Project 2025 – wie sicher ist Europa, wenn Trump wiedergewählt wird?

Project 2025
Foto: Gage Skidmore

Die Chancen Donald Trumps, erneut Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, stehen laut den jüngsten Umfrageergebnissen ganz gut. Gleichzeitig sorgt Trump mit seiner Aussage, er würde NATO-Verbündete, die das Zwei-Prozent-Ziel nicht erfüllen, nicht verteidigen, für Unruhe. Diese Töne sind nicht neu. Schon während seiner ersten Amtszeit dachte er öffentlich über einen Austritt aus der NATO nach. Der Unterschied zu früher liegt allerdings darin, dass Donald Trump mittlerweile ein fähiges und motiviertes Team um sich herum versammelt hat, welches selbst seine radikalsten Ideen umsetzen könnte. Und mithilfe dieses Teams wurde ein Programm für seine zweite Amtszeit erarbeitet. Dieses Programm trägt den Titel Project 2025 und ist insgesamt 920 Seiten lang. Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Teil „Department of Defense“.

Die Prioritäten

Der Fokus der Außen- und Verteidigungspolitik der USA würde unter Trump ganz klar wieder auf Asien liegen. China wird als die mit Abstand größte Bedrohung für die Interessen der USA identifiziert. Laut dem Programm will China zunächst Asien und dann die Welt dominieren. Um dies zu verhindern, will man eine Politik des maximalen Drucks verfolgen. Die dazugehörige neue Verteidigungsstrategie wird als „Denial Defense“ bezeichnet. Man will es China damit erschweren, Taiwan und andere Verbündete der USA innerhalb der First Island Chain anzugreifen, und das zu Kosten, die die USA bereit sind zu tragen.

Als weitere sicherheitspolitische Bedrohungen werden Russland, Iran, Nordkorea und der internationale Terrorismus genannt, und zwar in der Rheinfolge, ohne diese genauer zu erläutern.

Mein Videobeitrag zu der Thematik:

Was wird sich ändern?

Um mit diesen sicherheitspolitischen Bedrohungen zurechtzukommen, sollen folgende Reformen umgesetzt werden. Zum einen soll die bereits angesprochene „Denial Defense“ priorisiert werden. Das bedeute, dass sich die Streitkräfteplanung der USA auf China und insbesondere auf die Verteidigung Taiwans fokussieren soll.

Zweitens sollen die Verbündeten der USA wesentlich mehr für die konventionelle Verteidigung ausgeben. So sollen die Europäer beispielsweise die konventionelle Abschreckung und Verteidigung gegenüber Russland größtenteils selbst übernehmen. Die USA wären hauptsächlich nur noch für die nukleare Abschreckung und weitere ausgewählte Fähigkeiten zuständig. Was genau damit gemeint ist, wird nicht erläutert. Allerdings dürften damit vor allem Fähigkeiten der Luft- und Seestreitkräfte gemeint sein. Da diese vergleichsweise schnell verlegt werden können und ihr Einsatz auch weniger verlustreich für die eigenen Streitkräfte ist. Abgesehen davon, dass die USA halt über die mit Abstand stärkste Luftwaffe und Marine der Welt verfügen. Darüber hinaus sollen auch die in Europa stationierten US-Truppen reduziert werden. Und um die eingangs aufgeworfene Frage zu beantworten: Laut einem Trump-Vertrauten ist es in der Tat geplant, nur noch Verbündete zu verteidigen, die das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erfüllen. Das wird auch als Zwei-Klassen-NATO bezeichnet, in der die Beistandsklausel aus Artikel 5 des Nordatlantikvertrages nur noch für die Staaten gilt, die das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen. Alle Staaten, die dieses Ziel nicht erfüllen, könnten sich demnach nicht mehr auf Artikel 5 berufen. Na hoffentlich fallen den USA unsere Tricksereien zur Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels nicht auf.

Drittens, und das geht mit dem zweiten Punkt einher, soll das Nuklearwaffenarsenal der USA modernisiert und ausgebaut werden. Um es in die Lage zu versetzen, China und Russland gleichzeitig nuklear abzuschrecken.

Viertens sollen die Verbündeten der USA nicht nur mehr zur konventionellen Abschreckung und Verteidigung beitragen, sondern auch zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Dazu will man die Fähigkeiten der Verbündeten verbessern, damit diese die Führung in ihren Regionen übernehmen können. Das ist jetzt etwas vage gehalten, aber das könnte sehr wohl bedeuten, dass sich die Europäer um den internationalen Terrorismus in Nordafrika und im Nahen und Mittleren Osten selber kümmern sollen oder eher gesagt müssen.

Modernisierung der US-Streitkräfte

Aber nicht nur die Verbündeten sollen mehr in die Verteidigung investieren, sondern auch die USA selbst. Das Verteidigungsbudget, welches bereits 850 Mrd. US-Dollar beträgt und damit 50 % der Staatsausgaben ausmacht, soll unter Trump noch weiter anwachsen. Damit will man die eigenen Streitkräfte modernisieren und ausbauen.

Die U.S. Army soll um 50 000 Soldaten vergrößert und die sechs wichtigsten Rüstungsvorhaben beschleunigt werden. Dabei handelt es sich um folgende Vorhaben: Long Range Precision Fires, Next-Generation Combat Vehicles, Future Vertical Lift, Army network, air and missile defense und soldier lethality. Wenn euch eines der Vorhaben im Detail interessiert, schreibt es gerne mal in die Kommentare, dann mache ich dazu in Zukunft mal ein Video. Ziel ist es, dass die U. S. Army die stärkste Landstreitkraft bleibt.

Die U.S. Navy soll aus mindestens 355 bemannten Kriegsschiffen bestehen, die durch unbemannte Systeme ergänzt werden sollen. Das Budget der U.S. Air Force soll jährlich um 5 % erhöht werden. Auch die Produktion der F-35A soll auf 60 bis 80 Stück pro Jahr gesteigert werden und von dem neuen strategischen Langstreckenbomber der USA sollen pro Jahr 15 bis 18 Stück produziert werden. Darüber hinaus sollen die Lufttransport- und Betankungsfähigkeiten ausgebaut, die neuen Interkontinentalraketen des Typs Sentinel schneller entwickelt und beschafft und die Stückzahl an EC-37B von 10 auf 20 erhöht werden. Das U.S. Marine Corps soll das vorgeschlagene Modernisierungsprogramm „Force Design 2030“ wie geplant umsetzen. Dazu habe ich bereits ein Video gemacht. Ich verlinke euch das auf dem I und in der Videobeschreibung. Und die U.S. Space Force soll neben den bereits vorhandenen defensiven Fähigkeiten auch offensive erhalten.

Ein besonderer Fokus bei der Modernisierung der Streitkräfte liegt dabei, wie bereits angerissen, auf dem Nuklearwaffenarsenal. Da die nukleare Triade der USA größtenteils veraltet ist, soll diese schnellstmöglich modernisiert werden. Die wichtigsten Rüstungsprojekte in diesem Bereich sind die Sentinel, die Long Range Standoff Weapon, die Atom-U-Boote der Columbia-Klasse, die B-21 Bomber und die F-35. Eine Erhöhung der nuklearen Sprengköpfe wird hingegen nicht erwähnt.

Ein weiterer Fokus bei der Modernisierung der Streitkräfte liegt auf der Flug- und Raketenabwehr. Insbesondere die Abwehr ballistischer Raketen, die das Territorium der USA bedrohen, soll verbessert werden. Hierzu will man die bereits vorhandenen 44 Ground-Based-Interceptors durch mindestens 64 Next-Generation-Interceptors ergänzen. Darüber hinaus will man in Laserwaffen und weltraumgestützte Raketenabwehrsysteme investieren.

Fazit

Anhand der gerade vorgestellten geplanten Modernisierung der Streitkräfte wird deutlich, dass es nicht der Plan von Trump und seinem Team ist, sich komplett von der internationalen Bühne zurückzuziehen und wieder auf den Zustand vor dem Zweiten Weltkrieg zurückzufallen. Vielmehr werden wir eine klare Aufgabenpriorisierung erleben. Und diese Priorität heißt zum Leidwesen für uns Europäer nun mal leider China und nicht Russland. Was bedeutet das für Deutschland und Europa? Zum einen müssen wir ab sofort mindestens 2 % vom BIP für Verteidigung ausgeben, wenn wir nicht riskieren wollen, dass die USA uns im Falle eines Angriffes nicht mehr verteidigen. Mit diesem Geld müssen wir vor allem zwei Dinge tun: Zum einen die konventionelle Verteidigung gegen Russland sicherstellen. Heißt vor allem, starke und durchhaltefähige Landstreitkräfte aufzubauen. Jedoch sollten wir auch die Luftstreitkräfte nicht vernachlässigen, da ich davon ausgehe, dass sich die Luftunterstützung der USA vor allem auf Enabler beschränken dürfte. Heißt: Aufklärung, Lufttransport und Betankung. Die Kampfeinsätze werden hauptsächlich die europäischen Luftstreitkräfte durchführen müssen. Im Bereich der Seestreitkräfte wäre es wahrscheinlich vorteilhaft, wenn die Europäer in der Lage wären, die Ostsee, das Mittelmeer und das Schwarze Meer alleine zu beherrschen. Insbesondere deshalb, weil die U.S. Navy sowieso eine Blue-Water-Navy ist und nicht gerade auf die Randmeerkriegsführung spezialisiert ist. Im Nordatlantik wird wahrscheinlich nur ein angemessener Beitrag erwartet. Europäischer Nuklearwaffen bedarf es hingegen nicht, da die USA auch weiterhin für die nukleare Abschreckungen garantieren wollen. Und zum Anderen ist diese Idee sowieso kompletter Schwachsinn.

Das Zweite, was die Europäer mit ihren Verteidigungsausgaben zukünftig vermehrt alleine bewerkstelligen müssen, ist der Anti-Terror-Kampf in Nordafrika und im Nahen Osten. Zwei große und sehr unterschiedliche Aufgaben, die da auf uns zukommen. Wobei eigentlich ist das auch nichts Neues: Bisher waren die Amis nur so nett und haben es für uns übernommen. Damit ist jetzt zusehends Schluss. Die Europäer müssen ihren angemessenen Beitrag leisten. Eine Forderung seitens der USA, die spätestens seit Obama in unterschiedlicher Dringlichkeit kommuniziert wird. Der Unterschied ist lediglich, dass Trump, sollte er wieder gewählt werden, willens und fähig ist, seinen Drohungen Konsequenzen folgen zu lassen. Wollen wir Europäer die USA in der NATO halten, müssen wir mindestens 2 % vom BIP für Verteidigung ausgeben. Eigentlich ganz einfach und schon lange bekannt. Nur an der Umsetzung hapert es noch. Vielleicht schnallen wir es ja diesmal mit der Drohung, sonst nicht mehr von den USA verteidigt zu werden. Dabei drängt allerdings die Zeit. Denn die Unterstützung der Ukraine durch die USA dürfte, sollte Trump wiedergewählt werden, 2025 ebenfalls enden oder zumindest stark abnehmen. Dem Vernehmen nach will man die beiden Kriegsparteien wohl an den Verhandlungstisch bringen. Ab dann tickt für Europa die Uhr. Experten gehen davon aus, dass Russland fünf bis acht Jahre braucht, um seine Streitkräfte wieder aufzurüsten und in die Lage zu versetzen, europäische NATO-Staaten zu bedrohen.

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