Generalleutnant Christian Freuding hat beim Parlamentarischen Abend des Förderkreises Heer seine Agenda für die Landstreitkräfte vorgestellt, so berichtet es .loyal. Der neue Heeresinspekteur, der das Amt im Oktober übernahm, kündigte grundlegende Änderungen in der Kampfführung und Ausrüstung an. Im Mittelpunkt stehen die Lehren aus dem Ukraine-Krieg und die Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt mit Russland.
Neue Prioritäten in der Kriegsführung
Freuding identifizierte „Data-centric Warfare“ als Treiber moderner Kriegsführung. Streitkräfte müssten Daten umfassender, schneller und besser auswerten als der Gegner, um ein überlegenes Lagebild und effektiven Waffeneinsatz zu erreichen. Die Kriegsführung werde durch „konkurrierende Schutzschirme“ über alle Dimensionen bestimmt. Es gehe darum, die eigenen Schutzschirme für bewegliche Operationen zu erhalten und gleichzeitig jene des Gegners zu durchdringen.
Zentral seien der bodennahe Luftraum, die elektromagnetische Kriegsführung und die erhebliche Beschleunigung der „Kill Chain“, bestehend aus Führung, Aufklärung und Wirkung.
Grundlegender Wandel der Einsatzdoktrin
Das Heer muss seine tradierte Doktrin völlig ändern. „Abstandsfähigkeit hat in allen Bereichen Priorität“, so Freuding. Das Heer war bisher auf Duellfähigkeit im nahen Gefecht ausgelegt. Künftig liegt der Schwerpunkt darauf, einen Angreifer über weite Distanzen starke Verluste zuzufügen und dabei in Bewegung zu bleiben, um Gegenschlägen auszuweichen.
„Manoeuvre follows Fires“ sei der neue Einsatzgrundsatz. Selbst bei deutlicher quantitativer Überlegenheit des Gegners könne so die Initiative gewonnen werden.
Loitering Munition als Schlüsselwaffe
Für diese neue Kampfweise sind Loitering Munitions, sogenannte Kamikazedrohnen, zentral. Freuding bezeichnete sie als wichtigstes Innovationsprojekt des Heeres. Bis 2027 soll eine erste Batterie einsatzbereit sein, bis 2029 fünf weitere mit mittlerer Reichweite von circa 100 Kilometern. Diese Batterien sollen zunächst in der Artillerietruppe aufgebaut werden.
Deep Precision Strike-Fähigkeiten geplant
Das Heer plant zudem den Aufbau von Deep Precision Strike-Fähigkeiten mit Reichweite von 1.000 bis 2.000 Kilometern. „Hier wollen wir bis 2029 eine Batterie als Kern einer künftigen Multi-Domain-Taskforce aufstellen“, so Freuding.
Eine erste Deep-Strike-Batterie würde wohl mit Tomahawk-Marschflugkörpern auf dem mobilen Raketensystem Typhon mit circa 1.600 Kilometern Reichweite aufgestellt. Die Bundesrepublik plant die Beschaffung dieser Systeme bei den USA. Allerdings fehlen noch weitreichende Aufklärungsmittel um diese Waffen sinnvoll zum Einsatz zu bringen.
Brückenlösungen bei der Flugabwehr
Freuding lässt die Bedarfsplanung des Heeres prüfen und anpassen, um die Truppe für einen plötzlichen Angriff Russlands besser aufzustellen. Vor allem im Bereich der Flugabwehr hält er „technische Brückenlösungen“ für nötig. Die Bundeswehr hat sich für einen neu zu entwickelnden Flugabwehrverbund entschieden, dessen Einführung sich bis in die 2030er-Jahre hinziehen dürfte.
Personalaufwuchs und Vollausstattung
Das Heer hat einen Bedarf von zusätzlichen 90.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten. Damit würde das Feldheer von 61.000 auf 151.000 Soldaten anwachsen. Dieser Aufwuchs ist vor allem für folgende Bereiche vorgesehen: die in Litauen stationierte Panzerbrigade 45, die Wiederaufstellung der Heeresflugabwehrtruppe, den Aufwuchs der Artillerietruppe sowie zusätzliche Divisions- und Korpstruppen.
Freuding verwies darauf, dass das Heer weiterhin erst dabei ist, seine Fähigkeitsbreite voll auszustatten. Eine Tiefenrüstung mit Reserven steht aus. Die Vollausstattung dürfte laut dem Kommandeur des Feldheeres bis Mitte der 2030er-Jahre dauern.
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