Rüstungsprojekte der norwegischen Streitkräfte

Rüstungsprojekte der norwegischen Streitkräfte
Foto: KONGSBERG

Norwegen will im Zeitraum von 2025 bis 2036 insgesamt 1.624 Billionen norwegische Kronen für seine Streitkräfte ausgeben. Das entspricht etwa 137 Milliarden Euro. Dieses Geld soll vor allem für vier Dinge ausgegeben werden: erstens Verbesserung der situational awareness, zweitens Modernisierung der Flotte, drittens Stärkung der Luftverteidigung und viertens Ausbau des Heeres und der Heimwehr.

Norwegian Army

Leopard 2 A7 mit Trophy APS / Foto: Fric.matej

Das norwegische Heer besteht aktuell lediglich aus einer Kampfbrigade. Bis 2036 sollen zwei weitere Brigaden hinzukommen. Die bereits bestehende Brigade Nord soll zu einer schweren Infanteriebrigade ausgebaut werden, mit vier mechanisierten Bataillonen und weiteren Unterstützungseinheiten. Das Finnmark Landkommando soll Flugabwehrsysteme, ein Artilleriebataillon, ein leichtes Infanteriebataillon, eine Pionierkompanie und eine Aufklärungskompanie erhalten und damit zur Finnmark Brigade ausgebaut werden. Die neu aufzustellende Brigade Süd wird hauptsächlich aus Reservisten bestehen und als leichte Infanteriebrigade konzipiert sein. Ihr Auftrag wird vor allem der Host Nation Support. Darüber hinaus soll sie als mobile Eingreiftruppe fungieren. Heer und Heimwehr zusammengenommen sollen bis 2036 auf 45.000 Soldaten anwachsen. Alle diese Soldaten benötigen natürlich auch entsprechende Ausrüstung und damit kommen wir zu den Rüstungsprojekten des norwegischen Heeres.

Für die mechanisierten Bataillone läuft die Beschaffung von 54 Leopard 2A8 NOR, die den veralteten Leopard 2A4 ersetzen sollen. Die Auslieferung soll im Zeitraum von 2026 bis 2031 erfolgen. Der Vertrag, der sich auf 1,7 Milliarden Euro beläuft, beinhaltet darüber hinaus noch eine Option auf 18 weitere Leopard 2A8 NOR.

Ebenfalls für die mechanisierten Bataillone ist die Beschaffung weiterer CV90 Schützenpanzer geplant. Die norwegischen Streitkräfte verfügen bereits über 164 modernisierte CV90 in verschiedenen Varianten. Doch der Bedarf der Streitkräfte ist scheinbar höher. So sind 170 bis 300 Millionen Euro für die Beschaffung weiterer CV90 eingeplant. Diese sollen im Zeitraum 2026 bis 2029 zulaufen. Angesichts dessen, dass bisher noch keine Bestellung erfolgt ist, ein sportlicher Zeitplan.

Als Ersatz für die veralteten M109 Panzerhaubitzen erhält das Heer 28 K9 Vidar aus Südkorea. 2017 bestellte Norwegen zunächst nur 24 K9 Panzerhaubitzen und sechs Munitionsversorgungsfahrzeuge des Typs K10 für 180 Millionen US-Dollar. 2022 wurde jedoch die bereits im Vertrag verankerte Option auf vier weitere K9 und acht K10 gezogen. Somit wird das Heer zukünftig über insgesamt 28 K9 Vidar und 14 K10 verfügen.

Darüber hinaus ist die Beschaffung eines Raketenartilleriesystems geplant. Der Zulauf soll im Zeitraum von 2026 bis 2029 erfolgen. Und es stehen ungefähr 130 bis 215 Millionen Euro für das Vorhaben zur Verfügung. Um welches System es sich handeln wird, ist bisher allerdings noch nicht bekannt.

Um die Fähigkeiten im Bereich des Counter-battery Fires zu verbessern, hat Norwegen acht Artillerieortungsradars des Typs Ground Master 200 Multi Mission bestellt. Diese kosten 192,9 Millionen Euro und sollen bis 2025 ausgeliefert werden.

Auch die Pionierfähigkeiten des Heeres sollen ausgebaut werden. Dafür wurden unter anderem 11 WiSENT 2 bei der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft bestellt. Drei in der Variante Bergepanzer und acht in der Variante Pionierpanzer. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 120 Millionen Euro und die Auslieferung soll im Zeitraum von 2026 bis 2027 erfolgen.

Darüber hinaus wurden auch acht Brückenlegepanzer des Typs Leguan bei KNDS Deutschland bestellt. Fünf Stück wurden bereits ausgeliefert, die restlichen drei sollen, bis 2027 folgen. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 88,9 Millionen Euro.

Mein Videobeitrag zur Thematik:

Royal Norwegian Air Force

F-35A Lightning II / Foto: KONGSBERG

Die norwegische Luftwaffe ist vor allem für die Prioritäten eins und drei, also der Verbesserung der situational awareness und der Stärkung der Luftverteidigungsfähigkeiten zuständig. Das Situational Awareness soll insbesondere im hohen Norden verbessert werden. Dazu sollen Aufklärungs- und Kommunikationssatelliten sowie Long-Range Surveillance Drones beschafft werden. Um die Effektivität der P-8A Poseidons zu verbessern, soll ein Simulator für die Ausbildung des Personals angeschafft werden. Auch die Fähigkeiten im Bereich der Luftverteidigung sollen ausgebaut werden, um kritische Infrastruktur vor Angriffen mit Marschflugkörpern, taktischen ballistischen Raketen und Drohnen schützen zu können. Dazu sollen vier weitere NASAMS-Systeme und ein Flugabwehrsystem großer Reichweite beschafft werden. Schauen wir uns die Rüstungsprojekte der norwegischen Luftwaffe im Detail an:

Das aktuell wohl größte Vorhaben ist die laufende Beschaffung von 52 F-35A Lightning II Mehrzweckkampfflugzeugen der fünften Generation. Diese sollen die veralteten F-16 Fighting Falcons ersetzen. 40 Stück wurden bereits ausgeliefert, die restlichen 12 sollen bis 2025 folgen. Die Kosten werden auf ca. 10 Milliarden Euro geschätzt.

Die Flotte der Transportflugzeuge soll um eine weitere C-130J Super Hercules ergänzt werden. Damit wird die Luftwaffe zukünftig über fünf dieser Maschinen verfügen.

Kommen wir zu den Beschaffungsprojekten im Bereich der Drehflügler. Hier läuft bereits seit 2017 der Zulauf der AW101 SAR-Hubschrauber. Insgesamt wurden 16 Stück für rund 2,5 Milliarden Euro bestellt. 15 wurden bereits ausgeliefert.

Ebenfalls für den SAR-Dienst, aber vor allem zur Verbesserung der U-Jagd-Fähigkeiten wurden sechs MH-60R Seahawks bei Lockheed Martin bestellt. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 335 Millionen Euro und die Auslieferung soll im Zeitraum von 2025 bis 2027 erfolgen.

Womit wir zu den Flugabwehrsystemen kommen. Aktuell verfügen die norwegischen Streitkräfte über vier Flugabwehrsysteme mittlerer Reichweite des Typs NASAMS. Vier weitere sind bestellt und sollen im Zeitraum von 2026 bis 2027 ausgeliefert werden.

Darüber hinaus plant die norwegische Regierung die Beschaffung eines Flugabwehrsystems großer Reichweite, um ein Gebiet vor taktischen ballistischen Raketen schützen zu können. Die Kosten werden auf 1,6 bis 2 Milliarden Euro geschätzt. Da Norwegen Mitglied der European Sky Shield Initiative ist, liegt eine Beschaffung des Patriot-Systems nahe. Entschieden ist das allerdings bisher nicht.

Royal Norwegian Navy

Fregatte der Fridtjof Nansen-Klasse / Foto: KONGSBERG

Kommen wir zur norwegischen Marine. Deren Flotte soll quasi einmal komplett modernisiert werden. Als Ersatz für die vier U-Jagd-Fregatten der Fridtjof Nansen-Klasse sollen mindestens fünf neue Mehrzweckfregatten beschafft werden. Der Bedarf der Marine liegt allerdings bei sechs Fregatten. Diese sollen ebenfalls auf die U-Jagd spezialisiert sein und zusammen mit einem engen Verbündeten beschafft werden. Die wahrscheinlichsten Kandidaten für dieses Vorhaben sind die britische Type 26, die niederländische ASWF, die deutsche F126, die französische FDI, die amerikanische Constellation-Klasse und die spanische F-110. Wobei letzten auch Berichte auftauchten das Deutschland und Norwegen womöglich bei der F127 kooperieren könnten. Was angesichts dessen, dass die F127 auf die Luftverteidigung spezialisiert sein soll, meiner Meinung nach allerdings wenig Sinn ergeben würde. Da der Fokus neuen norwegischen Fregatten ja auf der U-Boot-Jagd und nicht auf der Luftverteidigung liegen soll. Der Zulauf der ersten Einheit soll bereits 2029 erfolgen. Und die Kosten werden auf 3 bis 4,3 Milliarden Euro geschätzt.

Als Ersatz für die aktuell in Nutzung befindlichen Patrouillenboote, Korvetten, Minenjagdboote und Versorgungsschiffe sollen sogenannte Standardschiffe beschafft werden. Bei diesen Standardschiffen handelt es sich um Mehrzweckschiffe, die in zwei verschiedenen Größen beschafft werden sollen. Insgesamt ist die Beschaffung von 18 mittleren und 10 großen Standardschiffen geplant. Die Kosten für dieses Vorhaben sollen sich auf 430 bis 600 Millionen Euro belaufen. Sie sollen sowohl der Marine als auch der Küstenwache dienen und mit verschiedenen Waffensystemen und Sensoren ausgerüstet werden können.

Als Ersatz für die sechs aktuell in Nutzung befindlichen U-Boote der Ula-Klasse sollen mindestens fünf neue U-Boote der Klasse 212 Common Design beschafft werden. Bisher wurden bereits vier U212CD bei thyssenkrupp Marine Systems für 5,5 Milliarden Euro bestellt. Die Auslieferung der ersten vier Boote soll im Zeitraum 2029 bis 2035 erfolgen. Wann die Bestellung der fünften Einheit erfolgt, ist nicht bekannt. Die Marine würde darüber hinaus allerdings gerne noch eine weitere Einheit haben, also insgesamt sechs U212CD. Die Beschaffung erfolgt im Übrigen in Kooperation mit Deutschland. Für die Deutsche Marine wurden bisher allerdings lediglich zwei dieser U-Boote bestellt.

Abgesehen von den genannten großen Vorhaben will man vor allem die Vorräte an Munition, Ersatzteilen, Treibstoff und Ausrüstung für die gesamten Streitkräfte schnell ausbauen und die eigene IT-Infrastruktur modernisieren.

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