Die NATO hat die Operation „Eastern Sentry“ gestartet, um die Verteidigung ihrer östlichen Flanke zu stärken. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf das Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum am 10. September, was zur ersten aktiven Verteidigung des NATO-Luftraums seit Kriegsbeginn führte.
Das Allied Command Operations (ACO), das für die Planung und Durchführung aller NATO-Operationen verantwortlich ist, wird Eastern Sentry entlang der NATO-Ostflanke durchführen. Die Operation begann in den vergangenen Tagen und wird für eine nicht näher bestimmte Zeit fortgesetzt.
Reaktion auf russische Luftraumverletzungen
Die Operation reagiert auf anhaltende Luftraumverletzungen, einschließlich der zahlreichen russischen Drohnen, die am 10. September den polnischen Luftraum verletzten. Dabei drangen 19 bis 23 Drohnen in polnisches Hoheitsgebiet ein, von denen bis zu vier von NATO-Streitkräften abgeschossen wurden.
„Die Verletzung des polnischen Luftraums zu Beginn dieser Woche ist kein isolierter Vorfall und betrifft mehr als nur Polen“, erklärte General Alexus G. Grynkewich, Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa. „Während eine vollständige Bewertung des Vorfalls noch läuft, wartet die NATO nicht ab, wir handeln“.
Verstärkung der Luftverteidigung
Dazu wird die Allianz ihre Luftverteidigung stärken. „Eastern Sentry und dieser neue Ansatz werden eine noch gezieltere und flexiblere Abschreckung und Verteidigung liefern, wo und wann sie benötigt wird, um unsere Menschen zu schützen und weitere rücksichtslose und gefährliche Aktionen wie die vom Anfang dieser Woche abzuschrecken“, betonte Grynkewich.
Die Operation folgt einer Sitzung des Nordatlantikrats am 10. September, bei der die Verbündeten die Situation im Lichte von Polens Antrag auf Konsultationen nach Artikel 4 des Washingtoner Vertrags diskutierten, ihre Solidarität mit Polen ausdrückten und Russlands rücksichtsloses Verhalten verurteilten.
Internationale Truppenbeiträge
Mehrere Verbündete haben bereits die Entsendung von Streitkräften und Fähigkeiten für Eastern Sentry angekündigt. Dänemark wird zwei F-16 und eine Flugabwehrfregatte beisteuern, Frankreich drei Rafale-Kampfjets und Deutschland vier Eurofighter. Auch das Vereinigte Königreich hat seine Unterstützungsbereitschaft signalisiert.
Diese Kräfte werden die bereits vorhandenen alliierten Streitkräfte verstärken und die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung der NATO dort und dann stärken, wo und wann es nötig ist.
Mit Kanonen auf Spatzen schießen?
Die Operation Eastern Sentry verdeutlicht jedoch auch ein strategisches Dilemma der NATO: Das extreme Kostenungleichgewicht zwischen den eingesetzten russischen Drohnen und den NATO-Abwehrmitteln. Während eine einfache russische Aufklärungsdrohne nur wenige tausend Euro kostet, belaufen sich die Kosten bspw. für einen Eurofighter-Einsatz auf etwa 70.000 Euro pro Flugstunde. Die Kosten moderner Flugabwehrsysteme wie bspw. PATRIOT belaufen sich auf mehrere Millionen Euro pro Abschuss. Diese asymmetrische Kostenstruktur ermöglicht es Russland, mit relativ geringem Aufwand teure NATO-Ressourcen zu binden und die Allianz zu kostenintensiven Reaktionen zu zwingen. Militärexperten warnen, dass diese Taktik langfristig die Verteidigungsbudgets der NATO-Staaten erheblich belasten könnte, wenn nicht kostengünstigere Abwehrmethoden entwickelt werden.
Technologische Innovation im Fokus
Deshalb wird das ACO auch eng mit dem Allied Command Transformation zusammenarbeiten, wie es bereits bei der Baltic Sentry-Operation der Fall ist, um neue Technologien schnell zu erproben und auf Bündnisebene einzusetzen. Dazu gehören Anti-Drohnen-Sensoren und -Waffen zur Erkennung, Verfolgung und Bekämpfung von Drohnen.
Eastern Sentry baut auf der bereits laufenden Baltic Sentry-Operation auf, die im Januar 2025 als Reaktion auf Sabotageakte an Unterwasserkabeln in der Ostsee gestartet wurde. Die neue Operation unterstreicht die wachsende Bedeutung der NATO-Ostflanke angesichts der anhaltenden russischen Aggressionen.
Die Operation wird vom Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) koordiniert, dem militärischen Hauptquartier des ACO.
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