SEA3000 – eine Chance für tkMS?

SEA3000 - eine Chance für tkMS?
MEKO-A200EN; Quelle: Wolfgang Fricke

Was ist SEA3000?

Die australische Regierung plant im Rahmen des SEA3000 Programms bis zu 11 GP-Fregatten zu beschaffen. Diese Fregatten werden auch als sogenannte “Tier 2 Combatants” bezeichnet. Das unterstreicht deren Rolle als verhältnismäßig kleine Mehrzweckfregatten, die die Hunter- und Hobart-Klasse nach unten hin ergänzen sollen. Zielsetzung dieser Beschaffung ist, die Anzahl an seegehenden Einheiten zu vergrößern und dedizierte AAW- und ASW-Einheiten zu entlasten.

Die australische Regierung hat folglich am letzten Freitag, dem 24.5, ein RFI an die in Frage kommenden Marineschiffbauer versendet. Dazu gehören:

  • tkMS aus Deutschland
  • Navantia aus Spanien
  • Mitsubishi Heavy Industries aus Japan
  • Hanwha Ocean aus Südkorea
  • Hyundai aus Südkorea

Da die australische Marine mit einer schrumpfenden Flotte zu kämpfen hat, steht die Lieferzeit bei dieser Beschaffung im Vordergrund. Auch die Fähigkeit, lokal in Australien zu bauen, wird maßgeblich für den Sieg bei dieser Ausschreibung sein. Interessanterweise legt die australische Regierung verhältnismäßig wenig Wert auf die Verwendung von Komponenten, die bereits bei der australischen Marine eingeführt wurden.

Um eine möglichst schnelle Lieferung zu gewährleisten, sollen die Fregatten stark auf einem Design aufbauen, dass bereits bei einer Marine eingeführt wurde/wird. Auch sollen die ersten 3 Fregatten im Land des Herstellers produziert werden. Anschließend würden 3 weitere baugleiche Fregatten bei Henderson in Westaustralien produziert werden. Ab dem 7. Schiff soll dann vorraussichtlich eine verbesserte Version produziert werden. Was man sich darunter vorstellen soll, ist mir allerdings nicht bekannt. Der anvisierte Zeitplan:

  • Auswahltentscheidung Ende 2024
  • Vertragsschluss 2025/2026
  • Baubeginn 1. Fregatte 2026
  • Auslieferung 1. Fregatte 2029
  • Indienststellung 1. Fregatte 2030

Was wird tkMS anbieten?

tkMS wird ein Design der MEKO-A200 Serie anbieten. Bisher wurden Schiffe dieser Serie für Südafrika, Algerien und Ägypten gebaut und bei den entsprechenden Marinen auch in Dienst gestellt. Im Falle Ägyptens wird aktuell das 4., und damit vorerst letzte, Schiff in Alexandria gebaut. Nachdem Ägypten der jüngste Kunde der MEKO-A200 Serie ist, wird tkMS ein darauf aufbauendes Design anbieten. Die MEKO-A200EN sind mit folgenden Systemen ausgestattet:

  • 32 Zellen Sylver-VLS für MICA-VL
  • ATLAS CMS
  • NS110 Radar
  • ATLAS VDS Towed ASW Sonar
  • Otobreda 127/64
  • Exocet MM40

Diese Konfiguration weißt allerdings praktisch keine Interoperbabilität mit der australischen Marine auf. Daher erwarte ich, dass man gegebenenfalls eine Konfiguration mit 9LV und SeaGiraffe anbieten wird. Diese Systeme werden auch bereits auf den MEKO-A200AN der algerischen Marine eingesetzt. Ich halte es des Weiteren für wahrscheinlich, dass man ebenfalls auf NSM und die Mk.45 von BAE setzen wird. Eine Integration des MK41-VLS würde ein massiveres Redesigning erfordern, dass vorerst definitiv nicht gewünscht ist. Folglich könnte man das Schiff mit recht kleinen Eingriffen nahezu vollständig an die australische Marine anpassen.

MEKO-A200AN; Quelle: Merzoug Gharbaz

Im Ergebnis werden Schiff 1-6 einer MEKO-A200EN entsprechen. Falls die australische Marine 9LV, SeaGiraffe, NSM und Mk.45 will, dürfte das recht risikoarm zu machen sein. Das wird nun relevant, wenn man Schiff 7-11 betrachtet. Hier gibt es nun mehrere Möglichkeiten, wie die australische Regierung fortfahren könnte:

  • Projektende nach Schiff 6
  • Einführung einer völlig neuen Klasse (ggf. von einem anderen Marineschiffbauer)
  • Weiterentwicklung der MEKO-A200 – z.B. durch die Integration eines MK41 VLS
  • Beschaffung der MEKO-A210

Diesbezüglich wird man aber noch warten müssen, zu was sich die australische Regierung letztendlich entscheiden wird. Gerade in diesem Kontext sollte man aber nochmal darauf hinweisen, dass Australien gerne dazu neigt, maritime Rüstungsprojekte zu stoppen oder zu kürzen, wenn sich Bedarfe oder Anforderungen ändern. Demnach sind Schiff 7-11 aktuell nicht allzu relevant.

Welche Chancen hat tkMS?

Im Falle Ägyptens hat tkMS nur 3 Jahre von Vertragsschluss bis zur Auslieferung der MEKO-A200EN gebraucht. Demnach kann man wohl davon ausgehen, dass tkMS eine etwaige australische Bestellung im geforderten Zeitrahmen abliefern kann. Auch ist tkMS klar der erfahrenste Marineschiffbauer, wenn es um eine Fertigung im Ausland geht. So hat tkMS bereits über 100 U-Boote und Überwasscherschiffe im Ausland gebaut bzw. beim Bau unterstützt. Nicht zuletzt hat tkMS bereits in der Vergangenheit die ANZAC-Klasse lokal produziert. Folglich ist es durchaus möglich, dass tkMS hier zum Zuge kommt. Meiner Meinung nach wird das aber auch stark davon abhängen, ob tkMS die MEKO-A200EN “australisieren” darf.

MEKO-200ANZ; Quelle: United States Navy

Allerdings befindet sich das Ganze aktuell noch in einem derart frühen Stadium, dass man unmöglich den finalen Gewinner vorraussagen kann. So wird beispielsweise aktuell diskutiert, ob Henderson an Hanwha verkauft werden soll.

Was würde ein Sieg für tkMS bedeuten?

Ein erneuter Exporterfolg für tkMS wäre natürlich gerne gesehen. Hier sollte man auch nicht übersehen, dass die neuseeländische Marine ebenfalls ihre MEKO-200ANZ ersetzen muss. Bisher wurde berichtet, dass hier das britische AH140-Design der Frontrunner ist. Allerdings könnte tkMS hier durch eine australische MEKO-Beschaffung gegebenenfalls wieder an Boden gewinnen.

Der Wert dieses Rüstungsprojekts lässt sich schwer schätzen. Nachdem Schiff 7-11 aktuell noch mehr als unklar sind, werde ich mich auf Schiff 1-6 fokussieren. Hier würde ich von gut 3 Mrd. € ausgehen.

Total
0
Shares
Total
0
Share