Die Jägertruppe bildet mit den Gebirgs- und Fallschirmjägern die Infanterietruppe des Heeres und gehört damit zu den Kampftruppen. Als leichte, motorisierte Infanterie ist sie zum Kampf im urbanen und stark bewaldeten Gelände sowie zum Schutz rückwärtiger Räume konzipiert. Die Jägertruppe wird durch ungepanzerte oder leicht gepanzerte, teils schwimmfähige Fahrzeuge in den Einsatzraum verbracht und kann aufgrund ihrer leichten Ausrüstung durch Transporthubschrauber oder andere Luftfahrzeuge luftbeweglich gemacht und angelandet werden, um an Schwerpunkten überraschend zum Einsatz zu kommen.
Struktur
Aktuell verfügt das Heer über fünf aktive und ein nicht-aktives Jägerbataillon. Der Panzerbrigade 21 unterstehen aktuell das Jägerbataillon 1, 91 und 413 sowie das nicht-aktive Jägerbataillon 921. Der Deutsch-Französischen Brigade unterstehen das Jägerbataillon 291 und 292. Ein Jägerbataillon besteht in der Regel aus rund 900 bis 950 Soldaten und umfasst fünf Kompanien. Eine Versorgungs- und Unterstützungskompanie, drei Infanteriekompanien und eine schwere Infanteriekompanie. Die drei Infanteriekompanien verfügen über je drei Infanteriezüge und einen schweren Infanteriezug. Die Infanteriezüge bestehen aus einem Zugtrupp und drei Infanteriegruppen. Eine Infanteriegruppe besteht aus zehn Soldaten und verfügt über eine umfangreiche Ausstattung, darunter allein 16 verschiedene Handwaffen und Panzerabwehrwaffen. Sie kann zwei Manöverelemente bilden, jeweils von einem Feldwebeldienstgrad geführt. Der schwere Infanteriezug umfasst je eine Granatmaschinenwaffen-, Scharfschützen- sowie Panzerabwehrgruppe mit je drei Trupps. Die schwere Infanteriekompanie ist das Mittel des Jägerbataillons, um Feuerunterstützung zu leisten und Schwerpunkte zu bilden. Sie besteht aus fünf Zügen. Einem Panzerabwehrraketenzug, einem Granatmaschinenwaffenzug, einem Aufklärungszug mit fünf Trupps, einem Mörserzug mit acht 120-mm-Mörsern und einem Zug „Taktische Feuerunterstützung“ mit vier Joint Fire Support Teams. Diese Joint Fire Support Teams bietet die Möglichkeit, auf alle Wirkmittel im Rahmen der Streitkräftegemeinsamen taktischen Feuerunterstützung zuzugreifen. Hinzu kommt ein Joint Fire Support Coordination Team auf Bataillonsebene.
Zukünftig werden die fünf aktiven Jägerbataillone den Kern der neuen Kräftekategorie des Heeres, den Mittlere Kräften, stellen. Dabei handelt es sich, laut den vorläufigen operativen Leitlinien des Heeres, um radgestützte Kräfte mit hoher Agilität, Reichweite und der Fähigkeit zur Eigenverlegung. Sie sollen die Lücke zwischen den vorhandenen leichten Kräften und schweren Kräften des Heeres schließen und einen Beitrag zur abgestuften Eskalationsfähigkeit leisten. Sie sind schnell verlegbar, dabei aber dennoch durchsetzungs- und durchhaltefähig. Dies soll schweren Kräften Zeit zum An- und Aufmarsch verschaffen. Mittlere Kräfte sollen sowohl im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung als auch beim Internationalen Krisenmanagement eingesetzt werden können. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Mittleren Kräfte zur agilen Gefechtsführung auf Abstand befähigt sein. Dafür bedarf es vor allem eines abstandsfähigen Führungs-, Aufklärungs- und Wirkungsverbunds, welcher unter anderem aus einer Vielzahl von Drohnen unterschiedlicher Größe, Loitering Munitions und weitreichenden Panzerabwehrsystemen mit “non-line-of-sight” Fähigkeit besteht.
Ausrüstung
Die Hauptwaffensysteme der Jägertruppe sind aktuell die Transportpanzer GTK Boxer und TPz Fuchs, der Waffenträger Wiesel und der Panzermörser M113 sowie das Soldatensystem „Infanterist der Zukunft – Erweitertes System“. Aktuell verfügt die Bundeswehr über 403 GTK Boxer in vier Versionen. 256 Gruppentransportfahrzeuge, 65 Führungsfahrzeuge, 72 schwere geschützte Sanitätskraftfahrzeuge und 10 Fahrschulfahrzeuge. Ergänzt wird der GTK Boxer aktuell noch von dem mittlerweile über 40 Jahre alten Transportpanzer Fuchs. Die Bundeswehr verfügt aktuell noch über rund 825 TPz Fuchs in unterschiedlichen Varianten, 272 davon in der neusten Version 1A8. Aufgrund seines Alters soll der TPz Fuchs demnächst allerdings durch einen neuen 6×6 Transportpanzer ersetzt werden. Zu dem wir gleich noch kommen.
Zur Feuerunterstützung kommen vor allem die leichten Waffenträger Wiesel zum Einsatz. 196 Stück werden aktuell modernisiert. Darunter 120 Wiesel MK, 60 Wiesel TOW, die nun mit dem Mehrrollenfähigen Leichten Lenkflugkörpersystem ausgestattet werden und 16 Aufklärungsfahrzeuge. Die Modernisierung umfasst die Bereiche Schutz, Ergonomie, Führungssystem, Beobachtungsmittel sowie viele kleinere Maßnahmen. Dank dieser Modernisierung soll der Wiesel noch bis 2030 im Dienste der Bundeswehr bleiben. Bei den Jägerbataillonen wird er allerdings schon früher aus der Nutzung genommen, da ab nächstem Jahr die neuen Schweren Waffenträger Infanterie als Ersatz zulaufen.
Neben dem Waffenträger Wiesel verfügt die Jägertruppe auch noch über die Panzermörser M113 zur indirekten Feuerunterstützung. Dabei handelt es sich um einen 120-mm-Mörser mit einer maximalen Kampfentfernung von 6.360 Metern. Er kann HE-, Leucht, Nebel und Übungsmunition verschießen und ist in der Lage, leicht- und ungepanzerte Ziele zu bekämpfen. Auch dieses System soll demnächst durch ein Nachfolgesystem ersetzt werden, dazu ebenfalls gleich mehr.
Abgesehen von diesen Fahrzeugsystemen verfügt die Jägertruppe auch noch über das Soldatensystem „Infanterist der Zukunft – Erweitertes System“, kurz IDZ-ES. Das Soldatensystem besteht aus drei Hauptkomponenten: erstens Bekleidungs-, Schutz- und Trageausstattung, zweitens Command, Control, Computer, Communications and Information und drittens Waffen, Optik und Optronik. In den Jahren 2012 und 2013 wurden im Rahmen der Einsatzorientierten Erstbefähigung 24 Zugsysteme beschafft. Bis 2021 wurden weitere 68 Zugsysteme beschafft. Davon 59 für das Heer, für die Panzergrenadier- und Jägerbataillone sowie Ausbildungseinrichtungen. Diese verfügen, im Vergleich zu den Systemen der Einsatzorientierten Erstbefähigung, über umfangreiche Verbesserungen. Bspw. wurden die ergonomische Gestaltung des elektronischen Rücken, die Bedienbarkeit des Battle Management Systems und die Datensicherheit verbessert. Jedoch reichen die genannten Stückzahlen bei weitem nicht für eine Vollausstattung der Kampftruppen des Heeres. Alleine für die Vollausstattung der Division 2025 hat das Heer einen Bedarf nach 133 weiteren Zugsystemen des IdZ-ES. Mit diesen Systemen sollen drei Jägerbataillone, fünf Panzergrenadierbataillone und vier Aufklärungs- und Verbindungszüge der Panzertruppe ausgestattet werden. Bisher wurden lediglich 14 weitere Systeme für 51 Millionen Euro bestellt. Wann deren Auslieferung erfolgen soll, wurde nicht mitgeteilt. Da bisher allerdings keine weiteren Systeme bestellt wurden, ist davon auszugehen, dass die Division 2025 nicht rechtzeitig mit allen benötigten Soldatensystemen ausgestattet werden kann. Für eine Vollausstattung der drei Divisionen benötigt es im Übrigen insgesamt 386 IDZ-ES Zugsysteme.
Rüstungsprojekte
Wie bereits erwähnt, sollen die veralteten Transportpanzer Fuchs in den nächsten Jahren durch einen Nachfolger ersetzt werden. Dieses Vorhaben läuft unter dem Titel “Transportpanzer Neue Generation”. Laut Vizeadmiral Carsten Stawitzki, der im BMVg für die Abteilung Ausrüstung verantwortlich ist und kürzlich dem Fachmagazin „Europäische Sicherheit & Technik“ ein Interview gab, wird erwartet, dass die ersten TPz Fuchs 2025 ausgemustert werden. Bis zum Ende der 2030er-Jahre werden selbst die modernsten Varianten so veraltet sein, dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht mehr sinnvoll erscheint. Experten gehen davon aus, dass ein Teil der Fuchs-Flotte durch andere, bereits in der Bundeswehr vorhandene Fahrzeugtypen, wie etwa der GTK Boxer oder der Eagle V 6×6, ersetzt werden könnte. Der Großteil der Fuchs-Flotte dürfte jedoch durch einen neuen 6×6-Transportpanzer ersetzt werden. Die Hauptanforderungen für den Nachfolger des TPz Fuchs sind laut dem parlamentarischen Staatssekretär Thomas Hitschler eine hohe Erfüllungsquote der gestellten Forderungen und Marktverfügbarkeit. Zudem sollte das neue Fahrzeug in das bestehende logistische System der Bundeswehr integrierbar sein und auch für Instandsetzungen im Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung, eventuell auch außerhalb Deutschlands, geeignet sein. Aktuell sind noch drei Kandidaten im Rennen. Der Patria 6×6 vom finnischen Rüstungskonzern Patria. Der Fuchs Evolution von Rheinmetall und der Pandur Evolution von GDELS. Als Favorit gilt der Patria 6×6, der über das Common Armoured Vehicle System Programm, welches von Finnland geleitet wird, beschafft werden könnte. Diesem Programm ist Deutschland bereits im April letzten Jahres beigetreten. Im Anschluss wurde der Patria 6×6 einer Reifegradanalyse unterzogen, die er auch erfolgreich abgeschlossen hat. Allerdings hat dann wohl politischer Druck dazu geführt, dass die Bundeswehr auch den Fuchs und Pandur Evolution einer Reifegradanalyse unterzogen hat. Was wiederum für Verzögerungen gesorgt hat. Ursprünglich war geplant, die Entscheidung zum Nachfolger des TPz Fuchs bereits Ende letzten Jahres bekannt zu geben. Nun wird es wohl erst im Laufe dieses Jahres was. Der Favorit hat sich derweil übrigens nicht geändert. Die Bundeswehr will weiterhin den Patria 6×6 beschaffen. Das ist auch der Industrie nicht entgangen, und so hat Patria im Februar dieses Jahres bekannt gegeben, dass es sich mit den beiden deutschen Rüstungsunternehmen Defence Service Logistics GmbH und der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH zusammengeschlossen hat. Um der Bundeswehr die Entwicklung, Produktion und Wartung des Patria 6×6 anzubieten. Anfang Mai 2024 ist Deutschland dann offiziell der Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung des „Common Armoured Vehicle System“-Programms (CAVS) beigetreten. Damit überwindet das Vorhaben die nächste Hürde, und der Patria 6×6, als Ersatz für den TPz Fuchs, dürfte also so gut wie gesetzt angesehen werden. Der Bedarf wird auf rund 1.000 Fahrzeuge geschätzt.
Neben dem TPz Fuchs soll auch der Waffenträger Wiesel ersetzt werden. In der Jägertruppe soll der Schwere Waffenträger Infanterie dem Wiesel nachfolgen. Seit der Auswahlentscheidung im Februar 2022 steht fest, dass der Schwere Waffenträger Infanterie auf Basis des australischen Combat Reconnaissance Vehicle, kurz CRV, realisiert werden soll. Am 10. Juli 2023 wurde ein Grundsatzabkommen zwischen Deutschland und Australien für die geplante Beschaffung unterzeichnet. Dieses basiert auf der Zusammenarbeitserklärung, welche der parlamentarische Staatssekretär Hitschler am 23. März 2023 in Australien unterzeichnet hat. Am 20. März 2024 hat dann der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Beschaffung von 123 Schweren Waffenträger Infanterie für 1,943 Milliarden Euro zugestimmt. Nur einen Tag später wurde der Government-to-Government-Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien unterzeichnet. Neben den 1,9 Mrd. Euro wurden weitere 750 Millionen Euro für einen sogenannten Integrated Logistic Support Vertrag freigegeben, welcher die Einsatzfähigkeit der Schweren Waffenträger nach der Lieferung sicherstellen soll. Insgesamt beläuft sich das Kostenvolumen also auf 2,693 Mrd. Euro, die vollständig aus dem Sondervermögen der Bundeswehr finanziert werden sollen. Auftragnehmer sind Rheinmetall Defence Australia und die Rheinmetall Landsysteme GmbH. Das erste Nachweismuster wurde im Mai 2024 an das BAAINBw geliefert. Nach erfolgreicher Nachweisführung sollen ab nächstem Jahr die ersten 19 Serienfahrzeuge an die Truppe geliefert werden. Die Restlichen sollen bis Anfang 2030 folgen, mit einer Auslieferungsquote von jährlich rund 25 Stück. Der Schwere Waffenträger Infanterie soll die veralteten Wiesel MK & MELLS in den Jägerbataillonen ersetzen. In einem ersten Schritt soll jedes Jägerbataillon 12 Boxer CRV erhalten. In der Zielstruktur soll jedes Jägerbataillon über 26 Schwere Waffenträger Infanterie verfügen. Jeweils vier in den schweren Zügen der drei Kampfkompanien als direkte taktische Feuerunterstützung. Und 14 in den schweren Kompanien der Jägerbataillone, die entweder die Kampfkompanien unterstützen oder ein eigenes Manöverelement bilden können. Der Schwere Waffenträger Infanterie soll sowohl zur begleitenden als auch zur direkten taktischen Feuerunterstützung genutzt werden können.
Das dritte und letzte wichtige Rüstungsprojekt der Jägertruppe ist die Beschaffung eines Nachfolgesystems für die Panzermörser M113. Dieses Vorhaben läuft unter dem Titel „Zukünftigen System Indirektes Feuer kurze Reichweite“. Das neue 120-mm-Mörsersystem soll laut den Planungen des Heeres ab 2027 zulaufen. Es soll über eine Kampfentfernung von 300 m bis mindestens 8.000 m verfügen und gegen alle Zielarten und Kategorien wirken können. Als Favorit gilt das NEMO-System des finnischen Rüstungskonzerns Patria. Hinzu kommen, je nach Truppengattung, verschiedene geschützte Trägerfahrzeuge. Für die Jägertruppe liebäugelt das Heer wohl mit dem NEMO aus Basis des Patria 6×6. Bei der Gebirgsjägertruppe dürfte das Trägerfahrzeug sehr wahrscheinlich der BvS10 werden und bei der Fallschirmjägertruppe die Luftlandeplattform Caracal oder ein Wiesel-Nachfolger. Eine finale Entscheidung für ein bestimmtes 120-mm-Mörsersystem steht allerdings nach wie vor aus und auch die Finanzierung ist bisher wohl nicht gesichert.
Fazit
Durch die Umwandlung von leichten zu mittleren Kräften wird die Jägertruppe an Durchsetzungs- und Durchhaltefähigkeit gewinnen. Vorausgesetzt die dafür notwendigen Waffensysteme werden beschafft. Abgesehen von der Beschaffung der 123 Schweren Waffenträgern Infanterie ist da bisher noch nicht sonderlich viel passiert. Die Finanzierung des Vorhabens „Transportpanzer Neue Generation“ ist zwar zumindest teilweise gesichert, bestellt wurde bisher allerdings noch nichts. Und das Vorhaben „Zukünftiges System Indirektes Feuer kurze Reichweite“ ist bisher noch gar nicht mit Haushaltsmitteln hinterlegt. Und genauso wie bei der Panzergrenadiertruppe fehlt es auch der Jägertruppe an ausreichend IDZ-ES-Systemen, um alle Jägerbataillone vollständig mit dem Soldatensystem auszustatten. Und dann sind da noch die Vorhaben, die die Jägertruppe zwar nicht direkt betreffen, jedoch unverzichtbar für die Realisierung der Mittleren Kräfte sind. Beispielsweise die Beschaffung von Radhaubitzen sowie radbasierten Brückenlegesystemen und Bergemitteln. All dies ist bisher aufgrund fehlender Haushaltsmittel nicht finanzierbar. Das Stichwort lautet hier mal wieder dauerhafte Erhöhung des regulären Verteidigungshaushalts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.