Als Emmanuel Macron und Angela Merkel 2017 das Future Combat Air System (FCAS) ankündigten, stand die Vision eines europäischen Leuchtturmprojekts im Raum: ein gemeinsames Luftkampfsystem der sechsten Generation, getragen von Deutschland, Frankreich und später auch Spanien. FCAS sollte dabei nicht nur technologische Maßstäbe setzen, sondern auch Europas Handlungsfähigkeit in Fragen der Verteidigungspolitik unterstreichen. Acht Jahre später zeigt sich jedoch, dass alte Konfliktlinien, nationale Wertschöpfung, Streitigkeiten um Führungsrollen und Fragen des Technologietransfers das Projekt zunehmend belasten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Quo vadis, FCAS?
1. Projektaufbau
Das FCAS nahm nach der Ankündigung im Jahr 2017 mit ersten Definitionsarbeiten durch das Bundesministerium der Verteidigung und das französische Verteidigungsministerium konkrete Formen an. Als europäisches Großprojekt über einen Zeitraum von rund zwanzig Jahren wird es von Deutschland, Frankreich und Spanien geführt. Ziel ist ein Gesamtsystem aus Next Generation Fighter (NGF), unbemannten Begleitkomponenten (Remote Carrier, RC) und einer vernetzten Combat Cloud, das bis 2029 in Form von flugfähigen Demonstratoren erprobt werden soll.
Das Programm ist organisatorisch in sieben sogenannte Pillar gegliedert. Zusätzlich übernimmt das sogenannte Item 0 die Harmonisierung zwischen den einzelnen Bereichen sowie die Koordination der gemeinsamen Arbeitsweise. Für jede Partnernation gibt es hierfür einen nationalen Industriekoordinator: Airbus Defence & Space für Deutschland, Dassault Aviation für Frankreich und Indra Sistemas für Spanien.
Die sieben Pillar verteilen sich wie folgt:
- Pillar 1 Kampfflugzeug (NGF): Prime Dassault Aviation, Main Partner Airbus Deutschland
- Pillar 2 Triebwerk: Joint Venture EUMET, getragen von Safran (Frankreich) und MTU (Deutschland), mit Beteiligung von ITP Aero (Spanien)
- Pillar 3 Remote Carrier: Prime Airbus Deutschland, Main Partner MBDA (Deutschland, Frankreich, Spanien) sowie SATNUS (spanisches Konsortium)
- Pillar 4 Air Combat Cloud: Prime Airbus Deutschland, Main Partner Thales (Frankreich) und Indra (Spanien)
- Pillar 5 Simulationsumgebung: gemeinsame Leitung (Co-Contracting) durch Airbus, Dassault und Indra
- Pillar 6 Sensoren: Prime Indra (Spanien), Main Partner FCMS-Konsortium (Hensoldt, Diehl, Rohde & Schwarz – Deutschland) sowie Thales (Frankreich)
- Pillar 7 Tarnfähigkeit: Prime Airbus Spanien, Main Partner Dassault Aviation und Airbus Deutschland

Mit Phase 1A begann in 2019 die Konzeptstudie, in der die Grundarchitektur und Kooperationsstrukturen definiert wurden. Ab 2021 folgte Phase 1B, die den Einstieg in die konkrete Technologieentwicklung markierte. Dabei entstanden bereits Technologiedemonstratoren in mehreren Bereichen, wobei erste flugfähige Demonstratoren noch ausstehen. Wichtige Meilensteine wurden dennoch erreicht: eine Down-Selection der NGWS-Architektur, ein Kompromiss zum maximalen Startgewicht des NGF, die Gründung eines Triebwerks-Joint-Ventures mit klar verhandelter Workshare-Struktur sowie erfolgreiche Demonstratoren im Bereich der Remote Carrier, der Sensorik und der Combat Cloud. Besonders im Bereich der Sensorik wird die Zusammenarbeit bislang als konstruktiv bewertet.
Nun steht der Übergang in Phase 2, die eigentliche Entwicklungs- und Demonstrationphase, bevor. Dabei sollen ab 2028/29 erste flugfähige NGF-Demonstratoren in die Luft gebracht werden. Allerdings ist der bisherige Zeitplan aufgrund von Streitigkeiten über Führungsansprüche und Arbeitsanteile in erheblichen Verzug geraten. Im Oktober sollte ursprünglich eine Lösung für die offenen Streitpunkte gefunden werden, insbesondere im Hinblick auf die industrielle Führungsrolle Dassaults. Aufgrund der erneuten Auflösung des französischen Kabinetts und der damit verbundenen Neuaufstellung der französischen Regierung wurden die Verhandlungen allerdings vertagt. Sollte bis Ende des Jahres keine Einigung erzielt werden, gilt es als wahrscheinlich, dass Präsident Macron und Bundeskanzler Merz das Projekt beidseitig einvernehmlich einstellen werden.
2. Status Quo
2.1 Problemstellung
Seit Sommer 2025 kommt es erneut zu Verzögerungen im Projektverlauf, die den Beginn der Phase 2 um bereits mehrere Monate verschoben haben. So tritt der französische Flugzeugbauer Dassault seit einiger Zeit mit der Forderung nach einer Neuaufteilung der FCAS-Arbeitsanteile auf, die augenscheinlich von der französischen Regierung unterstützt wird. Beispielsweise fordert die französische Industrie:
- mindestens zwei Drittel der Arbeitsanteile bei Entwicklung und Produktion des NGF (Next Generation Fighter)
- Ablehnung eines Joint Design Office und alleinige Entscheidungshoheit bei der Ausgestaltung des NGF inklusive Auswahlentscheidungen bei Subsystemen
- kein Know-how Transfer bei der Entwicklung des Demonstrators inklusive Blackboxen für die deutschen und spanischen Partner
- die Umsetzung durch ein in Frankreich ansässiges Joint Venture mit durchgängiger Besetzung des CEO-Postens durch Dassault
- eine Reduktion der spanischen Arbeitsanteile am Triebwerk des NGF
Ferner führen die Limitierungen des NGF in Bezug auf seine Ausrichtung als Trägerflugzeug und den Einsatz nuklear bewaffneter ALCM (air-launched cruise missile) wie der ASMP-A oder der ASN4G zu einem Fähigkeitsprofil, das den Vorstellungen der deutschen Luftwaffe nicht in Gänze entspricht. Auch führen die Entwicklung des französischen UCAV (unmanned combat aerial vehicle) im Rahmen des Rafale F5 Standards und die Auslegung des PANG, des Flugzeugträgers der nächsten Generation, auf einen Betrieb des NGF ohne Large Remote Carrier (LRC) dazu, dass eine gewisse Unklarheit, ob der Exportaussichten deutscher LRC nach Frankreich, besteht.

2.2 Warum kommt das für Deutschland nicht in Frage?
Falls sich die deutsche Bundesregierung auf die Forderungen Dassaults einlassen und das FCAS-Programm folglich fortgeführt werden würde, müsste Deutschland trotz signifikanter finanzieller Beiträge in Höhe von über 10 Milliarden Euro und fester Abnahmegarantien akzeptieren, weder Kontrolle über den Projektverlauf noch über das finale Endprodukt zu haben. So wäre Deutschland wie auch bei der F-35 mit Blackboxen des Herstellers konfrontiert. Des Weiteren würde die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie im Bereich des Kampfflugzeugbaus an Wissen verlieren, anstatt hinzuzugewinnen. Nicht zuletzt würde Deutschland potentiell zu einem Zulieferer degradiert und würde trotz eines signifikanten Bestellvolumens keinen eigenen NGF-Demonstrator auf Basis des Eurofighters erhalten. Daher darf den Forderungen aus industriepolitischer Perspektive nicht nachgegeben werden.
Falls der deutsche Workshare im Bereich des NGF auf die Rolle eines Lieferanten zurückgestuft werden sollte, stellt sich außerdem die Frage, welchen Vorteil der NGF für Deutschland hat. So könnte bei einem Einstieg in das GCAP (Global Combat Air Program) oder F-47 Programm in Verbindung mit einer lokalen Produktionslinie und potentiellen Modifikation durch die Integration deutscher Systeme möglicherweise ein vergleichbarer Arbeitsanteil erzielt werden. Daher stellt sich die berechtigte Frage, warum Deutschland an FCAS festhalten und entsprechende Finanzmittel für die Entwicklung eines Flugzeugs bereitstellen sollte, das den Vorstellungen der Luftwaffe womöglich nicht am besten entspricht.
Nachdem Frankreich auch an der Entwicklung und Beschaffung eines eigenen Loyal Wingman arbeitet, erscheint es zunehmend wahrscheinlicher, dass eine französische Beschaffung von Systemen, die unter deutscher oder spanischer Führung entwickelt werden, nahezu ausbleiben würde. In diesem Fall würde FCAS vor allem eine signifikante Verschiebung finanzieller Volumen von Deutschland nach Frankreich darstellen, für die es keinen angemessenen Ausgleich gibt.
Nicht zuletzt beweist der aktuelle Streit zwischen den Projektparteien, dass sich Dassault und damit eventuell auch die französische Regierung nicht an die ursprünglich getroffenen und vertraglich vereinbarten Absprachen halten will, obwohl diese bereits ein großes Zugeständnis an die französische Luft- und Raumfahrtindustrie darstellen. Falls Deutschland hier nachgeben würde, müsste in Zukunft mit weiteren einseitigen Vertragsaufkündigungen gerechnet werden, die den deutschen Standpunkt weiter untergraben würden. Daher sollte hier kein Präzedenzfall geschaffen werden, der internationale Kooperationen zukünftig zusätzlich verkomplizieren würde.
3. Mögliche Lösungsansätze
Grundsätzlich bieten sich der Bundesregierung jetzt drei Möglichkeiten, fortzufahren:
- Das Fortführen von FCAS in verschiedenen Konstellationen
- Der Einstieg bei einem anderen Programm in verschiedenen Konstellationen
- Ein eigenes Programm in verschiedenen Konstellationen
3.1 Fortführung von FCAS
Falls die Bundesregierung an FCAS festhalten will, kann dies auf drei Wegen geschehen. Zum einen könnte der NGF aus FCAS ausgegliedert werden und nur noch ein gemeinsamer Large Remote Carrier und eine gemeinsame Combat Cloud verfolgt werden. Da Dassault allerdings schon an einem UCAV arbeitet und ein rein französischer NGF bereits eine extreme Belastung für den französischen Staatshaushalt darstellen dürfte, bleibt ein gemeinsamer Wingman unwahrscheinlich. Während eine Kooperation im Rahmen der Combat Cloud grundsätzlich möglich und begrüßenswert wäre, sollte dieser Bestandteil des FCAS nicht zwingend auf das FCAS begrenzt werden. So bedarf es einer gesamteuropäischen Lösung, um entsprechende Daten zusammenzuführen und Interoperabilität sicherstellen zu können. Daher steht diese Säule nur indirekt im Zusammenhang mit der gemeinsamen Entwicklung von Luftfahrzeugen.

Des Weiteren könnte Frankreich einen größeren Anteil an FCAS übernehmen und entsprechend auch den größten Teil des benötigten Budgets bereitstellen. Angesichts der französischen Finanzen und den deutschen industriepolitischen Interessen ist es aber unwahrscheinlich, dass gemäß den Vorstellungen Dassaults fortgefahren wird.
Nicht zuletzt könnte an den ursprünglichen Abmachungen festgehalten werden und dementsprechend die Phase 2 des Programms eingeleitet werden. Es ist allerdings als höchst unwahrscheinlich zu betrachten, dass Dassault seine Forderungen gänzlich zurückzieht beziehungsweise dass die französische Regierung Dassault in die Schranken weist. Abgesehen davon bleibt es fraglich, ob FCAS angesichts der klar vorbelasteten Partnerschaft zwischen Airbus und Dassault noch zum Erfolg geführt werden kann.
3.2 Einstieg bei einem anderen Programm
Neben dem FCAS werden mit dem GCAP und F-47 zwei weitere Kampfflugzeuge der sechsten Generation entwickelt, deren Beschaffung durch Deutschland grundsätzlich naheliegend wäre. Hier könnte die Bundesregierung noch einen verspäteten Einstieg prüfen und verhandeln, welche Arbeitsanteile noch von der deutschen Industrie übernommen werden könnten. Da bei GCAP allerdings die Arbeitsanteile verteilt wurden und F-47 als US-amerikanisches Programm höchstens für Juniorpartner geöffnet ist, wäre Deutschland auch hier nicht als gleichberechtigter Partner beteiligt. Daher sollte geprüft werden, ob Deutschland signifikante Vorteile erlangen könnte, wenn man sich frühzeitig für ein Programm entscheiden sollte.
Andernfalls könnte Deutschland in den 30er-Jahren die Nachfolge des Eurofighters ausschreiben und ergebnisoffen nach möglichen Anbietern suchen. Nachdem Deutschland in dieser Konstellation das voraussichtlich zahlungskräftigste Land des Planeten ohne eigenes Entwicklungsprogramm wäre, liegt es auf der Hand, dass Deutschland ein höchst attraktiver Kunde für alle potentiellen Hersteller ist. Demnach könnte die Bundesregierung womöglich auch im Rahmen einer Ausschreibung eine entsprechende Lokalisierung verhandeln und dabei gleichzeitig ermitteln, welches Programm dem deutschen Bedarf am ehesten entspricht.

3.3 Eigenes Programm
Nachdem die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen wurden und sich die Bundesregierung dem 5%-Ziel der NATO verpflichtet hat, stünden die Finanzmittel bereit, um ein eigenes deutsches Programm umsetzen zu können.
Dabei würde Deutschland allerdings vor große Herausforderungen gestellt werden. Deutschland verfügt derzeit nicht über das vollständige Know-how, um ein Triebwerk der nächsten Generation eigenständig zu entwickeln. Zwar besitzen die beiden großen deutschen Triebwerkshersteller MTU Aero Engines und Rolls-Royce Deutschland umfangreiche Erfahrung im zivilen wie militärischen Bereich, doch fehlt eine konsolidierte nationale Struktur. MTU verfügt über starke Kompetenzen in Bereichen wie Niederdruck- und Hochdruckverdichter, Triebwerkssteuerung, Blisk-Produktion, variable Kreisprozesse und Schubvektorsteuerung. Dennoch wurde seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland kein Kampfflugzeugtriebwerk vollständig integriert entwickelt, weshalb Defizite bei der Systemintegration bestehen. Um diese Lücken zu schließen, wären erhebliche finanzielle und technologische Investitionen in MTU erforderlich. Ergänzend könnten von der Bundesregierung forcierte Kooperationsvereinbarungen zwischen MTU und Rolls-Royce Deutschland zusätzliche Entwicklungskapazitäten schaffen.
Ähnliche Einschränkungen gelten auch für die Systemintegration eines kompletten Kampfflugzeugs. Zwar hat Airbus in internationalen Projekten wie dem Tornado und dem Eurofighter zentrale Beiträge geleistet, doch wurden Verantwortung und Arbeitsanteile stets auf mehrere Partner verteilt. Dennoch verfügen deutsche Unternehmen wie Airbus, Diehl und Hensoldt über ein breites Portfolio marktreifer Systeme, die sich mit einem iterativen Ansatz in ein neues Luftkampfsystem integrieren ließen. Mit dem Nationalen Test- und Entwicklungszentrum der Luftwaffe, neuer Infrastruktur und Plattformen wie dem Eurofighter STAR oder dem A320 ATRA wird Deutschland künftig über die nötigen Mittel zur Erprobung und Reifung neuer Technologien verfügen. Besonders im Bereich Avionik, Radarentwicklung und Crewed Uncrewed Teaming (CUC-T) ist Deutschland gut aufgestellt, was eine Schlüsseltechnologie für die schnelle Einführung von unbemannten Begleitflugzeugen (UCAV) in Verbindung mit bemannten Jets darstellt.
Trotz dieser Stärken wäre ein rein nationales Programm langfristig kaum tragfähig. Der Bedarf der Luftwaffe allein reicht nicht aus, um die notwendige Produktionsmenge und damit die wirtschaftliche Nachhaltigkeit sicherzustellen. Zudem müsste Deutschland seine bisher restriktive Haltung zu Rüstungsexporten grundlegend überdenken, um eine wettbewerbsfähige industrielle Basis zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund erscheint ein multinationales Programm als strategisch sinnvollere Option. Besonders Schweden mit seinem Rüstungskonzern Saab und Spanien gelten als potenzielle Partner. Saab verfügt über ausgeprägte Kompetenzen in der elektronischen Kampfführung und der Systemintegration, wodurch sich eine natürliche Ergänzung deutscher Fähigkeiten ergäbe. Zudem existieren zwischen Saab und deutschen Firmen wie Airbus oder Helsing bereits langjährig bestehende Kooperationsstrukturen. Im Falle Spaniens entwickeln Indra und ihr deutscher Industriepartner Hensoldt bereits gemeinsam ein fast vollständig neues Radarsystem für den Eurofighter. Darüber hinaus arbeitet Rolls-Royce Deutschland bereits mit dem spanischen Hersteller ITP an der Entwicklung eines Triebwerks für UCAV. Diese bestehende Kooperation bietet eine technologische Grundlage für ein gemeinsames europäisches Triebwerksprogramm und zeigt den Nutzen, Rolls-Royce Deutschland auch in ein größeres multinationales Projekt einzubinden. Ein gemeinsames Projekt zwischen Deutschland, Schweden und Spanien könnte so die finanziellen, technologischen und industriellen Grundlagen bündeln, um gemeinsam ein Luftkampfsystem der sechsten Generation zu entwickeln.

Zwar bliebe die Entwicklung eines neuen Triebwerks auch in dieser Konstellation eine technische Herausforderung, doch würde die gemeinsame Bündelung von Ressourcen und Know-how die Erfolgsaussichten erheblich steigern. Die gegebenen Besitzstrukturen und guten Industriekooperationen zwischen MTU, ITP und Rolls Royce würden zudem einen möglicherweise sinnvollen Technologietransfer im Bereich der Triebwerke ermöglichen. Zudem könnte zunächst für einen Demonstrator auf das EJ200 Triebwerk des Eurofighters zurückgegriffen werden, bei dem auch einige Modifikationen möglich sind.
4. Fazit
Das FCAS kann für Deutschland und Europa weiterhin ein strategisch sinnvolles Projekt bleiben, falls sich die Partner an die bestehenden vertraglichen Abmachungen und die vereinbarte Workshare-Struktur halten sollten. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Beteiligten in gleichem Maße militärisch, technologisch und industriell von FCAS profitieren. Sollte Frankreich jedoch auf eine deutlich größere Führungsrolle und einen überproportionalen Arbeitsanteil bestehen, muss dies zwingend mit einem höheren finanziellen Beitrag verbunden sein. Ein Ungleichgewicht zwischen Verantwortung, technologischem Zugang und Kostenanteil wäre politisch wie wirtschaftlich nicht vertretbar.
Falls sich außerdem die militärischen Anforderungen der französischen Streitkräfte, insbesondere mit Blick auf die Trägertauglichkeit, nicht mit den operativen Anforderungen der deutschen Luftwaffe vereinbaren lassen, wäre ein alternatives Programm zwischen Deutschland, Schweden und Spanien womöglich die bessere Option. So dürften die Forderungsprofile dieser drei Nationen besser miteinander vereinbar sein, was neben der bisherigen technisch und wirtschaftlich erfolgreichen Kooperation der jeweiligen Industrieunternehmen einen zentralen Faktor darstellt. Diese Konstellation ermöglicht eine ausgewogene Arbeitsverteilung und erhöht die Chance, ein wirtschaftlich tragfähiges Programm mit einer klaren industriellen und politischen Perspektive aufzusetzen.
Sollte Frankreich einen eigenen Weg gehen, wäre ein kleineres, national gesteuertes Programm mit deutlich reduzierten finanziellen Mitteln und dem teilweisen Verzicht auf bestimmte Technologiepotenziale für die Armée de l’Air denkbar. Ein solches Vorgehen könnte dem Exportmodell der Mirage und der Rafale folgen, würde aber gleichzeitig die Möglichkeiten einer europäischen Kooperation begrenzen.
Falls die Projektpartner FCAS erfolgreich fortführen wollen, kann dies nur durch einen Umgang auf Augenhöhe umgesetzt werden. Wenn Frankreich dazu nicht bereit sein oder die Zielvorstellungen zu weit auseinander liegen sollten, muss Deutschland den Mut finden, entschlossen nach einer Alternative zu suchen, die den operativen Anforderungen der Luftwaffe und den deutschen industriepolitischen Zielen besser gerecht wird. Unabhängig von der absehbaren Richtungsentscheidung bei FCAS ist es elementar, dass die Weiterentwicklung des Eurofighters und der Ausbau deutscher Schlüsseltechnologie im Bereich der militärischen Luft- und Raumfahrt aktiv durch Bundesregierung und Bundeswehr verfolgt wird.
Die aktuellen Streitigkeiten und die daraus resultierende Unsicherheit unterstreicht hierbei erneut die Notwendigkeit einer möglichst souveränen industriellen Basis zur Wahrung der Sicherheit und Bündnisfähigkeit Deutschlands. Angesichts verschiedener Negativbeispiele im Bereich von internationalen Rüstungsprojekten und – beschaffungen gilt es, zukünftig militärischen und industriellen Fähigkeiten einen höheren Stellenwert zuzuschreiben als einer europäischen Kooperation.
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit PtkMoritz entstanden. Eine englische Version wird auf Defense Archives zur Verfügung gestellt.