Die globalen Umsätze der Rüstungsindustrie sind 2024 stark gestiegen und erreichten laut SIPRI die höchste jemals verzeichnete Summe. Als Treiber nennt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut die Kriege in der Ukraine und Gaza, geopolitische Spannungen sowie steigende Militärausgaben. Erstmals seit 2018 erhöhten alle fünf größten Rüstungskonzerne ihre Einnahmen.
Regionale Entwicklungen
Der Großteil des globalen Anstiegs entfiel auf Unternehmen aus Europa und den USA. In nahezu allen in den Top 100 vertretenen Weltregionen gab es Steigerungen. Einzige Ausnahme war Asien-Ozeanien, wo Probleme in der chinesischen Rüstungsindustrie die Regionaleinnahmen drückten.
Der Einnahmeanstieg veranlasste viele Rüstungskonzerne, Produktionslinien auszubauen, Anlagen zu vergrößern, neue Tochtergesellschaften zu gründen oder Übernahmen durchzuführen. SIPRI-Forscher Lorenzo Scarazzato warnte jedoch, dass Unternehmen trotz Kapazitätsausbau vor Herausforderungen stünden, die Kosten und Lieferzeiten beeinflussen könnten.
USA: Wachstum trotz Verzögerungen
Die kombinierten Rüstungseinnahmen US-amerikanischer Unternehmen in den Top 100 stiegen um 3,8 Prozent auf 334 Milliarden Dollar. 30 von 39 US-Firmen steigerten ihre Einnahmen, darunter Lockheed Martin, Northrop Grumman und General Dynamics.
Allerdings plagen weiterhin Verzögerungen und Budgetüberschreitungen wichtige Programme wie das F-35-Kampfflugzeug, U-Boote der Columbia-Klasse und die Sentinel-Interkontinentalrakete. SIPRI-Forscher Xiao Liang erklärte, die Verzögerungen und steigenden Kosten würden unweigerlich die Militärplanung und -ausgaben beeinflussen und könnten Bemühungen zur Effizienzsteigerung behindern.
Europa: Aufrüstung mit Lieferkettenrisiken
Von den 26 europäischen Unternehmen in den Top 100 (ohne Russland) verzeichneten 23 steigende Einnahmen. Die aggregierten Rüstungseinnahmen wuchsen um 13 Prozent auf 151 Milliarden Dollar. Die tschechische Czechoslovak Group verzeichnete mit 193 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar den stärksten Anstieg aller Top-100-Unternehmen, größtenteils durch Geschäfte mit der Ukraine.
Europäische Rüstungskonzerne investieren in neue Produktionskapazitäten, doch die Materialbeschaffung könnte eine wachsende Herausforderung darstellen. Besonders die Abhängigkeit von kritischen Mineralien dürfte europäische Aufrüstungspläne erschweren. Airbus und Safran deckten vor 2022 die Hälfte ihres Titanbedarfs durch russische Importe und mussten neue Lieferanten finden. Angesichts chinesischer Exportbeschränkungen warnten Thales und Rheinmetall 2024 vor potenziell hohen Kosten für die Umstrukturierung ihrer Lieferketten.
Russland: Wachstum trotz Sanktionen
Die beiden russischen Unternehmen in den Top 100, Rostec und United Shipbuilding Corporation, steigerten ihre kombinierten Rüstungseinnahmen um 23 Prozent auf 31,2 Milliarden Dollar, trotz internationaler Sanktionen und Komponentenmangel. Die Inlandsnachfrage kompensierte die durch sinkende Rüstungsexporte verlorenen Einnahmen.
SIPRI-Forscher Diego Lopes da Silva verwies auf einen Fachkräftemangel, der Produktion verlangsamen und Innovation begrenzen könnte. Allerdings habe sich Russlands Rüstungsindustrie während des Ukraine-Kriegs als widerstandsfähiger erwiesen als erwartet.
Asien-Ozeanien: Probleme in China
Asien-Ozeanien war die einzige Weltregion mit rückläufigen Rüstungseinnahmen, die auf 130 Milliarden Dollar fielen. Der regionale Rückgang resultierte aus einem kombinierten Einnahmenrückgang von 10 Prozent bei acht chinesischen Unternehmen in den Top 100. Besonders auffällig war der 31-prozentige Rückgang bei NORINCO, Chinas Hauptproduzent von Landsystemen.
SIPRI-Direktor Nan Tian erklärte, zahlreiche Korruptionsvorwürfe in der chinesischen Rüstungsbeschaffung hätten 2024 zu verschobenen oder stornierten Großaufträgen geführt. Dies vertiefe die Unsicherheit über den Stand der Modernisierung der chinesischen Streitkräfte.
Im Gegensatz dazu wuchsen die Rüstungseinnahmen japanischer und südkoreanischer Unternehmen aufgrund starker europäischer und inländischer Nachfrage. Fünf japanische Firmen steigerten ihre kombinierten Einnahmen um 40 Prozent auf 13,3 Milliarden Dollar, vier südkoreanische Produzenten um 31 Prozent auf 14,1 Milliarden Dollar.
Naher Osten: Rekordbeteiligung
Erstmals stammten neun der Top-100-Rüstungsunternehmen aus dem Nahen Osten mit kombinierten Einnahmen von 31,0 Milliarden Dollar, ein Wachstum von 14 Prozent. Drei israelische Unternehmen steigerten ihre Einnahmen um 16 Prozent auf 16,2 Milliarden Dollar.
SIPRI-Forscherin Zubaida Karim stellte fest, dass die wachsende Kritik an Israels Vorgehen in Gaza wenig Einfluss auf das Interesse an israelischen Waffen gehabt habe. Viele Länder platzierten 2024 weiterhin neue Bestellungen.
Das Ranking umfasst fünf türkische Unternehmen mit kombinierten Einnahmen von 10,1 Milliarden Dollar. Die Vereinigten Arabischen Emirate meldeten Rüstungseinnahmen von 4,7 Milliarden Dollar.
Weitere Entwicklungen
Drei indische Unternehmen steigerten ihre Einnahmen um 8,2 Prozent auf 7,5 Milliarden Dollar. Vier deutsche Firmen erhöhten ihre kombinierten Einnahmen um 36 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar, angetrieben durch gestiegene Nachfrage nach Luftverteidigungssystemen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen.
SpaceX erschien erstmals in den Top 100, nachdem sich die Rüstungseinnahmen auf 1,8 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt hatten. Mit DEFEND ID schaffte erstmals ein indonesisches Unternehmen den Einstieg in die Top 100.
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