Das Projekt „Schwerer Transporthubschrauber“, kurz STH, wurde am 01. Juli 2015 gestartet mit dem Ziel, die ab 1972 eingeführten CH-53G Maschinen zu ersetzen. Als mögliche Nachfolger standen die CH-53K von Lockheed Martin und die CH-47F von Boeing zur Auswahl. Am 01. Juni 2022 gab das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) seine Entscheidung bekannt, die CH-47F als Ersatz für die CH-53G beschaffen zu wollen. Daraufhin hat die Bundesregierung den Kauf von 60 CH-47F Block II bei der US-Regierung angefragt. Diese genehmigte den Verkauf am 11. Mai 2023. Knapp zwei Monate später, am 05. Juli 2023, stimmte der Haushaltsausschuss der entsprechenden 25-Millionen-Euro-Vorlage zu. Eine Woche später unterzeichnete das BAAINBw den sogenannten Letter of Offer and Acceptance (LOA) zur Beschaffung der CH-47F “Chinook” im Rahmen des Projekt “Schwerer Transporthubschrauber“.
Insgesamt sollen 60 CH-47F SR Block II beschafft werden, davon 59 für die Luftwaffe und einen für die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 61 in Manching. Das Gesamtauftragsvolumen beträgt rund 6,98 Milliarden Euro, finanziert aus Mitteln des Sondervermögens Bundeswehr. Aufgrund der Komplexität des Beschaffungsvorhabens verzögert sich der Abschluss des Hauptvertrags mit Boeing von März 2025 auf November des Jahres 2025. Unterauftragnehmer im Rahmen des sogenannten „Chinook Deutschland Team“ sind: AERO-Bildung, Airbus Helicopters, CAE, ESG, Honeywell, Lufthansa Technik und Rolls-Royce.
Die Auslieferung der Hubschrauber soll im Zeitraum von 2027 bis 2033 erfolgen. Ziel des BMVg ist es, „die Phase vom Beginn der geplanten Auslieferung des STH bis zum Nutzungsdauerende (der) CH-53G im Jahr 2030 so zu gestalten, dass der Fähigkeitsbeitrag durch Alt- und Neusystem bruchfrei erbracht werden kann.“ Im Anschluss soll die Hubschrauber bis mindestens 2060 genutzt werden. Die ersten beiden deutschen Piloten wurden übrigens in den USA bereits auf dem neuen Schweren Transporthubschrauber ausgebildet und werden dort in den kommenden Jahren als Fluglehrer tätig sein. Weitere Piloten des Hubschraubergeschwaders 64 werden nächstes Jahr in Alabama ihre Ausbildung beginnen.
Stationiert werden die Hubschrauber an den Standorten Schönewalde und Laupheim. Am Standort Schönewalde sollen ab 2027 insgesamt 47 CH-47F stationiert werden und drei fliegende Einsatzstaffeln bilden. Diese drei Einsatzstaffeln werden vor allem für die Aufgaben Lufttransport, Unterstützung von luftbeweglichen Operationen und Combat Search and Resuce (CSAR), also bewaffnete Suche und Rettung, zuständig sein. Bevor der Standort jedoch die neuen Hubschrauber aufnehmen kann, sind einige infrastrukturelle Maßnahmen erforderlich. Darunter die Erweiterung vorhandener Außenabstellflächen, die Schaffung zusätzlicher witterungsgeschützter Abstellmöglichkeiten, die Anpassung der Flugbetriebsflächen und der Neubau einer Instandsetzungshalle.
Am Standort Laupheim sollen ab Mitte 2030 insgesamt zwölf CH-47F stationiert werden und eine fliegende Einsatzstaffel bilden. Im Rahmen dessen soll am Standort auch eine Einsatzgruppe „Special Operations Forces Air“ (SOF Air) mit separatem Stabsanteil aufgestellt werden, um der NATO eine sogenannte Special Operations Air Task Group zur Verfügung zu stellen. Neben der Einsatzstaffel CH-47F wird am Standort Laupheim auch noch eine Einsatzstaffel H145M LUH SOF mit zukünftig 25 Maschinen stationiert sein. Der Fokus dieses Standortes liegt also klar auf der Durchführung und Unterstützung von Spezialoperationen in der Dimension Luft. Um beide Standorte für den Zielflugbetrieb zu ertüchtigen, bedarf es zusätzlicher Investitionen in Höhe von 750 Millionen Euro für infrastrukturelle Maßnahmen.
CH-47F SR Block II
Die Basisvariante der CH-47 wird bereits seit 1962 eingesetzt und seitdem stetig weiterentwickelt. Im Jahr 2006 wurde dann die Variante CH-47F bei der U. S. Army eingeführt. Mittlerweile befindet sich die CH-47F bei sieben weiteren Nationen im Dienst, darunter Großbritannien, Italien, Kanada, die Niederlande und die Türkei.
Die Block II Variante weist im Vergleich zu ihrem Vorgängermodell verschiedene Verbesserungen auf. Erstens wurde die Flugzeugzelle verstärkt, um mehr Nutzlast befördern zu können. Zweitens reduziert eine leichtere Panzerung des Unterbodens die Gewichtsbelastung bei gleichzeitiger Wahrung des Schutzniveaus. Drittens wurde das Common Infrared Countermeasures-System integriert, welches Schutz vor Erfassung durch gegnerische Flugabwehrraketen bietet. Viertens wurden die im Fahrwerkgehäuse integrierten Treibstofftanks neu ausgerichtet, um Gewicht zu sparen und gleichzeitig 380 Liter zusätzlichen Kraftstoff mitführen zu können. Das entspricht einer Kapazitätssteigerung von rund zehn Prozent. Fünftens wurde das Fluggetriebe modernisiert, was die Drehkraft um ca. zehn Prozent steigert.
Die CH-47F hat eine Spannweite von rund 30 Meter. Der Flugzeugrumpf ist 15,88 Meter lang und die Gesamthöhe beträgt 5,68 Meter. Angetrieben wird der Hubschrauber durch zwei Honeywell T-55-GA-714A Triebwerke mit je 4.800 PS. Diese beschleunigen die CH-47F auf bis zu 302 km/h. Die Dienstgipfelhöhe liegt bei 6096 Metern. Der Einsatzradius beträgt laut Boeing 306 km bei einer Treibstoffkapazität von 4088 Litern. Dank der Möglichkeit zur Luftbetankung kann der Einsatzradius jedoch erweitert werden. Die Nutzlast beträgt 12.656 kg und die maximale Startmasse 24.494 kg. Die Standardbeladung einer CH-47F umfasst bis zu 33 vollausgestattete Infanteristen oder 24 Verwundete auf Tragen plus Sanitäter. Abgesehen von Personen- und Verwundetentransport kann natürlich auch Material mit dem Hubschrauber umgeschlagen werden. So kann zum Beispiel die neue Luftlandeplattform Caracal entweder als Innenlast oder als Außenlast von der CH-47F transportiert werden. Auch der zukünftige luftbewegliche Waffenträger (LuWa) soll mittels des neuen schweren Transporthubschraubers transportiert werden können. Als Bewaffnung können bis zu drei Maschinengewehre mitgeführt werden. Im Falle der Bundeswehr sind das entweder das schwere Maschinengewehr M3M oder die Mini-Gun MG6. Letztere wird allerdings aktuell ausschließlich durch die Spezialkräfte genutzt. Zum Schutz vor feindlichen Flugabwehrsystemen verfügt die CH-47F über Raketenwarnsysteme, Laserdetektionsgeräte und Radardetektionsgeräte sowie Täuschkörper.
Das Cockpit ist mit digitalen Anzeigen und Führungssystemen ausgestattet. Moderne Kommunikationssysteme ermöglichen die Kommunikation und den Datenaustausch mit anderen Teilstreitkräften und verbündeten Streitkräften. Das Digital Automatic Flight Control System ermöglicht den sicheren Flugbetrieb auch unter schlechten Sicht- und Witterungsbedingungen.
Fazit
Der Ersatz der veralteten mittleren Transporthubschrauber CH-53G sowie der veralteten Tornado-Kampfflugzeuge sind wahrscheinlich die beiden wichtigsten und größten Vorhaben der Luftwaffe. Dank des Sondervermögens der Bundeswehr konnten beide nun endlich angegangen werden. Und im Gegensatz zum Tornado wird die CH-53G auch durch die benötigte Stückzahl an neuen schweren Transporthubschraubern ersetzt. Zwar verfügt die Bundeswehr mal über insgesamt 112 CH-53G, allerdings umfasste die Truppe damals auch noch knapp 500.000 Soldaten und 12 Heeresdivisionen. Aktuell befinden sich noch rund 66 dieser Hubschrauber im Bestand der Bundeswehr. 60 neue Schwere Transporthubschrauber, die wesentlich leistungsfähiger sind, stellen dar einen adäquaten Ersatz dar, der wie gesagt auch dem Bedarf der Luftwaffe entspricht. Bei diesem Vorhaben stimmen also ausnahmsweise mal sowohl die Qualität als auch die Quantität. Zwar war der Favorit der Luftwaffe wohl die CH-53K von Lockheed Martin, die auch definitiv ein Stück leistungsfähiger ist. Allerdings sprechen in meinen Augen drei Gründe für die CH-47F von Boeing. Zum einen ist die CH-47F günstiger als die CH-53K. Hätte man sich für die CH-53K entschieden, wären wohl nur 44 statt 60 Schwere Transporthubschrauber beschafft worden. Ob die etwas mehr Leistung der CH-53K die größere Stückzahl und die daraus resultierende Flexibilität wettmachen könnte, wage ich zu bezweifeln. Zweitens ist die CH-74F bei weitem erprobter und verbreiteter als die CH-53K. Mehr als 500 CH-47F befinden sich aktuell weltweit im Einsatz. Zum Vergleich von der CH-53K wurden bisher gerade einmal 212 Stück bestellt. Davon 200 für das U.S. Marine Corps und 12 für die israelischen Streitkräfte. Bedeutet, die CH-47F ist wesentlich ausgereifter und man muss sich nicht mehr mit lästigen Kinderkrankheiten herumschlagen. Drittens bietet die große Verbreitung enormes Kooperationspotenzial bei Ausbildung, Einsatz und Instandhaltung. Hier bieten sich für Deutschland, insbesondere Kooperationen mit den Niederlanden und Großbritannien an, sowie natürlich mit den USA.