Die Bundeswehr befindet sich in der finalen Phase der Beschaffung sogenannter Loitering Munition, einer neuartigen Munitionsart, die in modernen Konflikten wie dem Krieg in der Ukraine zunehmend an Bedeutung gewinnt. Laut Informationen aus dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) sollen in den kommenden Tagen entsprechende Verträge unterzeichnet werden. Bereits im Laufe dieses Jahres sind erste Truppentests geplant, um auf dieser Basis gegen Jahresende über eine mögliche massenhafte Beschaffung zu entscheiden.
Loitering Munition bezeichnet gelenkte Flugkörper, die eigenständig im Zielgebiet kreisen und dort – nach Freigabe durch einen Menschen – mit hoher Präzision meist bewegliche Ziele angreifen. Ein vollständiges Loitering Munition System (LMS) umfasst dabei neben den Flugkörpern auch die zugehörige Kontrolleinheit. Der Ansatz unterscheidet sich deutlich von bisherigen Drohnensystemen der Bundeswehr und eröffnet neue taktische Möglichkeiten.
Für die anstehenden Tests sollen zunächst Systeme der deutschen Start-ups Helsing und STARK beschafft werden. Gleichzeitig soll der Umgang mit Drohnen – sowohl deren Nutzung als auch deren Abwehr – künftig ein fester Bestandteil der allgemeinen Ausbildung aller Soldatinnen und Soldaten werden.
Der Vorstoß der Bundeswehr steht im Kontext eines grundsätzlichen Umdenkens im Bereich unbemannter Systeme. Während in der Vergangenheit vor allem über die Bewaffnung der großen Heron-TP-Drohnen diskutiert wurde, hat der Ukraine-Krieg deutlich gemacht, dass Drohnen heute als Massenware und wesentliches Element moderner Gefechtsführung verstanden werden müssen.
Im Gegensatz zu traditionellen Rüstungsprojekten, bei denen große Mengen beschafft und eingelagert werden, verfolgt die Bundeswehr bei Loitering Munition einen agilen Ansatz: Systeme sollen flexibel, kurzfristig und bedarfsgerecht beschafft werden. Dies erlaubt schnelle technologische Updates – sowohl in Hardware als auch in Software – ähnlich den Innovationszyklen im Ukraine-Krieg, wo Aktualisierungen oft innerhalb weniger Wochen erfolgen.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Einstufung von Loitering Munition als Munition statt als Luftfahrzeug. Dadurch entfallen viele regulatorische Hürden, die sonst für Drohnen gelten würden. Perspektivisch soll diese neue Munitionsart auch künstliche Intelligenz nutzen – etwa zur Zielerkennung, zur Navigation bei gestörter Satellitenverbindung und zur Unterstützung des Bedienpersonals. Die finale Entscheidung über den Waffeneinsatz bleibt jedoch ausdrücklich in menschlicher Hand.
Insgesamt markiert dieses Vorhaben einen Paradigmenwechsel in der Rüstungsstrategie der Bundeswehr: Weg von langfristigen Großbeschaffungen, hin zu einem flexiblen, technologiegetriebenen Beschaffungsmodell. Loitering Munition soll künftig als verbrauchbare Einsatzressource betrachtet und entsprechend regelmäßig modernisiert und ersetzt werden.
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