Die Personalbedarfe des Heeres – Rückkehr zur 500.000-Mann-Bundeswehr?

Die Personalbedarfe des Heeres – Rückkehr zur 500.000-Mann-Bundeswehr?
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow

Das deutsche Heer benötigt nach Einschätzung von Alfons Mais, Inspekteur des Heeres, eine drastische Personalaufstockung, um bis 2029 kriegstüchtig zu werden und die NATO-Verpflichtungen bis 2035 zu erfüllen. Der aktuelle Umfang von 61.168 aktiven militärischen Dienstposten und 37.000 nicht-aktiven militärischen Dienstposten reicht bei weitem nicht aus.

Akuter Personalmangel bis 2029

Bereits die seit 2022 beschlossenen Maßnahmen wie die Reorganisation der Bundeswehr, der Aufbau der Panzerbrigade 45, die Wiederaufstellung der Heeresflugabwehrtruppe und die Stärkung der Ausbildungsstrukturen für den neuen Wehrdienst schaffen einen zusätzlichen Bedarf von 10.000 aktiven Dienstposten.

Um bis 2029 eine hinreichende Kriegstüchtigkeit zu erlangen, benötigt das Heer:

  • Rund 45.000 zusätzliche aktive militärische Dienstposten für das Feldheer und die Militärische Grundorganisation.
  • Etwa 49.000 zusätzliche nicht-aktive Dienstposten zur Stärkung der Truppenreserve und des Feldersatzes.

Insgesamt bedeutet dies einen Personalbedarf von 107.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten sowie 89.000 Reservistinnen und Reservisten bis 2029 allein für das Heer.

Heimatschutz erfordert massive Verstärkung

Besonders dramatisch ist der Personalbedarf bei den Heimatschutzkräften. Aktuell verfügen die Heimatschutzkräfte über rund 500 aktive und 6.500 nicht-aktive Dienstposten. Zur Umsetzung des Operationsplans Deutschland sind bereits bis 2029 zusätzlich 138.000 militärische Dienstposten erforderlich, davon mindestens 9.500 aktive Posten. Ergibt einen Bedarf nach insgesamt 145.000 Heimatschützern!

NATO-Verpflichtungen bis 2035

Die im Juni in Den Haag vereinbarten NATO-Planungsziele erfordern praktisch „Verdopplung“ der aktiven und eine „Verdreifachung“ der nicht-aktiven Strukturen. Dies bedeutet für das Heer bis 2035:

  • Weitere 45.000 aktive und 15.000 nicht-aktive Dienstposten zusätzlich zu den Bedarfen von 2029

Technologische Herausforderungen

Das Heer muss sich auf einen hochtechnisierten Gegner vorbereiten und innovative Fähigkeiten entwickeln, darunter:

  • Dreidimensionale Gefechtsführung bis zur untersten taktischen Ebene
  • Fähigkeit zum Schaffen und Durchbrechen von „A2AD-Bubbles“
  • Verstärkter Einsatz unbemannter Systeme
  • Umfassende Drohnenabwehr

Gesamtbedarf

Insgesamt benötigt das Heer bis 2035 gegenüber dem heutigen Stand rund 90.000 zusätzliche aktive und 64.000 nicht-aktive Dienstposten für Feldheer und Grundorganisation sowie weitere 9.500 aktive und 128.500 nicht-aktive Posten für die Heimatschutzkräfte. Zusammengenommen mit den bereits zugewiesenen Dienstposten ergibt sich folgendes Gesamtbild:

  • 152.000 aktive militärische Dienstposten für das Feldheer und die Militärische Grundorganisation.
  • 101.000 nicht-aktive Dienstposten zur Stärkung der Truppenreserve und des Feldersatzes.
  • 145.000 Heimatschutzkräfte (davon 10.000 aktive und 135.000 nicht-aktive Dienstposten.

Mais betont, dass diese enormen Umfänge eine direkte Folge der aktuellen Bedrohungslage und bestehender Fähigkeitsdefizite sind. Zugleich wird anhand der Zahlen deutlich, dass der geplante Personalzuwachs der Bundeswehr auf 260.000 Aktive und 200.000 Reservisten nicht ausreichen wird, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Schon der zusätzliche Bedarf des Heeres übersteigt die vom BMVg vorgesehene Steigerung für die gesamte Bundeswehr. Darüber hinaus sehen die neuen NATO-Fähigkeitsziele auch für die übrigen Teilstreitkräfte (Luftwaffe, Marine und CIR) sowie für den Unterstützungsbereich eine deutliche Erweiterung der Fähigkeiten vor, was wiederum mehr aktive und nicht aktive Dienstposten in diesen militärischen Organisationsbereichen erforderlich macht.

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