Bundeswehr der Zukunft – die neue Struktur der Bundeswehr

Bild: KNDS

Die Bundeswehr muss kriegstüchtig werden. Dazu müssen auch die teils dysfunktionalen und kopflastigen Strukturen der Streitkräfte angepasst werden. Die neue Zielstruktur der Bundeswehr besteht aus vier Teilstreitkräften, einem Unterstützungsbereich und einem operativen Führungskommando. Alle wichtigen Informationen zur neuen Struktur der Bundeswehr erfahrt ihr in diesem Beitrag. 

Operatives Führungskommando der Bundeswehr (OpFüKdoBw)

Aktuell verfügt die Bundeswehr über zwei Führungskommandos, das Einsatzführungskommando und das Territoriale Führungskommando. Diese sollen zu einem operativen Führungskommando der Bundeswehr, kurz OpFüKdoBw, fusioniert werden. Dieses operative Führungskommando ist vergleichbar mit einem Joint Force Command und damit ein international übliches und anschlussfähiges Modell. Das Kommando soll die zentrale Anlaufstelle für operative Belange von Bündnispartnern, multinationalen Organisationen wie NATO und EU aber nationaler Behörden und Organisationen sein. Es übernimmt also die operativen Aufgaben der beiden Vorgängerkommandos. Im Gegensatz zu den Vorgängerkommandos wird das operative Führungskommando allerdings weitgehend von truppendienstlichen Aufgaben freigehalten. Künftig wird also die operative Führung von truppendienstlicher Führung getrennt. Dies soll aufwändige Doppelstrukturen zur truppendienstlichen Führung verhindern und eine Fokussierung auf die Kernaufgaben ermöglichen. Darüber hinaus sollen dem operativen Führungskommando der Bundeswehr auch noch die Landeskommandos und das Zentrum Counter-Improvised Explosive Devices aus dem heutigen Einsatzführungskommando zugeordnet werden. Die Aufstellung des neuen Führungskommando soll so ausgestaltet werden, dass die Führungsfähigkeit der eingesetzten Streitkräfte jederzeit gewährleistet ist. 

Teilstreitkräfte

Zukünftig wird es vier statt wie bisher drei Teilstreitkräfte geben: Heer, Luftwaffe, Marine und der Cyber- und Informationsraum. Diese sind für die ihnen zugeordneten Dimensionen Land, Luft- und Weltraum, See und den Cyber- und Informationsraum verantwortlich. Jede der vier Teilstreitkräfte wird durch einen Inspekteur geführt. Abgesehen davon, dass der Cyber- und Informationsraum von einem Organisationsbereich zu einer Teilstreitkraft aufgewertet wird, erfährt dieser Bereich keine weiteren Veränderungen. Gleiches gilt für die Deutsche Marine. Anders sieht es jedoch beim Heer und der Luftwaffe aus. 

Das Heer erhält zukünftig das ABC-Abwehrkommando, das Kommando Feldjäger einschließlich des Wachbataillons, und das Multinationale Civil Military Cooperation Command, kurz CIMIC, als dauerhaft eigenständige Fähigkeitskommandos. Da diese Fähigkeiten im Ernstfall sowie schwerpunktmäßig Bedarfe des Heeres decken würden, reduziert ihre Neuverortung die Fragmentierung der Landstreitkräfte. Durch die Aufrechterhaltung der Fähigkeitskommandokonzeption wird allerdings weiterhin sichergestellt, dass diese Fähigkeiten auch streitkräftegemeinsam zur Verfügung stehen. Darüber hinaus hat sich das Konzept auch bei Ausbildung, Weiterentwicklung und Führung bewährt. Nach zwei Jahren soll dieser Unterstellungswechsel evaluiert werden. Abgesehen von den drei Fähigkeitskommandos werden dem Heer zukünftig auch die Heimatschutzkräfte unterstellt. Denn im Ernstfall erfolgt deren Einsatz sowieso in der Dimension Land. 

Kommen wir zur Luftwaffe. Diese soll das Luftfahrtamt der Bundeswehr, kurz LufABw, erhalten, welches bisher direkt dem Bundesverteidigungsministerium unterstellt ist. Dieser Unterstellungswechsel soll die Führungsspanne des BMVg reduzieren. Darüber hinaus muss aufgrund von Rechtsvorgaben eine Continuing Airworthiness Management Organisation der Bundeswehr, kurz: CAMOBw, geschaffen werden. Diese Organisation soll ebenfalls der Luftwaffe unterstehen und künftig den technischen Zustand der Luftfahrzeuge überwachen sowie Maßnahmen an diesen steuern und verantworten. 

Unterstützungsbereich

Eine weitere Neuheit ist der noch zu gründende Unterstützungsbereich. Dieser soll den heutigen Zentralen Sanitätsdienst und die Streitkräftebasis sowie weitere Dienststellen umfassen. Er wird also schwerpunktmäßig für die Gesundheitsversorgung und die Logistik zuständig sein. Und damit Fähigkeiten umfassen, die einen streitkräfteübergreifenden Charakter haben und nicht schwerpunktmäßig in einer Dimension zu verorten sind. Darüber hinaus erfordert die Knappheit dieser Fähigkeiten ihre Bündelung getrennt von den Teilstreitkräften, um die Fähigkeiten tatsächlich streitkräftegemeinsam verfügbar zu machen. Aus Ressourcengründen ist eine Eingliederung beider Fähigkeiten im bedarfsgerechten Umfang in die Teilstreitkräfte auf absehbare Zeit nicht machbar. Im Falle eines nicht zu lösenden Priorisierungskonfliktes soll der  stellvertretende Generalinspekteur entscheiden. Auch die Truppenübungsplatzkommandanturen werden künftig im Unterstützungsbereich verortet, da auch sie streitkräftegemeinsam verfügbar sein müssen. Genauso wie das Multinationale Kommando Operative Führung und der deutsche Anteil des Joint Support Enabling Commands. Darüber hinaus soll auch das Planungsamt der Bundeswehr dem Unterstützungsbereich unterstellt werden. Die truppendienstliche Führung des Unterstützungsbereichs soll durch das neue Kommando Unterstützung erfolgen. Dieses Kommando soll unter Heranziehung des Kommandos Sanitätsdienst und des Kommandos Streitkräftebasis aufgestellt werden. 

Zivile Organisationsbereich

Die drei großen zivilen Organisationsbereich, das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr sollen in der derzeitigen Grobstruktur erhalten bleiben. Eine grundsätzliche Neukonzeption der Wehrverwaltung sei wohl weder notwendig noch zeitnah umsetzbar. Ein Punkt ist hier jedoch erwähnenswert und zwar will man vier regionale Personalzentren aufbauen, die im Spannungs- und Verteidigungsfall die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte sicherstellen sollen. 

Leitprinzipien

Abgesehen von den gerade vorgestellten strukturellen Veränderungen enthält der Bericht keine Vorschläge für die Ebenen unter den Teilstreitkräften und Organisationsbereichen. Also wie zum Beispiel die Binnengliederung des Heeres oder der Luftwaffe aussehen soll. Hierzu werden nur sieben Leitprinzipien formuliert: 

  1. “Aufwuchsfähigkeit – Glaubwürdige Beiträge zur Verteidigungsfähigkeit/gesamtstaatlichen Resilienz sicherstellen! Aufwachsen können. 
  2. Skalierbarkeit – Auf multiple Herausforderungen reagieren können! Zeitgleiche Abrufbarkeit planbarer Optionen sicherstellen! 
  3. Dynamikrobustheit – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zukünftiger Entwicklungen aus dem Stand absorbieren können! Ein Höchstmaß an Flexibilität sicherstellen! 
  4. Digitalisierung. Handlungsfeld Zukunftstechnologie – Durch redundante Cloud Strukturen maximale Nutzung unbemannter Systeme, Manned Unmanned Teaming und KI im Gefecht sowie Data Centric Warfare ermöglichen! 
  5. Digitalisierung. Handlungsfeld Operationsführung – Dimensionsübergreifende Vernetzung von Sensoren und Effektoren sowie deren vernetzten Einsatz ermöglichen! 
  6. Informationsüberlegenheit – Situational Awareness eben- und rollengerecht in Frieden, Krise, Krieg sicherstellen. Präventiv und ggf. reaktiv analysieren, beraten, handeln und kommunizieren können! 
  7. Kriegsversorgung Vorbereitung und Übergang der Leistungserbringung in einer Phase existenzieller Bedrohung!”

Fazit

Die vorgeschlagene Strukturreform ist im Großen und Ganzen ein Schritt in die richtige Richtung. Die im Bereich enthaltenen Vorschläge sind ehrlicherweise nicht wirklich neu, sondern werden so oder so ähnlich schon seit Jahren von vielen Experten gefordert. Hoffentlich findet Boris Pistorius die politische Kraft, diese nun endlich umzusetzen. Insbesondere die Schaffung eines einheitlichen Führungskommandos und die Reduktion der Organisationsbereich wird seit langem gefordert und wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zwar wäre es wünschenswert, dass man die Fähigkeiten des Sanitätsdienstes und der Streitkräftebasis den Bedarfen entsprechend auf die einzelnen Teilstreitkräfte verteilt. Aber wenn das aufgrund von Knappheit aktuell nicht sinnvoll möglich ist, dann muss man erstmal mit dem neuen Unterstützungsbereich leben. Auch wenn das Ziel natürlich sein sollte, diese Knappheit zu beseitigen und die sanitätsdienstlichen und logistischen Fähigkeiten mittel- bis langfristig in die Teilstreitkräfte zu integrieren. Um eine noch schlankere Organisation mit weniger Schnittstellen zu erreichen. Dass man die Wehrverwaltung nicht großartig reformiert, verwundert nicht wirklich, allerdings ist fraglich, ob das so gut ist. Denn sowohl das BAAINBw als auch das BAPersBw sind in der Vergangenheit eher durch negative Schlagzeilen aufgefallen als durch positive. Zu guter Letzt zur Binnenstruktur der einzelnen Teilstreitkräfte. Die sieben genannten Leitprinzipien sind sehr vage, allerdings macht es wahrscheinlich Sinn die Binnenstruktur den einzelnen Teilstreitkräften zu überlassen. Die Marine hat ja bereits Anfang letzten Jahres ein Zielbild veröffentlicht, welches, soweit ich das mitbekommen habe, von allen Seiten gelobt wurde. Nun müssten nur noch die restlichen drei Teilstreitkräfte auch zeitnah ein neues Zielbild erarbeitet und in die Umsetzung kommen. 

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