Die Lehren aus Afghanistan

Die Lehren aus Afghanistan
Foto: Bundeswehr/ Andre Klimke

Am 27. Januar 2025 legte die Enquete-Kommission ihren Abschlussbericht zum Afghanistan-Einsatz Deutschlands vor. Die Enquete-Kommission wurde eingesetzt, um die Lehren aus dem 20-jährigen Einsatz zu analysieren und Empfehlungen für zukünftiges internationales Krisenmanagement zu formulieren. Der Bericht betont die Notwendigkeit eines „vernetzten Ansatzes“, der militärische, diplomatische, humanitäre und entwicklungspolitische Maßnahmen kombiniert.

Haupterkenntnisse aus dem Afghanistan-Einsatz

  • Fehlende kohärente Strategie: Der Einsatz war geprägt von hochgesteckten, aber realistisch nicht umsetzbaren Zielen. Eine fortlaufende Bestandsaufnahme fehlte.
  • Unzureichende personelle Ressourcen: Besonders in zivilen Bereichen und bei der Polizei gab es Personalengpässe.
  • Mangelnde interministerielle und parlamentarische Abstimmung: Die Vernetzung zwischen Ministerien und dem Bundestag war unzureichend.
  • Kulturelle und historische Faktoren wurden unterschätzt: Die Besonderheiten Afghanistans wurden nicht ausreichend in die Strategie integriert.
  • Strategisches Scheitern trotz Teilerfolge: Fortschritte in Bildung, Gesundheitswesen und Infrastruktur wurden durch die Machtübernahme der Taliban zunichtegemacht.

Handlungsempfehlungen für zukünftige Einsätze

Die Kommission erarbeitete 72 Empfehlungen, die sich auf folgende Bereiche verteilen:

1. Strategie und Auftragsbildung

  • Klare, überprüfbare und realistische Zielsetzung für Einsätze.
  • Entwicklung flexibler Exit-Strategien, abgestimmt mit Verbündeten.
  • Regelmäßige unabhängige Evaluierungen zur Anpassung der Strategie.
  • Verbesserte Zusammenarbeit zwischen Parlament, Bundesregierung und internationalen Partnern.

2. Internationale Koordination

  • Engere Abstimmung mit EU, NATO und Vereinten Nationen (VN) zur Krisenbewältigung.
  • Förderung der Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen (z. B. Afrikanische Union).
  • Stärkung der deutschen Einflussnahme innerhalb der VN für eine effektivere Krisenprävention.

3. Monitoring, Evaluierung und Wissenstransfer

  • Ausbau der Krisenfrüherkennung durch bessere Vernetzung von Ministerien und Wissenschaft.
  • Förderung interdisziplinärer Forschung über Konflikte und Krisenmanagement.
  • Nutzung künstlicher Intelligenz zur Analyse und Vernetzung von Einsatzinformationen.

4. Parlamentarische Kontrolle und Kommunikation

  • Intensivere Berichterstattung der Bundesregierung an den Bundestag über sicherheitspolitische Entwicklungen.
  • Einführung eines eigenständigen Parlamentsausschusses für vernetzte Kriseneinsätze.
  • Klare und transparente Kommunikation über Einsatzziele, um Desinformationskampagnen entgegenzuwirken.

5. Ressourcen, Personal und Fähigkeiten

  • Aufbau einer strategischen zivilen Personalreserve für schnelle Einsätze.
  • Langfristige Prozessunterstützung anstelle kurzfristiger Projektförderung.
  • Standardisierte Verfahren zur Wirksamkeitskontrolle und Vermeidung von Doppelstrukturen.

6. Berücksichtigung lokaler Akteure

  • Stärkere Einbindung von Frauen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Einsatzgebieten.
  • Förderung lokaler Projekte, um nachhaltige Strukturen zu schaffen.
  • Klare Regelungen für den Umgang mit Ortskräften, einschließlich Schutzmaßnahmen nach einem Einsatz.

Fazit

Die Kommission betont, dass Deutschland sich weiterhin an internationalen Einsätzen beteiligen sollte, jedoch mit klareren Zielen, besserer Koordination und effektiverer Umsetzung. Die Umsetzung der Empfehlungen soll in der nächsten Legislaturperiode regelmäßig überprüft werden, um aus den Fehlern des Afghanistan-Einsatzes zu lernen.

Der Abschlussbericht der Enquete-Kommission zum nachlesen und herunterladen:

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