NATO-Luftraum erstmals seit Kriegsbeginn aktiv verteidigt – Polen schießt russische Drohnen ab

Beschaffung von 15 weiteren F-35A wird konkreter
Niederländische F-35A | Foto: DVIDS/Staff Sgt. Jesenia Landaverde (The appearance of U.S. Department of Defense (DoD) visual information does not imply or constitute DoD endorsement.)

In der Nacht zum Mittwoch drangen während eines großangelegten russischen Drohnenangriffs auf die Ukraine mehrere Drohnen in den polnischen Luftraum ein, was zu einer beispiellosen Eskalation und der ersten aktiven Verteidigung des NATO-Luftraums seit Kriegsbeginn führte. Polen schoss mehrere Drohnen ab und berief NATO-Konsultationen nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrags ein.

Nächtlicher Angriff und Luftraumverletzung

Um 00:10 Uhr startete Russland neue Drohnenangriffe auf ukrainische Ziele, wobei die ukrainische Luftwaffe vor einer großen Anzahl feindlicher Drohnen warnte. Bereits um 01:34 Uhr meldete Polen eine Verletzung seines Luftraums durch russische Drohnen, die in Richtung der Städte Zamosc und Rzeszow flogen.

Als Reaktion auf die Bedrohung sicherten polnische und verbündete Flugzeuge den Luftraum, während vier polnische Flughäfen – darunter der größte Chopin-Flughafen in Warschau – geschlossen wurden. Die Bevölkerung in den Woiwodschaften Podlachien, Masowien und Lublin wurde aufgefordert, zu Hause zu bleiben.

Militärische Reaktion und Abschuss

Um 04:36 Uhr bestätigte das polnische Militär den Waffeneinsatz gegen die eingedrungenen Drohnen. Ministerpräsident Donald Tusk und Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz bestätigten den Abschuss „feindlicher Objekte“ und sprachen von einem „Akt der Aggression“.

Die Operation wurde von internationalen Partnern unterstützt: Deutsche Patriot-Flugabwehrsysteme trugen zum Lagebild bei, niederländische F-35-Kampfjets halfen bei der Luftraumsicherung, und ein italienisches AWACS-Flugzeug wurde gestartet. Dies markierte nach NATO-Angaben das erste Mal, dass NATO-Flugzeuge „potenzielle Bedrohungen im Luftraum eines Verbündeten angegriffen haben“.

Schadensbilanz und Fundstücke

Im Laufe des Mittwochs wurden mehrere Drohnentrümmer in Polen gefunden. In Czosnowka entdeckte die Polizei um 05:40 Uhr eine beschädigte Drohne, in Wyryki wurde ein Wohnhaus getroffen – ohne Verletzte. Weitere Drohnenteile fanden sich in Czesniki nahe einem Friedhof. Insgesamt stellte das polnische Innenministerium sieben Drohnen und Trümmerteile sicher.

Internationale Reaktionen

Präsident Selenskyj warf Russland vor, mindestens acht Drohnen gezielt auf Polen gerichtet zu haben, und sprach von einem „äußerst gefährlichen Präzedenzfall für Europa“. Polen beantragte Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrags, was zu einer außerordentlichen Sitzung des Nordatlantikrats führte.

NATO-Generalsekretär Mark Rutte verurteilte Russlands „rücksichtsloses Verhalten“ und bekräftigte die Solidarität mit Polen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bestätigte, dass 19 Shahed-Drohnen oder baugleiche Modelle von Belarus aus gestartet worden seien und „ganz offenkundig auf diesen Kurs gebracht wurden“.

Russische Position und Desinformation

Russland wies die Vorwürfe zurück. Ein russischer Diplomat in Warschau bezeichnete die Anschuldigungen als „haltlos“, während das Verteidigungsministerium in Moskau betonte, keine Ziele in Polen angegriffen zu haben. Gleichzeitig bot Moskau Gespräche zu dem Vorfall an.

Belarus, Russlands Verbündeter, behauptete, mehrere vom Kurs abgekommene Drohnen abgeschossen und Polen sowie Litauen über den Drohnenanflug informiert zu haben. Polens Vize-Ministerpräsident Krzysztof Gawkowski warf beiden Ländern vor, eine Desinformationskampagne zu dem Vorfall gestartet zu haben.

Bedeutung für die NATO

Der Vorfall stellt eine neue Eskalationsstufe im Ukraine-Konflikt dar. Erstmals seit Kriegsbeginn wurde der Luftraum eines NATO-Mitgliedstaats nicht nur verletzt, sondern auch aktiv verteidigt. Die erfolgreiche Koordination zwischen polnischen, deutschen, niederländischen und italienischen Kräften demonstrierte die operative Zusammenarbeit der Allianz in einer Krisensituation.

Die Ereignisse verdeutlichen die wachsende Gefahr einer ungewollten Eskalation des Konflikts und die Herausforderungen für die NATO beim Schutz ihrer östlichen Flanke vor den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

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