Die Zukunft der Luftwaffe – Rüstungsprojekte & Organisation

Foto: Airbus 2023

Die Luftwaffe steht vor der größten Modernisierung ihrer Geschichte. Mit Investitionen in Milliardenhöhe soll sie zu einer der schlagkräftigsten Luftstreitkräfte Europas werden. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die zukünftige Organisation und Ausrüstung der Luftwaffe.

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Organisation

An der Spitze der Teilstreitkraft steht das Kommando Luftwaffe. Ihm unterstehen das Air Component Command, das Luftwaffentruppenkommando, das Weltraumkommando sowie die Continuing Airworthiness Management Organisation der Bundeswehr und das Luftfahrtamt der Bundeswehr.

Air Component Command

Das Air Component Command hat seinen Standort in Kalkar und Uedem und ging aus dem früheren Zentrum Luftoperationen hervor. Diese Neuausrichtung soll die Luftwaffe als reaktionsfähige Teilstreitkraft positionieren und als verlässlichen Bündnispartner festigen.

Die Struktur orientiert sich bewusst an bewährten NATO-Organisationsformen für die Planung und Durchführung von Luftoperationen und ist speziell auf eine dauerhafte Einsatzbereitschaft in der Landes- und Bündnisverteidigung ausgelegt.

In Krisenlagen kann das ACC als NATO Joint Force Air Component Headquarters fungieren und übernimmt dann die vollständige Verantwortung für Planung und Führung von Operationen in einem zugewiesenen Einsatzgebiet. Diese Aufgabe kann es auch stellvertretend für das Headquarters Allied Air Command in Ramstein wahrnehmen.

Luftwaffentruppenkommando

insbesondere sechs Taktische Luftwaffengeschwader, das Lufttransportgeschwader 62, das Hubschraubergeschwader 64, das Flugabwehrraketengeschwader 1, das Objektschutzregiment sowie die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung.

Mittelfristig ist der Aufbau eines zweiten Flugabwehrraketengeschwaders vorgesehen, das einen flächendeckenden Schutz für die gesamte Bundesrepublik gewährleisten soll. Diese Entscheidung beruht auf den aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen: Die gezielten Angriffe auf zivile Ziele – darunter Wohngebiete, medizinische Einrichtungen, religiöse Stätten, Kultureinrichtungen und Einkaufszentren – im Krieg gegen die Ukraine verdeutlichen, dass eine leistungsfähige Luftverteidigung für europäische Staaten unverzichtbar geworden ist.

Nach derzeitigem Planungsstand soll mit der Aufstellung des zweiten Geschwaders frühestens in den 2030er-Jahren begonnen werden – vorausgesetzt, die Luftwaffe kann ihre Personalstärke entsprechend ausbauen.

Weltraumkommando

Das Weltraumkommando verdeutlicht die wachsende strategische Bedeutung des Weltraums für Sicherheit und Verteidigung. Die Handlungs- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und seiner Verbündeten hängt heute entscheidend von zuverlässigen Datenströmen, Kommunikationsverbindungen, Navigationssystemen und Frühwarnsystemen aus dem All ab.

Das Kommando gliedert sich in zwei zentrale operative Bereiche mit komplementären Aufgaben:

  • Die Abteilung Weltraumlage bildet die organisatorische Schnittstelle zum Weltraumlagezentrum, das gemeinsam mit der Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt betrieben wird. Im durchgehenden Schichtbetrieb wird der erdnahe Weltraum überwacht, mögliche Bedrohungen für deutsche und verbündete Satelliten werden identifiziert, und die Auswirkungen des Weltraumwetters auf Satelliten sowie auf erdgebundene Systeme kontinuierlich analysiert. Diese permanente Überwachung ermöglicht eine frühzeitige Gefahrenerkennung und stellt die Funktionsfähigkeit weltraumgestützter Systeme sicher.
  • Die Abteilung Planen und Führen von Weltraumoperationen befindet sich noch im Aufbau. Sie wird künftig auf Basis der gewonnenen Lageinformationen bei Bedarf militärische Gegenmaßnahmen in Abstimmung mit den zuständigen Bundeswehrdienststellen einleiten. Damit entsteht die operative Komponente des deutschen Weltraumkommandos, die Deutschland langfristig die Fähigkeit zur aktiven Weltraumverteidigung verschaffen soll.

Continuing Airworthiness Management Organisation der Bundeswehr

Die Continuing Airworthiness Management Organisation der Bundeswehr (CAMO Bw) wurde im Juli 2025 am Standort Köln-Wahn offiziell in Dienst gestellt. Mit ihrer Aufstellung verfolgt die Bundeswehr das Ziel, bis 2030 ausschließlich nach den DEMAR-Vorschriften zu verfahren – der deutschen Umsetzung der europäischen militärischen Lufttüchtigkeitsanforderungen. Das bislang parallel genutzte ältere Verfahren wird schrittweise beendet. Die CAMO Bw bildet künftig das zentrale Element für die Verwaltung der Lufttüchtigkeit sämtlicher militärischer Luftfahrzeuge.

Um alle nach DEMAR geforderten Aufgaben erfüllen zu können, verändert sich die Aufgabenverteilung zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und den Teilstreitkräften. Marine, Heer, Luftwaffe und BAAINBw übertragen Teile ihrer bisherigen Zuständigkeiten an die CAMO Bw. Dadurch werden alle technischen Steuerungsmaßnahmen für die Luftfahrzeuge der Bundeswehr in einer zentralen Organisation gebündelt – ein Ansatz, der effizienter und ressourcenschonender ist als separate Strukturen in jeder Teilstreitkraft.

Luftfahrtamt der Bundeswehr

Seit Oktober 2024 ist das Luftfahrtamt der Bundeswehr organisatorisch dem Inspekteur der Luftwaffe als Verantwortlichem für die Dimension Luft unterstellt. Diese Neustrukturierung stärkt die fachliche Zusammenarbeit im Luftbereich und stellt einen wichtigen Schritt in der Reorganisation der Bundeswehr dar.

Das Luftfahrtamt fungiert als Aufsichts- und Regulierungsbehörde für den militärischen Flugbetrieb. In seiner fachlich unabhängigen Rolle arbeitet es eng mit allen Bundeswehrdienststellen zusammen, die mit der Beschaffung, Instandhaltung und dem Betrieb von Luftfahrzeugen sowie mit der Durchführung des Flugbetriebs befasst sind.

Rüstungsprojekte

Kampfflugzeuge

Eurofighter

Der Eurofighter bildet das Rückgrat der deutschen Kampfflugzeugflotte – und wird dies auch in den kommenden Jahrzehnten bleiben. Derzeit verfügt die Luftwaffe über 138 Eurofighter der Tranchen 1, 2, 3 und 3A, die schrittweise modernisiert und teilweise ersetzt werden.

Ein entscheidender Modernisierungsschritt ist der Ersatz der 33 Eurofighter der ersten Tranche durch 38 neue Eurofighter der Tranche 4. Diese Maschinen stellen einen erheblichen technologischen Fortschritt gegenüber ihren Vorgängern dar. Sie sind mit dem modernen E-Scan-Radar ausgestattet, das das bisherige mechanische Captor-Radarablöst und deutliche Vorteile bei Reichweite, Auflösung und Störfestigkeit bietet. Die Kosten für die Tranche 4 betragen rund 5,5 Milliarden Euro; die Auslieferung soll bis 2030 vollständig abgeschlossen sein.

Parallel dazu werden die verbleibenden 105 Eurofighter der Tranchen 2, 3 und 3A fortlaufend modernisiert – unter anderem durch die Integration neuer Radarsysteme mit elektronischer Strahlschwenkung (ECRS Mk1) sowie eines innovativen Pilotenhelmsystems, des Typhoon Future Helmet Striker II.

Darüber hinaus wird die Eurofighter-Flotte weiter ausgebaut. Bereits auf der ILA 2024 in Berlin hatte der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz die Beschaffung von 20 zusätzlichen Eurofightern angekündigt. Dieses Vorhaben wurde am 8. Oktober 2025 vom Haushaltsausschuss des Bundestages offiziell genehmigt. Eine Woche später, am 15. Oktober, schloss die Bundesregierung den Vertrag mit Airbus Defence and Space.

Die Luftwaffe erhält damit 20 weitere Eurofighter im Rahmen einer fünften Tranche sowie 52 EJ200-Triebwerke für insgesamt rund 3,75 Milliarden Euro. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums beginnt die Auslieferung 2031; jährlich sollen fünf Maschinen fertiggestellt und ausgeliefert werden. Die vollständige Lieferung wird voraussichtlich 2034 abgeschlossen sein.

Eurofighter EK - das zukünftige EloKa-Kampfflugzeug der Bundeswehr
Eurofighter Tranche 5 | Foto: Airbus Defence and Space SAU 2025

Eurofighter EK

Laut dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) sollen die Eurofighter der Tranche 5 die veralteten Tornado ECR vollständig ersetzen. Sollte dies zutreffen, handelt es sich bei den 20 zusätzlichen Maschinen um den Step 2 im Rahmen des Eurofighter-EK-Vorhabens. In diesem Schritt, der bis 2035 umgesetzt werden soll, sollen die Eurofighter EK zur Fähigkeit des „Escort Support Jamming“ befähigt werden.

Gemeinsam mit den bereits beauftragten 15 Eurofightern EK des Step 1 wird die Luftwaffe künftig über insgesamt 35 Eurofighter EK verfügen. Bei den 15 Maschinen des Step 1 handelt es sich nicht um Neubauten, sondern um die Umrüstung bestehender Eurofighter der Tranche 4.

Allerdings deckt die Beschaffung von 20 weiteren Eurofightern im Rahmen der fünften Tranche den Gesamtbedarf der Luftwaffe nicht. Dieser wurde in der Vergangenheit mehrfach mit 40 bis 50 zusätzlichen Maschinen beziffert, um die Tornado-IDS-Flotte vollständig zu ersetzen.

Deutschland plant 1,2 Milliarden Euro Auftrag für Eurofighter-EK-Vorhaben.
Eurofighter EK / Foto: Airbus

F-35A Lightning II

Als Alternative steht weiterhin auch die Beschaffung zusätzlicher F-35A Lightning II im Raum.

Derzeit sind 35 F-35A Lightning II als Ersatz für einen Teil der veralteten Tornado IDS und zur Sicherstellung der nuklearen Teilhabe bestellt. Diese Beschaffung stellt eine der bedeutendsten Investitionen in die Luftwaffe der vergangenen Jahrzehnte dar.

Die Kosten für die 35 Maschinen belaufen sich auf rund 7,6 Milliarden Euro. Unter Einbeziehung der Ausgaben für Munition sowie infrastrukturelle Maßnahmen steigt das Gesamtvolumen auf etwa 10 Milliarden Euro, finanziert aus dem Sondervermögen Bundeswehr. Die Auslieferung der Flugzeuge erfolgt im Zeitraum 2026 bis 2029.

Von den 35 F-35A werden 27 Maschinen am Fliegerhorst Büchel stationiert, wo sie insbesondere die nukleare Teilhabe Deutschlands sicherstellen. Die verbleibenden acht Flugzeuge verbleiben zu Ausbildungszwecken in den USA.

Um die Einsatzfähigkeit langfristig zu sichern, plant die Bundesregierung die Beschaffung von 15 weiteren F-35A für rund 2,5 Milliarden Euro, womit die Flotte auf insgesamt 50 Maschinen anwachsen würde. Zwar dementiert das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) bislang konkrete Planungen für eine Nachbeschaffung, doch gilt der Bedarf an zusätzlichen Flugzeugen als eindeutig – eine Ergänzungsbeschaffung dürfte somit lediglich eine Frage der Zeit sein.

Beschaffung von 15 weiteren F-35A wird konkreter
Niederländische F-35A | Foto: DVIDS/Staff Sgt. Jesenia Landaverde (The appearance of U.S. Department of Defense (DoD) visual information does not imply or constitute DoD endorsement.)

Future Combat Air System (FCAS)

Langfristig soll der Eurofighter durch das Future Combat Air System (FCAS) ersetzt werden – eines der ambitioniertesten Rüstungsprojekte Europas. Das System wird gemeinsam von Frankreich, Deutschland und Spanien entwickelt und soll ein modernes Luftkampfsystem hervorbringen, das ab etwa 2040 in den Luftstreitkräften dieser drei Nationen zum Einsatz kommen wird.

FCAS umfasst mehrere miteinander vernetzte Komponenten: den Next Generation Fighter (NGF) als Mehrzweckkampfflugzeug der sechsten Generation, verschiedene unbemannte Begleitdrohnen, die sogenannten Remote Carriers, sowie eine digitale Infrastruktur – die Combat Cloud –, welche alle Elemente in Echtzeit miteinander verbindet.

Dieses integrierte System soll die Luftkriegführung grundlegend verändern und Europa eine technologische Führungsrolle in der Entwicklung von Kampfflugzeugen der sechsten Generation sichern.

Trotz dieser visionären Zielsetzung steht FCAS vor erheblichen Herausforderungen. Verzögerungen, industrielle Interessenkonflikte und technische Risiken werfen die Frage auf, ob das Projekt tatsächlich in der geplanten Form realisiert werden kann.

Quo Vadis, FCAS?
Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt

Unbemannte Luftfahrzeuge

Collaborative Combat Aircraft (CCA)

Ergänzt werden sollen die bemannten Kampfflugzeuge künftig durch bis zu 400 unbemannte „Collaborative Combat Aircraft“ (CCA). Diese Drohnen sollen in enger Kooperation mit bemannten Plattformen operieren und deren Einsatzmöglichkeiten erheblich erweitern.

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall führt bereits intensive Gespräche mit den US-Unternehmen Lockheed Martin, Boeing und Anduril über eine strategische Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Beschaffung dieser Systeme. Dabei gilt der Faktor Zeit als entscheidend – was insbesondere etablierte Anbieter begünstigt, die bereits über Erfahrung und technologische Reife in diesem Bereich verfügen.

Bei einem möglichen Gemeinschaftsprojekt mit einem US-amerikanischen Partner würde voraussichtlich ein Anteil von 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung auf den amerikanischen Partner entfallen, während der Rest auf europäische Unternehmen verteilt würde.

Als wahrscheinliche Kandidaten für die geplante Beschaffung gelten derzeit die MQ-28 „Ghost Bat“ von Boeing sowie die XQ-58A „Valkyrie“ des US-Unternehmens Kratos.

MQ-28 „Ghost Bat“ | Foto: HoHo3143 – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=162059699

German Heron TP (GHTP)

Parallel zur geplanten Beschaffung der Collaborative Combat Aircraft (CCA) setzt die Luftwaffe weiterhin auf die bewährte German Heron TP als kurzfristig verfügbare Aufklärungs- und Wirkungsplattform. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat am 10. September 2025 den Kauf von drei weiteren Heron-TP-Drohnenaus Israel genehmigt, die ab 2028 zur Verfügung stehen sollen.

Die neuen Systeme werden mit fortschrittlicher Nutzlast ausgestattet und für die Bewaffnung mit israelischen Waffensystemen vorbereitet, was ihre operative Flexibilität deutlich erweitert. Durch diese Beschaffung erhöht sich die einsatzfähige Heron-TP-Flotte der Bundeswehr von derzeit fünf auf acht Systeme, womit Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft spürbar gesteigert werden.

Das Gesamtpaket – einschließlich Betriebskosten, Ersatzteilen und Schulungen – beläuft sich auf rund 629,5 Millionen Euro und soll die Nutzung der Heron-Flotte bis mindestens 2034 sicherstellen.

Drohnen, Raketen und Panzer: Sieben neue Großprojekte für die Bundeswehr
German Heron TP | Foto: Bundeswehr/Ann-Kathrin Steinbring

Eurodrohne

Die Eurodrohne, offiziell European MALE RPAS genannt, soll langfristig die German Heron TPablösen. Dieses Remotely Piloted Aircraft System (RPAS) der MALE-Klasse (Medium Altitude Long Endurance) wird von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien als gleichberechtigte Partner gemeinsam entwickelt.

Der Erstflug der Eurodrohne ist für Januar 2027 geplant, die Auslieferung an die vier beteiligten Staaten soll ab 2030 beginnen – ein ehrgeiziger Zeitplan, der eine enge Abstimmung zwischen Entwicklung und Produktion erfordert.

Für die deutsche Luftwaffe sind insgesamt sieben Systeme mit jeweils drei Drohnen vorgesehen. Das Projekt wird aus dem Sondervermögen der Bundeswehr finanziert. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf rund 12,5 Milliarden Euro, verteilt auf die vier Partnernationen – und zählt damit zu den größten europäischen Rüstungskooperationen der vergangenen Jahre.

Hauptauftragnehmer ist Airbus Defence and Space, unterstützt von den Industriepartnern Dassault Aviation (Frankreich) und Leonardo (Italien).

Eurodrohne erreicht finale Designphase
Eurodrohne | Foto: DeffiSK / Wikimedia Commons

Spezialflugzeuge

Luftgestützte Wirkung im elektromagnetischen Spektrum (LuWES)

Da die Dominanz im elektromagnetischen Spektrum als Schlüsselfähigkeit für moderne Luftoperationen gilt und Europa in diesem Bereich weitgehend von den USA abhängig ist, kommt dem deutschen Projekt „Luftgestützte Wirkung im elektromagnetischen Spektrum“ (LuWES) besondere Bedeutung zu.

LuWES wird seit mehreren Jahren vom Beschaffungsamt der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit acht deutschen Unternehmen vorangetrieben. Bis Ende 2025 sollen weitere Arbeitspakete zur Entwicklung eines Stand-off-Jammers umgesetzt werden, mit dem aus mehreren hundert Kilometern Entfernung feindliche Radar- und Luftverteidigungsstellungen gestört werden können.

Als mögliche Trägerplattformen standen verschiedene Flugzeugtypen zur Debatte – etwa der Airbus A320, der A400M sowie Businessjets von Bombardier. Die Luftwaffe hat sich allerdings kürzlich gegen den A400M entschieden, obwohl dessen vier Triebwerke ihn eigentlich für den Betrieb leistungsstarker Jammer prädestiniert hätten. Stattdessen favorisiert sie die Integration der Systeme auf einem Businessjet, da dieser die Anforderungen an Agilität, Höchstgeschwindigkeit und Dienstgipfelhöhe besser erfülle.

Diese Präferenz birgt jedoch Risiken für den Zeitplan: Die geplante Initial Operational Capability (IOC) bis 2029 könnte dadurch gefährdet sein. Insgesamt ist die Beschaffung von bis zu 16 Stand-off-Jammernvorgesehen.

Persistent German Airborne Surveillance System (PEGASUS)

Bei der Signalaufklärung setzt Deutschland auf das System PEGASUS (Persistent German Airborne Surveillance System) des Unternehmens Hensoldt. Bereits drei Systeme wurden bestellt. Sie basieren auf Bombardier Global 6000-Flugzeugen, von denen das erste 2027 an die Truppe übergeben werden soll.

Angesichts der veränderten Sicherheitslage seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sieht die Bundeswehr einen zusätzlichen Bedarf an luftgestützter Aufklärung. Nach Angaben gut informierter Kreise werden drei bis sechs weitere Systeme als erforderlich eingeschätzt. Eine Folgebeauftragung von Hensoldt gilt als wahrscheinlich, da das Unternehmen bereits über umfassende Erfahrungen bei Entwicklung und Integration verfügt.

PEGASUS - Erstflug erfolgreich absolviert
PEGASUS | Foto: Bombardier

Airborne Early Warning and Control System (AWACS)

Darüber hinaus könnte die Luftwaffe erstmals in ihrer Geschichte eigene Frühwarnflugzeuge erhalten, um die bestehende Fähigkeitslücke in der luftgestützten Frühwarnung zu schließen. Bisher stützt sich Deutschland in diesem Bereich ausschließlich auf die E-3A AWACS-Flugzeuge der NATO Airborne Early Warning & Control Force, deren Nutzungsdauer jedoch 2035 endet.

Zwar hat die NATO bereits die Boeing E-7A Wedgetail als offiziellen Nachfolger für ihre gemeinsame AWACS-Flotte ausgewählt und die Beschaffung von sechs Maschinen beschlossen. Allerdings reicht diese Zahl nicht aus, um die gesamte E-3A-Flotte vollständig zu ersetzen. Zudem ist das E-7A-Programm mit Rückschlägen konfrontiert.

So haben sich die USA kürzlich aus dem Vorhaben zurückgezogen und wollen die kleinere E-2D Hawkeyes beschaffen. Vor diesem Hintergrund wird die Beschaffung einer nationalen Lösung für Deutschland zunehmend wahrscheinlicher.

Als favorisierte Option gilt derzeit das GlobalEye-System des schwedischen Herstellers Saab, das möglicherweise gemeinsam mit Dänemark beschafft werden könnte.

Deutschland erwägt die Beschaffung von GlobalEye AEW&C
GlobalEye | Foto: Saab

Transportflugzeuge

Im Bereich der Transportflugzeuge bleibt der Airbus A400M das größte Rüstungsprojekt der Bundeswehr. Von den insgesamt 53 bestellten Maschinen wurden bereits 51 an die Luftwaffe ausgeliefert; die verbleibenden zwei Flugzeuge sollen bis 2026 folgen.

Sämtliche A400M sind dem Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf unterstellt, das damit den zentralen Lufttransportverband der Bundeswehr bildet.

51. A400M ausgeliefert
A400M | Foto: Bundeswehr/PIZ AIN

Hubschrauber

CH-47F SR Block II

Als Ersatz für die veralteten mittleren Transporthubschrauber des Typs CH-53G erhält die Luftwaffe 60 schwere Transporthubschrauber des Typs CH-47F SR Block II. Die Kosten belaufen sich auf rund 7,22 Milliarden Euro für die Hubschrauber selbst; zusätzlich sind etwa 750 Millionen Euro für notwendige Infrastrukturanpassungen an den Standorten eingeplant. Das Vorhaben wird vollständig aus dem Sondervermögen der Bundeswehr finanziert.

Die neuen Maschinen übernehmen sämtliche bisherigen Aufgaben ihrer Vorgänger – von operativen Transportmissionen über Patientenverlegungen bis hin zur Unterstützung von Spezialeinheiten – und können diese dank ihrer höheren Leistung künftig noch effektiver erfüllen. Besonders hervorzuheben ist, dass die CH-47F erstmals über die Fähigkeit zur bewaffneten Such- und Rettung (Combat Search and Rescue, CSAR) verfügt und damit eine langjährige Fähigkeitslücke der Luftwaffe schließt.

Die Auslieferung erfolgt schrittweise zwischen 2027 und 2033, beginnend mit drei Maschinen im ersten Jahr und endend mit der letzten Lieferung 2033. Über die geplante Nutzungsdauer von 35 Jahren werden Betriebskosten von rund 10,26 Milliarden Euro erwartet.

CH-47F SR Block II - der zukünftige Schwere Transporthubschrauber der Bundeswehr
CH-47F / Foto: Bundeswehr/Dominik Lennartz

H145M LKH

Parallel zur Einführung der CH-47F erhält die Luftwaffe fünf H145M LKH zur Unterstützung von Spezialkräften. Eine Option auf weitere 20 Maschinen soll in Kürze gezogen werden, von denen zwölf an die Luftwaffe gehen sollen. Diese teilen sich auf in sieben Schulungshubschrauber und fünf zusätzliche Maschinen für Spezialoperationen.

Zusammen mit den bereits vorhandenen 15 H145M LUH SOF würde sich die Gesamtflotte auf 32 H145M erhöhen – davon 25 für die Unterstützung von Spezialkräften und sieben für Ausbildungszwecke.

Aviation Brigade NFM - Ausrüstung & Organisation
H145M LKH | Foto: Airbus Helicopters/Cara-Irina Wagner

VIP-Hubschrauber

Schließlich plant die Bundeswehr die Beschaffung von drei neuen VIP-Hubschraubern im Wert von rund 200 Millionen Euro. Diese sollen die in die Jahre gekommenen AS532 „Cougar“ der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung ersetzen, die inzwischen als technisch veraltet gelten.

Luftverteidigungssysteme

Arrow

Auch die bodengebundene Luftverteidigung wird in den kommenden Jahren massiv ausgebaut. Die Luftwaffe erhält drei Batterien des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow für insgesamt 3,77 Milliarden Euro, finanziert bis 2027 aus dem Sondervermögen der Bundeswehr. Hinzu kommen 150 Millionen Euro für Infrastrukturmaßnahmen sowie 81 Millionen Euro für Unterstützungsleistungen, sodass sich das Gesamtvolumen auf rund 4 Milliarden Euro beläuft.

Die erste Arrow-Batterie soll bis Ende 2025 in Holzdorf stationiert werden; die beiden weiteren folgen bis 2030 in Schleswig-Holstein und Bayern. Die Beschaffung umfasst neben den Raketenabwehrsystemenselbst auch die Arrow-3-Lenkflugkörper, Ersatzteile und Ausbildungsdienstleistungen. Die volle Einsatzbereitschaft ist für 2030 vorgesehen.

Bereits in Planung befindet sich die zukünftige Beschaffung der Arrow-4-Abfangraketen, die laut Generalleutnant Kohlhaus in Höhen oberhalb des Patriot-Systems, aber unterhalb von Arrow 3 zum Einsatz kommen sollen.

ARROW 3 - Territoriale Flugkörperabwehr für Deutschland
Foto: DVIDS / MDA

PATRIOT

Nach der Abgabe von fünf Patriot-Systemen an die Ukraine verfügt die Luftwaffe derzeit noch über sieben Systeme, die im Rahmen des Vorhabens „Fähigkeitserhalt PATRIOT“ umfassend modernisiertwerden. Die Modernisierung beinhaltet neue Krypto- und Funkgeräte für die Richtfunkanlagen sowie die Umrüstung der Startgeräte von M901 auf M903, um den Verschuss von PAC-3-MSE-Lenkflugkörpernzu ermöglichen.

Zusätzlich werden acht neue Patriot-Systeme beschafft. Der Haushaltsausschuss des Bundestagesgenehmigte am 20. März 2024 zunächst vier Systeme für 1,28 Milliarden Euro, gefolgt von vier weiterenam 3. Juli 2024 für 1,35 Milliarden Euro. Damit belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 2,63 Milliarden Euro. Die Auslieferung soll zwischen 2025 und 2029 erfolgen. Nach Abschluss der Lieferung verfügt die Bundeswehr über insgesamt 15 Patriot-Systeme – sofern keine weiteren an die Ukraine abgegeben werden.

Parallel erfolgt die Beschaffung zusätzlicher Munition:

  • 248 PAC-3-MSE-Lenkflugkörper zur Abwehr ballistischer Raketen für 1,63 Milliarden Euro(Auslieferung 2028–2031)
  • 900 PAC-2-GEM-T-Lenkflugkörper zur Bekämpfung konventioneller Ziele wie Marschflugkörper oder Kampfflugzeuge für 4,5 Milliarden Euro (Auslieferung 2027–2033)
Bundeswehr erhält vier weitere Patriot-Systeme & 100 PAC-2 GEM-T Lenkflugkörper
Foto: Bundeswehr / Lars Koch

IRIS-T SLM

Für mittlere Entfernungen wurden sechs IRIS-T SLM Luftverteidigungssysteme für 950 Millionen Euro bestellt, finanziert über das Sondervermögen. Das erste System wurde bereits ausgeliefert und befindet sich derzeit in der Testphase; die fünf weiteren Systeme sollen bis 2027folgen. Die geplante Nutzungsdauer beträgt 25 Jahre, mit geschätzten Betriebskosten von rund 753 Millionen Euro.

Darüber hinaus ist die Beschaffung von 14 weiteren IRIS-T SLM-Systemen vorgesehen – einschließlich 396 IRIS-T SLM- und 300 IRIS-T SLS-Lenkflugkörpern – für ein Gesamtvolumen von etwa 4,2 Milliarden Euro. Damit wird die Luftwaffe künftig über rund 20 IRIS-T SLM-Systeme verfügen.

Diese Systeme sind Teil des Programms „Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichsschutz“ (LVS NNbS), im Rahmen dessen sich derzeit eine Verschiebung der Gesamtverantwortung auf das Heerabzeichnet.

Bundeswehr will 14 weitere IRIS-T SLM Flugabwehrsysteme beschaffen
IRIS-T SLM | Foto: Diehl Defence / PIZ Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung

Deep-Strike-Fähigkeiten

Da auch die leistungsfähigste Luftverteidigung irgendwann an ihre Grenzen stößt, bedarf es ergänzend sogenannter „Deep Precision Strike“-Fähigkeiten — also der Fähigkeit, Ziele tief im Hinterland des Gegners präzise bekämpfen zu können.

Zu diesem Zweck plant die Bundeswehr die Beschaffung von drei Typhon-Raketensystemen für rund 220 Millionen Euro. Diese sollen mit insgesamt 400 Tomahawk Block V-b-Marschflugkörpern bewaffnet werden.

Die Kosten für die Beschaffung der Marschflugkörper werden auf etwa 1,15 Milliarden Euro geschätzt.

Typhon - das zukünftige Raketensystem der Bundeswehr
Typhon-Raketensystem | Foto: DVIDS

Fazit

Die Luftwaffe steht vor einer umfassenden Modernisierung, die sie in den kommenden Jahren zu einer der schlagkräftigsten Luftstreitkräfte Europas machen soll. Die geplante zukünftige Ausrüstung deckt ein breites Spektrum modernster Systeme ab:

  • Kampfflugzeuge
    • 50 F-35A
    • 30 Eurofighter EK
    • 133 reguläre Eurofighter
  • Unbemannte Luftfahrzeuge
    • 400 Collaborative Combat Aircraft
    • 8 German Heron TP bzw. 21 European MALE RPAS
  • Spezialflugzeuge
    • 16 Stand-off-Jammer
    • 6 bis 9 PEGASUS-Aufklärungsflugzeuge
    • möglicherweise AWACS-Flugzeuge
  • Transportflugzeuge
    • 53 A400M
    • 6 C-130J
    • 14 Regierungsflieger
  • Hubschrauber
    • 60 CH-47F SR Block II
    • 32 H145M
    • 3 VIP-Hubschraubern
  • Luftverteidigungssysteme
    • 3 Arrow
    • 15 PATRIOT
    • 20 IRIS-T SLM
  • Deep-Strike-Fähigkeiten
    • 3 Typhon-Raketensysteme

Insgesamt ergibt sich damit eine beeindruckende Gesamtflotte von rund 311 bemannten Flugzeugen, 400 Drohnen, 95 Hubschraubern, 38 bodengebundenen Luftverteidigungssystemen und 3 Raketensystemen – ein Modernisierungssprung, der die Einsatzfähigkeit und Abschreckungswirkung der deutschen Luftwaffe nachhaltig stärken wird.

Entscheidend ist, dass die Kampfflugzeugflotte nicht unter 200 Maschinen fallen darf. Die Beschaffung von 20 weiteren Eurofightern war in dieser Hinsicht ein Schritt in die richtige Richtung. In einem zweiten Schritt sollte nun auch die Beschaffung weiterer F-35A angegangen werden. Idealerweise sollte die Flotte sogar wachsen — zum Beispiel auf 140 reguläre Eurofighter, 70 F-35A und 35 Eurofighter EK; das ergibt insgesamt rund 245 Kampfflugzeuge.

Darüber hinaus sollte Deutschland als bevölkerungsreichstes und wirtschaftlich stärkstes Land Europaseine Vorreiterrolle bei der Schließung kritischer Fähigkeitslücken innerhalb der europäischen NATO-Staaten übernehmen. Diese Lücken betreffen insbesondere den strategischen Lufttransport, die weitreichende Flug- und Raketenabwehr, Aufklärung und elektronische Kampfführung, Frühwarnkapazitäten, Luftbetankungsowie SEAD/DEAD-Fähigkeiten (Suppression/Destruction of Enemy Air Defenses). Konkret könnte dies etwa die Beschaffung einer Staffel strategischer Transportflugzeuge wie der C-17 Globemaster III, einer Staffel A330 MRTT-Tankflugzeuge sowie neuer AWACS-Flugzeuge in ausreichender Stückzahl umfassen.

Auch bei der Struktur der Luftwaffe besteht weiterhin Verbesserungsbedarf. Die derzeitige Organisationsstruktur weist eine gewisse Kopflastigkeit auf – vier höhere Kommandobehörden erscheinen für eine Teilstreitkraft dieser Größe überdimensioniert. Eine Kommandobehörde für den gesamten Verantwortungsbereich und ein Amt für unterstützende Aufgaben wie Ausbildung, Planung, Materialerhaltung und Weiterentwicklung dürften ausreichen.

Der geplante Aufwuchs der Luftwaffe erfordert erhebliche Personalzuwächse, insbesondere an hochqualifizierten Spezialisten. Der Neue Wehrdienst und eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht können diesen Bedarf jedoch nur begrenzt decken. Entscheidend wird daher sein, die Personalgewinnung und Bindung deutlich zu intensivieren, um die ambitionierten Modernisierungspläne der Luftwaffe nachhaltig umsetzen zu können.

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