Der Spähwagen leicht 4-Rad Fennek erreicht Ende 2028 sein Nutzungsdauerende und soll daher zumindest teilweise durch ein Nachfolgesystem abgelöst werden. Dieses Nachfolgesystem wird im Rahmen des Vorhabens „Spähfahrzeug Next Generation“ entwickelt und wird bei der Bundeswehr künftig wohl als Korsak bezeichnet werden. Der Name leitet sich vom Tiernamen des Steppenfuchses ab, dessen Verbreitungsgebiet von der unteren Wolga bis nach Mandschurien, Tibet und den Norden des Irans reicht.
Spähfahrzeug Next Generation (SpähFz NG)
Am 17. Oktober 2023 hat das BAAINBw ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb für die Entwicklung und Produktion eines „Spähfahrzeugs Next Generation“ veröffentlicht. Ziel ist der Abschluss eines Rahmenvertrags über bis zu 252 neue Spähfahrzeuge, von denen vorerst jedoch nur 92 fest beauftragt werden sollen. Die restlichen 160 Fahrzeuge können optional abgerufen werden. Neben den Spähfahrzeugen soll der Vertrag auch noch ein umfangreiches logistisches Paket beinhalten sowie die Garantie des Herstellers, die Versorgungs- und Instandsetzbarkeit für 20 Jahre nach Auslieferung des letzten Fahrzeugs sicherzustellen. Die ersten beiden Nachweismuster sollen, den Planungen der Bundeswehr zufolge, bereits 2026 zulaufen. Die 90 weiteren festbeauftrategen Fahrzeuge sollen dann 2027 und 2028 an die Truppe ausgeliefert werden. Aufgrund dieses knappen Zeitplans ist eine Realisierung über commercial-off-the-shelf/military-off-the-shelf-Produkte beabsichtigt.
Wie bereits erwähnt soll das neue Spähfahrzeug bei der Bundeswehr als Korsak bezeichnet werden und zukünftig als Hauptmobilitäts- und Funktionsträger der fahrzeuggebundenen Spähaufklärung dienen. Als radbasiertes, gepanzertes Spähfahrzeug soll der Korsak durch seine hohe taktische Mobilität einschließlich Schwimmfähigkeit, seine umfangreiche Ausstattung mit Kommunikations- und Informationssystemen sowie Navigationsmitteln und durchsetzungs- sowie durchhaltefähigen Mitteln die Überlebensfähigkeit der Heeresaufklärungstruppe in der Area of Intelligence Responsibility gewährleisten. Laut gut informierten Quellen flossen bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung für den Korsak sowohl die Erfahrungen mit dem Spähpanzer 2 Luchs als auch dem leichten Spähwagen Fennek ein. Die Anforderungen wurden so gestaltet, dass das zukünftige Spähfahrzeug sowohl für Einsätze im Rahmen des internationalen Krisenmanagements als auch für die Landes- und Bündnisverteidigung geeignet ist. Einem Insider zufolge wird der geforderte Aufklärungs-Rüstsatz „der modernste sein, den es gibt“. Dabei wurde alles, was der Markt derzeit bietet, zusammengefasst und vernetzt.
Da die Heeresaufklärungstruppe im Rahmen der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung wieder Raumverantwortung übernehmen soll, wird der Korsak im Vergleich zum Fennek wesentlich durchsetzungsfähiger sein. Deshalb ist die Bewaffnung mit einer 25-mm-Maschinenkanone geplant. Sowohl die Maschinenkanone als auch der dazugehörige Turm werden der Industrie wohl von der Bundeswehr vorgegeben. Diese Kombination, die als „querschnittliche Waffenanlage mittlere gepanzerte Plattformen“ bezeichnet wird, wird im Rahmen des Vorhabens „Luftbeweglicher Waffenträger“ entwickelt. Allerdings gibt es Berichten zufolge Probleme beim LuWa-Projekt, da die von der Industrie aufgerufenen Preise das zur Verfügung stehende Budget deutlich übersteigen. Um diese „Projektstörung“ zu lösen, stehen zwei Optionen zur Verfügung: Budgeterhöhung oder Reduzierung der Kosten, z. B. durch geringere Stückzahlen oder weniger Leistungsanforderungen. Trotz dieser Schwierigkeiten scheinen das Turmdesign und der Hersteller der 25 mm-Maschinenkanone bereits festzustehen. Rheinmetall soll als einziger Anbieter fristgerecht ein Angebot eingereicht haben. Dabei handelt es sich um eine 25 mm-Maschinenkanone vom Typ KBA. Diese verfügt über eine Doppelgurtzuführung, wiegt etwa 112 kg und hat im Feuerstoßmodus eine Kadenz von bis zu 600 Schuss pro Minute. Der Turm, in dem die Waffe integriert ist, stammt vom slowenischen Hersteller Valhalla Turrets und wiegt zusammen mit der Waffe etwa 700 kg. Eine Panzerabwehrfähigkeit ist für den Korsak offenbar nicht vorgesehen und soll durch die bereits eingeführten Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr abgedeckt werden. Langfristig wird jedoch auch über den Einsatz von Loitering Munition nachgedacht.
Im Bereich der Sensorik soll der Korsak über einen leistungsfähigen Sensorik-Mix verfügen. Neben optischen und optronischen Beobachtungssystemen wird er auch akustische und zusätzliche Sensoren besitzen, die die Aufklärung im elektromagnetischen Spektrum ermöglichen. Zudem wird eine Fähigkeit zur Selbstverteidigung im elektromagnetischen Spektrum gefordert.
Der Korsak wird zudem mit einer Vielzahl von Kommunikationssystemen ausgestattet sein, die die Übertragung von Sprache und Daten über verschiedene Frequenzbänder ermöglichen. Dadurch kann die Besatzung bei Bedarf Aufklärungsergebnisse an die Führungsebene übermitteln oder weitreichende Feuerunterstützung anfordern und zielgenau steuern.
Es wird eine Gesamtmasse von unter 30 Tonnen gefordert, wobei 20 Prozent für die Aufwuchsfähigkeit reserviert sind. Daher darf das vollbeladene Serienfahrzeug inklusive Besatzung maximal 25 Tonnen wiegen. Die Schwimmfähigkeit ist lediglich als Soll-Kriterium angegeben, aber aufgrund der hohen Gewichtung wird erwartet, dass die Industrie amphibische Fahrzeuge anbieten wird, um im Wettbewerb erfolgreich zu sein. Ein Muss-Kriterium hingegen ist der Schleichfahrtmodus, der technologieoffen gestaltet ist. Zudem muss der Korsak eine Höchstgeschwindigkeit von mindestens 100 km/h auf ebener Straße und eine Reichweite von mindestens 1.100 km bei 60 km/h erreichen.
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Der Dreikampf
Im Februar dieses Jahres hat das BAAINBw, laut gut informierten Kreisen, die Leistungsbeschreibung an eine hohe einstellige Zahl von Unternehmen versendet, die Interesse am Wettbewerb bekundet hatten. In der Folge sollen drei Anbieter konkrete Angebote eingereicht haben. KNDS Deutschland ist mit dem Patria CAVS, Rheinmetall mit dem Fuchs Evolution und General Dynamics European Land Systems mit dem Piranha 6×6 ins Rennen gegangen. Alles schwimmfähige 6×6-Plattformen, obwohl die Leistungsbeschreibung wohl auch 4×4- oder 8×8-Fahrzeuge zugelassen hätte. Im Bereich der Sensorik sollen Systeme von der Rheinmetall Electronics GmbH, Hensoldt und Thales angeboten worden sein. Bei der Sensorik von Thales könnte es sich um das Panoramic Above Armour Gimbal handeln, welches derzeit im Rahmen des Projektes „Joint Fire Support Teams schwer“ auf dem GTK Boxer integriert wird. Die Zuschlagsentscheidung war wohl für Mitte September 2024 terminiert. Und in der Tat steht der Sieger des Dreikampfes mittlerweile wohl fest. Bevor wir jedoch zu dem vermeintlichen Sieger kommen, werfen wir einen Blick auf die drei angebotenen Systeme.
Die CAVS-Plattform von Patria und KNDS Deutschland gilt als das preisgünstigste der drei angebotenen Fahrzeuge. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass das Gesamtangebot von KNDS das günstigste ist, da die Plattform nur einen Teil des Gesamtpreises ausmacht. Selbst wenn es das günstigste Angebot wäre, könnte ein anderer Anbieter durch höhere Leistungsbewertungspunkte insgesamt besser abschneiden. Ein Vorteil des CAVS-Fahrzeugs könnte in der Logistik liegen, da die Bundeswehr plant, ihre alternde Fuchs-1-Transportpanzerflotte durch den Patria CAVS zu ersetzen. Da Fahrzeuge vom Typ „Fuchs“ in der Heeresaufklärungtruppe für Radaraufklärung und als Transportpanzer für leichte Spähgruppen verwendet werden, könnte ein zukünftiger CAVS-Korsak Vorteile bei der Logistik bringen. Allerdings wird der Aspekt der Flottengleichheit in der Korsak-Leistungsbeschreibung nicht gefordert und daher im Wettbewerb nicht bewertet. Auch die internationale Verbreitung des CAVS könnte von Vorteil sein, falls andere Nutzer Bedarf für einen Spähpanzer auf Basis des Korsak haben, wodurch sich Entwicklungskosten auf mehrere Partner verteilen ließen.

Rheinmetall ist der einzige der drei Anbieter, der seine 6×6-Radspähpanzer-Variante öffentlich präsentiert hat. Das Unternehmen zeigte im Juni 2024 auf der Eurosatory das „Combat Reconnaissance Vehicle“ auf Basis des Fuchs Evolution. Zur Ausrüstung des schwimmfähigen Fahrzeugs gehören eine leistungsstarke Aufklärungsoptik auf einem ausfahrbaren Mast, ein 360-Grad-Sichtsystem mit Tag- und Nachtsicht, ein Laserwarner und ein Schützendetektionssystem. Der Kampfraum ist so gestaltet, dass neben den Arbeitsplätzen für Kommandant und Sensorfeldwebel auch Platz für zusätzliche Ausrüstung bleibt. Da Rheinmetall viele der verbauten Komponenten selbst herstellt, könnte das Unternehmen möglicherweise den günstigsten Gesamtpreis anbieten.

Der Sieger des Dreikampfes ist aber wohl weder der Patria CAVS noch der Fuchs Evolution, sondern der Piranha-6×6. Über das Piranha-6×6-Angebot von GDELS ist bisher wenig bekannt, da das Fahrzeug noch nicht öffentlich präsentiert wurde. Es wird vermutet, dass GDELS eine angepasste Version der 8×8-Piranha-Plattform anbietet, bei der eine Achse und die entsprechende Länge entfernt werden. Da die Korsak-Leistungsbeschreibung eine Schwimmfähigkeit fordert, wird erwartet, dass die Panzerung der Fahrzeuge auf STANAG 4569 Stufe 2 beschränkt bleibt, was das Gewicht reduziert. Durch die Kürzung des Fahrzeugs, die leichtere Panzerung und den Antriebsstrang, der für ein 8×8-Fahrzeug ausgelegt ist, sollte der 6×6-Piranha eine hohe Agilität im Gelände aufweisen. Anders als bei vielen 6×6-Radpanzern ist das Triebwerk, ähnlich wie beim GTK Boxer und den Schützenpanzern Marder und Puma, rechts neben dem Fahrer platziert. Dies ermöglicht es, den vorderen Teil des Fahrzeugdachs für Aufbauten wie Bewaffnung und Sensorik zu nutzen. Bei herkömmlichen 6×6-Designs müssen diese hinter dem Motor platziert werden. Die Positionierung des Maschinenkanonenturms weiter vorne verbessert den Wirkungsbereich der Waffe, besonders bei schwierigen Geländeformationen und Hindernissen, da weniger Fahrzeugfläche exponiert wird. Auch wenn der Piranha 6×6 noch nicht als marktreif gilt, hat GDELS mit der schnellen Entwicklung der 10×10-Piranha-Plattform gezeigt, wie modular und anpassungsfähig die Piranha-Familie ist. Frühere Modelle wurden bereits in verschiedenen Konfigurationen (4×4, 6×6, 8×8, 10×10) produziert.
Bevor der Piranha-6×6 jedoch als Sieger des Vergleichswettbewerbs feststeht, wird es noch einige Zeit dauern. Zunächst müssen die Einspruchsfristen abgewartet werden und anschließend muss das parlamentarische Verfahren durchlaufen werden. Ein Vertragsabschluss wird voraussichtlich Ende dieses Jahres oder Anfang 2025 angestrebt.

Fazit
Mit dem Korsak wird die Heeresaufklärungstruppe, rund 15 Jahre nach der Außerdienststellung des Spähpanzers 2 Luchs, wieder über ein durchsetzungsstarkes Spähfahrzeug verfügen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Korsak in der Praxis überzeugen wird, denn es gibt auch kritische Stimmen. Diese kritisieren weniger den Korsak an sich, sondern das Konzept der fahrzeuggebundenen Spähaufklärung als solches. Kritiker verweisen auf Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine, die zeigen, dass Spähfahrzeuge in tiefen feindlichen Gebieten durch den Einsatz von Drohnen leicht entdeckt und bekämpft werden könnten, was das Konzept infrage stellt. Andere wiederum argumentieren, dass fahrzeuggebundene Spähaufklärung in bestimmten Szenarien weiterhin eine wichtige Rolle spielen könnte. So bleibt es auch in modernen Konflikten möglich, größere Truppenverbände unbemerkt zusammenzuziehen und überraschend einzusetzen, wie die Kursk-Offensive gezeigt hat. Das „gläserne Gefechtsfeld“, in dem Drohnen lückenlos überwachen, wird in der Praxis oft durch Wetter, Tageszeit oder Drohnenabwehr unterbrochen, was der Spähaufklärung Möglichkeiten zum Durchbruch bietet. Spähfahrzeuge wie der Korsak, ausgestattet mit leistungsfähiger Sensorik und hoher Mobilität, könnten in solchen Situationen erfolgreich operieren. Zudem bietet die fahrzeuggebundene Spähaufklärung Vorteile, die Drohnen nicht bieten, wie etwa lange Einsatzzeiten, unabhängig von Wetterbedingungen, und die Fähigkeit, direkt mit Waffen- und Aufklärungssystemen einzugreifen. In einem dynamischeren Kriegsverlauf, wie nach einem Frontdurchbruch, könnte diese Art der Aufklärung wieder an Bedeutung gewinnen. Letztlich bleibt der Bedarf an durchsetzungsstarken Spähfahrzeugen bestehen, vor allem, wenn die Ausbildung und Einsatzdoktrin entsprechend angepasst werden und zusätzliche Fähigkeiten, wie Panzerabwehr, integriert werden.
Abgesehen davon finde ich aber eine weitere Sache bemerkenswert. Und zwar die Entscheidung, den Korsak auf Basis des Piranha-6×6 zu realisieren. Wie bereits erwähnt, will die Bundeswehr den TPz Fuchs durch den Patria 6 × 6 ablösen. Noch dieses Jahr will das Verteidigungsministerium die Beschaffung eines neuen Mörsersystems auf Basis des Patria 6×6 durch das Parlament bringen. Sollte es tatsächlich so kommen, dass der Korsak auf Basis des Piranha-6×6 realisiert wird, würde die Bundeswehr zwei neue 6×6-Plattformen einführen, was die Ausbildung und Logistik unnötig verkompliziert. Würde man stattdessen nur eine 6×6-Plattform beschaffen, würden sich Vorteile bei der Beschaffung, Betrieb und Instandhaltung ergeben, aufgrund der größeren Abnahmemenge. Ich will mich an dieser Stelle gar nicht für den Patria 6×6 oder den Piranha 6×6 aussprechen. Beide Fahrzeuge haben Ihre Vor- und Nachteile. Ich würde es nur als sinnvoll erachten, sich für eine 6×6-Plattform zu entscheiden und auf dieser alle Vorhaben zu realisieren, die auf einer 6×6-Plattform realisiert werden sollen.