Orca – der Quasimodo der U-Boot Beschaffungen

Orca - der Quasimodo der U-Boot Beschaffungen
Quelle: tkMS; HDW Class 212CD

Vor inzwischen zweieinhalb Monaten, trat der niederländische Staatssekretär Christophe van der Maat vor die Presse und gab bekannt, dass die Niederlande 4 französische Blacksword U-Boote beschaffen würde. Damit endete ein langwieriger und komplexer Vergabeprozess, der vor über 10 Jahren begann. Es dauerte allerdings nicht lange, bis die ersten Probleme bekannt wurden, und den Vergabeprozess in einem anderen Licht erscheinen ließen. So wurde in Mai bekannt, dass das neue niederländische Kabinett bereits eine Kürzung der Bestellung in Betracht ziehe, da mit massiven Kostensteigerungen zu rechnen sei. Außerdem wurde bekannt, dass eine Integration von US-Waffen voraussichtlich doch nicht möglich sei.

Ich werde im folgenden versuchen, euch einen kleinen Einblick in den Vergabeprozess und was daraus resultierte, zu geben. Dazu werde ich 6 Punkte etwas genauer beleuchten:

  1. Was hat tkMS angeboten?
  2. Warum ist tkMS mit seinem Angebot gescheitert?
  3. Warum hat die Naval Group gewonnen?
  4. Was ist das Problem mit der Naval Group und dem Blacksword?
  5. Wie geht es weiter?
  6. Fazit

1. Was hat tkMS angeboten?

tkMS hat sich entschieden, mit dem 212CD-E ins Rennen zu gehen. Das ist eine vergrößerte Version des 212CD, die über 3000t verdrängt und über 80m lang ist. Das 212CD-E ist extrem eng mit dem 212CD verwandt, dass bereits für Norwegen und Deutschland gefertigt wird. So ergibt sich eine hohe Interoperabilität, die bei mid life Upgrades, Ausbildung und Ersatzteilversorgung enorme Vorteile bringt. Neben einer hohen Reichweite und Seeausdauer, bietet das 212CD-E auch die Möglichkeit der Integration von US-Waffen.

tkMS hat angeboten, dass das erste U-Boot bereits ab 2031 ausgeliefert werden könne. Des Weiteren wollte man in den Helder ein “submarine valley” errichten, dass als Zulieferer für verschiedene tkMS Projekte fungieren sollte. Hierzu gehört beispielsweise die in Venlo ansässige Firma Nedinsco. Außerdem wollte man dort ein Maintenancehub errichten, dass die niederländischen 212CD-E Flotte, sowie U-Boote anderer Nationen, unterstützen könne.

  • tkMS konnte die schnellste Lieferung anbieten
  • tkMS konnte den niedrigsten Preis garantieren (vergleichbar mit der Naval Group; allerdings realistisch kalkuliert)
  • tkMS konnte die beste Interoperabilität anbieten
  • tkMS konnte den realistisch zweitbesten Offset anbieten
  • tkMS konnte die Integration von US-Waffen anbieten
Quelle: tkMS; HDW Class 212CD

2. Warum ist tkMS mit seinem Angebot gescheitert?

Es gibt mehrere Gründe, warum tkMS nicht gewonnen hat:

Zum einen konnte tkMS mit seinem Angebot eines “Submarine Valleys” nicht überzeugen. Das Konzept wirkte in Teilen nicht schlüssig und nicht optimal auf den niederländischen Bedarf abgestimmt. Allerdings gab es auch massiven externen Druck. So wollte DSNS (Damen Schelde Naval Shipbuilding) natürlich keinen tkMS-Standort in der Niederlande, der ihnen langfristig gefährlich werden könnte. Auch die Directie Materiële Instandhouding (DMI), die marineeigene Werft, die für die Instandhaltung zuständig ist, sah sich von dem tkMS-Vorschlag gefährdet. So sah sich tkMS mit dem Lobbying beider Parteien konfrontiert, die verhindern wollten, dass sich tkMS in Den Helder niederlässt.

Des Weiteren gab es keine niederländische Lobby für tkMS. In der niederländischen Politik gibt es 3 Lager: C718, Blacksword und gar keine U-Boote. Linksgroen und das linke Spektrum im Allgemeinen, lehnen die Beschaffung von U-Booten grundsätzlich ab. VVD, die Partei von Ministerpräsident Rutte, unterstützt als einzige niederländische Partei das Blacksword Design der Naval Group. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das in Verbindung mit Rutte’s Aspiration der nächste NATO-Generalsekretär zu werden, steht. Der Rest hat sich aufgrund der guten Wertschöpfung tendenziell pro Saab-Damen orientiert. Für tkMS gab es somit keine Interessensvertretung in der niederländischen Politik. Hier sollte man auch anmerken, dass die Niederlande ihre maritime Industrie durch Deutschland bedroht sieht. So gerät Den Haag in der NNSC (Northern Naval Shipbuilding Cooperation) immer weiter ins Hintertreffen. Auch das hat sicherlich gegen eine Vergabe an tkMS gesprochen.

Auch ist die niederländische Marine traditionell nicht allzu pro-deutsch beziehungsweise pro-tkMS eingestellt. Der Onderzeedienst war immer recht autark und man kann wohl durchaus behaupten, dass er etwas auf die deutsche Marine herabgeschaut hat. Hier muss man natürlich auch darauf hinweisen, dass beide U-Boot Dienste unterschiedliche Aufgaben und Einsatzgebiete haben. Aktuell ist die deutsch-niederländische Marinekooperation hauptsächlich auf die Amphibik fokussiert. So gab es in den letzten Jahren nur sehr sporadischen Austausch zwischen dem deutschen und dem niederländischen U-Boot Dienst. All das hat natürlich auch zur Folge, dass es innerhalb des Onderzeedienstes wenig persönliche Begeisterung für das 212CD-E gab. Der Onderzeedienst war auch der Auffassung, dass das 212CD-E nicht seinen Ansprüchen genüge. So stellte man in Frage, dass das 212CD-E eine Atlantiküberquerung und Operationen in der norwegischen See zufriedenstellend leisten könne. Diese Vorwürfe erachte ich allerdings für wenig stichhaltig. So können bereits die deutlich kleineren 212A eine Atlantiküberquerung leisten, während das 212CD-E ungleich größere expeditionäre Möglichkeiten bietet. Ebenfalls wurde die 212CD-Familie unter anderem für den Einsatz in der norwegischen See entwickelt. Ich glaube kaum, dass die deutsche und die norwegische Marine nicht wissen, was sie benötigen, um dort operieren zu können.

Zuletzt kommen wir zu den 2 allgemein bekannten Schwächen von tkMS, wenn es um U-Boot Exporte geht. Zum einen ist tkMS nicht gut im Marketing und vermag es nicht, lokal Lobbyarbeit zu leisten und nachhaltig für seine Produkte zu werben. Das war auch der Fall in der Niederlande. Zum anderen erfährt tkMS nahezu keine Unterstützung durch die Politik. Während Macron beispielsweise den CEO der Naval Group auf einen Staatsbesuch mitbrachte, bewarb die schwedische Botschafterin bei der NEDS 2023 das C718 von Saab-Damen. Von der deutschen Poltik gab es jedoch keine Unterstützung für tkMS. Nachdem man es auch versäumte F126 vertraglich mit der Nachfolge der Walrus-Klasse zu verbinden, gab man hier seinen einzigen Joker leichtfertig aus der Hand.

Derart große und komplexe Vergabeprozesse werden immer von verschiedenen Parteien beeinflusst. Das war auch beim niederländischen Orca-Programm der Fall. Das Problem von tkMS bestand darin, dass man selber keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess nehmen konnte, während dies der Konkurrenz gelang. Außerdem hatte tkMS durchweg mit einem Bias der Koninklijke Marine und der niederländischen Politik zu kämpfen, die tkMS grundlegend abneigend gegenüber standen.

3. Warum hat die Naval Group gewonnen?

Es gibt natütlich mehrere Gründe, warum die Naval Group die Vergabe für sich entscheiden konnte. Im folgenden werde ich auf die 2 wichtigsten Argumente eingehen:

Das Blacksword Design wurde von der Poltik massiv unterstützt. So lag der französischen Regierung viel daran, den ersten europäischen Exportkunden gewinnen zu können und damit außerdem der Konkurrenz einen lukrativen Auftrag wegnehmen zu können. Und auch die niederländische Regierung unterstützte das Blacksword. Neben Rutte’s Kandidatur für den Posten des NATO-Generalsekretärs, würde ich auch behaupten, dass europapolitische Interessen eine Rolle gespielt haben. So ist die Niederlande seit dem Brexit oftmals etwas isoliert. Eine Annäherung an Frankreich wäre daher aus Sicht von Den Haag wünschenswert.

Des Weiteren war das Blacksword Design der Favorit des Onderzeedienstes. Um das nachvollziehen zu können, muss man sich mit den grundlegenden Operationstaktiken des niederländischen U-Boot Dienstes befassen. Der Onderzeedienst versucht nämlich, seine SSKs möglichst wie SSNs zu nutzen. Demnach legt man einen Fokus auf Operationen im Tiefwasser mit einer verhältnismäßig hohen Marschgeschwindigkeit. Auch die Walrus-Klasse war für diese Art von Einsätzen optimiert. Allerdings macht es meiner Meinung nach wenig Sinn, ein SSK in eine Rolle zu stecken, für die es nie konzipiert wurde. So erachte ich diese Art von Einsätzen als verhältnismäßig ineffektiv. Auch stellt sich hier die Frage, wie objektiv das Assessement des Onderzeedienstes war. Vielleicht stand der Wunsch nach einem möglichst SSN-ähnlichen SSK ja zu sehr im Vordergrund? Interessanterweise macht Defensie aus der gesamten U-Boot Beschaffung ein Staatsgeheimnis, in das nahezu niemand eingeweiht wird. So sind die Kriterien für die Auswahlentscheidung und der Status Quo nur einem kleinen Kreis vorbehalten.

Ein kleiner Exkurs zu Saab-Damen: Obwohl Saab-Damen den besten Offset anbieten konnten, haben sie verloren. Das hat in der Niederlande für einen gewissen Aufruhr gesorgt, weswegen ich hier die 2 wichtigsten Gründe auffassen werde:

  1. Das C718 von Saab-Damen war das klar teuerste Angebot. Nachdem gerade die Projektkosten ein wichtiger Faktor waren, war Saab-Damen im Nachteil.
  2. Es gab Zweifel an der Machbarkeit des C718. Saab sieht sich bei der Blekinge-Klasse (A26) mit massiven Kostensteigerungen und Verzögerungen konfrontiert. Demnach gibt es natürlich Zweifel, ob man jetzt parallel ein deutlich größeres und komplexeres Design im Ausland bauen kann, wenn es bereits mit einem leichteren Design große Probleme gibt.

4. Was ist das Problem mit der Naval Group und dem Blacksword?

Inzwischen gibt es massive Zweifel, dass die Naval Group ihre Versprechen halten kann und den Auftrag gemäß der niederländischen Anforderungen erfüllen wird. Das ist nun per se nicht neues. Ich werde nun einige Probleme etwas genauer beleuchten:

Starten wir mit den Problemen rund um die Rechte am geistigen Eigentum (engl.: Intellectual Property; kurz: IP). Die Niederlande verlangt einen Transfer dieser Rechte von der Naval Group an die Niederlande, um nationale Modifzierungen, wie die Integration eigener Subsysteme, und eine eigenständige Wartung garantieren zu können. Die Naval Group sicherte diesen Transfer auch ursprünglich zu. Seit der Auswahltentscheidung, will man davon allerdings nichts mehr wissen. Für die Niederlande bedeutet das im Zweifelsfall, dass man bei jeder Modifizierung von Paris abhängig ist.

Des Weiteren will sich die Naval Group nicht an die ursprünglich garantierte Einbindung der niederländischen Industrie halten. So war ursprünglich geplant, dass die Niederlande das CMS (combat managment system), Sonare, Optronik-Mastsysteme und weiteres Equipment zuliefern würde. Angeblich ist das Vertragswerk allerdings derart lückenhaft, dass die Naval Group Spielräume gefunden hat, um nun eigene Subsysteme zu integrieren und gegebenenfalls schon unter Vertrag zu nehmen. Falls die Naval Group damit Erfolg haben sollte, wäre dies das Ende für die Reste der niederländischen U-Boot Industrie und würde eine weitere Abhängigkeit bedeuten.

Ein kleiner Exkurs in das rMCM-Programm: Die Niederlande und Belgien beschaffen zusammen 12 neue MCMVs (mine countermeasure vessels). Diese Beschaffung wird von Belgien geleitet, das die Naval Group mit der Lieferung beauftragt hat. Die Niederlande hat damals Belgien gebeten, eine Beteiligung der niederländischen Industrie vertraglich abzusichern. Das wurde allerdings schlampig umgesetzt, weswegen die Naval Group im Ergebnis lauter französische Unternehmen als Unterauftragnehmer beauftragt hat, während die Niederlande leer ausging. Das ist einer der vielen Punkte, der bei diesem Programm zu massiven Verstimmungen führt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Naval Group dies beim Orca-Programm erneut versucht.

Das führt auch direkt zum nächsten Problem: Der Integration von US-Waffen in das Blacksword-Design. Die Niederlande will den Mk.48 HWT (heavy weight torpedo) und die TLAM (tactical land attack missile) in ihre neuen U-Boote integrieren. Wie ich bereits in der Vergangenheit ausgeführt habe, ist das ziemlich fragwürdig. So wurde gegen Ende Mai bekannt, dass die Integration von US-Waffen nun wahrscheinlich offiziell vom Tisch sei. Der Grund hierfür ist noch nicht offiziell bekannt. Allerdings ist es klar, dass die Amerikaner niemals ihre Waffen in ein französisches CMS integrieren würden, da sie dafür die Schnittstellen offen legen müssten. Wenn es also auf ein französisches CMS rauslaufen würde, wäre ein Ausschlussgrund bekannt. Auch wollten die Amerikaner lange nicht die Integration in ein niederländisches CMS zulassen, da sie den niedrigen Sicherheitsstandards der Koninklijke Marine nicht trauen. Hier konnte allerdings nach langen Verhandlungen eine Einigung erzielt werden.

Anmerkung des Autoren: Die vertikal gestartete TLAM wird seit einigen Jahren nicht mehr produziert und eine Wiederaufnahme der Produktion ist zu diesem Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich. Demnach kann die Niederlande nur noch auf US-amerikanische Restbestände zugreifen.

Ebenfalls gibt es auf der Kostenseite einige Unklarheiten. So hat die Naval Group für ihre 4 Blacksword U-Boote 5-6 Mrd. € verlangt. Da das französische Recht allerdings keine Rechnungsprüfung durch eine ausländische Instanz zulässt, konnte das niederländische Ministerium die Kalkulationen nicht nachvollziehen. Und obwohl eine fehlende Rechnungsprüfung eigentlich ein Ausschlussgrund ist, wurde die Naval Group nicht disqualifiziert. Allerdings bedarf es keiner Rechnungsprüfung um festzustellen, dass diese 5-6 Mrd. € nicht korrekt sein können. So schafft es die Naval Group nicht, ein Evolved Scorpène für unter 1 Mrd. € anzubieten. Ein circa 66% größeres und deutlich fortschrittlicheres U-Boot, dass zudem erst noch entwickelt werden muss, kann demnach nicht für 1.25-1.5 Mrd. € zu haben sein. Man sollte außerdem noch anmerken, dass bei der jetzigen Vergabe kein Wartungsvertrag inkludiert ist. Dieser soll später folgen. Aufgrund der Waffen-Problematik muss man außerdem damit rechnen, dass die Niederlande F21 HWTs und MdCN SLCMs beschaffen müssen wird. So lässt sich recht klar sagen, dass die Niederlande real über 10 Mrd. € zahlen wird, um 4 einsatzfähige Blacksword U-Boote zu erhalten. Medienberichten zufolge, ist das neue niederländische Kabinett allerdings nicht bereit, eine derartige Kostensteigerung zu akzeptieren und plant, die Bestellung um 1-2 U-Boote zu kürzen, um im Finanzrahmen zu bleiben.

Leider gibt es auch beim Zeitplan Probleme. So warb die Naval Group ursprünglich mit der Lieferung von 2 U-Booten vor 2035. Gerüchten zufolge scheint man auch hier Verzögerungen in Kauf nehmen zu müssen.

Zusammenfassend lässt sich inzwischen sicher sagen, dass die Blacksword U-Boote teurer werden, länger brauchen, nicht die Anforderungen der Koninklijke Marine erfüllen werden und die Einbindung der niederländischen Indsutrie vorraussichtlich sehr mau aussehen wird. Im schlimmsten Fall wird diese Bestellung sogar noch gekürzt, was die Niederlande mit einer nahezu nicht unterhaltbaren Miniaturflotte zurücklassen würde. Vielleicht lässt sich nun für den ein oder anderen nachvollziehen, warum ich das Angebot der Naval Group seit langem kritisiere und warum ich das 212CD-E als das bessere Angebot erachte.

5. Wie geht es weiter?

Aktuell fragen sich sicherlich viele Militärinteressierte, wie es mit dem Onderzeedienst weitergeht. Im nun folgenden Abschnitt werde ich die verschiedenen Möglichkeiten beleuchten und bewerten:

Nachdem die Auswahlentscheidung pro Naval Group ausgefallen ist, ist es vorerst am wahrscheinlichsten, dass man beim Angebot der Naval Group bleibt. So versucht Staatssekretär van der Maat aktuell die niederländischen Abgeordneten vom Blacksword zu überzeugen, um mit dem Projekt fortfahren zu können. Bei der Fortführung dieses Projektes sind die Probleme allerdings schon vorprogrammiert. So erscheint es mir tatsächlich als möglich, dass ein zukünftiges Kabinett die Bestellung reduzieren könnte, was für den Onderzeedienst einer Katastrophe gleichkäme. Falls man die Auswahlentscheidung allerdings rückgängig machen würde, müsste die Niederlande mit einer Klage der Naval Group rechnen, die in einem langwierigen Rechtsstreit enden könnte. Das kann sich der Onderzeedienst wiederum nicht leisten, da die Walrus-Klasse dringend ersetzt werden muss.

Falls man sich allerdings entscheidet, ein anderes U-Boot zu beschaffen, ist das C718 von Saab-Damen der aussichtsreichste Kandidat. So unterstützt insbesondere die PVV eine Beschaffung des C718, um möglichst viel Wertschöpfung in der Niederlande zu garantieren. Allerdings bestehen nach wie vor legitime Zweifel, ob das C718 so überhaupt umgesetzt werden kann.

Quelle: Saab; C718

Auch wenn es aktuell sehr unwahrscheinlich ist, und hoffentlich nicht so weit kommt, wäre es auch möglich, dass der Onderzeedienst gar keine neuen U-Boot erhält und letztendlich aufgelöst wird. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn sich die Beschaffung vorerst hinzieht und erst später abgebrochen wird. Denn dann müssten die letzten 2 U-Boote der Walrus-Klasse deutlich vor der Einführung von neuen U-Booten außer Dienst gestellt werden. Hier bliebe dann nur die Alternative, dass niederländische U-Boot Fahrer ihren Dienst auf den U-Booten verbündeter Nationen verrichten könnten oder, dass ein Verbündeter eines seiner U-Boote bereitstellt. Insgesamt wäre es aber am wahrscheinlichsten, dass man in so einem Szenario auf die Beschaffung von XLUUVs setzen würde.

Kommen wir nun zu der Rolle von tkMS. tkMS hat eine Beschwerde gegen die Vergabe eingereicht, die am 26.06 vor Gericht verhandelt wird. Ich erachte es als höchst unwahrscheinlich, dass man damit Erfolg haben wird und die Ausschreibung gegebenenfalls wiederholt wird. Ich vermute eher, dass man auf Schadensersatz aus ist, um Teile der Unkosten wieder reinzuholen. Meiner Meinung nach ist das ein legitimes Bestreben. Falls die Auswahlentscheidung allerdings für ungültig erklärt wird, erachte ich die Chancen von tkMS aktuell für marginal.

All diese Überlegungen haben allerdings eine niedrige Halbwertszeit, da die Niederlande demnächst eine neue Regierung bekommen wird. Wie diese zu den verschiedenen Angeboten und U-Booten im Allgemeinen steht, ist zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Demnach könnte eine neue Regierung auch einen Strategiewechsel vornehmen. Hierbei sollte man auch stets bedenken, dass der Onderzeedienst keine Zeit verlieren kann, da die Walrus-Klasse zügig außer Dienst gestellt werden muss. Wenn man also noch eine Weile auf der Stelle tritt, könnte tkMS am Ende vielleicht durch seine Lieferzeit und die bereits gewonnene Erfahrung mit dem 212CD punkten.

6. Fazit

Der Verlauf dieser Beschaffung ist keines falls verwunderlich, wenn man sich mit der Historie der Naval Group beschäftigt. Bei der Naval Group ist es völlig normal, dass man den Preis unterschätzt und bei sonstigen Leistungen übertreibt, um Ausschreibungen für sich zu gewinnen. Im Nachhinein müssen etwaige Kunden allerdings oft feststellen, dass die Naval Group ihre Versprechungen nicht einhalten kann und gegebenenfalls doch nicht der beste Bieter war. Das konnte man in der Vergangenheit beispielsweise in Australien, Rumänien oder Malaysia beobachten. Nun müssen die Niederlande und Indonesien, das sich kürzlich für die Beschaffung von 2 Evolved Scorpène entschieden hat, die gleiche Erfahrung machen. Es fällt mir schwer zu verstehen, dass es noch immer Länder gibt, die auf diese Masche hereinfallen. Es fällt mir außerdem schwer zu verstehen, dass sich ein französischer Staatskonzern derart verhält. Wie kann man morgens europäische Verteidigung predigen und abends einen europäischen Partner derart über den Tisch ziehen, dass nun das Fortbestehen seines U-Boot Dienstes auf dem Spiel steht? Folglich kann ich nur betonen, dass man bei rüstungspolitischen Themen die Hände von Frankreich lassen sollte.

Diese Beschaffung sagt allerdings auch viel über die deutsch-niederländische Kooperation aus. Während Deutschland seiner Industrie schweren Schaden hinzugefügt hat, indem es die nächste Generation deutscher ASW-Fregatten (anti submarine warfare) in Ausland bestellt hat, hat sich die Niederlande aktiv für ein Produkt der deutschen Konkurrenz entschieden. Aus dem “Warum” macht man nun ein halbes Staatsgeheimnis. Meiner Meinung nach geht man so in einer Kooperation nicht miteinander um. Daher erachte ich es als folgerichtig, dass die Kooperation rund um FuAD und F127, wenn auch aus anderen Gründen, eingestellt wurde. Ich hoffe des Weiteren, dass sich Deutschland mehr auf Norwegen fokussiert, das sich als deutlich kooperativerer Partner zeigt. Auch halte ich es für sinnvoll, Dänemark eine Teilnahme an der deutsch-norwegischen Kooperation anzubieten.

Anmerkung des Autoren: Es gibt meines Wissens nach keine vertragliche Regelung zwischen Deutschland und der Niederlande, die für F126 eine Gegenbeschaffung von U-Booten einfordert. Es gab allerdings Mitte der 2010er Gespräche, ob man das so realisieren solle. Es scheint mir, als ob das BMVg darauf vertraute, dass sich die Niederlande auch ohne eine vertragliche Bindung für den größten Auftrag in der Firmengeschichte von DSNS revanchieren würde. Dem war offensichtlich nicht so. Es ist jetzt an uns, zukünftig Gegenbeschaffungen im Vorhinein abzusichern, um derartige Fiaskos verhindern zu können.

Auch sollte man die Rolle des Onderzeedienstes kritisch hinterfragen. Warum versucht man mit einem SSK die Einsatztaktik von SSNs nachzuammen? Und warum wird intern ein Geheimnis aus der Begründung für die Blackswordfavorisierung gemacht? Ganz offensichtlich gab es ein Bias pro Frankreich und gegen Deutschland, dass in den jetzt vorliegenden Problemen resultierte. Und wäre es nicht gleich klüger gewesen, SSNs zu beschaffen, wenn es doch eigentlich das ist, was man will? Ein SSK wird niemals die Reichweite, Marschgeschwindigkeit und Befähigung zu deep water Operationen haben, wie sie ein SSN hat. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Bei dieser Beschaffung haben viele Faktoren zusammen gespielt: Zeitdruck, politischer Druck und der Wunsch aus einem SSK ein SSN zu machen. All das hat nun darin geendet, dass der Onderzeedienst und der niederländische Steuerzahler potentiell von der Naval Group geschlachtet wird. Es gilt nun, aus dieser wahrlich fraglichen Beschaffung zu lernen, um derartige Fehler in Zukunft vermeiden zu können.

Anmerkung des Autoren: Dieser Artikel spiegelt ausschließlich meine Sichtweise wider. Ich erhebe keinen Anspruch auf Richtigkeit beziehungsweise Vollständigkeit.

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