Die Zukunft der Einsatzflottille 1 – Rüstungsprojekte & Organisation

Die Zukunft der Einsatzflottille 1 - Rüstungsprojekte & Organisation
Korvette K130 | Foto: Bundeswehr/Nico Theska

Die Einsatzflottille 1 steht vor einer umfassenden Modernisierung und einem deutlichen Aufwuchs ihrer Flotte. Von derzeit 32 seegehenden Einheiten soll sie auf 38 bis 42 bemannte seegehende Einheiten, nahezu 50 unbemannte Systeme sowie über 60 Kampf- und Einsatzboote für die Marineinfanterie anwachsen.

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Die Einsatzflottille 1 & die Bedrohungslage

Die Einsatzflottille 1 ist einer der drei Großverbände der Deutschen Marine und auf Einsätze in Randmeeren, insbesondere in der Ostsee, spezialisiert. Der Verband umfasst das 1. Korvettengeschwader, das 3. Minensuchgeschwader, das 1. U-Boot-Geschwader, das Unterstützungsgeschwader, das Seebataillon, das Kommando Spezialkräfte der Marine sowie die Marinestützpunktkommandos Kiel, Eckernförde und Warnemünde. Der Stab der Flottille plant und organisiert gemeinsam mit den unterstellten Geschwadern die Einsatzbereitschaft und Ausbildung der rund 4.500 Männer und Frauen des Verbandes. Zentrales Einsatzgebiet der Einsatzflottille 1 in der Landes- und Bündnisverteidigung ist die Ostsee.

Die aktuelle sicherheitspolitische Lage in diesem Seegebiet stellt die NATO vor besondere Herausforderungen. Derzeit ist die Luft- und Überwasserbedrohung durch Russland deutlich ausgeprägter als die Unterwasserbedrohung, die mit lediglich einer stationierten Einheit der KILO-Klasse als überschaubar gilt. Insbesondere im Bereich der Flugkörperbedrohung kann von einer russischen Dominanz in der Ostsee gesprochen werden.

Gleichzeitig ist jedoch mit einer strategischen Neujustierung zu rechnen. Der NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens könnte zu einer stärkeren Priorisierung der russischen Baltischen Flotte führen, wodurch die Unterwasserbedrohung künftig erheblich zunehmen dürfte. Diese potenzielle Verschiebung erfordert eine angepasste Planung und Vorbereitung der Einsatzflottille 1.

Die russischen Landstreitkräfte im westlichen Militärdistrikt gelten trotz erheblicher Verluste im Krieg gegen die Ukraine weiterhin als leistungsfähig. Ein Korps auf der Kola-Halbinsel sowie schnell verlegbare Luftlandekräfte sind dabei noch nicht berücksichtigt. Für die baltischen Staaten würde dies bei regulärer Aufstellung der russischen Verbände rasch eine quantitative Überlegenheit gegnerischer Landstreitkräfte bedeuten.

Deutschland plant in einem solchen Szenario, mit der 10. Panzerdivision zur Bündnisverteidigung beizutragen. Sollte Russland jedoch die Suwalki-Lücke blockieren und die in Kaliningrad stationierten Flugabwehrsysteme – darunter S-300, S-400, Buk, Pantsir sowie künftig auch S-500 – aktivieren, müssten diese Kräfte über den Seeweg verlegt, versorgt und im Rahmen seriöser militärischer Planung notfalls auch evakuiert werden können. In diesem Kontext kommt der Einsatzflottille 1 eine Schlüsselrolle für die maritime Sicherheit sowie für die Verlege- und Durchhaltefähigkeit deutscher und alliierter Streitkräfte im Ostseeraum zu.

Russland erwägt die Wiederaufnahme der Produktion von nuklearen Mittel- und Kurzstreckenraketen.
Foto: Mil.ru, CC BY 4.0

1. Korvettengeschwader

Zum 1. Korvettengeschwader mit Standort Rostock-Warnemünde gehören die fünf Korvetten der Braunschweig-Klasse (K130). Ihre Hauptaufgaben liegen im Überwasser-Seekrieg sowie im Bereich Maritime Strike. Die Schiffe sind weltweit einsetzbar, insbesondere in flachen Gewässern, und ergänzen damit die Fähigkeiten der Fregatten. Ihr geringer Tiefgang erlaubt es, sehr küstennah zu operieren, was sie zu Spezialisten für enge Seegebiete wie die Ostsee macht.

Als Ergänzung zu den fünf Korvetten des ersten Loses läuft derzeit die Beschaffung eines zweiten Loses mit weiteren fünf Einheiten. Ursprünglich war die Auslieferung an die Marine ab dem Jahr 2022 vorgesehen. Laut aktuellem Rüstungsbericht soll sie nun erst im kommenden Jahr beginnen. Dies entspricht einer Verzögerung von rund 38 Monaten, also mehr als drei Jahren. Hauptursache sind Schwierigkeiten bei der Integration des Führungs- und Waffeneinsatzsystems.

Die neuen Korvetten werden jedoch nicht nur verspätet ausgeliefert, sondern auch deutlich teurer als ursprünglich geplant. Während für die fünf Einheiten zunächst Kosten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro veranschlagt waren, sind diese inzwischen um rund 21 Prozent auf etwa 2,4 Milliarden Euro gestiegen. Daraus ergibt sich ein Stückpreis von rund 480 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das erste Los schlug mit etwa 1,2 Milliarden Euro zu Buche, was einem Stückpreis von rund 240 Millionen Euro entsprach.

Die ursprünglich vorgesehene Beschaffung eines dritten Loses, das die fünf Korvetten des ersten Loses ersetzen sollte, wurde aufgrund der technischen und finanziellen Rahmenbedingungen mittlerweile verworfen. Der Bedarf der Marine liegt laut Kurs Marine 2025 bei sechs bis neun Korvetten. Sofern das erste Los im Dienst gehalten wird, kann dieser Bedarf zumindest bis zum geplanten Nutzungsdauerende im Jahr 2038 gedeckt werden. Zu diesem Zweck plant die Marine, eine Einheit des ersten Loses auf den Rüststand des zweiten Loses anzuheben.

Als Ergänzung zu den Korvetten der Braunschweig-Klasse ist zudem die Beschaffung von mindestens 18 Future Combat Surface Systems (FCSS) vorgesehen. Dabei handelt es sich um etwa 40 bis 60 Meter lange Überwasserplattformen, die entweder mit stark reduzierter Besatzung oder vollständig unbemannt operieren sollen. Die Systeme sollen modular mit verschiedenen Waffensystemen ausgestattet und sowohl für den Überwasser-Seekrieg als auch für Maritime Strikeeinsetzbar sein. Erste Exemplare sollen bereits ab 2029 in begrenzter Stückzahl verfügbar sein, während die volle Einsatzreife in Qualität und Quantität bis 2035 angestrebt wird. Das FCSS soll schwer aufzuklären sein und aus kurzen bis mittleren Entfernungen wirken können, um die Reaktionszeit eines Gegners deutlich zu verkürzen.

Wie bereits dargestellt, sollen sowohl die Korvetten der Braunschweig-Klasse als auch die Future Combat Surface Systems zur Fähigkeit Maritime Strike befähigt sein. Diese bezeichnet die seegestützte, weitreichende Bekämpfung von Zielen an Land und richtet sich gegen militärische Strukturen tief im gegnerischen Hinterland. Neben der Überwasserseekriegsführung wird Maritime Strike künftig den zweiten Schwerpunkt des 1. Korvettengeschwaders bilden. Gerade im Ostseeraum leistet die Marine mit dieser Fähigkeit einen wesentlichen Beitrag zu dimensionsübergreifenden Operationen und unterstützt damit die anderen Teilstreitkräfte.

Neben den Korvetten selbst umfasst das 1. Korvettengeschwader drei weitere zentrale Bereiche. Der Stab des Kommandeurs ist für Personalführung, Ausbildung und Einsatzplanung verantwortlich. Das Einsatzausbildungszentrum stellt eine waffensystemspezifische Ausbildung am Standort Warnemünde sicher. Ergänzend gewährleistet die Systemunterstützungsgruppe den Materialerhalt und die Instandsetzung, einschließlich der Bewirtschaftung von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterial. Insgesamt umfasst das 1. Korvettengeschwader derzeit rund 800 Dienstposten.

Korvette Augsburg getauft
K130 | Foto: NVL Group/Felix Matthies

3. Minensuchgeschwader

Das 3. Minensuchgeschwader bildet den Kern der deutschen Seeminenabwehr. Es setzt sich aus den zehn Minenjagdbooten der Frankenthal-Klasse sowie den zwei Minenabwehrbooten der Ensdorf-Klasse zusammen. Die Boote der Frankenthal-Klasse vereinen sämtliche Fähigkeiten der Marine zur sogenannten verbundenen Seeminenabwehr, darunter die gezielte Minenjagd, das Minentauchen sowie das großflächige Minenräumen. Ergänzend führt das Geschwader die beiden Minenabwehrboote der Ensdorf-Klasse. Diese entsprechen nicht mehr dem modernen Standard der übrigen Einheiten und dienen als Reserve vor allem Ausbildungs- und Repräsentationszwecken.

Aufgrund erheblicher Kostensteigerungen im Vorhaben „Fähigkeitsträger verbundene Seeminenabwehr“ (FVSma)sollen die zehn verbliebenen Minenjagdboote der Frankenthal-Klasse für rund 1,3 Milliarden Euro umfassend modernisiert werden. Die Modernisierung ist für den Zeitraum von 2026 bis 2030 vorgesehen und soll während planmäßiger Instandsetzungsphasen erfolgen. Nach Abschluss dieser Maßnahmen sollen die Boote bis etwa 2040 weiter im Dienst verbleiben. Bereits angelaufen sind konkrete Modernisierungsschritte, darunter die Beschaffung von zehn Sonaranlagen des Typs Hull Mounted Sonar 12M (HMS-12M) im Wert von rund 60 Millionen Euro, die im Oktober 2025 beauftragt wurden. Diese Maßnahmen sollen die Leistungsfähigkeit der betagten Plattformen deutlich steigern und ihre Einsatzfähigkeit bis zur geplanten Ablösung sicherstellen.

Im ursprünglichen Rahmen des Vorhabens FVSma war die Beschaffung von mindestens zwölf neuen Minenjagdbooten als Ersatz für die Frankenthal-Klasse vorgesehen. Diese sollten die alten Einheiten bereits ab 2027 ablösen. Aufgrund massiver Kostensteigerungen – von ursprünglich etwa 2,8 Milliarden Euro auf inzwischen über 6 Milliarden Euro – entschied sich das Bundesministerium der Verteidigung jedoch, die vorhandenen Boote zu modernisieren und bis 2040 weiter zu nutzen. Das Vorhaben FVSma wird dennoch grundsätzlich weiterverfolgt.

Die Projektarbeit zur Nachfolgeplanung soll ab dem kommenden Jahr wieder aufgenommen werden, um rechtzeitig ein Nachfolgesystem für die dann über 40 Jahre alten Minenjagdboote bereitzustellen. Möglicherweise könnten neue Einheiten sogar früher zulaufen: Die Marine plant derzeit, bereits bis 2035 über mindestens zwölf neue Minenjagdboote der sogenannten Klasse MJ334 zu verfügen. Ob diese Planung realisiert werden kann, bleibt jedoch abzuwarten.

Das künftige Nachfolgesystem soll gegenüber den bisherigen Booten deutlich leistungsfähiger sein und auch in entfernten Seegebieten eigenständig operieren können. Vorgesehen ist eine Ausstattung mit modernen Sensoren zur Seeminenabwehr, Über- und Unterwasserdrohnen sowie Waffensystemen zur Selbstverteidigung. Darüber hinaus sollen die neuen Minenabwehrboote in der Lage sein, den Einsatz mehrerer Minenabwehreinheiten – auch multinationaler Kräfte – zu koordinieren. Welche dieser ambitionierten Forderungen letztlich umgesetzt werden können, ist offen, zumal gerade diese hohen Anforderungen maßgeblich zu den bisherigen Kostensteigerungen beigetragen haben.

Als Ergänzung zu den bemannten Minenjagdbooten ist zudem die Beschaffung unbemannter Minenabwehrsysteme geplant. Laut Kurs Marine besteht ein Bedarf von mindestens 18 unbemannten Systemen (MCM-USV/-UUV), also Über- und Unterwasserdrohnen. Deren Hauptaufgaben liegen im Minenkampf sowie in der Unterwasseraufklärung. Diese Systeme sollen bis spätestens 2029 verfügbar sein.

Zusätzlich sieht die Marine einen Bedarf von mindestens sechs landgestützten Minenabwehrsystemen (Land-based Mine Counter-Measure Systems, L-MCM). Diese sollen ebenfalls den Minenkampf unterstützen und die bemannten Minenjagdboote ergänzen. Auch die L-MCM sollen bis 2029 einsatzbereit sein und ermöglichen es, Minenabwehroperationen von Land aus zu führen und zu koordinieren.

Minenjagdboot "Datteln" kehrt von NATO-Einsatz zurück
Minenjagdboot | Foto: Bundeswehr / PIZ Marine

1. U-Boot-Geschwader

Das 1. Ubootgeschwader hat seinen Heimathafen in Eckernförde und umfasst sechs U-Boote der Klasse 212A, einen speziell für U-Boote ausgerüsteten Tender der Elbe-Klasse sowie die Flottendienstboote der Oste-Klasse. Darüber hinaus sind das Ausbildungszentrum Uboote und das Hydroakustische Analysezentrum organisatorisch dem Geschwader zugeordnet. Der Tender „Main“ stellt dabei eine Sonderausführung dar und ist ausschließlich zur Erfüllung der besonderen Versorgungsanforderungen von U-Booten vorgesehen. Anders als die übrigen Tender der Marine gehört er daher nicht zum Unterstützungsgeschwader.

Die sechs U-Boote der Klasse 212A sollen umfassend modernisiert werden. Geplant ist insbesondere die Erneuerung zentraler Systeme wie Navigation, Führungs- und Waffeneinsatzsysteme, Sonaranlagen sowie elektronischer Unterstützungsmaßnahmen. Im Fokus stehen dabei vor allem die vier Boote des ersten Bauloses. Für diese Modernisierung sind rund eine Milliarde Euro vorgesehen, die sowohl aus dem Sondervermögen Bundeswehr als auch aus dem regulären Verteidigungshaushalt finanziert werden. Um eine möglichst hohe Einsatzverfügbarkeit sicherzustellen, erfolgen die Arbeiten im Rahmen regulärer Werftinstandsetzungen. Die Hauptaufgaben der U-Boote liegen in der U-Boot-Jagd und der Unterwasser-Seekriegsführung; künftig sollen sie zudem zur Fähigkeit Maritime Strikebefähigt werden. Hierzu ist die Integration modularer, containerisierter Waffensysteme vorgesehen.

Langfristig sollen die modernisierten U-Boote der Klasse 212A durch die neue Generation der Klasse 212 Common Design (U212CD) ergänzt und schrittweise ersetzt werden. Die Beschaffung erfolgt gemeinsam mit Norwegen. Deutschland hat bislang sechs Boote bestellt, Norwegen vier. Die Kosten für die sechs deutschen Einheiten belaufen sich auf rund 7,49 Milliarden Euro, davon entfallen 2,79 Milliarden Euro auf die ersten beiden Boote und 4,7 Milliarden Euro auf die vier zuletzt bestellten Einheiten. Der Stahlschnitt für das erste U212CD erfolgte im September 2023. Die Auslieferung des ersten Bootes an Norwegen ist für das Jahr 2029 vorgesehen. Die sechs deutschen U-Boote sollen anschließend im Jahrestakt zwischen 2032 und 2037 an die Deutsche Marine übergeben werden. Auch die U212CD werden primär für die U-Boot-Jagd, die Unterwasser-Seekriegsführung sowie für Maritime Strike eingesetzt werden.

Zur Ergänzung der U212CD plant die Marine bis 2029 die Beschaffung von mindestens zwölf großen unbemannten Unterwasserfahrzeugen, sogenannten Large Unmanned Underwater Vehicles (LUUV). Diese Systeme sollen vor allem der Aufklärung dienen, perspektivisch jedoch auch Fähigkeiten im Überwasser-Seekrieg übernehmen. Als bevorzugte Lösung gilt derzeit das israelische System BlueWhale.

Abschließend sollen die Flottendienstboote der Oste-Klasse ab 2029 durch drei neue Einheiten der Klasse 424 ersetzt werden. Diese Schiffe übernehmen mit ihrer hochmodernen Elektronik die weitreichende elektronische Aufklärung und ermöglichen eine frühzeitige Warnung der politischen Führung vor Krisen und Konflikten. Ursprünglich war die Auslieferung der neuen Flottendienstboote ab 2027 geplant; inzwischen steht jedoch fest, dass die erste Einheit erst 2029 zulaufen wird – eine Verzögerung von rund zwei Jahren. Bis 2031 sollen alle drei Einheiten in Dienst gestellt sein.

Die neuen Flottendienstboote werden jedoch nicht nur später als vorgesehen zulaufen, sondern auch deutlich teurer. Während ursprünglich rund zwei Milliarden Euro für die drei Einheiten veranschlagt waren, sind die Kosten inzwischen auf etwa 3,25 Milliarden Euro gestiegen. Hauptaufgabe der Klasse 424 wird die Überwachung maritimer und küstennaher Räume sein. Zu diesem Zweck werden die Schiffe mit hochmodernen elektronischen, hydroakustischen und elektrooptischen Sensorsystemen ausgestattet.

U212CD - die zukünftigen U-Boote der Deutschen Myarine
U212CD | Foto: thyssenkrupp Marine Systems

Unterstützungsgeschwader

Das Unterstützungsgeschwader umfasst – mit einer Ausnahme – die Versorgungsschiffe der Elbe-Klasse. Die fünf Tender versorgen die Boote der Einsatzflottille 1 mit Kraftstoff, Wasser, Lebensmitteln, Ersatzteilen und Munition. Dadurch wird die Seeausdauer der unterstützten Einheiten sowohl im Einsatz als auch bei Übungen erheblich verlängert. Das Unterstützungsgeschwader bildet damit das logistische Rückgrat der Flotte.

Ab dem Jahr 2029 sollen die Tender der Elbe-Klasse durch neue Einheiten ersetzt werden. Das entsprechende Vorhaben trägt den Titel „Mittlere Unterstützungseinheit schwimmende Einheiten“ (MUsE). Geplant sind modular ausgelegte Unterstützungs- und Logistikschiffe. Laut Kurs Marine liegt ihre Hauptaufgabe in der organischen Logistik sowie in der Operationsunterstützung einschließlich Aufklärungsfähigkeiten. Vertreter der Marineführung haben das Aufgabenspektrum in Vorträgen jedoch bereits erweitert und um Fähigkeiten in den Bereichen Amphibik, Führung sowie Transport – einschließlich Verwundetentransport – ergänzt.

Nach den Vorstellungen der Marine sollen die neuen Unterstützungseinheiten damit nicht nur die klassischen Aufgaben der Tender übernehmen, sondern zugleich Fähigkeiten eines Joint Support Ship abbilden. Eine solche Plattform wird von der Marine bereits seit Jahrzehnten gefordert, konnte bislang jedoch aufgrund fehlender Haushaltsmittel nicht realisiert werden. Auch künftig scheinen keine separaten Mittel für dedizierte Joint Support Ships verfügbar zu sein, weshalb offenbar versucht wird, mehrere Fähigkeitsanforderungen in einem Schiffstyp zu bündeln.

Ob dieser Ansatz erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Erfahrungsgemäß führen sehr ambitionierte Forderungskataloge – die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“ – häufig zu Verzögerungen und erheblichen Kostensteigerungen. Dies stellt jedoch nicht die grundsätzliche Bedeutung der angestrebten Fähigkeiten infrage. Der Bedarf der Marine liegt derzeit bei sechs Einheiten. Die Einsatzreife der MUsE wird bis spätestens 2035 angestrebt.

Klasse 404 / Foto: Bundeswehr / Marcel Kröncke

Seebataillon

Das Seebataillon der Deutschen Marine besteht aus acht Kompanien. Zwei Bordeinsatzkompanien sowie jeweils eine Küsteneinsatz-, Minentaucher-, Aufklärungs- und Unterstützungskompanie decken ein breites Spektrum militärischer Fähigkeiten ab. Ergänzt werden sie durch zwei Ausbildungskompanien, die Rekrutinnen und Rekruten auf ihre späteren Aufgaben vorbereiten. Hinzu kommt der Bataillonsstab zur Führung der unterstellten Kräfte.

Derzeit durchläuft das Seebataillon eine grundlegende Neuausrichtung. Während der Verband bislang überwiegend reaktiv ausgerichtete Schutz- und Sicherungsaufgaben – auch im Inland – wahrnahm, liegt der künftige Schwerpunkt auf offensiven Einsatzverfahren im Ostseeraum, insbesondere auf dem maritimen Jagdkampf. Kurzfristig sollen schnell verlegbare infanteristische Kräfte befähigt werden, relevante Küstenabschnitte see- und landseitig zu gewinnen, zu kontrollieren und aus dem Küstenraum heraus in den Seeraum zu wirken. Hierzu sollen neue Fähigkeiten zum Einsatz von Effektoren sowohl von Kampfbooten als auch von landgestützten Stellungen aufgebaut werden.

Ziel ist es, die Marineinfanterie deutlich enger in die Seekriegsführung der Flotte zu integrieren. Gleichzeitig soll die Fähigkeit zur Abwehr hybrider Bedrohungen – etwa durch gegnerische amphibische Kräfte oder Spezialkräfte – durch geeignete Aufklärungs- und Wirkmittel gestärkt werden. Die Marineinfanterie soll künftig land- und seebeweglich sein und gezielt für den maritimen Jagdkampf ertüchtigt werden. Voraussetzung hierfür sind schnell verfügbare taktische Seeverbringungsmittel, insbesondere Kampfboote, die Operationen von See aus an Küsten, auf Inseln und in Häfen ermöglichen.

Langfristig sollen diese zusätzlichen Fähigkeiten auch unter extremen klimatischen Bedingungen, etwa in subarktischen Regionen, verfügbar sein und die Marineinfanterie damit geografisch flexibel einsetzbar machen. Darüber hinaus sollen die infanteristischen Kräfte vollständig in die digitalen Gefechtsnetze der Marine eingebunden werden und gemeinsam mit unbemannten Systemen sowie Schiffen, Booten und Luftfahrzeugen der Marine operieren können.

Als zentrales taktisches Seeverbringungsmittel ist die Beschaffung von mindestens 40 Mehrzweck-Kampfbooten (MZKB) vorgesehen. Diese sollen insbesondere den Einsatz der Marineinfanterie und den maritimen Jagdkampf unterstützen und das Rückgrat der künftigen Mobilität des Seebataillons bilden. Die Boote sollen schnelle Operationen von See an Küsten, auf Inseln und in Häfen ermöglichen. Perspektivisch ist vorgesehen, einen Teil dieser Mehrzweck-Kampfboote unbemannt zu betreiben. Die bemannten Varianten sollen bis 2029 verfügbar sein, die unbemannten Versionen bis etwa 2035.

Darüber hinaus plant die Marine die Beschaffung von Küsten-Flugkörper-Batterien, mit denen von Land aus auch auf größere Entfernungen Ziele auf See bekämpft werden können. Diese Fähigkeit erlaubt es der Marineinfanterie, gegnerische Seestreitkräfte bereits vor Erreichen der Küste zu bekämpfen und strategisch wichtige Küstenabschnitte wirksam zu kontrollieren.

Seebataillon benötigt 40 Kampfboote
Kampfboote | Foto: Saab AB

Kommando Spezialkräfte der Marine

Das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) ist die maritime Komponente der Spezialkräfte der Bundeswehr und verfügt über ein breites Spektrum hochspezialisierter Fähigkeiten. Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem das Gewinnen von Schlüsselinformationen in Krisen- und Konfliktgebieten, die Wiederinbesitznahme von Schiffen, das Festsetzen von Zielpersonen im Ausland, die offensive Abwehr terroristischer Bedrohungen sowie verdeckte Operationen im gesamten Aufgabenspektrum der Bundeswehr. Unterstützt wird das KSM dabei durch den Aufklärungszug, die Spezialoperationen-Bootskompanie sowie die Sanitätsgruppe Spezialeinsatz.

Als Ersatz für die veralteten Festrumpfschlauchboote des Typs RHIB H 1010 erhält das Kommando Spezialkräfte der Marine bis zu 26 neue Einsatzboote mittlerer Reichweite. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages stimmte dem Beschaffungsvorhaben am 8. Oktober 2025 zu. Zunächst sollen neun Boote fest beauftragt werden, deren Auslieferung im Zeitraum von 2027 bis 2030 vorgesehen ist. Die neuen Einsatzboote werden die Flexibilität, Reichweite und Durchhaltefähigkeit der maritimen Spezialkräfte deutlich erhöhen und damit ihre Einsatzbereitschaft nachhaltig stärken.

Neue Einsatzboote für die Kampfschwimmer sollen noch dieses Jahr beschafft werden
Foto: Bundeswehr / Björn Wilke

Fazit

Die Einsatzflottille 1 durchläuft derzeit eine Phase umfassender Modernisierung und eines deutlichen Aufwuchses. Mit sechs bis neun Korvetten, mindestens 18 Future Combat Surface Systems, rund einem Dutzend Minenjagdbooten, 18 unbemannten Minenabwehrsystemen, sechs landgestützten Minenabwehrsystemen, zwölf U-Booten, zwölf Large Unmanned Underwater Vehicles, drei Flottendienstbooten und sechs Unterstützungseinheiten entsteht auf dem Papier eine beeindruckende Flotte. Insgesamt sind 38 bis 42 bemannte seegehende Einheiten, fast 50 unbemannte Systeme sowie über 60 Kampf- und Einsatzboote für die Marineinfanterie vorgesehen.

Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch auch strukturelle Lücken. Die sicherheitspolitischen Anforderungen in der Ostsee unterscheiden sich heute grundlegend von denen des Kalten Krieges. Während es damals primär darum ging, sowjetische Seestreitkräfte am Durchbruch in den Atlantik zu hindern, muss die Marine heute vor allem sicherstellen, dass NATO-Truppen im Ernstfall frei verlegt, versorgt und im Baltikum eingesetzt werden können.

Hier offenbart sich ein zentrales Defizit: Die Deutsche Marine verfügt über keine amphibischen Landungsschiffe. Sollten die wenigen leistungsfähigen Häfen im Baltikum zerstört oder blockiert werden, gäbe es derzeit keine Möglichkeit, deutsche oder alliierte Großverbände auf dem Seeweg zu versorgen oder im Notfall zu evakuieren. Plattformen wie die französische MISTRAL-Klasse wären hierfür prädestiniert – und entgegen landläufiger Annahmen weder besonders teuer noch außergewöhnlich personalintensiv.

Ein weiteres Manko ist das Fehlen leichter Fregatten mit eigener Luftverteidigungsfähigkeit. Die vorhandenen Korvetten können diesen Schutz nicht leisten, der jedoch dringend erforderlich wäre, um amphibische Operationen abzusichern oder Luft- und Landoperationen der NATO im Ostseeraum wirksam zu unterstützen.

Darüber hinaus wäre es sinnvoll, über den Aufbau eigener Anti-Access/Area-Denial-Fähigkeiten (A2/AD) in der Ostsee nachzudenken. Häufig wird über russische A2/AD-Zonen gesprochen – warum also nicht selbst entsprechende Fähigkeiten schaffen? Durch die Kombination aus Küsten-Flugkörper-Batterien sowie Flug- und Raketenabwehrsystemen könnte die Marine selbst wirksame Sperrzonen etablieren. Wer das Seegebiet kennt, vorbereitet ist und über abgestimmte Wirk- und Aufklärungsmittel verfügt, besitzt einen erheblichen taktischen Vorteil.

Auch organisatorisch besteht Anpassungsbedarf. Die Trennung zwischen einer Green-Water-Komponente (Einsatzflottille 1) und einer Blue-Water-Komponente (Einsatzflottille 2) ist grundsätzlich sinnvoll. Fraglich ist jedoch, ob die heutige starre Zuordnung nach Schiffs- und Bootsklassen noch zeitgemäß ist. Die Ostsee benötigt leichte Fregatten, während Minenjagdboote und U-Boote auch im Nordatlantik und in der Nordsee zum Schutz deutscher Seeverbindungswege erforderlich sind. Sinnvoll wäre es daher, die geplanten zwölf U-Boote und Minenjagdboote auf beide Einsatzflottillen aufzuteilen – jeweils sechs Einheiten pro Flottille erscheinen plausibel.

Der größte Engpass ist jedoch keiner, den man allein mit Geld beheben kann: das Personal. Trotz des verstärkten Einsatzes unbemannter Systeme wird der geplante Aufwuchs deutlich mehr Soldatinnen und Soldaten erfordern. Die Bundeswehr leidet bereits heute unter erheblichem Personalmangel. Selbst modernste Schiffe und Waffensysteme bleiben wirkungslos, wenn es an qualifiziertem Personal fehlt, um sie zu betreiben. Die Zukunft der Einsatzflottille 1 entscheidet sich daher letztlich an der Frage, ob es gelingt, genügend engagierte und gut ausgebildete Frauen und Männer für den Dienst in der Marine zu gewinnen.

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