Am 29. Januar 2025 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Beschaffung von fünf Rüstungsprojekten der Bundeswehr zugestimmt. Das Kostenvolumen dieser fünf Vorhaben beläuft sich zusammengenommen auf rund 2,5 Milliarden Euro, finanziert aus dem Sondervermögen der Bundeswehr und dem regulären Verteidigungshaushalt.
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Taktische Wide Area Network Landbasierte Operationen (TaWAN LBO)
Das Taktische Wide Area Network Landbasierte Operationen (TaWAN LBO) ist eines der größten und finanziell bedeutendsten Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Es dient der Vernetzung verlegefähiger und mobiler Einrichtungen durch ein leistungsfähiges Richtfunksystem und sichert die Anbindung an das rückwärtige Kernnetz sowie an multinationale Partner.
Für das Projekt ist ein Rahmenvertrag mit einem Gesamtvolumen von 5,5 Milliarden Euro vorgesehen. Die erste Festbeauftragung umfasst 1,9 Milliarden Euro, finanziert aus dem Sondervermögen Bundeswehr und dem regulären Verteidigungsetat. Mit diesen Mitteln werden zunächst 56 kleine und 51 große Richtfunksysteme sowie zehn Führungsfahrzeuge für das Richtfunkmanagement beschafft. Der Hauptauftragnehmer ist Rheinmetall Electronics.
Das TaWAN-Netz stellt einen entscheidenden Informations- und Kommunikationsverbund für landbasierte Operationen dar. Es ermöglicht eine sichere, satellitenunabhängige Kommunikation durch eine Zwei-Wege-Abstützung und erhöht damit die Resilienz der Bundeswehr. Insbesondere für die drei Heeresdivisionen an der Ostflanke der NATO ist es essenziell, um eine stabile Verbindung mit rückwärtigen Dienststellen bis nach Deutschland sicherzustellen. Sollte es im Kriegsfall zu einem Ausfall von Satellitenverbindungen kommen, bleibt die Kommunikation durch das Richtfunknetz erhalten.
Als erste Nutzer von TaWAN wird voraussichtlich die Litauen-Brigade im Baltikum fungieren. Für die kleinen Richtfunksysteme wird der Radpanzer Piranha V von GDELS mit SMAG-Masten und Funktechnik von Thales Schweiz angeboten. Die großen Systeme werden vermutlich auf geschützten Lkw (8×8) von RMMV montiert – mit einem 40-Meter-Mastsystem sowie einem separaten Fahrzeug mit Funktionscontainer, Arbeitsplätzen und Servern. Neben den Fahrzeugsystemen sind umfassende Dienstleistungen wie die Ausbildung des Personals und technische Dokumentationen Bestandteil des Auftrags.
Da der aktuelle Finanzierungsumfang nur einen Teil der benötigten Systeme abdeckt, enthält der Rahmenvertrag eine zusätzliche Option über 3,6 Milliarden Euro. Diese Mittel würden die Beschaffung von bis zu 198 weiteren kleinen und 337 großen Richtfunksystemen sowie 59 Führungsfahrzeugen ermöglichen – vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsausschusses.
Um günstige Refinanzierungskonditionen für den Auftragnehmer zu gewährleisten, plant das Verteidigungsministerium eine Anzahlung von 564 Millionen Euro – ähnlich wie bei der Beschaffung neuer U-Boote für die Marine.
Das TaWAN-Projekt ist ein essenzieller Bestandteil des Führungs- und Kommunikationssystems der Bundeswehr, das aus dem German Mission Network (GMN), D-LBO und TaWAN besteht. Da GMN und D-LBO bereits in der Umsetzung sind, ist die zügige Realisierung von TaWAN erforderlich, um das Gesamtprojekt nicht zu gefährden.
Infanterist der Zukunft – Erweitertes System (IdZ-ES)

Das Soldatensystem „Infanterist der Zukunft – Erweitertes System“ (IdZ-ES) wird in der Bundeswehr vor allem bei der Jägertruppe und Panzergrenadiertruppe eingesetzt. Es umfasst eine umfassende Ausstattung, darunter Bekleidung, Schutzsysteme, Waffen, Optiken sowie Funk- und Führungsmittel, die die Mobilität, Überlebensfähigkeit und Einsatzfähigkeit der Infanteristen erheblich verbessern.
Die aktuelle Version basiert auf dem im Rahmen des Projekts System Panzergrenadier VJTF 2023 entwickelten und bereits erprobten Konstruktionsstand. Dank moderner Führungsmittel und eines speziell für die Infanterie angepassten Battle Management Systems wird die Befehlsgebung und Koordination innerhalb einer Kompanie erheblich erleichtert. Zudem ermöglichen hochentwickelte Nachtsicht- und Zielsysteme den Einsatz bei Tag, Nacht und eingeschränkter Sicht, wodurch die Gefechtsfähigkeit unter schwierigen Bedingungen weiter optimiert wird.
Für die Beschaffung weiterer IdZ-ES-Systems wurden 418 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr bewilligt. Im Anschluss soll ein Rahmenvertrag mit der Rheinmetall Electronics GmbH geschlossen werden, der die Lieferung obsoleszenzbereinigter Systeme des Typs IdZ-ES im Konstruktionsstand VJTF 2023 vorsieht.
Geplant ist die Beschaffung von Zugsystemen, die jeweils 30 Personenausstattungen umfassen. Insgesamt wird mit über 100 Zugsystemen gerechnet, was etwa 3.000 Infanteristen mit modernster Ausrüstung versorgen würde.
Abschussgeräte und Munition für Wirkmittel 90 und Panzerfaust 3

Der Haushaltsausschuss hat der Herstellung und Lieferung von Abschussgeräten und Munition für das Wirkmittel 90 sowie der Panzerfaust 3 zugestimmt. Dazu soll eine Rahmenvereinbarung geschlossen werden, die eine erste Festbeauftragung mit einem Finanzvolumen von rund 103 Millionen Euro umfasst, finanziert aus dem Sondervermögen Bundeswehr.
Die Mittel sind gleichmäßig aufgeteilt: 50 % entfallen auf zusätzliche Panzerfäuste, während die andere Hälfte für Abschussgeräte und Patronen der Wirkmittelfamilie „Wirkmittel 90“ bestimmt ist. Hauptauftragnehmer ist Dynamit Nobel Defence.
Zukünftiges System Indirektes Feuer kurze Reichweite

Die Bundeswehr plant die Einführung eines neuen radbasierten, schweren 120-mm-Mörsersystems, um die veralteten 120-mm-Panzermörser der Jägertruppe zu ersetzen. Dafür wurde ein Entwicklungsvertrag mit dem finnischen Rüstungskonzern Patria geschlossen. Das neue System kombiniert den NEMO-Turmmörser mit dem Patria 6×6 Transportpanzer. Die Beschaffung erfolgt über das Common Armoured Vehicle System (CAVS) Programm, gemeinsam mit Finnland, Schweden und Lettland. Das neue Mörsersystem soll sowohl bei der Jägertruppe als auch bei den künftig mit Radschützenpanzern ausgestatteten Panzergrenadierbataillonen zum Einsatz kommen.
Ziel der nun genehmigten 25-Millionen-Euro-Vorlage ist es die Qualifikation und Anpassung des Systems an die Anforderungen der Bundeswehr zu ermöglichen. Dazu gehören:
- Straßenzulassung nach StVO-Vorgaben
- Integration eines MG5 und einer Rosy-Nebelmittelwurfanlage
- Nachtkampffähigkeit
- Anbindung an das Führungs- und Waffeneinsatzsystem ADLER III
- Integration der digitalen Funkgeräteausstattung D-LBO
- Entwicklung eines bundeswehrspezifischen Beladungskonzepts
Das Mörsersystem dient der Unterstützung der Infanterie durch Steilfeuer, um Ziele hinter Deckungen zu bekämpfen. Insgesamt stehen für das Projekt 51 Millionen Euro zur Verfügung, finanziert aus dem Sondervermögen Bundeswehr sowie ab 2028 aus dem regulären Verteidigungshaushalt.
Die Bundeswehr wird für 50 Millionen Euro notwendige Anpassentwicklungen am NEMO-CAVS-Mörser finanzieren und drei Prototypen als Nachweismuster zur Qualifizierung beschaffen – darunter zwei Mörserträger und ein Führungsfahrzeug. Patria wird dabei von der zur Hensoldt-Gruppe gehörenden ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH unterstützt.
- Erste Lieferung eines Mörserträger-Prototyps: Wenige Monate nach Vertragsschluss
- Lieferung des zweiten Mörserträgers & Führungsfahrzeugs: 1,5 Jahre nach Vertragsschluss
- Abschluss der Qualifizierung: Ende 2027
- Serienproduktion (nach erneuter Haushaltsfreigabe): Ab 2027
- Erstes Serienlos: 48 Mörserträger und 12 Führungsfahrzeuge bis Ende 2029 (rund 50 % des Gesamtbedarfs)
Die Serienproduktion wird gesondert durch den Haushaltsausschuss genehmigt und schrittweise bis 2029 umgesetzt.
Beschaffung Fernbedienbarer Leichter Waffenstationen (FLW) 100

Der Haushaltsausschuss hat die Beschaffung weiterer fernbedienbarer leichter Waffenstationen (FLW) 100 genehmigt. Der Auftrag hat einen Wert von 48 Millionen Euro und wird aus dem Sondervermögen Bundeswehr finanziert.
Die FLW 100 ist bereits seit mehreren Jahren in der Bundeswehr im Einsatz und kann mit einem Maschinengewehr bestückt werden. Im Vergleich dazu lässt sich an der FLW 200 auch ein schweres Maschinengewehr oder eine Granatmaschinenwaffe montieren. Viele geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge der Bundeswehr, darunter Dingo und Eagle, sowie moderne Transportpanzer wie der GTK Boxer sind bereits für die Integration dieser Waffenstationen vorbereitet.
Ziel ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit Festbeauftragungsanteilen über die Lieferung von FLW 100 und FLW 200, Nebelmittelwurfanlagen sowie lafettenadaptierten Zieleinrichtungen (LAZ 200 und LAZ 400L). Diese Maßnahme dient unter anderem als Ersatzbeschaffung für Systeme, die im Rahmen der deutschen Unterstützung an die ukrainischen Streitkräfte abgegeben wurden.
Für die Bundeswehr soll ein zehnjähriger Rahmenvertrag mit KNDS Deutschland geschlossen werden, um die Bestände an FLW-Systemen, zugehörigen LAZ-Zieleinrichtungen (hergestellt von Rheinmetall Electronics) und Nebelmittelwurfanlagen aufzustocken. Als erste Festbeauftragung werden 126 FLW 100 und 126 LAZ 200 beschafft.
Die Priorität liegt auf der Ausstattung der neuen Kampftruppen-Brigade in Litauen. Die Lieferung der Systeme ist für die Jahre 2026/2027 geplant.