Die 355 Milliarden Euro Einkaufsliste der Bundeswehr

Defence Readiness Roadmap: Wie Europa bis 2030 verteidigungsbereit werden will
Skyranger 30 / Foto: Rheinmetall AG

Die Bundesregierung hat ehrgeizige Pläne für die Zukunft der Landes- und Bündnisverteidigung: Die Bundeswehr soll zur stärksten konventionellen Streitkraft Europas werden. Um dieses Ziel zu erreichen, plant das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem die Beschaffung großer Mengen neuen Materials.

Der Haushaltsplan

Aus dem aktuellen Entwurf zum Bundeshaushalt 2026 geht hervor, dass bis zum Jahr 2041 neues Material im Wert von über 350 Milliarden Euro beschafft werden soll. Bereits in diesem Jahr fließen 8,2 Milliarden Euro in die Materialbeschaffung, während für das kommende Jahr 22,3 Milliarden Euro eingeplant sind. Für den Zeitraum 2027 bis 2041 sind sogenannte Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 325 Milliarden Euro vorgesehen. Addiert man die geplanten Ausgaben der Jahre 2025 und 2026 zu diesen Verpflichtungsermächtigungen hinzu, ergibt sich eine beeindruckende Gesamtsumme von etwa 355 Milliarden Euro.

Parallel dazu läuft das bereits bestehende Sondervermögen „Bundeswehr“, aus dem für 2025 weitere 24 Milliarden Euro, für 2026 zusätzliche 25,5 Milliarden Euro und für das finale Jahr 2027 nochmals 27,4 Milliarden Euro vorgesehen sind.

Die geplanten Investitionen verteilen sich auf verschiedene Bereiche der militärischen Ausrüstung: Den größten Einzelposten bildet Munition mit 70,3 Milliarden Euro, gefolgt von Kampffahrzeugen mit 52,5 Milliarden Euro. Für Schiffe, Boote und Marinegerät sind 36,6 Milliarden Euro eingeplant, während für Flugzeuge und Flugkörper 34,2 Milliarden Euro vorgesehen sind. Weitere bedeutende Posten sind Feldzeug- und Quartiermeistermaterial mit 20,9 Milliarden Euro, Fahrzeuge und Zubehör mit 20,8 Milliarden Euro, Fernmeldematerial mit 15,9 Milliarden Euro sowie satellitengestützte Kommunikation mit 13,3 Milliarden Euro.

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Heer

Das Deutsche Heer steht vor der größten Modernisierung und Erweiterung seit Jahrzehnten. Zukünftig soll es über vier mechanisierte Divisionen verfügen – statt wie bisher zwei – sowie über die Division Schnelle Kräfte und die Heimatschutzdivision. Insgesamt also sechs Heeresdivisionen. Diese Großverbände benötigen nicht nur jede Menge Personal, sondern auch erheblich neues Material – und zu diesem kommen wir jetzt.

Eines der ambitioniertesten Vorhaben betrifft die Panzertruppe. Die Bundeswehr plant die Beschaffung von rund 1.000 zusätzlichen Leopard-2-Kampfpanzern. Der aktuelle Bestand von rund 300 Leopard 2 soll zusammen mit den bereits bestellten 123 Leopard 2A8 auf insgesamt bis zu 1.400 Kampfpanzer anwachsen. Diese gewaltige Flotte würde ausreichen, um 19 Panzerbataillone auszurüsten – einschließlich einer vierzigprozentigen Umlaufreserve. Da pro schwerer Brigade traditionell zwei Panzerbataillone vorgesehen sind, könnte Deutschland mit dieser Ausrüstung bis zu neuneinhalb Panzerbrigaden unterhalten. Zum Vergleich: Aktuell verfügt das Heer über nur vier schwere Brigaden. Das bedeutet, dass allein bis zu fünf neue Panzerbrigaden entstehen könnten.

Ausrüstung
Foto: Bundeswehr / Mario Bähr

Parallel dazu sind 400 bis 600 weitere Schützenpanzer vom Typ Puma S1 geplant. Zusammen mit den bereits vorhandenen und bestellten 400 Puma-Fahrzeugen könnte die Bundeswehr künftig über 800 bis 1.000 moderne Schützenpanzer verfügen – genug für bis zu 14 Panzergrenadierbataillone plus eine vierzigprozentige Umlaufreserve.

Die Zukunft des SPz Puma - 2. Los & Konfigurationsstand S1
SPz Puma | Foto: KNDS

Zur Unterstützung ist die Beschaffung von rund 500 Unterstützungspanzern geplant. Dazu gehören hauptsächlich Pionier-, Berge-, Minenräum- und Brückenlegepanzer. Besonders hervorzuheben ist die geplante Beschaffung von etwa 100 neuen Bergepanzern als Ersatz für die veralteten Bergepanzer 2.

Bergepanzer 3 | Foto: Rheinmetall AG

Eine zentrale Rolle spielt auch der GTK Boxer, von dem 2.500 bis 5.000 Fahrzeuge in verschiedenen Konfigurationen beschafft werden sollen. Die bekannten Planungen umfassen 148 Radschützenpanzer, 168 Radhaubitzen, 500 bis 600 Skyranger-30-Flugabwehrkanonenpanzer, etwa 100 Flugabwehrraketenpanzer und mindestens 200 schwere Sanitätskraftfahrzeuge. Allein diese bekannten Bedarfe erfordern bereits 1.110 bis 1.200 neue Boxer-Fahrzeuge.

Foto: Stuart A Hill AMS/MOD

Noch in diesem Jahr will die Bundeswehr Radschützenpanzer von KNDS Deutschland im Gesamtwert von rund 3,9 Milliarden Euro beschaffen. Rund 1,1 Milliarden Euro sollen bereits dieses Jahr abfließen – vermutlich als Vorauszahlung für neue Produktionskapazitäten. Die Serienfahrzeuge werden erst ab 2029 erwartet.

Rheinmetall rechnet noch in diesem Jahr mit Bestellungen für zusätzliche Skyranger-30-Flugabwehrkanonenpanzer im Wert von sechs bis acht Milliarden Euro. Insgesamt besteht ein Bedarf für 500 bis 600 Skyranger 30. Das erste Erprobungsfahrzeug wurde bereits Ende Januar 2025 übergeben, die Serienfahrzeuge sollen 2027 und 2028 folgen.

Bundeswehr will 500 bis 600 Skyranger 30 für 6 bis 8 Mrd. Euro beschaffen
Skyranger 30 / Foto: Rheinmetall AG

Parallel dazu läuft die Beschaffung des Luftverteidigungssystems für den Nah- und Nächstbereichsschutz. Sechs Feuereinheiten des IRIS-T-SLM-Systems sind bereits in der Beschaffung, weitere sollen folgen. Für das gesamte NNbS-Projekt sind von 2027 bis 2037 Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 7,12 Milliarden Euro vorgesehen, womit mindestens ein Dutzend Feuereinheiten beschafft werden könnten.

Neben dem Boxer sollen mehr als 1.000 Piranha-Radpanzer in den Versionen 6×6 und 8×8 beschafft werden. Die 8×8-Version dient als Plattform für die kleinen Richtfunksysteme im Rahmen des Vorhabens „Tactical Wide Area Network for Land Based Operations (TaWAN LBO)“, die 6×6-Version als Basis für das Spähfahrzeug „Korsak“. Zusätzlich sind 1.000 bis 4.000 Patria-6×6-Fahrzeuge als Ersatz für die veralteten TPz Fuchs geplant, die zu 90 Prozent in Deutschland gefertigt werden sollen.

Für die Artillerie sind bis zu 300 PULS-Raketenartilleriesysteme vorgesehen, die die Reichweite und Schlagkraft des Heeres erheblich steigern werden.

Raketenartillerie: Fünf PULS für die Bundeswehr bestellt
EuroPULS / Foto: Clemens Speer

Besonders beeindruckend ist der geplante Aufwuchs im Bereich der Drohnen. Bis 2029 soll der Bestand von derzeit etwas über 600 auf mehr als 8.000 Systeme anwachsen. Dazu gehören 1.200 Nanodrohnen für den Nächstbereich, 3.028 Minidrohnen für den Nahbereich und rund 800 Drohnen mit Relaisfunktion. Zusätzlich ist die Einführung von Loitering Munition geplant. Mit einer Umlaufreserve von 20 bis 40 Prozent könnte sich der tatsächliche Drohnenbestand 2029 zwischen 10.057 und 11.733 Systemen bewegen.

Luftwaffe

Auch die Deutsche Luftwaffe steht vor einer beispiellosen Modernisierung, die sie zu einer der schlagkräftigsten Luftstreitkräfte Europas machen soll. Die geplanten Beschaffungsvorhaben umfassen sowohl bewährte Systeme als auch völlig neue Technologien.

Bei den Kampfflugzeugen setzt Deutschland auf den Eurofighter und die US-amerikanische F-35A. Zunächst sollen 20 weitere Eurofighter beschafft werden – eine Ankündigung, die der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz bereits vor einem Jahr auf der Luftfahrtausstellung ILA in Berlin gemacht hatte. Die entsprechende 25-Millionen-Euro-Vorlage soll nach der Sommerpause den zuständigen Bundestagsausschüssen übermittelt werden.

Luftwaffe beendet NATO-Einsatz in Polen
Eurofighter | Foto: Bundeswehr/Christian Timmig

Parallel dazu plant die Bundesregierung die Beschaffung von 15 weiteren F-35A Lightning-II-Kampfflugzeugen. Sollte dies umgesetzt werden, würde die deutsche F-35-Flotte von 35 auf 50 Maschinen anwachsen. Diese Mehrzweckkampfflugzeuge der fünften Generation sollen die veralteten Tornado IDS ersetzen, die 2030 das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen. Die Gerüchte über weitere F-35-Beschaffungen sind nicht neu – bereits im Juni 2024 wurde über mindestens acht zusätzliche Maschinen spekuliert. Die Luftwaffe würde gerne mindestens 35 weitere F-35A erhalten, um insgesamt mindestens 70 Stück zu betreiben und den Tornado IDS vollständig zu ersetzen.

Beschaffungsvorhaben der Luftwaffe
F-35A | Foto: DVIDS / Staff Sgt. Andrew Lee

Besonders interessant ist die geplante Einführung von unbemannten Collaborative Combat Aircraft, kurz CCA. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall führt bereits Gespräche mit den US-Unternehmen Lockheed Martin, Boeing und Anduril über eine Zusammenarbeit bei diesen unbemannten Kampfflugzeugen. Nach Informationen von Rheinmetall-CEO Armin Papperger benötigt die Bundeswehr rund 400 dieser CCA – ein „großes Geschäft“, wie er es nennt.

Bei der Beschaffung geht es um schnelle Umsetzung, was etablierte Anbieter bevorzugt, die sich bereits länger mit der Thematik befassen. Bei einem gemeinsamen Projekt mit einem US-Anbieter könnte etwa 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung auf den amerikanischen Partner entfallen, der Rest auf europäische Unternehmen, wobei Rheinmetall bei einem europäischen Business Hub die Mehrheit anstrebt.

Die Deutsche Luftwaffe hat sich bei einer internationalen Marktsichtung bereits die MQ-28 von Boeing angeschaut, deren Initial Operational Capability für die australische Luftwaffe bis 2028 vorgesehen ist. Auch andere Anbieter drängen auf den deutschen Markt: Airbus kündigte an, zusammen mit Kratos ein CCA auf Basis der XQ-58A Valkyrie bis 2029 einsatzbereit zu machen. General Atomics plant ebenfalls die rasche Bereitstellung eines europäischen CCA, basierend auf einer US-Plattform.

Die Dominanz im elektromagnetischen Spektrum gilt als Schlüsselfähigkeit für moderne Luftoperationen. Da Europa in diesem Bereich überwiegend auf die USA angewiesen ist, kommt dem deutschen Projekt „Luftgestützte Wirkung im elektromagnetischen Spektrum“ – kurz LuWES – besondere Bedeutung zu. Seit mehreren Jahren wird es vom Beschaffungsamt der Bundeswehr gemeinsam mit acht deutschen Unternehmen vorangetrieben.

Bis Ende dieses Jahres sollen weitere Arbeitspakete zur Entwicklung eines Stand-off-Jammers umgesetzt werden, mit dem aus mehreren hundert Kilometern Entfernung feindliche Radar- und Luftverteidigungsstellungen gestört werden können. Als Trägerplattformen wurden verschiedene Flugzeuge betrachtet: Airbus A320, A400M sowie Business Jets von Bombardier.

Interessant ist, dass sich die Luftwaffe kürzlich wohl gegen die Nutzung des A400M ausgesprochen hat, obwohl dieser aufgrund seiner vier Triebwerke eigentlich ideal für den Betrieb leistungsstarker Jammer wäre. Stattdessen bevorzugt sie die Integration auf einen Business Jet, der ihre Anforderungen bezüglich Agilität, Höchstgeschwindigkeit und Dienstgipfelhöhe besser erfüllen soll. Die geplante Initial Operational Capability bis 2029 könnte dadurch gefährdet sein. Insgesamt ist die Beschaffung von bis zu 16 Stand-off-Jammern vorgesehen.

Bei der Signalaufklärung setzt Deutschland auf das System PEGASUS (PErsistent German Airborne SUrveillance System) von Hensoldt. Drei Systeme wurden bereits geordert, basierend auf Bombardier-Global-6000-Flugzeugen, wobei das erste 2027 an die Truppe übergeben werden soll.

Aufgrund der veränderten Sicherheitslage seit dem russischen Angriff auf die Ukraine besteht offenbar zusätzlicher Bedarf. Gut informierte Kreise sprechen von drei bis sechs weiteren Systemen, die die Bundeswehr benötigt. Eine Folgebeauftragung von Hensoldt gilt als wahrscheinlich, da bereits Erfahrungen bei Entwicklung und Integration gemacht wurden.

PEGASUS - Erstflug erfolgreich absolviert
PEGASUS | Foto: Bombardier

Auch die Luftverteidigung wird auf mehreren Ebenen verstärkt. Für das Patriot-System plant die Bundeswehr eine weitere Tranche von etwa 200 PAC-2-GEM-T-Boden-Luft-Raketen über einen Direct Commercial Sale mit Raytheon. Zusätzlich sollen die bestehenden Patriot-Startgeräte von der M901- auf die M903-Variante modernisiert werden, um PAC-3-MSE-Flugkörper verschießen zu können.

Für das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM sind von 2027 bis 2032 Verpflichtungsermächtigungen von 2,64 Milliarden Euro vorgesehen. Dabei soll es sich vor allem um die Beschaffung von entsprechenden Flugabwehrflugkörpern im großen Stil handeln. Beobachter gehen jedoch auch davon aus, dass etwa ein Dutzend Feuereinheiten beschafft werden sollen.

Künftige Anforderungen an die Luftverteidigung
IRIS-T SLM | Foto: Diehl Defence / PIZ Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung

Da eine leistungsfähige Luftverteidigung allein nicht ausreicht, plant die Bundesregierung auch den Aufbau von sogenannten Deep-Precision-Strike-Fähigkeiten. Dazu hat Deutschland offiziell den Erwerb des landgestützten Raketensystems Typhon in den USA angefragt. Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, das System solle die vorhandene Fähigkeitslücke im Bereich Deep Precision Strike schließen. Ein Typhon-System besteht aus vier Werfereinheiten mit je vier Mark-41-VLS-Zellen für SM-6-Raketen oder Tomahawk-Marschflugkörper sowie einem Gefechtsstand und Unterstützungsfahrzeugen. Die Beschaffung gilt nur als Übergangslösung, bis europäische Lösungen, die im Rahmen der „European Long-Range Strike Approach“ (ELSA) Initiative entwickelt werden, einsatzbereit sind.

Typhon - das zukünftige Raketensystem der Bundeswehr
Typhon-Raketensystem | Foto: DVIDS

Auch beim bewährten Taurus-Marschflugkörper stehen sowohl Modernisierung als auch Neubeschaffung an. Die bestehenden 600 Taurus-Flugkörper aus den Jahren 2005–2010 sollen durch eine Generalüberholung bis mindestens 2045 einsatzfähig bleiben. Das reicht jedoch nicht aus, um den Bedarf zu decken.

Ende 2025 oder spätestens Anfang 2026 soll eine „substanzielle“ Anzahl neuer Taurus-Marschflugkörper beschafft werden. Beobachter gehen von Stückzahlen im hohen dreistelligen bis vierstelligen Bereich aus, da die stillgelegte Produktionslinie nicht für geringe Mengen reaktiviert würde. Der SPIEGEL berichtete bereits über Pläne zur Beschaffung von 600 modernisierten Taurus NEO für rund 2,1 Milliarden Euro.

Eine vierstellige Bestellung würde Sinn ergeben, da die Luftwaffe einen nominellen Bedarf von rund 2.000 weitreichenden Präzisionswaffen hat. Zusammen mit den bestehenden 600 Taurus KEPD 350, 75 JASSM-ER und etwa 200 Joint Strike Missiles würde eine Bestellung von etwa 1.000 Flugkörpern diesen Bedarf weitgehend decken.

TAURUS KEPD-350  | Foto: Bundeswehr / Andrea Bienert

Marine

Auch die Deutsche Marine steht vor der größten Modernisierung und Erweiterung seit Jahrzehnten. Die ambitionierten Pläne umfassen sowohl konventionelle Überwasserschiffe als auch unbemannte Systeme, die die Seestreitkräfte grundlegend transformieren sollen.

Das Herzstück der Flottenerneuerung sind die Luftverteidigungsfregatten der Klasse F127. Ursprünglich waren fünf Einheiten als Ersatz für die drei Fregatten der Sachsen-Klasse geplant. Nun denkt die Bundesregierung jedoch über den Kauf von drei weiteren F127 nach, was die Gesamtzahl auf acht Schiffe erhöhen würde. Diese Überlegungen sind auf neue NATO-Fähigkeitsziele zurückzuführen, nach denen Deutschland künftig 18 statt bisher 15 Fregatten stellen muss.

Mit einem geschätzten Stückpreis von rund 2,5 Milliarden Euro würde die Beschaffung von acht F127 mit gut 20 Milliarden Euro zu Buche schlagen – das teuerste Marinevorhaben in der Geschichte der Bundeswehr. Sollten diese Pläne umgesetzt werden, würde die Deutsche Marine Ende des nächsten Jahrzehnts über acht F127, sechs F126 und vier F125-Fregatten verfügen.

Interessant ist, dass dabei der von der Marine geforderte Rotationsfaktor drei über Bord geworfen wird. Nach dieser Logik wären eigentlich neun F127 erforderlich, um durchgehend drei Einheiten verfügbar zu haben: ein Drittel in voller Gefechtsbereitschaft, ein Drittel in abgestufter Gefechtsbereitschaft und ein Drittel in der Werft.

Im Dezember letzten Jahres stimmte der Haushaltsausschuss bereits einer 25-Millionen-Euro-Vorlage für vorbereitende Maßnahmen zur Einführung des AEGIS-Führungs- und Waffeneinsatzsystems zu, das auf den F127 zum Einsatz kommen soll.

F127 | Quelle: thyssenkrupp Marine Systems

Ein besonders innovativer Aspekt der Marinepläne sind die Large Remote Missile Vessels (LRMV). Drei dieser unbemannten Kampfschiffe sollen als Ergänzung für die F127-Fregatten beschafft werden und ebenfalls der Luftverteidigung und dem Maritime Strike dienen.

Zusätzlich plant die Marine die Beschaffung von mindestens 18 Future Combat Surface Systems (FCSS) als Ergänzung für die Korvetten der Braunschweig-Klasse. Diese 40 bis 60 Meter langen Überwasserplattformen sollen entweder mit geringer Besatzung oder vollständig autonom operieren können. Sie werden mit verschiedenen Waffensystemen ausgerüstet und sowohl für die Überwasserseekriegsführung als auch für Maritime Strike einsetzbar sein.

OPEX Blue Whale - Marine testet israelische Unterwasserdrohne
Blue Whale | Foto: Swadim

Auch unter Wasser setzt die Marine auf unbemannte Systeme: Mindestens zwölf Large Unmanned Underwater Vehicles sollen die U-Boote der Klasse 212 Common Design ergänzen. Diese sollen hauptsächlich der Aufklärung und der Überwasserseekriegsführung dienen. Die Marine favorisiert dabei das israelische BlueWhale-System.

Für das Seebataillon sind mindestens 40 Mehrzweck-Kampfboote (MZKB) geplant, deren Hauptaufgaben der Marineinfanterieeinsatz und der maritime Jagdkampf sein werden. Ein Teil dieser Boote soll zukünftig unbemannt betrieben werden.

Seebataillon benötigt 40 Kampfboote
Kampfboote | Foto: Saab AB

Bei der Logistik steht ab 2029 der Ersatz der sechs Tender der Elbe-Klasse an. Das Vorhaben läuft unter dem Namen „Mittlere Unterstützungseinheit schwimmende Einheiten“ (MUsE). Dabei soll es sich um modular gestaltete Unterstützungs- und Logistikschiffe handeln, deren Hauptaufgabe laut „Zielbild Marine 2035+“ die organische Logistik und Operationsunterstützung inklusive Aufklärung ist. Vertreter der Marineführung haben das Aufgabenpaket bereits um Amphibik, Führung und Transport einschließlich Verwundetentransport erweitert.

Auch bei der Seefernaufklärung zeigt sich ein deutlicher Aufwuchs. Die Deutsche Marine hat bereits acht P-8A-Poseidon-Seefernaufklärer in den USA bestellt, deren Auslieferung in den kommenden Monaten ansteht. Aus dem Bundeshaushaltsentwurf 2026 geht jedoch hervor, dass weitere 2,8 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 2028 bis 2032 für die P-8A vorgesehen sind.

Diese massive Erhöhung – im Haushaltsentwurf 2025 waren für den Zeitraum 2028 bis 2030 nur knapp 700 Millionen Euro vorgesehen – deutet darauf hin, dass nicht nur Ausrüstung wie Bojen, Torpedos oder Simulatoren beschafft werden, sondern auch zusätzliche Maschinen. Fachkreise sprechen von einem zusätzlichen Bedarf von mindestens vier weiteren Seefernaufklärern.

Im kürzlich veröffentlichten „Kurs Marine 2025“ wurde die Zahl der projektierten P-8A von ursprünglich acht auf acht bis zwölf angehoben. Beobachter gehen sogar von einem zusätzlichen Bedarf von sechs Maschinen aus, möglicherweise um eine Umlaufreserve zu bilden.

Deutschland und Großbritannien verstärken Kooperation
P-8A Poseidon | Foto: Boeing

Als Ergänzung zu den bemannten P-8A Poseidon plant die Marine die Beschaffung von Unmanned Aerial Systems. Diese sollen neben der Aufklärung auch zur Unterwasserseekriegsführung eingesetzt werden. Die Marine favorisiert die MQ-9B Sea Guardian, wobei acht bis zwölf Systeme geplant sind.

Cyber- und Informationsraum

Auch die Fähigkeiten der Bundeswehr im Cyber- und Informationsraum sollen massiv erweitert werden. Zwei Großprojekte stehen dabei im Mittelpunkt: der Aufbau einer eigenen Satellitenkonstellation und die Schaffung eines durchgängigen Kommunikationsverbundes mittels Richtfunksystemen.

Bis Ende des Jahrzehnts will die Bundeswehr mindestens eine eigene Satellitenkonstellation etablieren. Diese Systeme bestehen aus mehreren Hundert Satelliten und sollen kritische Aufgaben wie Kommunikation oder Aufklärung übernehmen. Branchenkenner kalkulieren mit Ausgaben von bis zu zehn Milliarden Euro pro Satellitenkonstellation.

Das Verteidigungsministerium bestätigt die Vorhaben, hält sich aber bezüglich konkreter Details bedeckt. Ein Sprecher verwies auf sicherheitspolitische Erwägungen und erklärte lediglich, man prüfe verschiedene Konzepte zur Deckung wachsender Aufklärungsanforderungen durch nationale Kapazitäten.

Der Hintergrund dieser kostspieligen Initiative liegt in Deutschlands gegenwärtiger Abhängigkeit von fremden Weltraumsystemen. Während die Bundeswehr aktuell lediglich etwa zehn eigene Satelliten betreibt, ist sie größtenteils auf amerikanische Infrastruktur angewiesen. Die Ukraine-Krise verdeutlichte diese Verwundbarkeit, als Kiew zeitweise den Verlust des Zugangs zu Musks Starlink-Diensten befürchtete. Solche Erfahrungen unterstreichen die Risiken externer Abhängigkeiten – besonders unter einer unberechenbaren US-Administration.

25-Millionen-Euro-Vorlagen
TaWAN LBO | Foto: Rheinmetall AG

Parallel dazu baut die Bundeswehr einen durchgängigen Kommunikationsverbund mittels Richtfunksystemen im Rahmen des Vorhabens Tactical Wide Area Network for Land Based Operations (kurz TaWAN LBO) auf. Dieses bodengestützte Kommunikationssystem soll durchgehende Datenverbindungen von der vordersten Kampflinie bis weit ins Hinterland ermöglichen.

Rheinmetall, Hauptauftragnehmer des Projekts, berichtet von einer dramatischen Bedarfssteigerung. Das ursprünglich mit acht Milliarden Euro veranschlagte Vorhaben könnte sich auf 16 Milliarden Euro verdoppeln, nachdem die Streitkräfte ihre Kapazitätsanforderungen überarbeitet haben.

Das erste Los umfasst die Lieferung von 56 kleinen TaWAN-Richtfunksystemen und 51 großen Richtfunksystemen sowie speziellen Führungsfahrzeugen – genug zur Ausstattung einer Division. Das Gesamtkonzept sieht vor, mehrere Hundert kleine und große Richtfunksysteme zu beschaffen, um die Aufrechterhaltung der Kommunikation für alle Heeresdivisionen sicherzustellen, sollte die satellitengestützte Kommunikation im Kriegsfall ausfallen.

Fazit

Mit 355 Milliarden Euro bis 2041 plant die Bundesregierung eine massive Aufrüstung der Bundeswehr. Die Dimensionen sind beeindruckend: Das Heer soll Tausende neue Gefechtsfahrzeuge erhalten, die Luftwaffe Dutzende neue Flugzeuge sowie Hunderte Drohnen, und die Flotte der Marine soll dank neuer Kriegsschiffe und unbemannter Systeme endlich wieder wachsen. Hinzu kommen milliardenschwere Investitionen in Satellitensysteme und Kommunikationsnetze der nächsten Generation.

Doch bei aller technischen Brillanz offenbart sich ein fundamentales Problem: Deutschland kauft sich eine Armee zusammen, die es personell nicht betreiben kann. Schon heute fehlen der Bundeswehr Zehntausende Soldaten. Die glänzenden Leopard-Panzer und F-35-Jets nützen wenig, wenn niemand sie fährt oder fliegt.

Erschwerend kommt die kopflastige und ineffiziente Struktur der Bundeswehr hinzu. Während andere Streitkräfte straffe Strukturen haben, leistet sich die Bundeswehr doppelt so viele militärische und zivile Organisationsbereiche wie Panzerbataillone.

Die Gefahr ist real, dass Deutschland in wenigen Jahren über die teuerste, aber personell ausgehöhlte und strukturell gelähmte Armee Europas verfügt. 355 Milliarden Euro in Material zu investieren, ohne gleichzeitig die Personalprobleme zu lösen und die Strukturen zu verschlanken, gleicht dem Kauf eines Formel-1-Rennwagens ohne Fahrer und mit defektem Getriebe. Auch die neue Bundesregierung drückt sich vor schmerzhaften Reformen und versucht lieber, die Probleme mit Geld zuzuschütten. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten.

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