Keine Branche erlebt derzeit einen so starken Aufschwung wie die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. In diesem Beitrag stellen wir euch die zehn bedeutendsten deutschen Rüstungsunternehmen vor und werfen einen Blick auf ihre Geschichte, ihre Produkte und ihre aktuelle Marktposition.
Airbus Defence and Space
An der Spitze steht Airbus Defence and Space – die Verteidigungs- und Raumfahrttochter der Airbus Group, die 2014 aus der Zusammenlegung mehrerer EADS-Sparten hervorging. Mit Hauptsitz in Taufkirchen bei München beschäftigt das Unternehmen heute rund 34.000 Mitarbeiter weltweit.
Die Wurzeln reichen jedoch bis in die 1960er-Jahre zurück, als Airbus-Vorgänger wie Aérospatiale und Messerschmitt-Bölkow-Blohm bereits Pionierarbeit in der Satelliten- und Raketentechnologie leisteten. Heute ist Airbus DS führend bei Transportflugzeugen, Satelliten und Raketensystemen. Besonders bekannt sind die Ariane-Raketenfamilie, die seit 1979 Europas Zugang zum Weltraum sichert, der militärische Transporter Airbus A400M sowie das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon.
2024 erzielte die Sparte einen Umsatz von 12,1 Milliarden Euro, musste jedoch aufgrund hoher Investitionen und Kostendruck einen EBIT-Verlust von 566 Millionen Euro hinnehmen. Dennoch bleibt Airbus DS das zweitgrößte Raumfahrtunternehmen der Welt.
Rheinmetall AG
Als größter deutscher Rüstungskonzern blickt Rheinmetall auf eine bewegte Geschichte zurück. Gegründet 1889 als Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik in Düsseldorf, begann das Unternehmen mit der Herstellung von Metallwaren und Munition. Bereits im Kaiserreich und während des Zweiten Weltkriegs spielte Rheinmetall eine zentrale Rolle als Waffenproduzent – nach 1945 folgte der langsame Wiederaufbau.
Heute beschäftigt Rheinmetall rund 28.500 Mitarbeiter und zählt zu den führenden Herstellern von Kampfpanzern, Schützenpanzern sowie Artillerie- und Munitionssystemen. Das Flaggschiff-Produkt ist die 120-Millimeter-Glattrohrkanone des Leopard-2-Kampfpanzers, die seit den 1970er-Jahren weltweit als Standard gilt. Moderne Entwicklungen wie der KF51 Panther und der Schützenpanzer Lynx führen diese Erfolgsgeschichte fort.
2024 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 9,8 Milliarden Euro und einen Gewinn von 800 Millionen Euro. Besonders eindrucksvoll ist der Auftragsbestand von fast 55 Milliarden Euro – ein historischer Rekord. Seit 2023 im DAX-40 notiert, nimmt Rheinmetall eine Schlüsselrolle in der europäischen Rüstungsindustrie ein.
MTU Aero Engines
MTU Aero Engines, 1934 als BMW-Flugmotorenbau gegründet und nach mehreren Fusionen sowie Ausgliederungen eigenständig geworden, hat heute seinen Hauptsitz in München und beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter.
Das Unternehmen entwickelt und produziert Triebwerke für zivile wie auch militärische Anwendungen. Zu den historischen Meilensteinen zählen das RB199-Triebwerk des Tornado aus den 1970er-Jahren, das EJ200-Triebwerk für den Eurofighter seit den 1980ern sowie das TP400-D6 für den Militärtransporter A400M. Auch im zivilen Bereich ist MTU stark positioniert – insbesondere mit der Entwicklung des modernen Getriebefans.
Im Jahr 2024 erzielte MTU einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro und ein bereinigtes EBIT von 764 Millionen Euro. Als DAX-40-Unternehmen ist MTU heute der führende deutsche Triebwerkshersteller.
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KNDS
KNDS steht sinnbildlich für die europäische Integration in der Rüstungsindustrie. Die 2015 gegründete Holding mit Sitz in Amsterdam vereint die deutsche Krauss-Maffei Wegmann mit der französischen Nexter und beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiter, vor allem in Deutschland und Frankreich.
Die Wurzeln reichen weit zurück: Krauss-Maffei Wegmann entstand aus dem Lokomotiv- und Maschinenbau des 19. Jahrhunderts, während Nexter auf die französische Staatsproduktion von Waffen seit dem 18. Jahrhundert zurückgeht. Heute zählen Produkte wie der Leopard 2, seit den 1970er-Jahren im Einsatz, und der französische Leclerc aus den 1990ern zu den erfolgreichsten Kampfpanzern weltweit.
2024 erwirtschaftete KNDS einen Umsatz von 3,8 Milliarden Euro und erreichte mit einem Auftragsbestand von über 16 Milliarden Euro einen historischen Rekord. Das Unternehmen gilt als Vorreiter der europäischen Panzerkooperation – insbesondere beim zukünftigen deutsch-französischen Main Ground Combat System (MGCS).
Hensoldt
Hensoldt steht für die neue Generation der deutschen Rüstungsindustrie. Das Unternehmen entstand 2017 durch die Abspaltung der Sensorsparte von Airbus Defence and Space, hat seinen Sitz in Taufkirchen bei München und beschäftigt rund 9.000 Mitarbeiter.
Der Name erinnert an Moritz Carl Hensoldt, einen deutschen Optik-Pionier des 19. Jahrhunderts. Heute entwickelt das Unternehmen hochmoderne Sensoren, Radarsysteme und Optronik. Zu den jüngsten Erfolgen zählt das TRML-4D-Radar, eine Schlüsselkomponente des IRIS-T SLM-Luftverteidigungssystems. Bereits in den 1990er-Jahren setzte Hensoldt mit dem COBRA-Radar Maßstäbe in der Artillerieortung.
Im Jahr 2024 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 2,24 Milliarden Euro bei einem EBIT von 110 Millionen Euro. Der Bund hält 25,1 Prozent der Anteile, der italienische Konzern Leonardo knapp 23 Prozent. Als MDAX-Unternehmen gilt Hensoldt heute als technologische Speerspitze im Bereich militärischer Sensorik.
TKMS
TKMS entstand 2005 aus dem Zusammenschluss von HDW und den ThyssenKrupp-Werften, hat seinen Hauptsitz in Kiel und beschäftigt rund 8.000 Mitarbeiter. Die traditionsreichen Wurzeln reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als deutsche Werften wie die Howaldtswerke bereits dampfbetriebene Schiffe entwickelten.
Heute gilt TKMS als weltweiter Marktführer für konventionelle U-Boote. Besonders die Klassen 212 und 214 erfreuen sich international großer Nachfrage und werden unter anderem nach Israel, Norwegen und Südkorea exportiert. Parallel dazu stehen die MEKO-Fregatten seit den 1970er-Jahren für modulare und hochmoderne Überwasserschiffe.
Im Geschäftsjahr 2023/24 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro und einen Gewinn von 125 Millionen Euro. Der Auftragsbestand liegt bei 11,7 Milliarden Euro. Der Bund prüft derzeit eine Teilverstaatlichung, um diese maritime Schlüsselindustrie langfristig abzusichern.
Diehl Defence
Diehl Defence ist der Wehrtechnikbereich der traditionsreichen Diehl-Gruppe, die 1902 gegründet wurde und ursprünglich Metall- und Haushaltswaren herstellte. Ab den 1950er-Jahren stieg das Unternehmen in die Rüstungsproduktion ein, zunächst mit Lizenzfertigungen wie der amerikanischen Sidewinder-Rakete.
Den Durchbruch erzielte Diehl mit der Eigenentwicklung der IRIS-T, deren Entwicklung in den 1990er-Jahren begann und 2005 zur Einführung führte. Heute gilt die IRIS-T – sowohl in der Luft- als auch in der Bodenvariante – als eines der leistungsfähigsten Luftverteidigungssysteme weltweit.
Mit Hauptsitz in Überlingen beschäftigt Diehl Defence rund 4.600 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2024 einen Umsatz von 1,83 Milliarden Euro. Damit ist der Bereich der größte Teilkonzern der Diehl-Gruppe und profitiert erheblich vom aktuellen Rüstungsboom.
Renk Group
Die Renk Group blickt auf eine mehr als 150-jährige Geschichte zurück. 1873 von Johann Julius Renk in Augsburg als Zahnradfabrik gegründet, spezialisierte sich das Unternehmen früh auf Antriebstechnik und lieferte bereits im Ersten Weltkrieg Getriebe für Militärfahrzeuge.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte Renk unter anderem die Antriebssysteme für die Leopard-1- und Leopard-2-Panzer, die bis heute weltweit im Einsatz sind. Das Portfolio umfasst neben Panzergetrieben auch Marineantriebe sowie spezialisierte Systeme wie das Ajay-System.
2024 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 1,14 Milliarden Euro, wobei rund 70 Prozent aus Rüstungsgeschäften stammten. Mit rund 3.300 Mitarbeitern ist Renk ein vergleichsweise kompakter, aber hochspezialisierter Weltmarktführer. Nach dem erfolgreichen Börsengang 2024 plant das Unternehmen ehrgeiziges Wachstum und den Ausbau seiner internationalen Präsenz.
Heckler & Koch
Heckler & Koch wurde 1949 von ehemaligen Mauser-Ingenieuren in Oberndorf am Neckar gegründet. Was zunächst mit der Produktion einfacher Maschinenbauteile begann, entwickelte sich rasch zu einem der bekanntesten Hersteller von Handfeuerwaffen weltweit.
Das Sturmgewehr G3, ab den 1950er-Jahren Standardwaffe der Bundeswehr, wurde in über 50 Staaten exportiert. In den 1990er-Jahren folgte das G36, das bis heute in zahlreichen Armeen im Einsatz ist. Berühmtheit erlangte zudem die Maschinenpistole MP5, die seit den 1960er-Jahren weltweit von Spezialeinheiten genutzt wird. Mit modernen Entwicklungen wie dem HK416 und der MP7 setzt Heckler & Koch diese Tradition fort. Ab 2025 soll das HK416 das G36 als neues Standardsturmgewehr der Bundeswehr ablösen.
Im Jahr 2024 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 343 Millionen Euro, ein EBITDA von 63 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 31,5 Millionen Euro. Mit rund 1.100 Mitarbeitern ist Heckler & Koch zwar vergleichsweise klein, zählt jedoch zu den global renommierten Namen der Waffenindustrie.
MBDA Deutschland
MBDA Deutschland wurde 1995 gegründet und ist heute Teil der europäischen MBDA, die von Airbus, BAE Systems und Leonardo getragen wird. Der Hauptsitz befindet sich in Schrobenhausen, Bayern, wo rund 1.400 Mitarbeiter modernste Lenkflugkörpersysteme entwickeln.
Die Erfolgsgeschichte begann mit der Panzerabwehrrakete Milan, die ab den 1970er-Jahren in vielen NATO-Armeen eingeführt wurde. Es folgten Spitzenprodukte wie der Marschflugkörper Taurus für weitreichende Präzisionsschläge sowie der Luft-Luft-Lenkflugkörper Meteor, der zu den leistungsfähigsten seiner Art weltweit zählt.
2023 erzielte MBDA Deutschland einen Umsatz von 320 Millionen Euro und erreichte 2024 einen Jahresüberschuss von 39 Millionen Euro. Als zentraler Lieferant der Bundeswehr und Partner internationaler Raketenprogramme nimmt das Unternehmen eine Schlüsselrolle in der europäischen Rüstungslandschaft ein.
Fazit
Alle zehn vorgestellten Rüstungsunternehmen profitieren derzeit von der stark gestiegenen Nachfrage infolge des Krieges in der Ukraine und der Aufrüstung der Bundeswehr. Sie bauen auf jahrzehntelanger Erfahrung mit Technologien und Produkten auf, die längst Teil der Militärgeschichte geworden sind – und haben in den vergangenen Jahren zugleich ihre Kapazitäten und internationalen Aktivitäten deutlich ausgebaut. Damit prägen sie nicht nur die deutsche, sondern zunehmend auch die europäische und globale Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.