zur Thematik:

Ausrüstung

Womit wir zur Ausrüstung der Panzertruppe kommen. Aktuell besteht diese aus 310 Kampfpanzer Leopard 2 in verschiedenen Versionen. Darunter 104 Leopard 2 A7V, 20 Leopard 2 A7, 51 Leopard 2 A6M, 118 Leopard 2 A6 und noch 17 Leopard 2 A5. Der Soll-Bestand liegt allerdings bei 328 Kampfpanzern. Dieser wird aktuell nicht erreicht, da 18 Leopard 2 A6 an die Ukraine abgegeben wurden. Als Ersatz wurden allerdings bereits 18 neue Leopard 2 A8 bestellt. Der Bedarf der Truppe geht allerdings darüber hinaus. So sollen allein für die Panzerbrigade 45, umgangssprachlich auch als Litauen-Brigade bezeichnet, 35 weitere Leopard 2 A8 beschafft werden. Damit würde das Heer künftig über insgesamt 53 Leopard 2 A8 verfügen und damit genug, um das in Litauen zu stationierende Panzerbataillon 203 vollständig mit der modernsten Version des Leopard 2 auszustatten. Um diese in Auftrag zu geben, wäre wohl eine Milliarde Euro vonnöten. Die aktuell jedoch nicht aufzutreiben ist. Sollte die Bestellung, entgegen aller Erwartungen, doch noch in diesem Jahr erfolgen, so dürften die ersten Fahrzeuge 2026 der Truppe zulaufen. Doch damit noch nicht genug. Das Heer hätte darüber hinaus, und das ist auch schon seit längerem bekannt, 80 weitere Leopard 2 als Umlaufreserve. Der Gesamtbedarf an Kampfpanzern für die sechs aktiven Bataillone liegt also bei ca. 450 Stück. Es fehlen also 140 Kampfpanzer, wovon lediglich 18 Stück verbindlich bestellt wurden. Will man die Lücke schließen, müssten also 122 weitere Leopard 2 beschafft werden. Um dies zu realisieren, gibt es prinzipiell nur zwei Optionen. Zum einen könnte man zusätzliche Leopard 2 A8 aus dem Rahmenvertrag abrufen. Zum anderen könnte man die zu beschaffenden Anzahl an Leopard 2 AX erhöhen.

Überblick Leopard-Varianten im Deutschen Heer / Fotos: Boevaya mashina, Owly K, KNDS / Grafik: Moritz Riffel

Und damit kommen wir zu den Rüstungsprojekten der Panzertruppe. Im Zeitraum vom Oktober 2019 bis Oktober 2023 wurden bereits 104 Leopard 2 A7V an das Heer ausgeliefert. Im März 2019 wurde darüber hinaus die Modernisierung von 50 Leopard 2 A6 und 51 Leopard 2 A6M auf den A7V-Stand beauftragt. Nach abgeschlossener Modernisierung werden diese Kampfpanzer dann als Leopard 2 A6A3 und Leopard 2 A6A3M bezeichnet. 17 dieser Kampfpanzer sollen das aktive Schutzsystem Trophy erhalten und werden dann als Leopard 2 A7A1 bezeichnet. Die Auslieferung läuft seit Juli 2021 und soll nächstes Jahr abgeschlossen werden. Das Kostenvolumen für dieses Modernisierungsprogramm beläuft sich auf über 300 Millionen Euro. Nach Abschluss dieses Vorhabens wird das Heer über insgesamt 205 Leopard 2 auf dem A7V-Stand und weitere 20 Leopard 2 A7 verfügen. Folglich wäre die Kampfpanzerflotte damit lediglich zu zwei Drittel modernisiert. 68 Leopard 2 A6 und 17 Leopard 2 A5 verbleiben auf ihrem aktuellen Konfigurationsstand. Als Lösung wird das Vorhaben Leopard 2 AX verfolgt, dazu gleich mehr.

Wie bereits angesprochen wurden 18 fabrikneue Leopard 2 A8 als Ersatz für die 18 an die Ukraine abgegebenen Leopard 2 A6 beauftragt. Die Kosten knackige 526,6 Millionen Euro und werden aus dem Einzelplan 60, der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung, finanziert. Wobei man der Fairness halber sagen muss, dass die Kosten deshalb so hoch sind, da unter anderem auch die Entwicklung des Leopard 2 A8 damit finanziert wird. Die Beschaffung erfolgt dabei im Rahmen eines Rahmenvertrages über bis zu 123 Leopard 2 A8. Folglich besteht die Option, bis zu 105 weitere Leopard 2 A8 für 2,4 Milliarden Euro zu beschaffen. Und in der Tat sieht es aktuell danach aus, dass man in diese Richtung gehen möchte. Denn wie bereits angesprochen, plant man aktuell die Beschaffung weiterer 35 Leopard 2 A8 für rund eine Milliarde Euro aus dem Rahmenvertrag. Zum Leopard 2 A8 habe ich übrigens auch schon ein ausführliches Video gemacht, allerdings noch mit schlechter Videoqualität. Ich verlinke euch das trotzdem mal auf dem I und in der Videobeschreibung.

Womit wir zum schon angesprochen Leopard 2 AX kommen. Dabei handelt es sich um einen vorläufigen Arbeitsbegriff. Es könnte also sehr gut sein, dass diese Version am Ende vielleicht Leopard 2 A9 heißt. Die ursprüngliche Idee hinter dem Vorhaben ist die Modernisierung der verbleibenden 85 Leopard 2 A5 und A6, für die bisher keine Modernisierung beauftragt wurde. Der Leopard 2 AX soll über Verbesserungen in allen drei Kernbereichen, sprich Mobilität, Schutz und Wirkung, verfügen. Dazu ist unter anderem die Integration eines neuen leistungsfähigen Powerpacks, neuer Sensorik, neuer Schutzsysteme und möglicherweise sogar eine 130-mm-Kanone geplant. Wobei letzteres vermutlich tiefgehende Eingriffe in die aktuelle Konstruktion erfordern würde und folglich unwahrscheinlich sein dürfte. Der Leopard 2 AX wird allerdings sehr wahrscheinlich schon über Fähigkeiten des Main Ground Combat Systems verfügen. Da bisher jedoch keine Finanzierung sichergestellt ist, ist eine Realisierung frühestens ab 2030 denkbar. Die geplante Nutzungsdauer beträgt 25 Jahre, also genau der Zeitraum, bis das Main Ground Combat Systems einsatzbereit sein soll.

Das Main Ground Combat Systems, kurz MGCS, wurde 2012 von Deutschland und Frankreich ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Kampfpanzer Leopard 2 und Leclerc zu ersetzen. Mittlerweile ist sicher, dass es sich beim MGCS nicht nur um einen neuen Kampfpanzer handeln wird, sondern um ein Landkampfsystem mit Mehrplattformkonzept. Bedeutet, es wird mehrere bemannte und unbemannte Plattformen mit verschiedenen Fähigkeiten geben. Aktuelle Konzeptzeichnungen zeigen einen bemannten Träger mit einer Bordkanone und Ladeautomat, einen weiteren bemannten Träger mit weiteren Effektoren z.B. Hochgeschwindigkeitsflugkörper und einen unbemannten Träger als Unterstützungsplattform. Letzter soll über Non-line-of-sight-Wirkmittel, Drohenabwehrfähigkeiten und Aufklärungsmittel verfügen. Mit einer Einführung des MGCS wird frühestens 2041 eher Mitte der 2040er Jahre gerechnet. Folglich dürfte die volle Einsatzbereitschaft wahrscheinlich erst 2050 erreicht werden. Wenn es überhaupt so weit kommt. Zum MGCS kommt in Kürze übrigens noch ein ausführliches Video. Bleibt also gespannt und abonniert den Kanal, damit ihr das nicht verpasst.

Fazit

Zum Schluss noch ein kurzes Fazit meinerseits. Entgegen dem öffentlichen Eindruck und der Meinung vieler Excel Warrior hier auf YouTube und sonst wo im Internet die einen ausrechnen, wie viele FPV-Drohnen man anstelle eines Kampfpanzers beschaffen könnte, wird der Kampfpanzer nicht verschwinden. Allerdings ist und wird er auch nicht das alles entscheidende Kriegsmittel sein. Die hohen Verluste an Kampfpanzern im Ukraine-Krieg sind vor allem auf die unsachgemäße Nutzung zurückzuführen. Hierzu ein Zitat von Christian Väth, dem Autor des Buches Kampferfahren: „Taktisch sehr ungünstige Einsatzszenarien isolierter Einzelfahrzeuge oder kleiner Gruppen ohne Infanteriebegleitung in unübersichtlichem Gelände sind, unabhängig vom Typ, für jeden Kampfpanzer verheerend.“ Und genau das sehen wir tagtäglich im Ukraine-Krieg. Kampfpanzer werden ohne genügend Infanterie für den Flankenschutz und ohne mitfahrende Flugabwehr kurzer Reichweite gegen Bedrohungen aus der Luft eingesetzt. Kein Wunder also, dass mehr als zwei Drittel aller Kampfpanzer Verluste durch Loitering Munition, Panzerabwehrraketen und Artillerie verursacht wurden. Der Kampfpanzer ist durch die vielfältigen Abwehrmittel sicherlich verwundbarer geworden und wird sich dementsprechend anpassen müssen. Vor allem muss er aber im Verbund mit der Infanterie und Flugabwehr kurzer Reichweite eingesetzt werden, um seine Vorteile entfalten zu können. „Der Kampfpanzer ist und bleibt das einzige Mittel, das es schafft, kampf- und stoß kräftig Gelände in Besitz zu nehmen“, so Oberst Markus Reisner.

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