Zur Umsetzung der neuen Kräftekategorie des Heeres, der „Mittleren Kräfte“, erhalten die deutschen Landstreitkräfte 150 Radschützenpanzer des Typs „Schakal“. Diese sollen einen Teil der veralteten SPz Marder ersetzen und verbinden das bewährte Boxer-Fahrmodul mit dem unbemannten RCT30-Turm des Schützenpanzers „Puma“.
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Beschaffungsvorhaben
Am 15. Oktober 2025 erteilte der Haushaltsausschuss des Bundestages grünes Licht für die Beschaffung des Radschützenpanzers „Schakal“ samt eines umfangreichen Logistikpakets mit Ersatzteilen, Ausbildungsmitteln und Sonderwerkzeugen. Nur zwei Tage später, am 17. Oktober 2025, unterzeichneten Deutschland und die Niederlande bei der europäischen Rüstungsorganisation OCCAR offiziell den 18. Änderungsvertrag mit der ARTEC GmbH.
Mit diesem Änderungsvertrag wurden verbindlich 222 Radschützenpanzer „Schakal“ bestellt, davon 150 Systeme für die Bundeswehr und 72 für die niederländischen Streitkräfte. Auftragnehmer ist die ARTEC GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen von Rheinmetall und KNDS Deutschland. Der Vertrag enthält zusätzlich Optionen für bis zu 248 weitere Fahrzeuge — 200 für Deutschland und 48 für die Niederlande.
Das Kostenvolumen für den deutschen Anteil beläuft sich auf 3,4 Milliarden Euro und wird aus dem Einzelplan 14 finanziert. Neben den Fahrzeugen selbst umfasst der Vertrag optionale Zusatzleistungen wie Schutz gegen Panzerabwehrhandwaffen, Systeme zur Beschussdetektion und -identifikation sowie Drohnenabwehrsysteme. Zur Vorbereitung der Serienfertigung wird eine Vorauszahlung in Höhe von 222 Millionen Euro geleistet.

Die Auslieferung ist für den Zeitraum 2027 bis 2031 vorgesehen. Die Bundeswehr soll ihre ersten Serienfahrzeuge ab Ende 2027 erhalten; die vollständige Lieferung aller deutschen Systeme wird bis 2031 abgeschlossen. Die niederländischen Streitkräfte müssen etwas länger warten — ihre ersten Fahrzeuge sind für Ende 2028 geplant.
Der Radschützenpanzer „Schakal“ wird das primäre Waffensystem der Panzergrenadierbataillone der neu aufgestellten Kräftekategorie „Mittlere Kräfte“ sein. Nach aktueller Planung sollen insgesamt zwei Verbände inklusive Schul- und Übungsorganisation mit dem Schakal ausgestattet werden.
Fachleute gehen jedoch davon aus, dass nach der Finalisierung der zukünftigen Heeresstruktur weitere Beschaffungen folgen werden. Zudem ist der Aufbau einer Umlaufreserve vorgesehen, wofür zusätzliche Fahrzeuge benötigt werden. Sollte die im Vertrag enthaltene Zusatzoption vollständig gezogen werden, würde das Deutsche Heer über bis zu 350 Radschützenpanzer „Schakal“ verfügen. Diese Menge würde ausreichen, um fünf bis sechs Panzergrenadierbataillone auszurüsten und gleichzeitig eine Umlaufreserve von 40 Prozent bereitzustellen.
Technische Daten – SPz Schakal
Der Schakal vereint das Boxer-Fahrmodul in der weiterentwickelten Version Future Common Drive Module mit einem Maschinenkanonen-Missionsmodul, das den unbemannten Turm RCT30 des Schützenpanzers Puma nutzt. Das Fahrzeug misst 7,9 Meter in der Länge, 2,99 Meter in der Breite und 3,5 Meter in der Höhe bei einem Gefechtsgewicht von 38,5 Tonnen. Die Besatzung besteht aus drei Soldaten sowie sechs bis sieben Grenadieren.
Der Schakal wird das erste Boxerfahrzeug der Bundeswehr mit dem neuen Future Common Drive Module sein. Dieses Standard-Fahrmodul orientiert sich stark an der britischen Variante und verfügt über eine maximale Traglast von 40 Tonnen. Die erhöhte Nutzlast wird durch neue Reifen und Modifikationen am Fahrwerk ermöglicht. Eine wesentliche Neuerung betrifft die Wanne, die künftig über eine 6-Punkt-Lagerung für Missionsmodule verfügt; das bisherige Bundeswehr-Fahrmodul nutzte eine 4-Punkt-Lagerung. Trotz dieser Änderung bleibt die Abwärtskompatibilität erhalten, sodass bestehende Missionsmodule weiterhin eingesetzt werden können.
Bemerkenswert ist die flexible Triebwerksauslegung: Die Fahrmodule können sowohl den herkömmlichen MTU-Dieselmotor 8V 199 TE20 mit 720 PS als auch den aus dem britischen Programm stammenden 8V 199 TS21 mit 815 PS aufnehmen. Die Interoperabilität geht so weit, dass ein ausgefallenes TE20-Triebwerk im Einsatz sofort durch ein TS21 ersetzt werden könnte.
Mit einer Motorleistung von bis zu 815 PS erreicht der Schakal eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und eine Reichweite von 750 Kilometern. Das Fahrzeug bewältigt Steigungen von bis zu 60 Prozent und Querneigungen von bis zu 30 Prozent. Gräben mit einer Breite von bis zu zwei Metern können überwunden werden.
Die Hauptbewaffnung besteht aus der stabilisierten MK 30-2/ABM im Kaliber 30 × 173 mm von Rheinmetall. Sie ermöglicht die präzise Bekämpfung beweglicher Ziele im Stand wie auch während der Fahrt. Die Besatzung kann über den automatischen Doppelgurtzuführer per Knopfdruck zwischen zwei Munitionssorten wechseln. Der Turm fasst bis zu 200 Schuss für die Hauptwaffe. Die maximale Kampfentfernung beträgt bis zu 3.000 Meter, der Höhenrichtbereich reicht von -10 bis +45 Grad, die Feuerrate liegt bei 200 Schuss pro Minute.

Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Drohnen hat KNDS Deutschland den RCT30 weiterentwickelt und mit Fähigkeiten zur Drohnenabwehr versehen. Fachleute betonen, dass wirksame Drohnenabwehr ein mehrschichtiges Konzept erfordert. Der modernisierte Turm kann daher einen wichtigen Beitrag zum Selbstschutz des Fahrzeugs und der abgesessenen Truppe gegen Kleinstdrohnen leisten. Gut informierten Kreisen zufolge werden die Serienfahrzeuge über diese Fähigkeit verfügen.
Die Panzerabwehrfähigkeit wird durch einen links am Turm montierten Doppelstarter für die Panzerabwehrlenkflugkörper MELLS (Spike LR/LR2) mit einer Reichweite von bis zu 5,5 Kilometern gewährleistet. Ein koaxiales Maschinengewehr MG5 ergänzt die Bewaffnung. Optional kann eine fernbedienbare Waffenstation integriert werden.
Der Basisschutz umfasst Widerstandsfähigkeit gegen Panzerabwehr- und Antipersonenminen, Rundumschutz gegen Beschuss durch schwere Maschinengewehre sowie Schutz vor Artilleriesplittern. Optional kann zusätzlicher Schutz gegen mittlere Kaliber und Bomblets installiert werden.
Ein wesentliches Element bildet das Softkill-Aktivschutzsystem MUSS 2.0, das zur Abwehr von Panzerabwehrlenkflugkörpern und lasergelenkter Munition entwickelt wurde. In den vergangenen acht Jahren wurden über 350 MUSS-Systeme für das erste Los des SPz Puma ausgeliefert, womit MUSS derzeit das einzige weltweit in Serie produzierte und operativ eingesetzte aktive Softkill-Schutzsystem für Landfahrzeuge ist.
Mit MUSS 2.0 bietet HENSOLDT ein Aktivschutzsystem der nächsten Generation mit gestaffelter Schutzlösung für mittelgewichtige gepanzerte Fahrzeuge, selbstfahrende Artilleriesysteme, Schützenpanzer und Kampfpanzer. Das System wehrt Bedrohungen in sicherer Entfernung von der Plattform ab, um Kollateralschäden zu minimieren. Es bietet eine 360-Grad-Überwachung mit mehreren Kilometern Reichweite und nutzt passive Sensorik anstelle aktiver Radarsensoren, wodurch die Signatur des Fahrzeugs minimiert wird.
Zur Standardausrüstung gehören Klimaanlage und ABC-Schutzsystem, eine Feuerlöschanlage im Motorraum sowie ein Brandunterdrückungssystem im Mannschaftsraum. Optional können ein Hardkill-Schutzsystem, elektronische Gegenmaßnahmen und ein Laserwarnsystem nachgerüstet werden.
Für die Aufklärung kommt die Optronic Digital Waffenstation (WAO) zum Einsatz, ein stabilisiertes elektro-optisches Zielerfassungssystem mit großer Reichweite. WAO Digital verfügt über hochauflösende Infrarot- und Tageslichtsensoren mit stufenlosem Zoom und vollständiger Stabilisierung. Durch Bildfusion aus Tag- und Nachtsichtkanälen wird die Beobachtungsleistung weiter verbessert. Ergänzt wird die Sensorik durch das vom Puma bekannte 360-Grad-Rundumsichtsystem.
Berichten zufolge wird der Schakal über einen Kampfraum mit ähnlichem Volumen wie der Puma verfügen. Dies ermöglicht die Unterbringung der vollständigen eingeführten Gruppenausstattung im Fahrzeug. Neben der dreiköpfigen Besatzung (Fahrer, Kommandant, Richtschütze) bietet der Kampfraum Platz für sechs vollausgerüstete Grenadiere.
Im Unterschied zum Puma verfügt der Radschützenpanzer jedoch über einen etwas schmaleren, dafür höheren Kampfraum. Dadurch entfällt die beim Puma bestehende Größenbeschränkung für die Besatzung, sodass auch weiterhin Grenadiere mit größerer Körpergröße in der Truppe eingesetzt werden können.
Fazit
Mit dem SPz „Schakal“ erhält das Deutsche Heer zweifellos einen der leistungsfähigsten Radschützenpanzer der Welt. Darüber hinaus stellt diese Beschaffung einen weiteren wichtigen Schritt zur Realisierung der „Mittleren Kräfte“ dar. Entscheidend wird nun sein, dass die Systeme auch im vorgesehenen Zeitraum ausgeliefert werden. Im Vergleich zur ursprünglichen Planung ist das Vorhaben bereits erheblich verzögert – vor allem aufgrund der Auswahl des neuen Future Common Drive Module sowie des politischen Scheiterns der Ampelkoalition.
Anzumerken ist, dass dies auch für viele weitere Projekte im Kontext der „Mittleren Kräfte“ gilt, etwa für die geplanten Radhaubitzen oder die Brückenlegepanzer Rad. Abgesehen von den Schweren Waffenträgern Infanterie und nun den Radschützenpanzern wurden zahlreiche weitere notwendige Beschaffungen bislang nicht genehmigt.
Neben der Zeitfrage bleibt auch die letztlich zu beschaffende Stückzahl des SPz „Schakal“ abzuwarten. Eine Umlaufreserve von 40 Prozent wäre zweifellos sinnvoll. Ob jedoch tatsächlich fünf bis sechs Panzergrenadierbataillone mit Radschützenpanzern benötigt werden, erscheint fraglich. Bei der aktuell vorgesehenen Struktur einer Brigade Mittlere Kräfte würde dies nämlich insgesamt fünf bis sechs solcher Brigaden bedeuten – und nicht, wie bisher geplant, drei.
Aus meiner Sicht wäre es für das Deutsche Heer sinnvoller, stärker in schwere Kräfte als in mittlere zu investieren. Deutschland müsste im Ernstfall gemeinsam mit Polen den Großteil der Landstreitkräfte zur Verteidigung der NATO-Ostflanke stellen. Ein Blick auf die britischen und französischen Heere zeigt zudem, dass es europäischen Landstreitkräften weniger an leichten oder mittleren, sondern vor allem an schweren Kräften mangelt. Daher sollte Deutschland eher zusätzliche schwere Brigaden aufstellen, statt weitere Brigaden der Mittleren Kräfte zu schaffen.
