Die Heeresfliegertruppe gehört zu den Kampfunterstützungstruppen des Heeres. Zu ihrem Aufgabenportfolio gehören die Luftmechanisierung, der Lufttransport, Unterstützung, Luftlandungen und die Unterstützung von Spezialkräften. Im Rahmen der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung wird sich auch die Heeresfliegertruppe organisatorisch und materiell an den neuen, alten Kernauftrag anpassen.
Organisation
Die Heeresfliegerkräfte sind im Kommando Hubschrauber zusammengefasst, das wiederum der Division Schnelle Kräfte untersteht. Das Kommando Hubschrauber umfasst rund 4.400 Soldaten und drei fliegende Verbände sowie das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum, das Systemzentrum Drehflügler Heer und die Leitstelle des Such- und Rettungsdienstes (Land) der Bundeswehr. Die drei fliegenden Verbände sind das Kampfhubschrauberregiment 36 in Fritzlar, das Transporthubschrauberregimenter 10 in Faßberg und das Transporthubschrauberregimenter 30 in Niederstetten. Das Kampfhubschrauberregiment 36 umfasst rund 1.200 Soldaten und verfügt über 32 KH Tiger. Das Regiment führt Kampfeinsätze in und aus dem bodennahen Luftraum eigenständig oder in Zusammenarbeit mit Bodentruppen sowie zu deren Unterstützung. Es verfügt über zwei Einsatzstaffeln mit je 16 KH Tiger, organisiert in vier Einsatzschwärmen mit je vier Hubschraubern. Neben dem Regimentsstab und einer Staffel für Versorgung und Unterstützung werden die speziellen Anforderungen für die logistische Unterstützung eines solchen fliegenden Verbandes in drei weiteren Staffeln abgedeckt.
Das Transporthubschrauberregimenter 10 umfasst ebenfalls rund 1.200 Soldaten und verfügt über 36 NH90 TTH. Die Gliederung ist grundsätzlich identisch mit der des Kampfhubschrauberregiments 36. Die zwei Einsatzstaffeln verfügen über je 18 Hubschrauber, organisiert in vier Einsatzschwärmen mit normalerweise je vier NH90 TTH.
Auch das Transporthubschrauberregimenter 30 ist quasi identisch gegliedert. Allerdings kommt bei diesem Regiment noch eine 7. Staffel hinzu. Diese verfügt über drei SAR-Kommandos und sieben SAR-Hubschrauber vom Typ H145M LUH SAR und ist für die Dauereinsatzaufgabe SAR (Land) zuständig.
Das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg ist die zentrale Ausbildungsstätte der Heeresflieger. Hier werden nicht nur Heeresangehörige, sondern auch zukünftige Hubschrauberpiloten anderer Teilstreitkräfte sowie internationaler Partner, beispielsweise aus den Niederlanden, Schweden und Spanien, ausgebildet. Die Grundausbildung der Hubschrauberpiloten erfolgt auf dem Modell EC 135. Darüber hinaus findet auch die waffensystemspezifische Musterausbildung für den NH90 im Hubschrauberausbildungszentrum statt. Die Ausbildung für den Kampfhubschrauber Tiger findet am Deutsch-Französischen Heeresfliegerausbildungszentrum Tiger in Frankreich statt. Um den Realflugbetrieb zu reduzieren, wird vermehrt auf moderne Simulatoren zurückgegriffen. Zusätzlich wird die Ausbildung am Standort Bückeburg durch angemietete H135-Hubschrauber der ADAC Luftfahrttechnik unterstützt.
Bis 2032 sollen drei gemischte Hubschraubereinsatzverbände mit Kampf- und Transporthubschraubern entstehen, jeweils einer pro Division. Diese sollen bei Bedarf durch Schwere Transporthubschrauber und Flugzeuge der Luftwaffe oder verbündeter Nationen ergänzt werden. Nach 2031 soll die Führung der drei Verbände durch den Gefechtsstand einer Heeresfliegerbrigade auf Korpsebene übernommen werden. Diese Hubschraubereinsatzverbände sollen den Divisionen in einem LV/BV-Szenario eigenständig die Fähigkeiten für luftgestützten Einsatz (nur DSK), Luftlandungen (nur DSK), Luftmechanisierung, Lufttransport sowie Unterstützung zur Verfügung stellen.
Ausrüstung
Die Heeresfliegertruppe verfügt aktuell über rund 160 Hubschrauber verschiedener Typen. Zur Ausbildung kommen die 13 Schulungshubschrauber EC 135 sowie die sieben gelasten EC 135 von der ADAC Luftfahrttechnik GmbH zum Einsatz. Der Vertrag mit dem ADAC endet dieses Jahr. Alle Schulungshubschrauber werden in nächster Zeit durch H145M LKH in der Rolle Ausbildung/Professionalisierung ersetzt, dazu gleich mehr. Für den Such- und Rettungsdienst verfügen die Heeresflieger über sieben H145M SAR LUH, die die Bell UH-1D abgelöst haben. Die beiden Hauptwaffensysteme der Heeresflieger sind jedoch die Transporthubschrauber NH90 TTH und der Kampfhubschrauber Tiger.
Der NH90 kann neben seiner Hauptaufgabe als Transporthubschrauber und für Forward Air Medivac (FAM) auch in luftbeweglichen Operationen eingesetzt werden. Hierfür sind unterschiedliche Missionsausrüstungspakete geplant, etwa für Führung, Aufklärung oder die Unterdrückung gegnerischer Flugabwehr. Die Umsetzung dieser Ausrüstungspakete steht jedoch noch aus. Der NH90 ist der erste Hubschrauber, bei dem nahezu alle Bordsysteme digital und mehrfach redundant gesteuert werden. Er verfügt über ein modernes Navigationssystem sowie Schutzsysteme wie Täuschkörper und Infrarot- und Radarwarnsensoren. Zusätzlich kann eine Panzerung zum Schutz der Piloten montiert werden. Neben der dreiköpfigen Besatzung kann der NH90 bis zu 16 Soldaten mit Ausrüstung oder 12 liegende Verwundete transportieren. Im taktischen Einsatz werden in der Regel mindestens zwei NH90 gemeinsam verwendet – einer übernimmt die Forward-Air-Medivac-Rolle, während der andere zur Überwachung oder gegebenenfalls zur Luftnahunterstützung eingesetzt wird. Alle 82 bestellten Hubschrauber wurden mittlerweile ausgeliefert, jedoch in verschiedenen Rüstzuständen. Die Umrüstung aller Systeme auf die Final Operational Configuration wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Geplant ist außerdem, bestehende Einschränkungen in den Bereichen Avionik und Innen- sowie Außenlasttransport zu beheben. Dies umfasst Verbesserungen bei den Kommunikationssystemen, der FLIR-Technologie und der Sitznutzung für Infanteristen mit voller Ausrüstung. Geplantes Nutzungsdauerende ist 2051, ein Nachfolgemodell steht allerdings noch nicht fest.
Der Bestand an Kampfhubschraubern Tiger umfasst 51 Maschinen, von denen 32 im Kampfhubschrauberregiment 36 stationiert sind. Acht Tiger werden an der gemeinsamen deutsch-französischen Ausbildungsstätte eingesetzt, während fünf weitere für die Ausbildung von Technikern verwendet werden. Der KH Tiger ist in der Lage, Hochwertziele auf verschiedenen Distanzen zu bekämpfen, bietet taktische Feuerunterstützung für Landstreitkräfte, führt weiträumige bewaffnete Aufklärung durch und bietet Begleitschutz für mittlere und leichte Transporthubschrauber sowie Bodentruppen. Außerdem unterstützt er den Einsatz von Spezialkräften und arbeitet in luftbeweglichen Operationen oft mit dem NH90 zusammen. Der Tiger ist ein mehrrollenfähiger Hubschrauber, der unter allen Wetterbedingungen und nachts einsatzfähig ist, mit einer Reichweite von 700 km und einer Einsatzdauer von etwa fünf Stunden. Er bietet hohen Schutz durch seine Teilpanzerung, das Mastvisier und verschiedene Schutzsysteme. Die Besatzung verfügt über hochmoderne Technologien für Flugführung und Waffeneinsatz, darunter Sensorhelme mit Restlichtverstärkern und Infrarot-Nachtsichtsysteme. Der KH Tiger verwendet fünf Waffensysteme: Stinger-Luft-Luft-Lenkflugkörper, 12,7-mm-MG-Pods für den Nahbereich, HOT 3-Lenkflugkörper zur Bekämpfung gepanzerter Ziele, ungelenkte 70-mm-Raketen für Flächenziele und das Panzerabwehr-Raketen-System PARS 3 LR, ein Fire-and-Forget-Lenkflugkörpersystem mit einem passiven Infrarotsuchkopf und hoher Störfestigkeit. Bis 2025 soll die gesamte Flotte auf den Ausrüstungsstand ASGARD 33 aufgerüstet werden, was zusätzliche Verbesserungen wie ein viertes Funkgerät, einen Combat Fuel Tank, Laserschutz für die Besatzung und Laserpointer für die Koordination mit Bodentruppen beinhaltet. Geplantes Nutzungsdauerende ist 2032. Allerdings soll die Tiger-Flotte bereits bis 2028 auf 33 Stück reduziert werden. Bis 2032 sollen mindestens 24 Luftfahrzeuge im Bauzustand erhalten bleiben. Danach sollen alle Maschinen aus der operativen Nutzung genommen werden.
Ersetzt werden sie, zumindest übergangsweise, durch bis zu 82 H154M LKH. LKH steht dabei für „Leichter Kampfhubschrauber“. Am 13. Dezember 2023 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der 25-Mio.-Euro-Vorlage zur Beschaffung von bis zu 82 H145M LKH zugestimmt. Einen Tag später hat das BAAINBw einen entsprechenden Rahmenvertrag mit Airbus Helicopters unterzeichnet. Dieser beinhaltet neben den bis zu 82 Hubschraubern auch Ersatzteile, acht Ausbildungssimulatoren, die Ausbildung des fliegenden und technischen Personals sowie Dienstleistungen für den Betrieb der Maschinen über einen Zeitraum von sieben Jahren. Von den 82 Hubschraubern sind allerdings nur 62 Feste beauftragt. Davon 24 in der Rolle Kampf, 33 in der Rolle Ausbildung/Professionalisierung und fünf in der Rolle SOF. Die 20 weiteren optional zu bestellenden Hubschrauber setzen sich aus 15 in der Rolle Ausbildung/Professionalisierung und fünf in der Rolle SOF zusammen. Insgesamt also bis zu 82 H145M LKH, davon 65 für das Heer und 17 für die Luftwaffe. Alle Maschinen sollen einen identischen Konfigurationsstand aufweisen und durch die Einrüstung bzw. Rückrüstung eines Rüstsatzes an die für den Einsatz geforderte Rolle angepasst werden. Nicht im Rahmenvertrag enthalten ist hingegen die Munition für die Leichten Kampfhubschrauber. Das Beschaffungsvolumen beläuft sich auf 2,6 Milliarden Euro. Davon sollen 1,9 Mrd. Euro bis 2027 aus dem Sondervermögen der Bundeswehr finanziert werden. Die restlichen 700 Mio. Euro müssen bis 2031 aus dem regulären Verteidigungshaushalt finanziert werden. Die Auslieferung der 62 fest beauftragten Hubschrauber soll im Zeitraum 2024 bis 2028 erfolgen. Die ersten zwei H145M in der Rolle Ausbildung sollen Ende 2024 an das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg gehen. Insgesamt wird das Hubschrauberausbildungszentrum 23 dieser Maschinen erhalten. Die acht Ausbildungssimulatoren sollen 2026 bis 2027 zur Verfügung stehen. Ende 2025 soll dann der erste von fünf H145M LKH in der Rolle SOF an das Hubschraubergeschwader 64 in Laupheim ausgeliefert werden. Das Hubschraubergeschwader 64 betreibt bereits die weitgehend baugleichen H145M SOF. Ab Mitte 2026 soll dann das Kampfhubschrauberregiment 36 in Fritzlar die ersten Maschinen in der Rolle Kampf einschließlich Bewaffnung erhalten. Dort sollen die H145M LKH als Brückenlösung die Kampfhubschrauber Tiger ablösen. Und damit die Fähigkeit zur bodennahen Luftunterstützung zur Abwehr gepanzerter Einheiten bis zur Entscheidung über die Nachfolge des KH Tiger aufrechterhalten. Ab März 2027 bzw. Februar 2028 erhalten dann die beiden Transporthubschrauberregimenter 10 und 30 jeweils fünf dieser Hubschrauber in der Rolle Ausbildung/Professionalisierung. Am 31. Juli 2028 soll der 62. und damit letzte Hubschrauber aus der Festbeauftragung ausgeliefert werden.
Ein weiteres Thema, welches für die Heeresflieger in Zukunft an Bedeutung gewinnen dürfte, ist das Manned-Unmanned-Teaming. Durch den Einsatz von „Wingman-UAS“ könnte der Operationsraum sowohl hinsichtlich Sensorik als auch durch zusätzliche Wirkmittel deutlich erweitert werden. Zukünftig könnten sogenannte „Air Launch Effects“ oder „Loitering Munitions“ von bemannten Hubschraubern oder deren „Wingman-UAS“ gestartet und gesteuert werden. Eine Übergabe der Kontrolle an Bodentruppen wäre nicht nur möglich, sondern auch vorteilhaft. Darüber hinaus könnten Bodentruppen mit eigenen Startgeräten diese Effektoren eigenständig einsetzen, was das Potenzial für eine truppengattungsübergreifende Nutzung dieser Mittel erheblich steigern würde.
Fazit
Die Heeresfliegertruppe wird künftig wohl aus einer Heeresfliegerbrigade auf Korpsebene mit drei gemischen Hubschraubereinsatzverbänden bestehen, die über insgesamt rund 150 Hubschrauber verfügen werden. 82 NH90 TTH, 57 H145M LKH plus acht optional und sieben H145M LUH SAR. Die NATO-Fähigkeitsziele erfüllt Deutschland damit nicht. So hat man der NATO bis 2032 insgesamt 48 Kampfhubschrauber zugesagt, wohlgemerkt keine leichten, sondern richtige Kampfhubschrauber. Aktuell sieht es jedoch nicht danach aus, dass die Bundeswehr im Jahr 2032 über mehr als 24 H145M LKH in der Rolle Kampf verfügen wird. Der vollwertige Ersatz des KH Tigers ist also nach wie vor offen. Und jetzt ist vor Kurzem auch noch bekannt geworden, dass die neuen NATO-Fähigkeitsziele die alten nochmal deutlich übersteigen werden. Alleine 104 Hubschrauberverbände erachtet die NATO für die Verteidigung Europas für notwendig. Bedeutet für die Bundeswehr mindestens einen weiteren Hubschrauberverband. Auf die neuen NATO-Fähigkeitsziele und was diese für die Bundeswehr bedeuten, gehe ich übrigens im nächsten Video im Detail ein. Finanzierbar ist das alles aktuell zumindest nicht. Das Stichwort hier lautet: mal wieder dauerhafte Erhöhung des regulären Verteidigungshaushaltes auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes.