Die neuen NATO-Fähigkeitsziele und was sie für die Bundeswehr bedeuten

Strategische Autonomie - kann sich Europa selbst verteidigen?
Foto: Bundeswehr / Mario Bähr

Wie die Zeitung „Welt“ am vergangenen Samstag berichtet hat, erfordern die neuen NATO-Verteidigungspläne wesentlich mehr Truppen als bisher bekannt. Dies geht aus bisher unveröffentlichen Plänen der Allianz hervor, die der Welt vorliegen. Diese neuen „Minimum Capability Requirements“ (MCR) wurden von US-General Christopher Cavoli und dem französischen Admiral Pierre Vandier festgelegt und im Frühjahr dieses Jahres an die NATO-Mitgliedsstaaten übermittelt. Folgende Punkte erachtet die NATO als notwendig für die Verteidigung Europas:

  • 15 Warfighting Corps (+9)
  • 38 Divisionen (+14)
  • 131 Brigaden (+49)
  • 1467 bodengebundene Flugabwehreinheiten (+1174)
  • 104 Hubschrauberverbände (+14)

Auch in anderen Bereichen, wie weitreichenden Präzisionswaffen und Logistikfähigkeiten, sehen die NATO-Planer erheblichen Verbesserungsbedarf. Bis Oktober 2025 sollen die MCR als verpflichtende Fähigkeitsziele auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Deutschland sind 9,28 Prozent der Gesamtfähigkeiten zugewiesen. Daher geht das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) davon aus, dass Deutschland ab 2031 ein weiteres Korps inkl. Korpstruppen, fünf bis sechs weitere Brigaden und einen weiteren Hubschrauberverband stellen müssen wird.

Aktuell verfügt Deutschland über drei Divisionen mit acht Kampfbrigaden. Eine weitere Brigade, die Panzerbrigade 45, befindet sich derzeit im Aufbau und soll dauerhaft in Litauen stationiert werden. Darüber hinaus hat man der NATO bis 2031 eine weitere Brigade, insgesamt also zehn Brigaden, zugesagt. Bisher wurden allerdings noch keine Schritte in diese Richtung unternommen. Was angesichts dessen, dass man nicht mal die vorhandenen drei Divisionen und acht Brigaden vollständig ausstatten kann, auch wenig verwunderlich ist. Aktuell ist das Heer über alle Materialkategorien nur zu 60 Prozent ausgestattet. Durch die Neuaufstellung der Panzerbrigade 45 und bei zugleich ausbleibenden zusätzlichen Investitionen würde diese Quote auf 55 Prozent sinken.

Wie man die neuen NATO-Fähigkeitsziele zu erfüllen gedenkt, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur eins: Ohne eine dauerhafte Erhöhung des regulären Verteidigungshaushaltes auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und der (Wieder-) Einführung einer Wehrpflicht/Dienstpflicht werden die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen nicht bereitgestellt werden können!

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