Bundestag beschließt „Artikelgesetz Zeitenwende“

Bundestag beschließt „Artikelgesetz Zeitenwende“
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow

Um die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu steigern, hat der Deutsche Bundestag am 31. Januar 2025 mit großer Mehrheit das „Artikelgesetz Zeitenwende“ beschlossen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung angesichts aktueller sicherheitspolitischer Herausforderungen zu stärken und die Bundeswehr zu kriegstüchtigen Streitkräften weiterzuentwickeln. Damit soll Deutschland seinen Verpflichtungen innerhalb der NATO nachkommen und ab 2025 umfassend einsatzbereite Streitkräfte sowie verlässlich abrufbare militärische Fähigkeiten gewährleisten.

Ein zentraler Aspekt ist die Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft, was umfangreiche rechtliche Anpassungen erfordert. Diese sind im „Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr“, besser bekannt als „Artikelgesetz Zeitenwende“, enthalten. Die sicherheits- und verteidigungspolitische Zeitenwende erfordert eine erhöhte Verfügbarkeit von militärischem Personal. Daher muss die Bundeswehr verstärkt neues Personal gewinnen und bestehendes binden. Dafür sind attraktive Rahmenbedingungen erforderlich, insbesondere in den Bereichen soziale Absicherung, Besoldung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das „Artikelgesetz Zeitenwende“ bringt zahlreiche Verbesserungen mit sich, die von Arbeitszeitregelungen bis hin zu Zulagen reichen. Es umfasst Anpassungen in den Bereichen Arbeitszeit, Mobilität, Besoldung, Vergütung, Versorgung, Laufbahnrecht sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nicht alle Änderungen werden dabei direkt durch das Artikelgesetz bewirkt, sondern ergänzend durch zwei begleitende Verordnungsverfahren. Insgesamt ergibt sich ein Maßnahmenpaket, das sowohl das Gesetz selbst als auch acht weitere Verordnungen umfasst. Noch im Frühjahr 2025 soll das Gesetz in Kraft treten.

Wichtige Änderungen des „Artikelgesetzes Zeitenwende“

  • Besoldungs- und versorgungsrechtliche Verbesserungen:
    Soldatinnen und Soldaten mit besonderen Alarmierungsverpflichtungen – etwa im Rahmen des NATO Force Models, der Allied Reaction Force oder zur Unterstützung militärischer Evakuierungsoperationen – erhalten eine zusätzliche Vergütung. Diese ist gestaffelt und beträgt zwischen 75 Euro monatlich bei einer Rückkehrzeit von 24 bis 48 Stunden und bis zu 500 Euro monatlich bei einer Rückkehrzeit zur Dienststelle von höchstens zwei Stunden.
  • Erhöhung des Auslandsverwendungszuschlags:
    Für besondere Auslandseinsätze wird der steuerfreie Auslandsverwendungszuschlag erhöht. Beispielsweise steigt der Zuschlag für Einsätze in der Very High Readiness Joint Task Force (Marine) von 69 auf 77 Euro pro Tag, für die Enhanced Forward Presence in Litauen von 85 auf 93 Euro und für den UNIFIL-Einsatz im Libanon von 103 auf 111 Euro pro Tag.
  • Ehepartnerzuschlag bei Auslandsstationierungen:
    Soldatinnen und Soldaten, die ins Ausland versetzt werden, sollen finanzielle Nachteile für mit umziehende Ehepartner abfedern können. Insbesondere soll ein Zuschuss zu den Rentenversicherungsbeiträgen des mitziehenden Ehegatten gezahlt werden. Die Höhe des Zuschlags richtet sich nach dem Grundgehalt und kann bis zu 1300 Euro monatlich steuerfrei betragen. Für einen Hauptfeldwebel oder Hauptsekretär (A8) bedeutet dies beispielsweise rund 800 Euro netto pro Monat.
  • Erhöhung der Übergangsbeihilfe:
    Um lange Verpflichtungszeiten als Soldatin oder Soldat auf Zeit attraktiver zu machen, wird die Übergangsbeihilfe für Verpflichtungszeiten von über 20 Jahren erhöht. So würde ein Oberstabsgefreiter mit 25 Jahren Dienstzeit künftig rund 50.000 Euro brutto als Übergangsbeihilfe erhalten – etwa 10.000 Euro mehr als bisher.
  • Verbesserung der Mobilität für militärisches Personal:
    Änderungen bei Trennungsgeld und Reisebeihilfen sollen Umzüge mit Familie, insbesondere nach Litauen, erleichtern. Beispielsweise werden alle Angehörigen der Bundeswehr in Litauen künftig bis zu sechs Reisebeihilfen für Heimfahrten pro Jahr erhalten. Zudem gibt es verbesserte Regelungen für Soldatinnen und Soldaten, die nach ihrer Einsatzzeit in Litauen zurückkehren und bei der Wahl ihres Wohnorts besser unterstützt werden.
  • Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts:
    Sofern dienstlich möglich, kann die Wochenarbeitszeit flexibler gestaltet und auf vier Tage verteilt werden.
  • Mehr Personal im Sanitätsdienst und Praxisaufstieg für Mannschaften:
    Der Sanitätsdienst ist ein entscheidender Faktor für die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr. Daher wird die Höchstverpflichtungsdauer im Sanitätsdienst auf bis zu 30 Jahre verlängert. Zudem wird es militärischen Fachärztinnen, Krankenpflegern und anderem medizinischem Personal ermöglicht, bis zu fünf Jahre länger als Soldatinnen und Soldaten auf Zeit tätig zu sein, ohne sich auf eine Laufbahn als Berufssoldatin oder -soldat festlegen zu müssen.

Gesetzgebungsverfahren und Umsetzung

Als „Artikelgesetz“ oder „Mantelgesetz“ wird eine Gesetzesform bezeichnet, mit der mehrere bestehende Gesetze und Verordnungen gleichzeitig geändert werden. Das „Artikelgesetz Zeitenwende“ umfasst unter anderem Änderungen am Soldatengesetz, am Bundesbesoldungsgesetz und weiteren Spezialgesetzen wie dem Arbeitssicherstellungsgesetz, das im Spannungs- und Verteidigungsfall greift.

Das Gesetzgebungsverfahren basiert auf dem Grundgesetz. Nach zwei weiteren Lesungen im Bundestag wird das Gesetz dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt. Anschließend erfolgt die Ausfertigung durch Verteidigungsminister Boris Pistorius und die abschließende Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten. Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt das Gesetz in Kraft.

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