FCAS-Projekt vor dem Aus: Streit zwischen Airbus und Dassault eskaliert

FCAS-Projekt vor dem Aus: Streit zwischen Airbus und Dassault eskaliert
FCAS | Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt

Das ambitionierte europäische FCAS-Projekt steht vor dem Aus, nachdem sich der Streit zwischen den beteiligten Unternehmen Dassault Aviation und Airbus weiter verschärft hat. Der Chef des französischen Flugzeugbauers Dassault, Eric Trappier, erklärte am Dienstag bei der Eröffnung einer Fabrik in Cergy bei Paris, sein Unternehmen sei in der Lage, das Kampfflugzeug der sechsten Generation notfalls auch allein zu entwickeln.

Französische Kampfansage

„Die Deutschen können sich beschweren, aber hier wissen wir, wie das geht. Wenn sie es allein machen wollen, sollen sie es tun“, zitierte Reuters den Dassault-Vorstandschef. Auf die Frage, ob Dassault eigenständig ein Kampfflugzeug der sechsten Generation bauen könne, antwortete Trappier mit einem klaren „Ja“. Diese Entscheidung liege jedoch bei der französischen Regierung.

Ein ranghoher französischer Beamter bestätigte diese Position: „Wenn wir uns nicht auf eine Neuorganisation des Programms einigen können, kann Frankreich das Kampfflugzeug auch allein bauen“. Frankreich sei aufgrund seiner nuklearen Abschreckung darauf angewiesen, dass das künftige Kampfflugzeug im geplanten Zeitrahmen realisiert wird.

Kernstreit um Arbeitsaufteilung

Der Konflikt dreht sich um die Arbeitsaufteilung innerhalb des auf 100 Milliarden Euro geschätzten Projekts. Dassault verfügt über 33 Prozent der Arbeitsanteile, während Airbus mit deutscher und spanischer Beteiligung zwei Drittel des Projekts kontrolliert. Diese Aufteilung sei „ziemlich barock“, wie es in Industriekreisen heißt, da Dassault trotz geringerer Arbeitsanteile die Projektführung beansprucht.

Laut einer von Dassault beauftragten Prüfung, die dem Combined Project Team vorgelegt wurde, seien die aktuellen Aufteilungsregeln ineffektiv. Um das Projekt erfolgreich zu steuern, müsse Dassault die Kontrolle über Arbeitspakete erhalten, die derzeit bei Airbus liegen. Für die Phase 2, die den Bau eines fliegenden Demonstrators vorsieht, hält Dassault daher eine Überarbeitung der Arbeitsanteile für notwendig.

Unterschiedliche Interessenlagen

Die erfolgreichen Rafale-Verkäufe machen Dassault weniger kompromissbereit in den Verhandlungen. Airbus hingegen ist kaum geneigt, Arbeitsanteile abzugeben, da das Unternehmen industrielle Auslastung für die Rettung seines Standorts Manching in Bayern benötigt, wo die Eurofighter-Montage bereits 2030 enden könnte.

Deutsche Quellen werfen Dassault vor, das Projekt dominieren und die interessantesten Aufgaben in Frankreich behalten zu wollen. Dies behindere die Bemühungen um eine gleichmäßige Arbeitsaufteilung. Französische Industriekreise hingegen berichten, dass die Spannungen mit Spaniens Beitritt 2019 eskalierten, da Airbus dadurch im Programm doppelt so viel Gewicht erhielt.

Politische Dimension

Eine Lösung kann nur aus der Politik kommen, da die Industrieakteure wenig Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen. Die französische Regierung hat jedoch an politischem Gewicht verloren, während deutsche Politiker zunehmend die Geduld mit Dassaults Forderungen und der als zu nachgiebig empfundenen Haltung des französischen Verteidigungsministeriums verlieren.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius dementierte zwar Berichte über Gespräche Deutschlands mit Großbritannien und Schweden zur Erkundung von Alternativen zum FCAS-Programm. Gleichzeitig kündigte er für Oktober ein Treffen der Verteidigungsminister aus Deutschland, Frankreich und Spanien in Berlin an. „Es ist klar, dass bis Ende des Jahres eine Entscheidung getroffen werden muss und wird“, betonte Pistorius.

Zeitdruck und Perspektiven

Das Projekt steht unter enormem Zeitdruck: Das neue Kampfflugzeug soll um 2040 einsatzfähig sein und den Eurofighter ablösen. Im kommenden Jahr sollte Phase 2 mit dem Bau eines Demonstrators beginnen, wofür Investitionen von rund fünf Milliarden Euro erforderlich sind. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte bereits eine Entscheidung bis Ende des Jahres angekündigt.

Ob politischer Wille allein das FCAS-Programm noch retten kann, bleibt fraglich. Zwar wäre ein Scheitern des Projekts im aktuellen Kontext ein herber Rückschlag, aber eine Einigung ist keineswegs garantiert. Die unterschiedlichen nationalen Interessen und industriepolitischen Ziele erschweren eine Kompromissfindung erheblich.

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